Donnerstag, 31. Januar 2019

Der Abstieg der Wirtschaftsminister.


In nostalgischen Rückblicken auf die Glanzzeiten der Bundestagsdebatten fallen immer die Namen „Plisch und Plum“ (Finanzminister Strauß und Wirtschaftsminister Schiller 1966-1969), sowie die legendären Redner Wehner und Schmidt.
Aber Debattenkultur auf höchstem Niveau gab es noch Jahrzehnte später.
Die an ihren Klugtelefonen festgewachsenen jungen Leute von heute können sich das vielleicht nicht vorstellen, aber in den 80er und 90er guckte ich jede Bundestagsdebatte.
Bevor es Phoenix gab, wurde nicht so viel übertragen, aber mit dem „Parlamentssender“ konnte man sich endlich auch die kompletten Debatten ansehen.
Das waren Highlights. Ich saß mit einem Zettel in der Hand vor’m TV und schrieb mir die besten Sprüche mit.
Meine Helden waren  Joschka Fischer, der wohl unterhaltsamste Redner aller Zeiten, seine Generalabrechnungen mit der Kohl-Regierung von 1994 bis 1998 waren Sternstunden, Gerald Häfner, Kristin Heyne und Ingrid Matthäus-Maier.
Peter Struck war ebenfalls sehr gut. Lobend erwähnen möchte ich noch zwei inzwischen leider nach Rechtsaußen abgedriftete Typen, die aber in ihren besten Zeiten stets ohne Manuskript frei sprachen, jede Zwischenfrage annahmen und glanzvoll parierten: Wolfgang Clement und Oswald Metzger.

Ingrid Matthäus-Maier, *1945, Verwaltungsrichterin, eine der klügsten Personen, die ich kenne, spielt als wichtigste Atheistin Deutschlands  als Beiratsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung immer noch eine große Rolle. Seit 1966 setzt sie sich in der Humanistischen Union für die Trennung von Staat und Kirche ein.
Im Bundestag brillierte sie als Finanzexpertin, die anders als alle anderen Finanzpolitiker die Gabe besaß Zahlen anschaulich, verständlich und einprägsam darzustellen.

„Wissen Sie, was eine Milliarde ist? Sie haben eine Milliarde, wenn Sie achtzehn Jahre lang Woche für Woche eine Million im Lotto gewinnen.“
(IMM)

Sie war aber auch eine begnadete Parteipolitikerin.
Ich erinnere mich noch an eine Generalaussprache, als sie auf die Vorstellung des Haushalts von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt Mitte der 1990er klagte:
„Wir hatten einen Bangemann, wir hatten einen Haussmann, wir hatten einen Möllemann – wann bekommen wir endlich einen Fachmann?“

Erhört wurde ihre Klage freilich nie.
Fünf Bundeswirtschaftsminister von der FDP in Folge hatten das Amt abgewirtschaftet.

Rexrodt war nicht nur wie seine Vorgänger überfordert, sondern wurde gar nicht mehr ernst genommen. Die Presse beschrieb ihn als peinlichen „Grüßaugust“, den noch nicht mal Industrielobbyisten beeinflussen mochten, weil zu offensichtlich war wie desinteressiert und machtlos er war.
Längst war die Gestaltungsmacht des einstigen Kernministeriums – Erhardt, Schiller und Schmidt prägten als Wirtschaftsminister die Republik – aufgebraucht. Die Musik spielte nun im Kanzleramt und Finanzministerium.
Das war keineswegs ein zwingender Prozess, sondern der Tatsache geschuldet, daß die faktische vakante Ministeriumsspitze von 1982 bis 1998 unter den FDP-Grüßaugusten das Eingreifen anderer Minister erforderte.

Spätere Bundeswirtschaftsminister wie Clement und Gabriel hatten verstanden welch geschrumpftes irrelevantes Haus sie übernahmen und ließen sich daher Superministerien zuschneiden. Clement war in Personalunion auch Arbeitsminister, Gabriel übernahm den Bereich Energiepolitik.

Aber es gab bedauerlicherweise auch unter Merkel Wirtschaftsminister von CDU und FDP, die entweder wie Brüderle, Guttenberg und Rösler völlig überfordert und verwirrt waren, oder noch schlimmer, wie Glos und Altmaier mit demonstrativen Unwillen das Sinnlosministerium einfach nur aussitzen wollte, weil sie nicht nur keine Ahnung hatten, sondern auch keine Lust.

Altmaier, der phänotypische Wiedergänger von Martin Bangemann verfiel nach Übernahme des Wirtschaftsressorts sofort in den Tiefschlaf.
Er macht einfach gar nichts mehr.
Setzt keine Impulse, mischt sich nirgends ein. Man weiß gar nicht, ob er überhaupt Meinungen hat.
Dabei sollte er derjenige sein, der ob der zu erwartenden katastrophalen Brexit-Folgen, des drohenden Handels- und Zollkrieges, der durch die US-Sanktionen entstehenden Handelsbeschränkungen, stümpernden deutschen Autohersteller, der scheiternden deutschen Großprojekte und des Intra-europäischen Antagonismus das Heft des Handelns immer in der Hand haben sollte.

