Jedes
Jahr sterben in Deutschland zwischen 850.000 und 950.000 Menschen.
(Quelle: Statistisches Bundesamt)
Sterben
ist die natürlichste Sache der Welt.
Das
Leben ist eine durch Geschlechtsverkehr übertragene Krankheit, die zu 100%
tödlich endet.
Oder
wie der Amerikaner sagt:
„Life sucks – and then you die“
Wir
sterben also alle und zwar auf jeden Fall.
Seltsamerweise
bildet sich der kleine Homo Sapiens ein durch intensives Ignorieren und
Verdrängen die absolute Sinnlosigkeit des eigenen Seins ausblenden zu können.
Niemand
will an sein eigenes Ende denken.
Daß
man endet ist klar, aber WIE man endet, ist außerordentlich vielfältig. So
unterschiedlich, daß man dabei glatt vergessen könnte, daß man ja doch stirbt
und demnach alles egal ist was man tut.
Ich
möchte im Schlaf sterben wie mein Großvater, nicht schreiend und heulend wie
seine Beifahrer im Wagen.
(Will Shriner)
Zig
Millionen Menschen sterben weltweit jedes Jahr und in der Geschichte des Homo
Sapiens starben bisher etwa 110 Milliarden Individuen.
Allein heute
sind bis 23.00 Uhr etwa 152.000 Menschen gestorben.
Dank der
wunderschönen Website WORLDOMETERS erfährt
man das menschliche Sterben in Echtzeit.
Wie
viele Menschen sind auf der Welt heute gestorben?
Wie
viele sind es in diesem Jahr bisher?
Woran
sind dieses Jahr die Menschen gestorben?
Angesichts
der gewaltigen Fallzahlen und der über 590.000 Suizide, die es dieses Jahr
bereits gab, ist es reichlich bizarr den Selbstmord einer bekannten
Persönlichkeit als großes Tabu zu betrachten.
Vor
einigen Stunden erhängte sich Chester Bennington, der 41-Jähriger Sänger der „Nu
Metal“-Band Linkin Park.
Das ist
natürlich sehr bedauerlich für seine vielen Fans überall auf der Welt. Seine
sechs Kinder und die weiteren Angehörigen. Auch seine Bandkollegen sind heute
frustriert; erst recht das Management, welches sich um das in finanzieller Hinsicht
zugkräftigste Mitglied grämt.
Für eine
Person ist dieser Suizid aber gut und das ist Chester Bennington selbst.
Man muß
kein Fan seiner Musik sein, um zu wissen, daß der Mann mit schweren
Depressionen und diversen Suchterkrankungen litt.
Er hat
es jetzt hinter sich.
Er hat
das hinter sich, was wir alle, ausnahmslos alle noch vor uns haben.
Es gibt
unterschiedliche Angaben über die Mortalität von Depressionen. 15% der an
schweren Depressionen Erkrankten sterben. Das Leiden ist also gravierender als
so mache Krebsart. Psychisch so zu leiden, daß man sich deswegen umbringt, ist
also offensichtlich sehr grausam. Das an die Adresse all derjenigen, die
depressive Erkrankungen nicht ernst nehmen und glauben, man müsse sich nur
zusammenreißen.
Ich
staune über die Verdruxtheit mit der wieder einmal alle Medien das Thema
behandeln.
Völlig
verklemmt wird von „Hinweisen auf Suizid“ orakelt.
Viele
Websites lassen diesen Aspekt ganz weg und diejenigen, die es erwähnen, lassen
pawlowsch sofort anschließend die Hinweise auf die Suizidprävention aus der
Feder.
Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen?
Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hier finden Sie - auch anonyme - Hilfsangebote in
vermeintlich ausweglosen Lebenslagen. Per Telefon, Chat,
E-Mail oder im persönlichen Gespräch.
Suizide
bekannter Personen dürfen nicht öffentlich erwähnt werden, weil alle den
Nachahmungs-Effekt fürchten, der beispielsweise nach dem Selbstmord des Ballspielers
Robert Enke 2009 zu registrieren war.
Der
damalige CDU-Ministerpräsident Christian Wulff hatte zu einer geigantischen
Trauerfeier in einem Fußballstadion geladen und inszenierte sich vor 35.000
anwesenden Fans.
