Inzwischen sorgen sich auch herkömmliche bürgerliche
Politiker über das rechtsextreme Eigenleben von ostdeutscher Polizei, dem
Verfassungsschutz und Teilen der
Bundeswehr.
[…..] Der Fall Lübcke zeigt, dass der Verfassungsschutz reformiert werden
muss.
Rechtsextreme bedrohen unsere Demokratie – und bisher scheitert der
Staat an deren Bekämpfung. Wir brauchen endlich strukturelle Änderungen. [….]
Es ist schön, daß auch ehemalige zuständige Minister das
Problem erkennen.
Für den nicht sehr weit rechts stehenden Teil Deutschlands sind
diese Erkenntnisse allerdings nicht neu; im Gegenteil. Die deutlich rechts der
Mitte verorteten persönlichen Einstellungen der Verfassungsschützer sind allgemein
so bekannt, daß Witze über Nazi-freundliche Schlapphüte
immer funktionieren.
Allerdings fallen die Chefs dieser Dienste und deren
Einstellungspolitik nicht vom Himmel. Sie werden von den zuständigen, zumeist
bei der CDU angesiedelten Innenministern ausgesucht.
Superminister Bundeshorst war noch vor kurzer Zeit so
dermaßen begeistert von seinem AfD-Berater Hans-Georg Maaßen, der vor
linksradikaler Unterwanderung der SPD warnte, daß er ihn um mehrere
Gehaltsstufen zu seinem Staatssekretär befördern wollte – mit Zustimmung Merkels
und Nahles‘.
Diese Beförderung hätte Maaßen auch bekommen, wenn die SPD,
wie von allerlei Linken gefordert, die Groko verlassen hätte.
Da sie aber ein Teil der Regierung ist, konnte ein
Basis-Aufstand der Sozen ihre Parteichefin umstimmen und so den Verfassungsschutzpräsidenten
in den Ruhestand schicken.
Von dort aus twittert der Mini-Trump mit der Brille eines Siebenjährigen
geradezu manisch seine verschwörungstheoretischen, ultrarechten Ansichten
heraus, teilt mit Vorliebe BILD-, INSA-, Junge-Freiheit-, Werteunion- und
AfD-Inhalte. Offensichtlich die Art „seriöse Quelle“, auf die sich auch die
Erkenntnisse der Bundesschlapphüte stützen.
Ehem. Präsident des BfV / Nüchterner Realist, der sich große Sorgen um
die Zukunft Europas macht / Hans-Georg Maaßen (hgm)
Kein Wunder, daß deutsche Innenminister bei der Terrorabwehr
völlig von den Informationen der US-Dienste abhängig sind.
Die letzten fähigen deutschen Geheimdienstler wurden 1989/1990
mit dem Untergang der DDR abgewickelt.
[…..] Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat am
Dienstagabend mit einem Tweet eine Debatte im Netz ausgelöst. Maaßen teilte
einen Link zu einem Artikel der „Neuen Zürcher Zeitung“ mit der Überschrift:
„In deutschen Städten sieht die Mehrheitsgesellschaft ihrem Ende entgegen“.
Darin heißt es weiter: „Frankfurt am Main, Offenbach, Heilbronn,
Sindelfingen - in diesen und anderen Städten sind Deutsche ohne
Migrationshintergrund nur noch die grösste Gruppe, stellen aber keine absolute
Mehrheit mehr dar.“ Maaßen schrieb dazu: „Für mich ist die NZZ
so etwas wie „Westfernsehen“.“ [….]
Mit solchen Sicherheitsbehörden lässt sich auch erklären
wieso seit zehn Jahren kontinuierlich kommunale Politiker, die sich für
Humanität einsetzen von Rechtsradikalen attackiert werden, ohne daß Polizei und
Co etwas unternehmen.
Allein in Berlin-Neukölln gab es in der letzten Dekade
anderthalb Dutzend Brandanschläge auf Lokalpolitiker.
[….] Immer wieder trifft es Menschen,
die sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit engagieren.
[….] Die
Neuköllner SPD-Fraktionsvorsitzende Mirjam Blumenthal, 46, sah, wie vor ihrem
Haus das Familienauto in Flammen aufging. [….] Oder
Gabriela Gebhardt, SPD-Abgeordnete im Neuköllner Kommunalparlament, und Peter
Scharmberg, ebenfalls SPD, der sich für Flüchtlinge und gegen Rassismus
einsetzt. Er wurde zwei Mal Opfer, 2014 konnte er gemeinsam mit einem Nachbarn
löschen, zwei Jahre später hörte er einen lauten Knall um halb drei Uhr morgens.
Das Auto, ein Feuerball. [….] Umso irritierender ist die Erfolglosigkeit
der Sicherheitsbehörden und der Berliner Justiz. Fast zehn Jahre dauert diese
Anschlagswelle, aber es gibt keine Verurteilung, keine Verhaftung. Es gibt
immerhin Hauptverdächtige, zwei bekannte Neonazis, "lange und schmutzig
vorbestraft", wie ein Berliner Strafverfolger sagt. [….] Was
sagt es aus über die Bekämpfung rechtsextremer Gewalt in diesem Land, wenn es
fast zehn Jahre nicht gelingt, auch nur einen der Täter im Kiez zu überführen?
[….] Am
15. Januar 2018 hörte der Verfassungsschutz dann aber ein Telefonat [….] mit [….]
Einer fuhr offenbar gerade einem Auto
hinterher. Eine Art Beschattung. Die Neuköllner Rechtsextremen, schien es, spähten
ein potenzielles Opfer aus, das nichts bemerken sollte. [….] Das war
zwei Wochen vor dem Anschlag auf den Linkenpolitiker Kocak. Es wäre noch Zeit
gewesen, ihn zu warnen. [….] am 1.
Februar 2018 wurde dann der Smart von Ferat Kocak völlig ungehindert und
unbeobachtet in Brand gesteckt. [….]
Polizeibeamte als heimliche Helfer
von Radikalen? Das ist ein ungeheuerlicher Verdacht, er ist durch nichts
bewiesen und doch kann man ihn auch nicht so einfach abtun. Im Dezember 2018
flog in Berlin ein Polizist auf, der heimlich Drohbriefe an Mitglieder der
linken Szene verschickt und dafür vertrauliche Daten aus Polizeidatenbanken
entwendet hatte. Er schrieb seinen 42 Opfern, er werde ihre Privatadressen an
die Neurechten von der Identitären Bewegung weitergeben oder gleich "an
die Bullen". Es gab eine Geldstrafe. Ein Monatsgehalt. Polizist durfte er
bleiben.
Bei den Staatsschützern des Landeskriminalamts (LKA), die gegen den
Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri ermittelten, schrieb ein Beamter seinem
Chef einmal per SMS, er solle "sich von Merkel & Co und ihren scheiß
Gut-Menschen" fernhalten, wie eine interne Ermittlung ergab. Der Beamte
schloss seine Nachricht mit dem Abschiedsgruß "88", dem Zahlencode
für "Heil Hitler". Aus dem Dienst entfernt hat man ihn bis heute
nicht. [….]