[…..]  Aus der Wirtschaft bekommt der Wirtschaftsminister mächtig Gegenwind. Altmaier sei ein Ankündigungsminister, eine Mittelstandsstrategie gebe es immer noch nicht und die Steuern seien zu hoch. […..] Die deutsche Industrie fordert steuerliche Entlastungen und kritisiert den Kurs der Bundesregierung massiv. Es sei "überfällig", Steuern zu senken, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang in Berlin. "Die Steuerlast ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Auch Unternehmen zahlen mehr Steuern als je zuvor." […..] Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier rückte dagegen von seiner Forderung nach einer Entlastung der Unternehmen im Volumen von 20 Milliarden Euro ab. "Damit hat der Wirtschaftsminister nichts zu tun", sagte er auf dem Maschinenbaugipfel in Berlin. […..] Maschinenbau-Präsident Carl Martin Welcker hatte zuvor in seiner Eröffnungsrede vom Wirtschaftsminister gefordert, wie versprochen, Politik im Stile Ludwig Erhards für die Unternehmen zu machen. Generell zeigte er sich unzufrieden mit der Leistung der Großen Koalition. "Regieren ist kein Selbstzweck, aber Nicht-Regieren ist auch keine zukunftsfähige Lösung", monierte Welcker.
[…..] Dass die Unternehmer mit dem Wirtschaftsminister zunehmend unzufrieden sind, zeigt auch ein Papier des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), über das das "Handelsblatt" berichtet. Darin heißt es unter der Überschrift "Enttäuschung über ausbleibende Mittelstandsstrategie", Altmaier habe sich zu Beginn seiner Amtszeit im März als "Minister für den Mittelstand" bezeichnet, in der Praxis sei er aber über die Ankündigung nicht hinausgekommen. [….]
(ntv, 16.10.2018)

Frei nach Volker Pispers, stellt sich die Frage „wieso ist Altmaier überhaupt Wirtschaftsminister geworden – Lothar Matthäus hätte doch auch Zeit gehabt!“

[….] Reden ist nicht Altmaiers Problem, aber das Handeln.
Das zeigt sich vor allem in der Energiepolitik. Die Energiewende bleibt eine Baustelle, der geplante Kohleausstieg spaltet das Land. Seit März ist Altmaier schon im Amt, bis heute hat er keinen Energie-Staatssekretär gefunden, bei dem die Fäden zusammenlaufen. Das war bei seinem Vor-Vorgänger Sigmar Gabriel (SPD) anders, der mit dem umstrittenen wie kundigen Vordenker Rainer Baake einen Akzent gesetzt hatte. […..] „Lange hat die Bundespolitik Leitlinien und ein Zielbild für die Energiewirtschaft vorgegeben. Davon ist im Moment nichts zu sehen“, kritisiert RWE-Chef Rolf Martin Schmitz. „Es ist auch nicht hilfreich, wenn es keinen Energie-Staatssekretär gibt.“ Ihn ärgert überdies, dass Altmaier weder im Streit um die Rodung des Hambacher Forstes noch bei der Kohlekommission Flagge für die Industrie gezeigt habe. [….]

Das Erstaunliche an Altmaier ist, daß er trotz seiner langen Erfahrung, seiner extrem engen Beziehung zu Merkel und den vielen Ministerposten, die er schon vorher innehatte, immer noch nicht fertig bringt sein Amt zu nutzen, um etwas zu bewirken. Ja, er arbeitet natürlich viel, aber gänzlich ohne Resultate.
Genauso gut könnte er seit einem Jahr im Winterschlaf gelegen haben. Der Effekt wäre der gleiche.

[….] Es sind keine guten Tage für den CDU-Mann Peter Altmaier. Der Wirtschaftsminister ist gnadenlos zu sich selbst, er hetzt von Termin zu Termin und mutet sich mehr zu, als gut wäre. Doch in der eigenen Partei murren sie über ihn, immer lauter. […..] Auf die Frage, wie er Altmaiers Arbeit bewerte, sagt ein führender Wirtschaftslobbyist: "So wie alle." Er meint das nicht nett. Der Minister mache zu wenig zu langsam, in Zeiten von Brexit, Handelskrieg und aggressiven Chinesen. Die Koalition kümmere sich viel ums Soziale, aber nicht um die Wirtschaft. Einem, der so nach Zuspruch giert wie Altmaier, der so für die Politik lebt wie er, muss das mehr wehtun als die schlimmste Entzündung.
Seit einem knappen Jahr ist Altmaier Bundeswirtschaftsminister, der erste CDU-Mann dort seit Ludwig Erhard. Es könnte die Krönung einer steilen Karriere sein: Er galt als junger Wilder in der Union, war Parlamentarischer Geschäftsführer, Staatssekretär im Innenministerium, Umweltminister, Kanzleramtschef, kommissarischer Finanzminister. Keiner im Kabinett hat so viele Ministerposten bekleidet wie der Jurist von der Saar. Aber wo ist die fröhliche Unbefangenheit, mit der er 2012 als Umweltminister angetreten war, das forsche Voranstürmen mit hochgekrempelten Ärmeln? Es fehlt jede Spur davon. […..]

Immerhin ist der Mann in der CDU und das merkt man dann doch noch.
Nämlich an seinem hysterischen Aufschrei, wenn der SPD-Finanzminister Scholz auch nur daran denkt die Superreichen, die immer schneller durch Nichtstun superreicher werden, auch etwas höher zu besteuern.
Da ist Altmaier plötzlich vorhanden. Und mit ganzer Seele dagegen.

