Die große Missbrauchsstudie des Erzbistums Köln, durchgeführt von der renommierten Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl (WSW) führte zu einem Ergebnis, das die langjährigen Kirchenfürsten in keinem guten Licht darstellte.
Kardinäle, Bischöfe, Generalvikare, die das massenhafte Kinderficken ermöglicht, akzeptiert und sogar durch Verschickung der bekanntermaßen pädosexuellen Priester förderten wollte der aktuelle Metropolit der Kirchenprovinz aber um jeden Preis schützen. Auch im Jahr 2020 gilt für den reichsten Kardinal außerhalb Roms die katholische Maxime „Täterschutz geht vor Mitleid mit den Opfern“.
Und so warf sich Woelki auch diesmal sofort in die Bresche für die Kinderficker.
[…..] Nachdem Kardinal Woelki aber tolldreist den Missbrauchsopfern seines Sprengels mit voller Wucht in den Rücken trat, weil er lieber die ehemaligen Kardinäle Höffner und Meisner, sowie den Hamburger Erzbischof Heße schützt, fiel auch dem SZ-Mann nichts mehr ein, um seine Kirchenfürsten zu verteidigen.
[…..] Selbst wenn im Text des Kölner Missbrauchsberichts nicht jeder Satz gelungen sein sollte - der Versuch, die Erkenntnisse zum systematischen Versagen der Leitung des katholischen Erzbistums im Umgang mit Fällen von sexueller Gewalt unter Verschluss zu halten, ist falsch. Die Art und Weise, wie dies gerade geschieht, macht ihn zur Katastrophe. […..] Aus dem furchtlosen Aufklärer im Bischofsamt ist innerhalb eines halben Jahres der verzagte Hirte geworden, der - statt um die Wahrheit zu ringen - die verstorbenen Kardinäle Joseph Höffner und Joachim Meisner schützt, ihre noch lebenden Generalvikare und Personalchefs, von denen einer heute Erzbischof von Hamburg ist, Stefan Heße. Es hat das alte System gesiegt. […..] Wieder einmal sind die Betroffenen der sexuellen Gewalt die Opfer. Den Betroffenenbeirat des Erzbistums über den Tisch zu ziehen und ihn ein Gutachten kritisieren zu lassen, das er selber nicht kennt, war eine infame Aktion. Man sollte die Mitglieder das weggesperrte Gutachten lesen lassen - und sehen, welche Meinung sich diese dann bilden. [……]
(Matthias Drobinski, 02.11.2020)
Willkommen auf
der dunklen Seite der Macht, Herr SZ-Redakteur!
„Infame Aktion“ – endlich eine gute Wortwahl. [……]
(Den toten Gaul reiten, 02.11.2020)
Dieselbe Münchener Kanzlei WSW arbeitete auch an einer ähnlichen Untersuchung für Kölns kleines Suffragan-Bistum Aachen.
Das Ergebnis war das zu Erwartende; wie in jedem katholischen Bistum, hatten Priester systematisch und ungehindert vor allem kleine Jungen vergewaltigt und sexuell gequält.
[…..] Die Gutachter fanden bei ihren Recherchen Hinweise auf 175 Missbrauchsopfer im Bistum Aachen bis 2019, die meisten davon Jungen, besonders aus der Altersgruppe der Acht- bis 14-Jährigen. In mehreren Fällen seien Priester, die sich des Missbrauchs schuldig gemacht und teilweise dafür Haftstrafen abgesessen hätten, wieder in Gemeinden eingesetzt worden. Dort hätten sie dann teilweise erneut Kinder missbraucht. Für die Reaktion der Bistumsführung auf die Missbrauchsfälle sehen die Gutachter "systemische Ursachen". [….]
(DPA, 12.11.2020)
Ungewöhnlich am Fall Aachen ist allerdings, daß Bischof Dr. Helmut Dieser und Generalvikar Dr. Andreas Frick im Gegensatz zu ihrem Vorgesetzten Woelki das Gutachten annahmen und veröffentlichten, obwohl deren bischöflichen Vorgänger darüber nicht glücklich waren.
Dieser beschreitet ganz neue Wege, indem er erstmals die Wünsche der Opfer der priesterlichen Päderasten über die der Täter stellte.
Woelki hatte die Prioritäten noch genau anders herum gesetzt.
