Donnerstag, 4. Januar 2024

Grünpolitische Bilanz

Die BILD/CDU-Hetze wirkt natürlich. In Ermangelung substanzieller und konstruktiver Vorschläge, werden Ampelaner mit größter Selbstverständlichkeit auf persönlicher Ebene diffamiert. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, immer wenn ich auf der Straße, beim Bäcker oder im Wartezimmer, Geschimpfe über die Ampel höre, so zu tun, als ob ich völlig naiv wäre und nachfrage, „was ganz konkret gefällt ihnen denn nicht“ oder „Wie sollte man es stattdessen machen“?

Darauf bekommt man kaum Antworten, weil die Wutbürger davon überfordert sind. Die meisten Minister sind, genau wie wirtschaftliche Kenndaten unbekannt. Umso vehementer verkündet das Pack aber „die sind alle Scheiße!“, oder „die Ampel muss weg!“ Über die SPD-Minister ist am wenigsten zu erfahren, dafür kann jeder Depp aufsagen, welche entscheidenden Argumente es gegen die Grünen gibt:

 1) Ricarda Lang ist fett

2) Cem Özdemir ist Türke

3) Claudia Roth – wie die schon aussieht!

4) Annalena Baerbock sagte vor vier Jahren einmal „Kobold“, statt „Kobalt“ und außerdem hatte ihr Jet eine Panne

5) Robert Habeck hat ein Kinderbuch geschrieben.

[….] Stattdessen arbeitete Kretschmer sich lang und breit an der Berliner Koalition ab, der er vorwarf, das Land »in die Asche« zu fahren und in der Migrations- sowie Energiepolitik zu versagen. »Die Leute lassen sich nicht mehr verarschen«, wetterte er und donnerte immer wieder: »Das geht so nicht, so wird das nichts.«

Auffällig war, dass namentliche Erwähnung dabei vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck fand, der, wie er sagte, »Kinderbuchautor« im Berliner Kabinett. Diese verbale Herabsetzung passt zu den permanenten Attacken Kretschmers gegen die Grünen. Schon 2021 erklärte er, die Ökopartei schaue »nicht auf Volkes Meinung, und in Regierungsämtern werden sie übergriffig«. Letztere Einschätzung ist besonders pikant, weil die CDU seit 2019 in Sachsen mit den Grünen (sowie der SPD) regiert.   [….]

(Hendrik Lasch, 03.01.2024)

So ertriggert sich CDU-Rechtsaußen Kretschmer das Grunzen und Johlen seines braunen Sachsensmobs. Ein Buch zu schreiben, auch noch ein Kinderbuch, gilt ihnen nicht nur als ultimativer Beweis der Inkompetenz, sondern als so verbrecherisch, daß man den Mann lynchen darf.

Würden sich Opposition und rechte Medien ausnahmsweise mit der Realität befassen, müssten sie konstatieren, daß ihr Idol Wolfgang Schäuble nicht nur generell wirtschafts- und finanzpolitisch völlig ahnungslos war, sondern die Etablierung des innovationsfeindlichen Schwarze-Null-schwäbische-Hausfrau-Wahns Deutschland ruiniert hat.

16 Jahre CDU haben Deutschland auf das Abstellgleis geführt. Digitalisierung, Infrastruktur, Bundeswehr, Bildung, Steuersystem, Leitungs/Netzausbau, Energiewende  – überall verlor Deutschland den Anschluss an die Welt, weil die CDUCSU-Schlafmützen alles verkommen ließen.

Rotgrün übernahm Ende 2021 nicht nur einen Trümmerhaufen, sondern bekam in Form der Gelben Pest auch noch vier Zerstörer-Minister ins Kabinett gezwungen.

Nicht zu vergessen. eine Pandemie, extremer Nachholbedarf beim Klimaschutz, der Wegfall von Deutschlands mit Abstand wichtigstem Energielieferanten, ein großer Krieg in Europa, eine erratische von Rechtsradikalen paralysierte EU und ein zweiter Krieg in Nahost.

Voraussetzungen, unter denen Deutschland eigentlich komplett am Boden liegen sollte. Das ist aber nicht der Fall, weil glücklicherweise im Gegensatz zu den Wünschen des Urnenpöbels, nicht CDUCSU und AfD regieren, sondern ein besonnener Olaf Scholz mit fähigen roten und grünen Ministern.

Dir wirtschaftlichen Kenndaten sind sagenhaft positiv. Die Ampel wirkt.