[….] Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat den Vorstoß von Finanzminister Scholz für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes zurückgewiesen.
Der CDU-Politiker sagte der „Bild“-Zeitung, jede Debatte über Erhöhungen sei Gift für die Konjunktur. Ohnehin sei die Steuerquote in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Altmaier verwies zudem auf den Koalitionsvertrag, der Erhöhungen ausschließe. Nötig seien stattdessen Steuerentlastungen für schwache und starke Schultern gleichermaßen, meinte er. [….]

Ja, sicher, die Quandts, die Albrechts, die Schefflers, die Ottos, die Porsches, die Reimanns brauchen dringend Steuerentlastungen.

Mittwoch, 30. Januar 2019

Wir sind doch keine Komikernation!

Erinnert sich noch jemand an den Airbus-Tanker-Skandal?
Vor gut zehn Jahren benötigten die USA für ihre gewaltige Airforce eine ganze Flotte neuer Tankflugzeige, um die tausenden Kampfjets und Bomber in der Luft betanken zu können. Etwa 180 neue Tankjets im Wert von 35 bis 40 Milliarden Dollar mussten beschafft werden, also kungelte der US-Kongress den Deal in einem der berüchtigten Hinterzimmer mit Boeing aus.
„Momentchen mal“ rief dann aber John McCain dazwischen. Müsste es bei solchen Summen nicht so etwas wie eine Ausschreibung, Kostentransparenz und auch andere Anbieter geben?
Eine hohe Pentagon-Beamtin, die die Steuermilliarden schon verschoben hatte wanderte in den Knast und dann geschah das Ungeheuerliche: Das US-Militär stimmte einer Ausschreibung zu; auch andere Flugzeughersteller konnten sich bewerben.
Faire Wettbewerbsbedingungen ohne Bestechung und Vitamin B?
Das war etwas radikal Neues, bedeutete freilich nicht, daß nichtamerikanische Flugzeugbauer eine Chance gehabt hätte.
Das wußte auch Airbus-Hersteller EADS und kooperierte mit dem US-Rüstungshersteller Northrop Grumman, um unter amerikanischer Flagge die Tanker anbieten zu können.
Boeing, immer noch davon geschockt formal einen Ausschreibungsprozess mitmachen zu müssen, erlitt kurz darauf einen noch größeren Schock. Das Airbus-Tankflugzeug war so viel besser und auch noch günstiger als der Boeing-Lufttanker, das selbst die erzpatriotischen US-Militärs lieber das europäische Flugzeug wollten.

Ausländische Flugzeuge für die Airforce, nur weil sie besser und billiger als Amerikanische sind? Das ließen die Milliardenschweren Boeing-Lobbyisten nicht auf sich sitzen und klagten.
Dann müsse eben so lange neu ausgeschrieben werden, bis die Leute aus Seattle zum Zuge kämen.

[…..] Der Airbus-Konzern EADS Chart zeigen ist beim Jahrhundertgeschäft mit der US-Luftwaffe für 179 Tankflugzeuge im Wert von 35 Milliarden Dollar aus dem Rennen. Der US-Partner Northrop Grumman (NGC) zog das gemeinsame Angebot am Montag zurück. Er begründete die Entscheidung mit unfairen Wettbewerbsbedingungen. Die Ausschreibung sei voll auf den Konkurrenten Boeing zugeschnitten worden. Airbus-Chef Thomas Enders warf der US-Regierung "Voreingenommenheit" vor.
Schon vor drei Monaten hatte NGC gedroht, das Handtuch zu werfen, weil mit gezinkten Karten gespielt werde. So hatte Boeing Einsicht in das Airbus-Preisangebot erhalten und konnte sein Angebot darauf abstimmen. NGC/EADS hatte den Tankerauftrag 2008 bereits gewonnen, auf Protest von Boeing aber wieder aberkannt bekommen. Der Rechnungshof des Kongresses erklärte das Vergabeverfahren für fehlerhaft und empfahl dem Pentagon die Neuausschreibung. [……]

Neun Jahre später ist noch kein neuer Boeing-Tanker an das US-Militär geliefert worden.
Man ist drei Jahre über dem Zeitplan. Aber die Dinger wollen einfach nicht funktionieren.
Die Generäle und Admiräle sind so genervt, daß Airbus erneut auf den US-Markt grätscht. Wieder bietet der europäische Gemeinschaftskonzern zusammen mit einem US-Hersteller; diesmal Lockheed; einen besseren Tanker an.

[….] Airbus bietet den US-Militärs sein Modell A330 MRTT an, das rund ein Dutzend Länder bereits als Tankflugzeug bestellt haben. Airbus argumentiert, dass dieses Modell bei einer fairen Ausschreibung außerhalb der USA gegen Boeing bislang immer gewonnen habe. Zu den Kunden gehört vor allem Großbritannien, aber auch Saudi-Arabien, Frankreich, Singapur oder Südkorea. Deutschland hat das kleinere Betankungsmodell A310. Das A330 MRTT-Modell kann bis zu 111 Tonnen Kerosin tanken und die Hälfte davon als Tankstelle in der Luft abgeben sowie bis zu 45 Tonnen Fracht oder 300 Passagiere transportieren.
Boeing entwickelt und erprobt hingegen derzeit sein neues Tankflugzeug KC-46, das auf der Basis des Zivilflugzeugs 767-2C beruht und die alten Tanker KC-135 der US-Streitkräfte ersetzen soll. Diese Tankflugzeuge sind 50 bis 60 Jahre alt. Es wurden über 800 Exemplare gebaut, davon sind aber nur noch rund die Hälfte im Einsatz. […..]

