Mittwoch, 20. März 2019

Ana und ich


Angesichts der US-Republikaner von 2019, die sich eisern um Trump scharen und keinerlei Anstalten machen seine ungeheuren Lügen, seinen Sadismus, Hass und Rassismus zu stoppen, verblüffen die prominenten Ex-GOPer, die in schärfster Rhetorik ihre ehemalige Partei verdammen, nicht.
Max Boot, Steve Schmidt, George F. Will, Gordon Humphrey, Joe Scarborough und Peter Wehner sind Beispiele.
Wer auch nur einen Funken Anstand in sich hat, muss die Partei verlassen.

Mit Ana Navarro gibt es aber zumindest noch ein prominentes Parteimitglied, das öffentlich aus allen verbalen Rohren gegen Trump schießt und dabei alle Register zieht.


Natürlich wird ihr immer mal wieder die Frage gestellt, wann sie eigentlich aus der GOP austritt. Sie pflegt dann zu antworten, sie wäre schon Republikanerin gewesen, als Trump noch Demokrat war, sie wäre schon Republikanerin gewesen, als Trump noch ein Independent war und nun wäre sie Republikanerin, während Trump behaupte Republikaner zu sein.

Es ist sehr ehrenvoll zu seinen Überzeugungen zu stehen und zu versuchen in seinem eigenen Verein aufzuräumen. Einfach abhauen und sich so elegant reinzuwaschen, ist sicherlich die billigere Lösung. Austreten, abhauen, den Rücken kehren ist zudem die ineffektivste Methode, weil man von außen auf die innerparteilichen Entscheidungsprozesse keinen Einfluss mehr nehmen kann – und schließlich kann man die Regierung nur als Parteimitglied direkt beeinflussen.
That said, muss man sich allerdings fragen wann der point of no return erreicht ist.
 Die US-Republikaner verließen schon Anfang der 1990 mit Newt Gingrich und Kenneth Starr den Bereich, der noch als „sane“ gilt und wurden zu einer rein destruktiven Hypocrite-Partei.
Es ging nur noch darum den Demokraten zu schaden und gerne wurde das Wohl des Landes als Geisel genommen, mutwillig versucht in eine Wirtschaftskrise zu steuern, um die Wahlchancen der Demokraten zu schmälern.
Anschließend kam es mit GWB-Cheneys Kriegsverbrechen zu einer zweiten Eskalationsstufe des Parteiwahnsinns und es wurde noch schwerer ein moralischer Republikaner zu sein. Die dritte Eskalationsstufe erfolgte mit dem Amtsantritt Obamas, als die Teebeutler die letzten zurechnungsfähigen GOP-Kandidaten aus den Vorwahlen kippten und auf offen rassistischen Kurs gingen.
Mit Eskalationsstufe Vier, dem Amtsantritt Trumps war die republikanische Partei allerspätestens ein hoffnungsloser Fall, symbolisiert durch das öffentliche Sterben des siechen John McCain, der als letzter Held der anständigen GOPer galt.
Dabei war er nur im Vergleich zu Trump erträglich, aber für moralisch und humanistisch verwurzelte Menschen immer noch ein knochenkonservativer Kriegstreiber.
Die GOP ist verloren für alle Menschen mit einem dreistelligen IQ, die nicht bösartige Psychopathen sind.
Ana Navarro könnte es also auch lassen.

Und ich? Wann verlasse ich die SPD?
Gerade erhielt ich zu meinem silbernen Partei-Jubiläum ein Glückwunsch-Schreiben meiner Hamburger Parteichefin.


Daß ich auch ausgerechnet Hamburger sein muss!
Hamburg verfügt über die vermutlich beste Landespartei der SPD, produziert die mit Abstand besten Wahlergebnisse, stellt mit dem introvertierten Wissenschaftler Peter Tschentscher einen sehr guten SPD-Bürgermeister, macht wirklich ausgezeichnete Stadtpolitik (Kriminalität und Arbeitslosigkeit auf Tiefststand, Flüchtlingsintegration klappt vorbildlich, sozialer Wohnungsbau boomt) und zudem ist Olaf Scholz‘ Nachfolgerin als Landeschefin, Melanie Leonhard, die 41-jährige promovierte Historikerin und Sozialsenatorin prima!