[…..] Sie erheben schwere Vorwürfe gegen die früheren Aachener Bischöfe Johannes Pohlschneider, Klaus Hemmerle und Heinrich Mussinghoff sowie gegen die Generalvikare Karlheinz Collas und Manfred von Holtum. Heinrich Mussinghoff, 80, und Manfred von Holtum, 76, sind die einzigen noch lebenden der im Gutachten belasteten Personen. Es geht in dem Gutachten um Aachen - und um viel mehr. Es geht um die Frage, wie die katholische Kirche in Deutschland das Handeln und Unterlassen ihrer Bischöfe und Generalvikare bei Missbrauchsfällen aufklären und bewerten soll. Die Kanzlei WSW betont, dass sie nicht nur rechtliche und kirchenrechtliche Aspekte bewerten will, sondern vor allem, ob der Umgang mit den Betroffenen des Missbrauchs dem kirchlichen Selbstverständnis entspricht. […..] Aus den Aachener Bistumsakten der Jahre 1965 bis 2019 identifizierten die Anwälte 81 beschuldigte Kleriker. Anhand von 14 Fallbeispielen haben sie das Handeln der Verantwortlichen exemplarisch rekonstruiert. Das habe sich "primär am Täterschutz" ausgerichtet. "Bis zum Jahr 2010 sind in den Akten nahezu keinerlei Bemühungen des Bistums zu entnehmen, auf die Opfer aktiv seelsorgerisch zuzugehen", heißt es, und: "Demgegenüber ist das Verhalten der Bistumsleitung häufig von einer kaum noch nachvollziehbaren Zuwendung zu den Tätern geprägt." [……]
Es mussten nur ein paar Millionen Kirchenmitglieder austreten und zwanzig Jahre die Kinderfickerförderung der RKK in der internationalen Presse angeprangert werden bis nun doch immerhin ein Bischof auf die Idee kam die Angelegenheit auch einmal aus der Perspektive anzusehen.
[…..] Skandale mussten um jeden Preis vermieden werden, auch wenn dafür mal ein Kirchenzeitungs-Chefredakteur gemaßregelt wurde. Problem-Priester wurden einfach versetzt, ins Nachbarbistum, ins Ausland, wo sie weitere Taten begingen. Der Bund der Brüder schützte sie. Es schützte sie die Unfähigkeit ihrer Vorgesetzten, über Sexualität zu reden. Es schützte sie der Irrglaube, dass die Kirche heilig, rein und unbeschmutzt bleiben müsse. Persönliche Fehler? Keinesfalls! […..]
(Matthias Drobinski, 12.11.2020)
Altbischof Mussinghof ist allerdings entsetzt. Der Mann kann als tiefgläubiger Katholik ins schon mal ganz bestimmt nicht: Reue empfinden.
Ja, das ein paar Hundert Kinder von seinen Priestern vergewaltigt wurden und er das ermöglichte wäre nicht unbedingt schön, aber sicher auch nicht sein Schuld. Und überhaupt wäre doch nicht alles schlecht gewesen in der RKK, nur weil innerhalb ihrer Strukturen weltweit Zigtausende Kinder sexuell missbraucht, Millionen zu Brei geprügelt, psychisch zerstört, in den Selbstmord getrieben, kastriert (in Belgien) und finanziell ausgenutzt wurden.
[…..] Das sind keine neuen Erkenntnisse. Neu ist, dass die Münchner Anwälte Fehler und Versäumnisse mit konkreten Namen und Gesichtern verbinden. Liest man die Antwort von Bischof Mussinghoff - es ist ein Gebot der Fairness, sie mitzuveröffentlichen -, dann endet hier seine Akzeptanz. Ja, es gab Fehler, so war die Zeit. Aber ich persönlich? Keinesfalls! Der Aachener Bischof [Missinghof] war nicht schlechter als seine Amtsbrüder. […..] Er durchbrach aber nicht das System, ihm fehlte der Mut dazu. Dass er bis heute keinen Fehler zugeben kann, zeigt, wie stark dieses System noch ist. […..] Geht das nicht freundlicher? Mit mehr Distanz? Warum berücksichtigt ihr nicht die Zeitumstände? Es war doch nicht alles schlecht! […..]
(Matthias Drobinski, 12.11.2020)
Doch Missinghof.
Was (unter anderem auch) in Deinem Bistum vorkam, ist eben nicht zu entschuldigen.
In so einer Kirche ist alles schlecht.