Die Chancen für den A330 MRTT stehen immer noch schlecht.
Lieber werden die Amis ein radikal überteuertes Schrottflugzeug ordern als en Europäisches.

Bevor man sich über die radikal verblödeten Amerikaner echauffiert sollte man kurz innehalten und an die grandiose Amtszeit des Verteidigungsministers Scharping von 1998 bis 2002 denken.
 Die Panavia 200 Tornado waren nun ein Viertel Jahrhundert alt, fielen immer öfter vom Himmel und es war ob der zunehmenden internationalen Rolle der Bundeswehr wahrscheinlicher denn je, daß man funktionierende Kampfjets benötigen wird.

Da tauchte ein verrückter Gedanke auf: Die Beziehungen zu Russland waren so gut wie nie, Putin rückte so nah an westeuropäische Werte und die EU heran wie nie, hatte aber mit enormen ökonomischen Problemen zu kämpfen.
Und Russland verfügte über eine Wunderwaffe, die Mig 29, Mikojan-Gurewitsch 29, die vermutlich genialste Kampfjet-Konstruktion aller Zeiten. Ein absolut zuverlässiger Flieger, der den ollen Tornados haushoch überlegen war.

[….] Von diesem wendigen und in dieser Hinsicht vielen westlichen Kampfflugzeugen überlegenen Flugzeug – so kann die MiG-29 kurzzeitig auf ihrem eigenen Schubstrahl stehen (so genanntes Kobramanöver) – wurde eine große Anzahl von Varianten gebaut und erprobt. Die Tragflächenkonstruktion mit breiter Flügelwurzel bringt einen großen Teil des Auftriebs durch den Rumpfansatz, was die Langsamflugeigenschaften verbessert. Typisch für die MiG-29 sind die großen Klappen, die die Luftansaugschächte der Triebwerke am Boden abdecken, um ein Eindringen von Fremdkörpern zu vermeiden. Beim Start saugen die Triebwerke Luft über Lamellenschächte auf der Rumpfoberseite an. Am Heck befinden sich die Luftbremse sowie ein Bremsschirm.
Die Maschine besitzt einen 16-Bit-Bordcomputer, einen Frontscheibenprojektor (HUD) zuzüglich eines Monitors, eine bordeigene Fehlererkennung (Aekran) und zwei Sensorsysteme. Mit dem Radar können Luftziele (Reichweite 70 km) erfasst werden und mit dem Infrarotzielsystem/Laserentfernungsmesser (Reichweite 7 km, Laserklasse 3 in Deutschland) die Infrarotziele. Bemerkenswert ist auch eine Helmvisieranlage, die es dem Piloten erlaubt, per Kopfbewegung ein Ziel anzuvisieren. Die Zielsuchköpfe der Raketen erhalten dann automatisch die Zielparameter. Dieses Gerät sollte sie gegenüber der sehr wendigen F-16 im Luftnahkampf überlegen machen. [….]

Und Russland war bereit nagelneue Migs an die Bundeswehr zu liefern.
Die hätte es für einen Spotpreis gegeben.  Neun Millionen D-Mark Stückpreis waren im Gespräch. Das hätte nur Vorteile gehabt. Eine radikale Kostenersparnis, das technische Knowhow war bereits vorhanden, da die NVA mit Migs trainiert hatte, die Maschine war technisch ausgereift und hätte in Rekordzeit geliefert werden können, so daß die Bundeswehr sehr schnell international führend gewesen wäre. Noch wichtiger wäre aber die politische Bedeutung gewesen. Eine Europäische-Russische Militärzusammenarbeit hätte womöglich für immer die gegenseitigen Vorbehalte beseitigt und zu einem versöhnlichen Miteinander der ehemaligen NATO und der ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten geführt.
Außerdem hätte es ein sehr starkes Signal an die übernommenen Soldaten der Nationalen Volksarmee bedeutet und das Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschen gefördert, wenn in so einer wichtigen Angelegenheit einmal zu Gunsten eines „Ost-Produkts“ der Westen zurück gesteckt hätte.
 Die Anschaffung von Migs für die Bundeswehr wäre eine Win-win-wi-win-win-win-win-Angelegenheit gewesen, ein so genialer Schachzug, daß Scharping nur eins tun konnte: Er entschied sich dagegen, setzte lieber auf die Entwicklung eines europäisches Ersatzes.
Eurofighter sollte das neue Gemeinschaftsprodukt heißen.
Die Dinger kosten etwa 100 Millionen Euro pro Stück – dafür bekäme man 22 Mig29 – sind aber leistungsschwächer und dafür extra unzuverlässig.
Die Bundeswehr schaffte 140 Eurofighter Typhoon an, die aber so unfassbar teuer im Unterhalt und technisch so anfällig sind, daß gegenwärtig genau vier Stück einsatzfähig sind.