Aber es dürfte nicht überraschen wie ich gerade über die Bundesführung denke nachdem seit Tagen das erneute Verbot eines säkularen Arbeitskreises durch die Presse geht.

 
[….] Wer nicht kirchlich orientiert ist, hat es schwer in der SPD: Die „Säkularen Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen“ wollen einen Arbeitskreis in der Partei gründen – so wie Christen, Muslime und jüdische Genossen jeweils einen haben. Aber die weltlich Gesinnten dürfen nicht. Mehr noch: Generalsekretär Lars Klingbeil verbietet ihnen mit Hinweis auf die Parteijustiziarin, sich als „Sozialdemokraten“ auszugeben. „Das gilt auch für öffentliche Auftritte, zum Beispiel im Internet“ schreibt Klingbeil in einem Brief an die Gruppe, welcher der F.A.Z. vorliegt. [….]

Ich kann noch nicht mal sagen angesichts dieser Ungeheuerlichkeit fassungslos zu sein; schließlich ist mir das schwere Religiotentum der Parteichefin und mehrerer anderer Parteiprominenter (Thierse, Griese) lange bekannt.
Nahles ist leider keine Privatreligiotin sondern zwingt ihre antihumanistischen Überzeugungen auch anderen auf. Das ist leider typisch für Religiotie; sie beinhaltet Borniertheit, Intoleranz und steht dem Pluralismus im Weg.
Wer nicht so denkt wie Nahles, darf sich nicht äußern.
Religioten haben Angst vor Argumenten, weil sie ihrer „wir sind besser als die“-Ideologie frönen, die es grundsätzlich ausschließt, daß auch andere Recht haben könnten.
Evolutionäre Humanisten wie ich verfolgen genau den diametral entgegengesetzten Weg, wir argumentieren, diskutieren und sind immer bereit eine These zu Gunsten einer Besseren aufzugeben. Es gibt immer mal wieder neue Themenfelder, die Humanisten vor 100 Jahren noch nicht in den Sinn kamen – Tierrechte, Beschneidungsverbot, Transident-Ehe – die wir aber in unsere Agenda integrierten.
Möglicherweise gibt es im Jahr 2119 Blogger, die sich wundern, daß die Humanisten von heute an für sie ganz wichtige Themen noch gar nicht dachten.
Bei Kirchisten verbietet sich dieser evolutionäre Ansatz; sie haben schon vor 2.000 Jahren ex cathedra gehört was das einzig Richtige ist und dürfen daran nicht rütteln, weil ihr heiliges Buch Gottes Wort transportiert.

Eine ungeheuerliche Demütigung, daß ausgerechnet die traditionell kirchenfernen Sozialdemokraten, die sich gegen die der Obrigkeit verpflichteten Pfaffen stellten, nun von einer Hardcore-Religiotin geführt werden.

[…..] Seit Jahren versuchen religionsfreie Menschen in der SPD einen Arbeitskreis zu gründen, wie der hpd schon mehrfach berichtete. […..] Die "Säkularen Sozis" haben mehrere hundert Mitglieder, darunter prominente Personen aus der säkularen Szene wie die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Ingrid Matthäus-Maier und Lale Akgün, die sich für einen aufgeklärten Islam stark macht, sowie der ehemalige Staatsminister und Staatssekretär Rolf Schwanitz. Das nicht anerkannte Bündnis setzt sich für die Belange Konfessionsfreier und einen weltanschaulich neutralen Staat ein.
Andere Weltanschauungen haben Arbeitskreise, die von der Partei akzeptiert werden: Sowohl Christen, Menschen jüdischen Glaubens und seit 2014 auch Muslime. Der Antrag der Nicht-Religiösen zur Gründung eines Arbeitskreises wurde hingegen abgelehnt, der damalige Chef der SPD, Sigmar Gabriel, begründete dies seinerzeit damit, dass die strikte Trennung von Kirche und Staat das Kernanliegen der Laizisten, nicht aber Mehrheitsposition der SPD sei.
Aktuell existieren die "Säkularen Sozis" in erster Linie im Internet. Doch auch das will der Generalsekretär jetzt unterbinden: "Auch für öffentliche Auftritte, zum Beispiel im Internet" gilt das Verbot, die Bezeichnung "Sozialdemokraten" zu verwenden. Er verlangt Respekt für die "Entscheidung, dass der Parteivorstand keinen säkularen Arbeitskreis einrichten wird und dass Ihr daher den Namen 'SozialdemokratInnen' nicht weiter verwenden könnt." […..]