Statt gegen Klempner und Kinderbuchautoren zu hetzen, sollten Merz und Kretschmer jeden Tag Habeck und Scholz auf Knien danken, daß die Ampel die von der CDU eingebrockte Suppe nicht nur auslöffelt, sondern dabei viel besser arbeitet, als man es erwarten konnte.

Es wird Zeit für ein anderes framing, liebe seriöse Medien. Stattdessen verlassen auch etablierte Medien, wie der Tagesspiegel beim Ampel-Bashing leider inzwischen die seriöse Sphäre.

[….] Moin liebe Redaktion vom Tagesspiegel

in eurem Artikel sind leider ein paar Fehler:

1.  Deutschland MUSS keinen Strom zukaufen, unsere Braunkohleraftwerke waren <50% ausgelastet (Steinkohle und Gas nur jeweils 22%). (http://tinyurl.com/3cwxw769). Wir importieren Strom, wenn das günstiger ist als eigene Kraftwerke weiter hochzufahren: http://tinyurl.com/mtwjbcw2

2. Das Zukaufen geschieht nicht "plötzlich", wir importieren seit Jahren Strom aus dem Ausland und das täglich: http://tinyurl.com/3m6mh5fk

3. Die Stromimporte stiegen nicht um 60%, sondern um 40%: http://tinyurl.com/332kr39x


  4. Ein Importanteil von 2% "alarmiert" keine Energiepolitiker. Der Vorteil des europäischen Verbundnetzes ist ja, dass es teurer gewesen wäre, diese 2% selbst zu erzeugen.

2022 lag der Importanteil von Frankreich bei 4%, Italien bei 15% und die Schweiz bei 8%.

5. Die Behauptung von Michael Kruse, Deutschland sei "sehr abhängig vom Ausland geworden", ist vollkommen substanzlos:

Deutschland importiert Strom, wenn das günstiger ist. Es ist eine Marktentwicklung. Wieso muss man das ausgerechnet dem "energiepolitischen Sprecher" der FDP erklären?

Die Abhängigkeit vom Ausland besteht seit Jahrzehnten vor allem darin, dass wir >95% unseres Erdöl- und Erdgasbedarfs mit Importen decken: http://tinyurl.com/49exz2cc

Der Anteil des Strommixes, der auf Energieimporten beruht, sinkt dagegen seit Jahren: http://tinyurl.com/3xwekp87


   6. Der Stromimport aus Frankreich stieg nicht um 233 Prozentpunkte sondern um 133. Hackenbruch hat hier den Prozentsatz mit dem Anstieg verwechselt (Der 2023er-Wert beträgt 233% des Wertes von 2022, ist also um 133% gestiegen)

7. Was am gestiegenen Import überhaupt so kritikwürdig ist, wie der Titel verspricht, geht aus dem Artikel gar nicht hervor. 2022 hat Deutschland noch 50 TWh Kohlestrom mehr erzeugt und damit dann für einen hohen Exportüberschuss u.A. an Frankreich gesorgt.

In 2023 hat DT 36 TWh weniger exportiert als 2022 (http://tinyurl.com/3pxxkak7) und die Bilanz mit Frankreich war ausgeglichen. Außenhandel 2023:

DT -->  FRA12,0 TWh

FRA--> DT 12,4 TWh

(Quelle: http://tinyurl.com/2asvzdda)

Und das soll jetzt schlechter sein, als wenn Deutschland zusätzliche 36 Mio. Tonnen CO2 für Stromexporte in die Luft pustet? Warum?

Grundsätzlich:

Dass einzelne Politiker mit eigener Agenda das sagen ist jetzt nicht überraschend. Da würde ich von einer Zeitung schon erwarten, die Aussagen wenigstens minimal einzuordnen.

Wenn einer sagt es regnet und der andere sagt, die Sonne scheint, dann will ich in der Zeitung nicht diese floskelhaften Behauptungen lesen, sondern dass jemand aus dem verdammten Redaktionsfenster guckt und berichtet, was davon denn stimmt.

Das hat hier nicht mal bei der Überschrift geklappt. In Deutschland wäre ohne Stromimporte nicht eine Lampe ausgegangen. Es wäre nur teurer und klimaschädlicher gewesen. Vielleicht lasst ihr das nächste mal jemanden aus dem Wirtschaftsressort was über ein Wirtschaftsthema schreiben.

Stromhandel ist ein Feature, kein Bug. […..]

(Graslutscher, 04.01.2024)