[….] Die Bundeswehr hat nach einem Bericht massive Probleme mit der Einsatzbereitschaft ihrer Kampfjets vom Typ „Eurofighter“. Wegen technischer Schwierigkeiten beim Selbstschutzsystem seien nur rund zehn Flugzeuge von 182 für echte Einsätze startklar. Weil die Luftwaffe nur über einen sehr kleinen Vorrat an Luftkampfraketen für den „Eurofighter“ verfüge, könnten derzeit sogar nur vier Eurofighter für reale Missionen eingesetzt werden, berichtet die Zeitschrift „Spiegel“ unter Berufung auf interne Berechnungen der Luftwaffe. Außerdem sei die Bewaffnung nicht schnell nach kaufbar. [….]

Man kann nur staunen zu welchem Irrsinn Nationalstolz führt.

Immerhin sind die Amerikaner in der Lage vom Patiotismus zu profitieren.
Zwischen 4 bis 7 Milliarden US-Dollar wird die Trump-Regierung für zwei neue Präsidentenmaschinen von Boeing ausgeben.
Die alte Air Force One ist in die Jahre gekommen und so ein Auftrag ist ein Vorteil für beide.
Die Regierung beeindruckt international und kann sich auf die technischen Finessen ihrer fliegenden Regierungszentralen verlassen, während Boeing einen ungeheuren Werbecoup landet und weiterhin die amerikanische Regierung als Aushängeschild und Werbefigur gewinnt.

Deutschland ist auch dafür zu doof und knausert bei den Regierungsmaschinen. Sie verwendet nur uralte zweitklassige Airbusse aus lauter Angst vor einem Shitstorm ihrer neidischen und missgünstigen Wutbürger.
Ein Arrangement der Verlierer.
Die deutsche Bundesregierung verkommt zur internationalen Lachnummer, weil ihre schrottreifen Billigflieger ständig ausfallen und Minister, Kanzler und Präsidenten irgendwo in der Welt gestrandet zurücklassen.
Den Schaden hat aber auch Airbus, weil der Konzern immer wieder weltweit der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

[…..] Auch Steinmeier konnte nicht starten
Olaf Scholz, Angela Merkel, Gerd Müller - und jetzt auch Bundespräsident Steinmeier in Äthiopien: Die Pannenreihe bei der Flugbereitschaft geht weiter. Druckluftprobleme verzögerten den Abflug.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte das Abschlussstatement für seine Äthiopienreise gegeben und wollte zum Flughafen fahren. Stattdessen saß er auf der Terrasse des Hotels und scherzte mit seinen Mitarbeitern - die Laune in Addis Abeba war also noch gut. Bis dahin war die Verspätung aber auch mit nur zweieinhalb Stunden angegeben.
Am Ende verzögerte sich Steinmeiers Abflug um dreieinhalb Stunden. Grund waren Druckluftprobleme. Nachdem die Mannschaft die Maschine der Flugbereitschaft repariert hatte, flog der A340 "Theodor Heuss" die 55-köpfige Delegation und den Bundespräsidenten nach Berlin zurück. [….]

Es reicht. Verdammt noch mal Merkel, kauf Dir und Deinen Jungs und Mädels endlich ein paar richtig gute moderne Regierungsjets, die auch funktionieren.
Die dürfen auch gern teuer sein.

[….] Nach einer erneuten Flugzeugpanne sitzt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier derzeit in Äthiopien fest. Doch dabei will es das deutsche Staatsoberhaupt nicht belassen: Wie er heute mitteilte, will er mithilfe von Schleppern schon bald wieder in Deutschland sein.
"Wenn wir darauf warten wollen, dass die deutsche Flugbereitschaft den Regierungsflieger wieder fit macht, sitzen wir hier, bis wir alt sind", erklärte Steinmeier der deutschen Delegation im Flughafen von Addis Abeba nach Bekanntwerden der Panne. "Also ich habe… Moment… ungefähr 6000 Euro in bar. Wenn wir zusammenlegen, schaffen wir es locker bis nach Libyen und von dort aus mit dem Schlauchboot nach Italien. Was meint ihr?"
Er habe sich die berüchtigte Flüchtlingsroute sowieso schon immer mal persönlich anschauen wollen, so der Bundespräsident. [….]

Dienstag, 29. Januar 2019

Neoliberale Staatsverachtung.


Diejenigen, die immer so selbstverständlich wissen, daß man heutzutage keine klassischen Periodika wie „SPIEGEL“ oder „Süddeutsche Zeitung“ mehr benötigt, sind diejenigen, die keine solchen Abonnements haben, die Artikel nicht lesen und dennoch genau beurteilen wollen, was in den Recherchen steht, die sie gar nicht kennen.

Es gibt aber Themen, die man sogar ausschließlich offline erreicht, wie beispielsweise die Berichterstattung über den Pell-Prozess in Australien.
Andererseits sind da die Megaskandale wie die Panama-Papers, über die man selbstverständlich auch online lesen kann, aber deren Details exklusiv in epischer Breite in der Süddeutschen abgedruckt werden.