Bin ich sowas wie eine Ana Navarro der SPD, der Jahre nach der Kaperung durch die Religioten die Werte der säkularen, humanitären, pluralistischen SPD hochhält?

Vor zwei Dekaden sah das noch ganz anders aus – mutig verzichteten Bundeskanzler, Vizekanzler und mehrere weitere Minister schon beim Amtseid auf die Gottesformel und zogen sich den blanken Hass der Religioten Deutschlands zu.

(…..)  Das waren noch Zeiten, als im Jahr 1998 das neue Kabinett vereidigt wurde und neben Bundeskanzler Schröder gleich sieben weitere Minister auf die Gottesformel „so wahr mir Gott helfe“ verzichteten.
Oskar Lafontaine, Otto Schily, Walter Riester, Edelgard Bulmahn, Bodo Hombach, Joschka Fischer und Jürgen Trittin waren die „Skandalpolitiker“, die sich anmaßten ohne Gottes Hilfe regieren zu können.
Frau Merkel war empört.

Die Gottlosen hätten nun das Ruder übernommen, hieß es, Religion werde vollends aus dem öffentlichen Raum gedrängt. Schröder begründete das Weglassen der religiösen Schlussformel mit dem Hinweis, Glaube sei Privatsache. Dies stieß bei Teilen der Kirchen auf Kritik, die Politik dürfe sich nicht nur an Sachzwängen ausrichten, sondern müsse sich ihrer Verantwortung vor Gott bewusst sein, hieß es beispielsweise in einem "Wort zum Sonntag". Der Erfurter Bischof Joachim Wanke gab zu bedenken, dass mit der fehlenden Rückbindung an eine transzendente Instanz auch andere "letzte Überzeugungen" wie etwa die gleiche Würde aller Menschen oder die Solidarität mit den Schwachen verloren gingen.

Dazu muß man wohl Katholik sein, um zu erkennen, daß nach 16 Jahren Schwarzgelb nun unter RotGrün die Solidarität mit den Schwachen verloren ginge.

Als die große Koalition 2005 unter Merkel vereidigt wurde, verzichtete nur noch ein Regierungsmitglied auf die Gottesformel. Die Justizministerin Brigitte Zypries war die Übeltäterin und die schlimmsten Befürchtungen wurden wahr! Sie offenbare ihre satanischen Überzeugungen, indem sie Studien zitierte, nach denen Kinder, die von homosexuellen Eltern großgezogen wurden sich mindestens genauso gut entwickelten, wie die in „traditionellen Ehen“ und zog daraus den Schluß auch gleichgeschlechtlichen Paaren eine gemeinsame Adoption zu erlauben.
Zum Glück konnten die christlichen CDU-Minister diesen Frevel bis heute verhindern und Deutschlands Kinder davor schützen massenhaft der Homoperversion anheim zu fallen. (…..)

Das war die Zeit, als ich stolz auf meine SPD war. Mutig, säkular und fortschrittlich gab sich die SPD-Regierung, das Kanzleramt geführt von einem der prominentesten Atheisten Deutschlands: Rolf Schwanitz.

