Wenn man
sich selbst ganz fabelhaft findet und nur unter sich bleibt, wenn man völlig
den Blick für alle anderen verliert, wenn man nur noch um sich selbst kreist
und das eigene Empfinden, den eigenen Geschmack als allgemeingültigen Maßstab
betrachtet, sein kontinuierliches um sich selbst Kreisen gar nicht mehr
hinterfragt, kommt man zu ganz erstaunlichen Selbsttäuschungen.
"Der Bedarf an
ethischer Orientierung ist deutlich gestiegen"
(Heinrich Bedford-Strohm,
EKD-Ratsvorsitzender, auf der EKD-Synode in Bonn.)
Unser Kirchen-Heinrich. Verwirrt wie eh und je.
Nur acht
Prozent der Deutschen beschäftigt der Sinn des Lebens – folgt man einer Untersuchung
des Religionssoziologen Detlef Pollack.
Die
Kirchen haben ein schlechtes Produkt. Immer weniger Menschen möchten die
exkludierende Ideologie „Religion“ kaufen. Sie verlieren rapide und
kontinuierlich Marktanteile, lassen aber den Gedanken, daß ihr offeriertes
Produkt nicht mehr zeitgemäß sein könnte, nicht zu.
Angesichts
der Hunderttausenden Kirchenaustritte jedes Jahr reagieren alle Toppkleriker
gleich.
Die
Menschen sehnten sich nach Sinn, hätten einen großen Bedarf nach Spiritualität
und wären nun auf der Suche. Und erst nach diesen stoisch aufgesagten
Postulaten kommt die Asche auf das Haupt. Man müsse sich fragen, wie die Kirchen
ihre Kommunikation verbessern könnten, wie sie wieder attraktiver werden
könnten, damit die verirrten Schäfchen auf der Suche wieder zu ihnen finden.
Das Thema Reformation
hat unerwartet viele Menschen erreicht.
(Heinrich Bedford-Strohm,
EKD-Ratsvorsitzender, auf der EKD-Synode in Bonn.)
Religioten
eben. Die Lutherdekade, das ganze Jahr 2017 im Dauerfeiermodus hatte eins
gezeigt. Die Menschen interessieren sich nicht für die
Kirche.
Die Veranstaltungen
waren extrem schlecht besucht, es herrschte gähnende Leere bei den Gottesdiensten.
(….)
Die Kirche in Hamburg ist so gut wie tot – und das ist auch gut so.
In
Hamburg ist die Kirche marginalisiert.
Katholiken
finden traditionell ohnehin kaum statt.
Gut
so, denn abgesehen davon, daß niemand mehr die Predigten der hanseatischen
Pfaffen hören will, sind sie auch noch unangenehm. (….)
So
viel Geld und so viel Werbung für die Kirchen und dennoch laufen die Mitglieder
zu Hunderttausenden davon.
Zwei
Kardinalfehler der evangelischen Kirche werden nie erwähnt; auch in Peter
Wenigs endlosem Artikel kein Wort davon:
Der
protestantische Held Martin Luther war ein besonders widerliches antisemitisches, frauenfeindliches,
obrigkeitshöriges Arschloch.
Dieser
mittelalterliche Hassprediger wird nun ausgerechnet
von Typen wie Käßmann und Bedford-Strohm verteidigt, die selbst den kirchenfreundlichsten
Journalisten auf die Nerven gehen mit ihrer grenzenlosen Naivität, ihrer
stupiden Selbstbeweihräucherung und eklatanten Umgehung der Wahrheit. (…..)
Insbesondere
EKD-Christen des Schlages Bedford-Strohm, Irmgard Schwätzer, Kathrin
Göring-Kirchentag, Margot Käßmann und Frank-Walter Steinmeier nehmen nicht nur
die Realität nicht wahr, sondern sie phantasieren sich ein enormes Interesse
nach Metaphysik und Spiritualität herbei.
Ihr
Produkt, ihre Botschaft müsse nur neu verpackt werden; das Interesse wäre da.
[……]
Schichtarbeit und Akademiker, Linke und
Rechte, Junge und Alte treffen in der Kirche, im Gottesdienst aufeinander und
entdecken ihre Gemeinsamkeiten. Das ist das Ideal.
Aus dem
Reformationsjubiläum gehen die evangelischen Christen mit neuer Verve hervor.
Innerkirchlich wie gesellschaftlich wollen sie den gewonnenen zusätzlichen
Schwung für Neuanfänge nutzen.
[….]
Erstaunlich
zu sehen wie verwirrt die Jungs und Mädels von der Religiotie sind.
Das
Gegenteil ist nämlich wahr.
EKD ist
nicht temporär out, weil die Jugend zufällig gerade einem anderen
Spiritualtrend nachläuft, sondern sie ist auf dem Abstellgleis, weil das
Christentum in einer zunehmend aufgeklärten, gebildeten und informationsfreien
Gesellschaft als überflüssiges raffgieriges Hypokrisie-Projekt begriffen wird,
ohne das man auf jeden Fall besser lebt.
In
Großstädten will kaum noch einer etwas mit der Kirche zu tun haben und wer wie
ich alle religiotischen Fesseln abgelegt hat, ist nicht auf der Suche nach neuen
Fesseln.
Wer das
Glück hat frei von Religion zu leben, genießt es.
Das ist
das fundamentale Missverständnis alles Religiösen, die offensichtlich immer
noch meinen, ohne Religion fehle einem etwas. Daher wären Atheisten auf der
Suche nach einem Ersatz.