SPIEGEL-Verachter mögen grundsätzlich über politische Beratertätigkeiten informiert sein, aber sie können das perfide generalstabsmäßige Vorgehen der großen internationalen Beraterfirmen nicht so gut beurteilen wie die Leser der aktuellen Titelgeschichte „Die fünfte Gewalt.“

Ich rate jedem, sich das aktuelle Heft, SPIEGEL Nr.5, 26.01.2019 zuzulegen, um genau zu studieren, wie und wo mit welchen Absichten Staat und Regierung beraten werden. Hinter den beschrieben skandalösen Zuständen verbirgt sich aber das toxisch-staatsverachtende FDP-Denken, welches seit den frühen 1980er Jahren die Handlungsfähigkeit unseres Landes unterminiert.
Die Möllemanns und Westerwelles und Lindners und Wirtschaftslobbyisten haben unseren Staat inzwischen weitgehend zersetzt, indem der Bevölkerung und Presse flächendeckend eingeimpft wurde der Staat müsse sich zurückziehen. Er wäre „aufgebläht“. Deregulierungs- und Entbürokratisierungsbeauftragte wurden bestimmt, der „verschlankte Staat gefordert“, Ministerien zu grotesken Superministerien fusioniert, systematisch Beamte entlassen. Ex-MP Edmund Stoiber sollte in Brüssel als Leiter einer EU-Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau Strukturen straffen und Personal in Rente schicken.
Nachdem im Bundesinnenministerium die McKinsey-Berater eingefallen waren, wurde so viele Stellen gestrichen, daß es nur noch rudimentäre Arbeitsfähigkeit gab. Schon in der schwarzgelben Koalitionszeit (2009 bis 2013) bat das BamF die Minister Thomas de Maizière und Hans-Peter Friedrich dringend um Stellenaufstockung. De Maizière lehnte das bis in den Sommer 2015 kategorisch ab und bekam dann was er bekommen musste. Chaos und völlig überforderte Behörden.

[….] Das Bamf wird von ei­ner rei­nen Asyl­be­hör­de zum zen­tra­len Na­del­öhr für Aus­län­der­fra­gen in Deutsch­land. Es ist der Ort, an dem sich die Flücht­lings­kri­se zu­erst be­merk­bar macht. Ab 2013 be­gin­nen die Zah­len bei der Re­gis­trie­rung von Asyl­be­wer­bern zu ex­plo­die­ren. Das Amt müss­te nun schnell re­agie­ren, es müss­te Per­so­nal ein­stel­len, die IT an­pas­sen, neue Ar­beits­ab­läu­fe schaf­fen. Es pas­siert: fast nichts. 2015 steht das Bamf vor dem Kol­laps, durch den an­schwel­len­den An­drang der Flücht­lin­ge und die Un­tä­tig­keit der Po­li­tik.

»Es gab in den ope­ra­ti­ven Kern­pro­zes­sen des Bamf kei­ne funk­ti­ons­fä­hi­gen Ab­läu­fe«, so heißt es in ei­ner Ver­schluss­sa­che der Bun­des­re­gie­rung aus dem Jahr 2017, die auf 45 Sei­ten die Zu­stän­de im Bamf rück­bli­ckend als »de­so­lat« ana­ly­siert. Die Füh­rungs­kräf­te wer­den als »hilf­los« und »über­for­dert« be­schrie­ben. [….]
(SPIEGEL 5/19)


Brüderle, Rösler und Westerwelle haben es geschafft dem Volk einzureden, es wäre vorteilhaft möglichst wenige Minister und wenige Ministeriale zu haben, es wäre wünschenswert Ortsämter und Justizbehörden personell auszuquetschen.
FDP und INSM-Lobbyisten sind wie eine Autoimmunkrankheit Deutschlands.
Nun sind (noch) die Kassen voll, aber es fehlen 50.000 Lehrer, in den Grundschulen bröckelt der Putz, Universitäten platzen aus den Nähten, Jugendstraftäter warten Jahrelang auf ihren Prozess, weil es viel zu wenig Richter und Staatsanwälte gibt, viele hundert Milliarden Euro Steuern werden hinterzogen, weil keine Steuerfahnder da sind, 500 mit Haftbefehl gesuchte Rechtsextreme laufen frei rum, weil die Zivilfahnder dafür keine Zeit haben, die Straßen sind voller Schlaglöcher und die Brücken verfallen.

[….] Im Be­reich des Bun­des wur­den al­lein in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren mehr als 50 000 Stel­len ab­ge­baut. Der Deut­sche Be­am­ten­bund be­klagt eine Per­so­nal­lü­cke von 200 000 Men­schen im öf­fent­li­chen Dienst. […..]
(DER SPIEGEL, 5/19)

Und wenn irgendein Problem auf die Regierung zukommt, wie dieses neumodische Hacken und Phishen -  Seehofers Jungs sind im Jahr 2019 offenbar völlig überrascht, daß es sowas gibt – schreit man gleich nach IT-Beratern. Internet ist Neuland für die Bundesregierung; es gibt schlicht kein Fachwissen dafür im Innenministerium.
Den Staat totzuschrumpfen ist eine Idee, die auch von anderen geistigen Größen gefeiert wird.