[….]
Nach der Andacht von Pfarrer Heinrich
Plochg wurde der Sarg Enkes zum Song "The Rose" von Bette Midler und
dem Fußball-Kultlied "You'll never walk alone" von Vereinskollegen
des Torwarts aus dem Stadion getragen. Tränenreich nahmen die trauernden
Zuschauer endgültig Abschied von ihrem Idol. [….]
Die
seinerzeitige Ratsvorsitzende der EKD, Bischöfin Margot Käßmann, hielt den
Trauergottesdienst in Hannover.
[….]
Doch Robert Enke ist seinen Weg alleine
zu Ende gegangen. Ganz alleine in der Dunkelheit, die ihn umgab und die in ihm
gewesen sein muss. Alle dachten, er ist wieder da, kehrt zurück zu seinem
geliebten Sport, geht seinen Weg weiter gemeinsam mit der Mannschaft und den
Fans von Hannover 96, weiter auch mit der Nationalmannschaft. Und dann kam
gestern Abend die unfassbare Nachricht, dass er in diesem Leben nicht mehr
weitergehen wollte. […..]
Ein
voller Erfolg für den frommen Wulff und die Bischöfin.
Das
inspiriere einige Nachahmer. Nun sprangen drei Mal so viele Menschen vor Züge
wie zuvor.
[…..]
Geht es nach den Psychotherapeuten, sind
Depression und Suizid für Journalisten heikle Themen. Da ist zum Beispiel der
Fall Robert Enke. Als sich der Bundesliga-Torwart im November 2009 an einem
Bahnübergang das Leben nahm, schnellte die Zahl der Nachahmer in die Höhe,
immer mehr Menschen sprangen vor Züge.
Kam es in den Jahren
zuvor zu durchschnittlich 2,3 „eisenbahnsuizidialen Handlungen“ pro Tag, stieg
die Zahl am Todestag Enkes zunächst auf drei an und kletterte dann auf einen
Höchststand von neun Vorfällen täglich. Nach eineinhalb Wochen sank die Zahl
wieder, der Durchschnittswert vor 2009 wurde aber nicht mehr erreicht.
Verantwortlich dafür
soll unter anderem die Berichterstattung sein. [….]
Was
lernen wir daraus?
So eine gewaltige massenwahn-artige Suizidaltrauer wie im Stadion von Hannover ist keine brillante Idee.
So eine gewaltige massenwahn-artige Suizidaltrauer wie im Stadion von Hannover ist keine brillante Idee.
Es ist
aber auch absurd um eine Todesursache ein so lautes Schweigen anzufangen, daß
man inzwischen schon sicher gehen kann, daß es sich um einen Suizid handelt,
wenn nicht ausdrücklich eine andere Todesart genannt wird.
Die
Chester Bennington-Nachricht erreichte mich vorhin zufällig über Facebook und
da wir im Zeitalter des Internets leben, war die soziale Plattform in
Windeseile mit Berichten über die genaue Methode geflutet.
(Ehrlich
gesagt wundere ich mich, daß jemand, der offensichtlich so einen problemlosen
Zugang zu harten Drogen hat und dazu auch noch sehr reich ist, eine so
mechanische Methode wie Erhängen wählt. Wäre eine Überdosis nicht naheliegender
und weniger quälend?)
Aus
lauter Panik vor Nachahmern drücken sich die herkömmlichen Presseorgane um
Details, während überall sonst schon jeder weiß, daß sich der Mann erhängte.
Man
sollte lieber offen darüber reden, kein Tabu inszenieren und den Tod verdammt
noch mal endlich als das behandeln was er ist: Ganz normal und natürlich.
Wer über
sein Lebensende selbst bestimmen will, soll das gefälligst tun dürfen, ohne daß
moralische Zeigefinger erhoben werden.
Vermutlich
konnte der Fall Enke nur deswegen so viele Menschen dazu inspirieren sich
ebenfalls vor einen Zug zu werfen, weil immer so ein Bohei um den Tod gemacht
wurde und diese Menschen nicht in der Lage waren ohne Hysterie darüber
nachzudenken.