Das
Gegenteil ist der Fall! Man gewinnt durch Religionsfreiheit hinzu. Kunst,
Wissenschaft und gedankliche Freiheit machen uns Konfessionslose reicher, als
es jeder geistlich Eingeschränkte je sein wird.
(….) Es gibt eine einzige Kategorie-C-Kirche in meiner
Umgebung und ich kann es gar nicht erwarten bis sie schließt. Ich gehöre
nämlich einerseits zu den 99,5% der Hamburger, die nicht sonntags in einen
Gottesdienst gehen und dennoch von dem unerträglichen Glockengeläut geweckt
werden. Was für eine UNVERSCHÄMTHEIT der Kirchen immer wieder die Masse der
Nichtgläubigen aus dem Bett zu jagen. So macht man sich unbeliebt.
Außerdem
fehlt es mir an Doofheit, um mich über das Verschwinden der Kirchen zu grämen.
Je mehr sich die Religionen zurückziehen, desto besser für die Gesellschaft.
Atheisten
sind klüger als Christen, sie sind mitfühlender, lehnen Rache und Folter stärker ab. Kinder von nichtreligiösen Eltern teilen
eher als Christen
und erwärmen sich weniger für drakonische Strafen.
Religiöse Menschen schlagen ihre Kinder häufiger, während Atheisten generell
friedlicher sind und auch niemals Terroranschläge verüben. Christen wählen weit
überdurchschnittlich Trump.
Atheisten
diskriminieren keine Schwulen und Frauen mit einem speziellen Arbeitsrecht, sie
greifen keine dubiosen Staatsleistungen in Höhe von 600 Millionen Euro jährlich
von den Bundesländern ab, sie belästigen ihre Nachbarn nicht mit Kirchenglocken
oder Muezzin-Rufen. Atheisten sind aufgeschlossener gegenüber Minderheiten; sie
verdienen mehr, sind besser gebildet.
Atheisten
sind grundsätzlich toleranter als Christen; auch das ist in sich logisch, da
Religionen prinzipiell exkludierende Ideologien sind. Jede Religion verhält
sich zu anderen Religionen, Atheisten und Agnostikern nach dem Prinzip „Wir
sind besser als die!“
Humanisten
hingegen ist diese hierarchische und potentiell antagonistische Weltsicht
fremd.
Humanisten
würden die Aufnahme von Flüchtlingen nicht an Bedingungen knüpfen – wie es
konservativen Christen leicht über die Lippen kommt: „Christliche Flüchtlinge
sollten bevorzugt werden.“
Man
muß also gar nicht die offensichtlichen kirchlichen Fehlleistungen –
Sexskandale, Missbrauch, Prügel, Geldverschwendung, Protzsucht – in Betracht
ziehen. Schon aus rein grundsätzlichen Überlegungen ist es absolut zu begrüßen,
wenn die Kirchen schrumpfen; Mitglieder und Einfluss verlieren. (…..)
Die EKD
konnte im Jahr 2017 einen hohen achtstelligen Betrag bei der öffentlichen Hand
für ihre 365-Tage-Selbstbeweihräucherungsparty herauspressen.
Der Oberevangele
fühlt sich offenbar so partytrunken, daß er im Größenwahn vor sich hin
deliriert.
[….] Der Bedarf an ethischer Orientierung ist
einerseits deutlich gestiegen. Wenigstens die Kirchen – so heißt es dann –
mögen uns doch bitte den Weg weisen! Ebenso wahr ist aber auch: Gefährlich
abgenommen ... haben die angemessenen
Formen des Umgangs miteinander im politischen Diskurs.“ [….]
(Heinrich Bedford-Strohm,
EKD-Ratsvorsitzender, auf der EKD-Synode in Bonn.)
Es wird
Zeit auszunüchtern, Herr Oberbischof.
Selbst der
katholische Glaubenskollege Drobinski sieht da viel klarer.
[….] Die
evangelische Kirche sucht nach Strategien gegen den Mitgliederschwund - und tut
sich schwer damit.
Was das
Kirchenparlament sich nicht traut, macht jetzt eine Journalistin, Christiane
Florin vom Deutschlandfunk, lustig, frech und ganz schön hart. Die Kirchen
hätten es sich im Reformationsjahr zu einfach gemacht: "Zu wenig ringend,
zu wenig ernsthaft, zu wenig geistesgegenwärtig", sagt sie. Sie hätten
eine "Mischung aus Scheinriesentum und Selbstverzwergung" gezeigt,
"Toleranz, miteinander reden, irgendetwas gegen die AfD und fürs
Grundgesetz - das ist so anschlussfähig wie ein Playmobil-Luther."
Bischöfe lächelten kritische Fragen weg, ein "verzweifelter
Gute-Laune-Ton" mache sich breit. [….] Der
Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack erklärt den Synodalen, dass die
These falsch ist, die Leute seien zwar nicht mehr in der Kirche, suchten aber
trotzdem den Sinn: Nur acht Prozent der Deutschen würden oft über den Sinn des
Lebens nachdenken, nur jeder Zehnte sehe sich selbst religiös auf der Suche. So
gesehen sei die Kirche "schon seit langem nicht mehr die Herrin ihres
Schicksals", könnten die schönen Erlebnisse des Jubiläums "nur sehr
fragmentarisch" langfristig wirken. Der Bochumer Historiker Lucian
Hölscher rät den Protestanten, den "Kampf gegen den Säkularismus"
einzustellen, weil die Einteilungen von fromm oder atheistisch überholt seien.
Vielmehr müsse die Kirche ihr Verhältnis zur säkularen Gesellschaft neu
überdenken - sie sei mittlerweile "das Forum, vor dessen Augen sie sich
bewähren" müsse. [….]