[….] [Da­ten­wis­sen­schaft­ler Dhanur­jay Pa­til] er­zähl­te mir, wie die Re­gie­rungs­be­am­ten nach Trumps Sieg die Überg­a­be der Amts­ge­schäf­te an ihre Nach­fol­ger vor­be­rei­te­ten. In den Be­hör­den wur­den auf­wen­di­ge Brie­fings prä­pa­riert, Mee­tings ter­mi­niert. Und dann kam nie­mand. Die Oba­ma-Leu­te sa­ßen meist al­lein da, kei­ne Trump-Ge­sand­ten weit und breit, nicht nach Ta­gen, nicht nach Wo­chen. An den In­sti­tu­tio­nen die­ses Staa­tes, dem sie nun plötz­lich vor­stand, hat­te und hat die­se Re­gie­rung schlicht kein In­ter­es­se. [….]  Es war schon im­mer ein Pro­blem, dass Po­li­ti­ker Wahl­kampf ma­chen mit dem Ruf nach ei­nem schlan­ke­ren Staat. Sie stel­len sich als Kämp­fer ge­gen den Ver­wal­tungs­dschun­gel dar, schon Rea­gan hat das ge­macht, die Bushs ge­nau­so. Al­ler­dings war es bei frü­he­ren Prä­si­den­ten so, dass sie, kaum wa­ren sie im Wei­ßen Haus, be­grif­fen ha­ben, wie wich­tig ihre Mi­nis­te­ri­en sind. Bei Trump ist es an­ders. Er glaubt tat­säch­lich, dass der Staat nutz­los ist, er hat kei­ne Ah­nung, was sei­ne Be­hör­den tun, und er will es auch nicht wis­sen. [….]
(Bestsellerautor Michael Lewis im SPIEGEL Nr 5/2019)

Es läge mir fern Angela Merkel mit Trump zu vergleichen. Das hat niemand verdient.
Aber auch sie versteht nicht wozu eine Ministerialbürokratie da sein kann.
Üblicherweise wird ihre „Schlanker Staat“-Obsession auf schlechte Erfahrungen in der DDR zurückgeführt. Ich halte das aber für eine arg simple Deutung und glaube einfach es entspricht ihrem phlegmatischen Naturell sich nicht allzu sehr den Kopf über die Zukunft zu zerbrechen.

 (…..)  Das strategische Denken ist im Kanzleramt längst abgeschafft.
Das beklagen interessanterweise in erster Linie konservative Medien.

Es folgte der Herausgeber der stramm konservativen F.A.Z. Frank Schirrmacher.

Bürgerliche Werte: „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“
Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der größten Gegner zuzutreffen scheinen.

Das zutiefst bürgerliche Manager-Magazin empört sich in der aktuellen Ausgabe über die totale Denkfaulheit und intellektuelle Unterbesetzung des Merkel’schen Kanzleramtes.

Wie die Merkel-Regierung Politik simuliert
Strategische Fragen werden geräuschlos verwaltet - bestenfalls. Der Euro? Eine Großbaustelle ohne Bauplan. Die Energiewende? Ein Projekt mit desaströsem Vollzugsdefizit. Die drohende Vergreisung der Gesellschaft? Die alles umwälzende Digitalisierung der Wirtschaft? Themen für "Gipfel" genannte Konferenzen, mit denen die Merkel-Regierung Politik zu simulieren pflegt - schöne Bilder, keine Folgen.
[….]   Im Kern plagen das Kanzleramt zwei Defizite: ein personelles und ein strukturelles. Zum einen mangelt es an straffer Leitung; dem Amt fehlt Führung an der Spitze, auch wichtige Abteilungen waren schon stärker besetzt.
Zum anderen ist die Organisation der Regierung überholt: Nach wie vor dominiert das Ressortprinzip. Gemäß Grundgesetz ist die Regierungsgewalt geteilt zwischen den Ministerien. Das Kanzleramt soll kontrollieren und koordinieren. Doch in einer Zeit, in der viele Probleme Ressortgrenzen sprengen, steigt zwangsläufig die Bedeutung der Zentrale.
So erscheint das Merkel-Amt als real existierendes Paradoxon: An der Spitze steht eine Kanzlerin mit Richtlinienkompetenz, die aber, wenn irgend möglich, keine Richtlinien vorgibt. Ihr assistiert ein Kanzleramtschef, der Konflikte ausräumen und Entscheidungen beschleunigen soll, stattdessen aber Streit schürt und Beschlüsse ausbremst.
[…]    Der eigentliche Hebel einer Kanzlerschaft besteht in der Deutungshoheit. Wirkmächtig agieren kann der Regierungschef, wenn er Strategien formuliert - indem er Volk und Welt eine Idee davon vermittelt, wohin man gemeinsam will, und diese Idee dann konkretisiert. Verfassungsrechtler nennen das Richtlinienkompetenz.
Im Zentrum der Macht herrscht inhaltliche Leere
Ideen? Konzepte? Strategien? All das ist Merkels Sache nicht. Im Zentrum der Macht herrscht eine bedrückende inhaltliche Leere.
Das beklagen auch Topentscheider des Regierungsapparats selbst, die die Stiftung Neue Verantwortung kürzlich befragen ließ. Um in einem immer unsichereren Umfeld managen zu können und den Ereignissen seltener hinterherzurennen - "vor die Lage" zu kommen, wie Ministeriale das nennen -, wünschen sich die meisten Befragten mehr strategisches Denken und mehr Koordination.