Deutlich niedrigere Eingangssteuersätze (15% statt 26%!), Homo-Ehe, Zwangsarbeiterentschädigung, Ökosteuerreform, Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure, Atomausstieg bis hin zu der Möglichkeit, daß Prostituierte sich krankenversichern lassen können, etc.
Besonders aber hat man Schröder für ewig dankbar zu sein, daß wir eben NICHT mit im Irak stecken, weil nämlich Schröder und Fischer sich mit aller Macht gegen Bush gestemmt haben und schließlich den ganzen UN-Sicherheitsrat überzeugten, so daß USA und GB isoliert waren.
Der sanfte klerikale Umsturz der SPD begann schon vor zehn Jahren.

 (…..) Genau wie in den USA, ist auch in Deutschland die Kenntnis der eigenen Verfassung nicht besonders ausgeprägt.
Mit sagenhafter Ignoranz phantasieren die Spitzen der Parteien bei uns Dinge in das Grundgesetz, die es nicht gibt und die es nie gab.
Es mußte erst der atheistische Philosoph Michael Schmidt-Salomon kommen, um Figuren wie Merkel, Wulff und Seehofer ein paar simple Wahrheiten über unsere Verfassungsgeschichte mitzuteilen.

Nicht, daß es etwas genutzt hätte.
Noch immer wird fleißig die Lüge von der „jüdisch-christlichen Leitkultur“ bemüht, die erst die Werte des Grundgesetzes ermöglicht hätten - obwohl gerade umgekehrt ein Schuh draus wird - seit 200 Jahren haben sich Aufklärer in Deutschland gegen den erbitterten Widerstand der christlichen Institutionen für gleiches Wahlrecht, Frauenrechte, die Ächtung von Kinderarbeit, etc pp eingesetzt.

Es ist erschreckend zu sehen, daß trotz des stetigen Mitgliederverlustes der Kirchen ausgerechnet die höchsten Vertreter unseres säkularen Staates ein klerikales Rollback versuchen.

Als 1998 Joschka Fischer und Gerhard Schröder ihre Amtseide als Kanzler und Vizekanzler leisteten, geschah das erstmalig ohne die Formel „so wahr mir Gott helfe“.
Ein schönes hohes Amt erklomm auch Wolfgang Thierse, der sogar formal über dem Bundeskanzler stehend Bundestagspräsident wurde.
Einwände gegen die Amtseide Fischers und Schröders gab es nicht vom neuen Bundestagspräsidenten, der sie einschwor.

12 Jahre später ist alles anders. Inzwischen ist Thierse genau wie seine Kollegin Nahles, die ebenfalls 1998 ganz zufrieden war, deutlich in die klerikale Ecke gerutscht und läuft schon verbal Amok, wenn nur darüber berichtet wird, daß sich einige Genossin in seiner Partei zu einer laizistischen Gruppe zusammenschließend wollen.

Es wird mir Angst und Bange, wenn ich sehe, wie die obersten Vertreter unseres Landes, die verdammt noch mal auch für die Mehrheit der Menschen, die nicht der protestantischen oder der katholischen Kirche angehören, da zu sein haben, sich als Werkzeuge der Neumissionierung inszenieren. [….]

2019 ist die Wende vollzogen, die Parteispitze der SPD ist sicher nichts mehr, auf das man stolz wäre. Die Religioten haben übernommen. Statt bei Schröders bundesweiten 41% liegen wir nun bei 15%. Die Partei- und Fraktionsvorsitzende ist eine einzige Katastrophe.

(….) Ich muss nicht an dieser Stelle alle Vorwürfe wiederholen, die ich seit elf Jahren öffentlich über ihr ausschütte.

Nehmen wir nur mal als Beispiel ihre radikale Religiosität. Ja, sie soll natürlich so fühlen dürfen; für diese Freiheit trete ich ausdrücklich ein.
Aber wenn sie ihre persönliche beschränkte Weltsicht auf die Partei überträgt, treibt es viele Menschen von der SPD weg.

