Donnerstag, 11. Juli 2019

Rechts ist schlecht.


Inzwischen sorgen sich auch herkömmliche bürgerliche Politiker über das rechtsextreme Eigenleben von ostdeutscher Polizei, dem Verfassungsschutz und Teilen  der Bundeswehr.

  […..] Der Fall Lübcke zeigt, dass der Verfassungsschutz reformiert werden muss.
Rechtsextreme bedrohen unsere Demokratie – und bisher scheitert der Staat an deren Bekämpfung. Wir brauchen endlich strukturelle Änderungen. [….]

Es ist schön, daß auch ehemalige zuständige Minister das Problem erkennen.
Für den nicht sehr weit rechts stehenden Teil Deutschlands sind diese Erkenntnisse allerdings nicht neu; im Gegenteil. Die deutlich rechts der Mitte verorteten persönlichen Einstellungen der Verfassungsschützer sind allgemein so bekannt, daß Witze über Nazi-freundliche Schlapphüte immer funktionieren.


Allerdings fallen die Chefs dieser Dienste und deren Einstellungspolitik nicht vom Himmel. Sie werden von den zuständigen, zumeist bei der CDU angesiedelten Innenministern ausgesucht.
Superminister Bundeshorst war noch vor kurzer Zeit so dermaßen begeistert von seinem AfD-Berater Hans-Georg Maaßen, der vor linksradikaler Unterwanderung der SPD warnte, daß er ihn um mehrere Gehaltsstufen zu seinem Staatssekretär befördern wollte – mit Zustimmung Merkels und Nahles‘.
Diese Beförderung hätte Maaßen auch bekommen, wenn die SPD, wie von allerlei Linken gefordert, die Groko verlassen hätte.
Da sie aber ein Teil der Regierung ist, konnte ein Basis-Aufstand der Sozen ihre Parteichefin umstimmen und so den Verfassungsschutzpräsidenten in den Ruhestand schicken.
Von dort aus twittert der Mini-Trump mit der Brille eines Siebenjährigen geradezu manisch seine verschwörungstheoretischen, ultrarechten Ansichten heraus, teilt mit Vorliebe BILD-, INSA-, Junge-Freiheit-, Werteunion- und AfD-Inhalte. Offensichtlich die Art „seriöse Quelle“, auf die sich auch die Erkenntnisse der Bundesschlapphüte stützen.


Ehem. Präsident des BfV / Nüchterner Realist, der sich große Sorgen um die Zukunft Europas macht / Hans-Georg Maaßen (hgm)

Kein Wunder, daß deutsche Innenminister bei der Terrorabwehr völlig von den Informationen der US-Dienste abhängig sind.
Die letzten fähigen deutschen Geheimdienstler wurden 1989/1990 mit dem Untergang der DDR abgewickelt.


[…..] Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat am Dienstagabend mit einem Tweet eine Debatte im Netz ausgelöst. Maaßen teilte einen Link zu einem Artikel der „Neuen Zürcher Zeitung“ mit der Überschrift: „In deutschen Städten sieht die Mehrheitsgesellschaft ihrem Ende entgegen“.
Darin heißt es weiter: „Frankfurt am Main, Offenbach, Heilbronn, Sindelfingen - in diesen und anderen Städten sind Deutsche ohne Migrationshintergrund nur noch die grösste Gruppe, stellen aber keine absolute Mehrheit mehr dar.“ Maaßen schrieb dazu: Für mich ist die NZZ so etwas wie „Westfernsehen“. [….]

Mit solchen Sicherheitsbehörden lässt sich auch erklären wieso seit zehn Jahren kontinuierlich kommunale Politiker, die sich für Humanität einsetzen von Rechtsradikalen attackiert werden, ohne daß Polizei und Co etwas unternehmen.
Allein in Berlin-Neukölln gab es in der letzten Dekade anderthalb Dutzend Brandanschläge auf Lokalpolitiker.

[….]  Immer wieder trifft es Menschen, die sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit engagieren.
[….]  Die Neuköllner SPD-Fraktionsvorsitzende Mirjam Blumenthal, 46, sah, wie vor ihrem Haus das Familienauto in Flammen aufging. [….]  Oder Gabriela Gebhardt, SPD-Abgeordnete im Neuköllner Kommunalparlament, und Peter Scharmberg, ebenfalls SPD, der sich für Flüchtlinge und gegen Rassismus einsetzt. Er wurde zwei Mal Opfer, 2014 konnte er gemeinsam mit einem Nachbarn löschen, zwei Jahre später hörte er einen lauten Knall um halb drei Uhr morgens. Das Auto, ein Feuerball. [….]  Umso irritierender ist die Erfolglosigkeit der Sicherheitsbehörden und der Berliner Justiz. Fast zehn Jahre dauert diese Anschlagswelle, aber es gibt keine Verurteilung, keine Verhaftung. Es gibt immerhin Hauptverdächtige, zwei bekannte Neonazis, "lange und schmutzig vorbestraft", wie ein Berliner Strafverfolger sagt. [….]  Was sagt es aus über die Bekämpfung rechtsextremer Gewalt in diesem Land, wenn es fast zehn Jahre nicht gelingt, auch nur einen der Täter im Kiez zu überführen? [….]  Am 15. Januar 2018 hörte der Verfassungsschutz dann aber ein Telefonat [….] mit [….]   Einer fuhr offenbar gerade einem Auto hinterher. Eine Art Beschattung. Die Neuköllner Rechtsextremen, schien es, spähten ein potenzielles Opfer aus, das nichts bemerken sollte. [….]  Das war zwei Wochen vor dem Anschlag auf den Linkenpolitiker Kocak. Es wäre noch Zeit gewesen, ihn zu warnen. [….] am 1. Februar 2018 wurde dann der Smart von Ferat Kocak völlig ungehindert und unbeobachtet in Brand gesteckt. [….]  Polizeibeamte als heimliche Helfer von Radikalen? Das ist ein ungeheuerlicher Verdacht, er ist durch nichts bewiesen und doch kann man ihn auch nicht so einfach abtun. Im Dezember 2018 flog in Berlin ein Polizist auf, der heimlich Drohbriefe an Mitglieder der linken Szene verschickt und dafür vertrauliche Daten aus Polizeidatenbanken entwendet hatte. Er schrieb seinen 42 Opfern, er werde ihre Privatadressen an die Neurechten von der Identitären Bewegung weitergeben oder gleich "an die Bullen". Es gab eine Geldstrafe. Ein Monatsgehalt. Polizist durfte er bleiben.
Bei den Staatsschützern des Landeskriminalamts (LKA), die gegen den Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri ermittelten, schrieb ein Beamter seinem Chef einmal per SMS, er solle "sich von Merkel & Co und ihren scheiß Gut-Menschen" fernhalten, wie eine interne Ermittlung ergab. Der Beamte schloss seine Nachricht mit dem Abschiedsgruß "88", dem Zahlencode für "Heil Hitler". Aus dem Dienst entfernt hat man ihn bis heute nicht. [….]