Der bürgerlich-Intellektuelle CICERO beklagt währenddessen den Jubeljournalismus, der unkritische Merkelbelobigungen abliefert.

Wird es problematisch, leugnet Merkel die Realität und gibt „Es geht uns gut“-Parolen aus. (….)

Nicht nur die strategischen Abteilungen im Bundeskanzleramt müssten umgehend wieder aufgebaut werden.
Alle Regierungsbehörden sollten gewaltige Mengen gut bezahlter kluger Mitarbeiter einstellen.

[….] Na­tür­lich, sagt [Frank Jürgen] Wei­se, sei der deut­sche Staat prin­zi­pi­ell von gro­ßer Leis­tungs­fä­hig­keit mit her­vor­ra­gen­den Fach­kräf­ten, »aber der Druck zur Ver­bes­se­rung ent­steht nur noch durch Kri­se«. Ein gro­ßer Un­ter­schied zur Pri­vat­wirt­schaft, wo Un­ter­neh­men ge­gen­steu­ern, wenn kein Geld mehr ver­dient wird oder Kun­den sich be­schwe­ren. Dem Staat feh­le also »die Mo­ti­va­ti­on zur In­no­va­ti­on«, sagt Wei­se. Nach neu­en Ide­en wer­de nur ge­sucht, wenn et­was rich­tig schief­ge­he. Was aber, wenn im­mer schnel­le­rer Fort­schritt, eine sich viel schnel­ler wan­deln­de Welt, ei­gent­lich stän­di­ge An­pas­sung und In­no­va­ti­on er­for­dert? [….]
(Spiegel Nr. 5/2019)

Wie konnte der Begriff „Ministeriale“ nur so negativ konnotiert werden? Und wieso ließen Medien und Regierte diese Deutung von Radikal-Neoliberalen zu?
Das „Ministerielle Seele“ wurde kaputt gespart. Die Besten gehen heute in die Privatwirtschaft, wo man besser bezahlt und nach Leistung (statt nach Dienstjahren) befördert wird. Die Verwaltung funktioniert nicht mehr.
Deutschland ist nun leider unfähig Großprojekte zu planen, vorrausschauende Außenpolitik zu machen oder auch nur Baustellen bei einer Straßensanierung zu koordinieren, daß nicht immer alle im Stau stehen.

(….)  Wäre Merkel zu strategischem Denken fähig, hätte Deutschland nicht in der letzten Dekade die außenpolitischen Beziehungen so eingefroren, daß gemeinsames Handeln kaum noch möglich ist, könnte man natürlich angesichts sich anbahnender menschlicher Superkatastrophen vorausschauend handeln, Verhungernde und Kriegsflüchtlinge rechtszeitig versorgen, bevor sie notgedrungen gen EU pilgern und im Mittelmeer ertrinken.
Schließlich fallen die Krisen nicht vom Himmel sondern bahnen sich lange an.
Aber Merkels Strategie des prinzipiellen Phlegmas, die scheinbar vom Wähler so geliebt wird, hilft da leider gar nicht.

[….] "Die meisten Ereignisse sind Vorwegnahmen anderer Ereignisse, oder Teile dieser Ereignisse." Ein Beispiel für diese Sorte Ereignis, das andere Ereignisse vorwegnimmt, ist die Entscheidung des "World Food Programme" (WFP) der Vereinten Nationen im Jahr 2015, die monatlichen Zuschüsse zu den Lebensmittelkarten für syrische Flüchtlinge zu kürzen. Konnte eine Flüchtlingsfamilie im Sommer 2014 noch Nahrungsmittel und Hygieneartikel im Wert von rund 25 Dollar pro Mitglied mit ihrer Karte beziehen, war es ein Jahr später nur noch die Hälfte. Dieses Ereignis war wiederum nur die Folge eines anderen Ereignisses, nämlich der mangelnden Spendenbereitschaft internationaler Geber, die trotz eindringlicher Bitten des WFP das nötige Geld nicht aufbrachten und so das Budget immer weiter sinken ließen - bis eben die Unterstützung für syrische Flüchtlinge gekürzt werden musste. Erst um ein Drittel, dann noch einmal bis auf erbärmliche zwölf Dollar im Monat.
Die Ereignisse danach sind bekannt: Statt zu verhungern, wagten syrische Familien zu Hunderttausenden den Aufbruch nach Europa. Anschließend waren sich alle einig, dass es günstiger gewesen wäre, dieser verzweifelten Fluchtbewegung zuvorzukommen. Alle waren sich auch einig, dass dieses Ereignis hätte antizipiert und vermieden werden können, wenn die Hinweise des WFP auf die drohende Katastrophe ernst genommen worden wäre. Bundeskanzlerin Angela Merkel gestand bemerkenswert zerknirscht ein: "Hier haben wir alle miteinander - und ich schließe mich da mit ein - nicht gesehen, dass die internationalen Programme nicht ausreichend finanziert waren." [….]

Brüssel und Berlin werden aber nicht nur von Paralyse und Apathie geplagt, sondern sind zudem auch noch lernunfähig.

Dabei müßte Merkel nicht etwa erst Sherpas aus ihrem eigenen Kanzleramt losschicken, um zu erfahren, wo in der Welt das nächste Ungemach droht. (….)