Als Humanist, der länger Parteimitglied ist als Andrea Nahles, sehe ich mich von dieser Religiotin aus der Partei gedrängt!
Nahles, die im Bundestag einen Pädophilenförderer bejubelte, dann in die Kamera jubelt Papst Benedikt habe mit seinen Anmerkungen zum „Naturrecht“ für die Umwelt Partei ergriffen und damit ihre grenzenlose Ungebildetheit zu erkennen gab (offensichtlich hat sie nicht den geringsten Schimmer was „Naturrecht“ im katholischen Zusammenhang bedeutet), als Generalsekretärin den säkularen Arbeitskreis in der SPD verbot (dafür aber Thilo Sarrazin in der Partei hielt) und schließlich auch noch im Bundestag für die Genitalverstümmelung an Kleinkindern und gegen das Recht auf einen selbstbestimmten Tod votierte. (….)

Mit der Frage der Säkularität endet aber die Ana-Navarro-Parallelität.
Die GOP ist durch und durch verdorben. Es gibt rein gar nichts mehr, für das man sich als Republikanerin nicht schämen müsste.

Als SPD-Mitglied schäme ich mich zwar für einiges, aber die Religiotengang hat noch nicht die gesamte Mitgliedschaft durchsetzt. An der Basis wird der ostentative Katholizismus der Nahles nicht verstanden, nicht goutiert.
Nahles ist noch nicht mal beliebt, wurde nur sehr knapp gewählt, weil niemand anders den Job wollte.

Es gibt sehr starke Kräfte in der SPD, die gegen Nahles opponieren.
Sie wird niemals Kanzlerin werden.
Die SPD verfügt über gute Minister, sehr gute Landesminister und ist in der Groko zumindest in dem Sinne unverzichtbar, daß alle Alternativen viel schlimmer wären:

 Merkel-Minderheitsregierung mit noch mehr Ministern à la Spahn und Seehofer – toleriert von AfD und FDP?

Koalition mit der Lindner-FDP, also Pharma- und Industrielobbyisten statt der Sozi-Minister im Kabinett?

Neuwahlen mit Kanzlerkandidatin AKK?

Neuwahlen mit Kanzlerkandidat Merz und einer erstarkten AfD und einer schwarz-braunen Koalition?

Bedauerlicherweise machen Nahles und Klingbeil die Konfessionslosen, die immerhin die relative Mehrheit der Deutschen bilden, heimatlos.

(…..)
Im aktuellen MIZ, den Materialien und Informationen zur Zeit, fand ich einen Hinweis auf das Evangelische Sonntagsblatt.
Die Ausgabe vom 26.06.2016 des frommen Bayernblattes zitiert eine INSA-Conulare-Umfrage, welche die Parteipräferenzen nach Konfessionen aufschlüsselt.
Das interessierte mich natürlich brennend, weil ich bekanntlich seit Jahren die zunehmende Christianisierung von Grünen und SPD scharf kritisiere.
Als „christlich“ werden in erster Linie aufgrund ihres Namens und der konservativeren Haltung die „C“-Parteien CSU und CDU verstanden. Das ist naheliegend, weil sie das „christlich“ auch in ihrem xenophoben Kampf wider die Menschenrechte vor sich her tragen.
Die AfD-artigen Ausfälle der Bayerischen C-Schwester brachten zuletzt allerdings mehrfach ausgerechnet die Kirchen in Stellung gegen die Partei.
Kann man also heute überhaupt noch sagen, daß die rechten Parteien die Kirchenfreunde und die linken Parteien eher die der Aufklärung Verpflichteten sind?
Die gesamte Bundesregierung ist christlich; es gibt keinen einzigen konfessionsfreien Minister, evangelische Kirchentage gleichen einem Grünen-Kongress, die ultrafromme SPD-Christin Kerstin Griese setzt ihren religiotischen Kurs in der Frage der Patientenverfügungen und Sterbehilfe im ersten Wahlgang gegen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung durch und die ultrafromme damalige Generalsekretärin Andrea Nahles verbietet zusammen mit dem gläubigen Parteichef Gabriel die Einrichtung eines laizistischen Arbeitskreises in der SPD.
Unglaublich! 1998 schworen der atheistische Bundeskanzler und sein ebenfalls atheistischer Vizekanzler demonstrativ mit weiteren sechs Ministern nicht die Formel „so wahr mir Gott helfe“ bei ihrer Vereidigung.
Wenige Jahre später, im September 2013 verbieten Nahles und Gabriel, daß in der SPD überhaupt über sowas wie Konfessionsfreiheit und Atheismus nachgedacht werden darf.
Offensichtlich haben schwere Religioten wie Thierse und Nahles, die mal eher die Ausnahme bei den Sozialdemokraten waren, inzwischen die Partei gekapert und tun alles dafür, um die Säkularen zu verdrängen.
Die bedeutenden sozialdemokratischen Intellektuellen Ingrid Matthäus-Maier (Rechtsexpertin, Finanzexpertin, langjährige stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion) und Rolf Schwanitz (sieben Jahre Staatsminister im Bundeskanzleramt) wurden also von der eher schlichten Denkerin Nahles (keinerlei Expertentum) ausgebremst.

Wer ist also im Jahr 2016 wirklich eine christliche Partei?
Und was bedeutet das für die Wählerpräferenzen?
Ich kann doch nicht der einzige eher links positionierte Mensch in Deutschland sein, den die Grieses-Nickels-Kretschmanns-Nahles-Thierses-Göring-Eckardts eher davon abhalten deren Parteien zu wählen.
Offensichtlich werden meine Bedenken in der SPD-Parteiführung auch nicht verstanden, sonst würde irgendjemand schon mal den wie wild gegen Atheisten hetzenden Wolfgang Thierse wegen parteischädigenden Verhaltens zur Raison gebracht haben.

Unglücklicherweise finde ich keine Originalquelle für die oben erwähnte INSA-Consulare-Umfrage. Wer hat das in Auftrag gegeben? Welche Methode wurde verwendet? Wie viele Menschen wurden befragt?
Zudem ist INSA von den größeren deutschen Instituten sicher das Unseriöseste.

Es gibt aber wenig seriöse Zahlen zur konfessionellen Anhängerschaft der Wähler.
Gelegentlich wird nachgewiesen, daß AfD-Fans rassistischer und antisemitischer als anderen Wähler sind – so eine Überraschung.
Untersucht man solche rechtsextremen Tendenzen, gibt es ebenso wenig überraschend den Befund der Uni Leipzig, daß Christen generell ausländerfeindlicher sind.

[….] Von den Befragten gehören 905 der evangelischen und 773 der katholischen Kirche an. Keine Konfession haben 687 Personen. Die Erhebung zeigt, dass Katholiken mit Ausnahme der Dimension „Sozialdarwinismus“ in allen anderen Bereichen häufiger rechtsextreme Positionen vertreten. Personen ohne Konfessionen stimmten im Vergleich mit den Angehörigen der beiden großen christlichen Glaubensrichtungen seltener antisemitischen – also judenfeindlichen – Aussagen zu. Katholiken und Protestanten lagen in dieser Dimension nahezu Kopf an Kopf. Einzig in der Dimension „Sozialdarwinismus“ waren die Konfessionslosen einen Hauch rechtsextremer eingestellt. [….]

Nach INSA ist es nun so, daß CDU-Wähler sich aus 39% RKK, 32% EVG und 23% Konfessionsfrei zusammensetzen.
Die Betonung des „C“ nützt ihnen also tatsächlich, weil sie überdurchschnittlich viele Stimmen von evangelischen und katholischen Wählern bekommen.

Die Konfessionslosen sind hingegen heimatlos; sie werden von ostentativ frommen Führungsfiguren der SPD- und Grünen-Parteiführung abgeschreckt.
Das mickrige SPD-Wählerpotential setzt sich aus aktuell nur noch 17% RKK, 23% EVG und 16% Konfessionsfreien zusammen. (….)

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