Es gibt dieses erstaunliche Phänomen der nach unten offenen moralischen Unendlichkeit. Für die meisten Menschen gibt es persönliche moralische Grenzen, ein abgeschlossenes Koordinatensystem mit endlicher Abszisse.
Jenseits dieser Grenzen liegen Bereiche, die man nicht betritt; nicht einmal verbal.
Beobachtet man aber völlig verkommene Prominente, die weit außerhalb der moralischen Schranken des Betrachters agieren – Idi Amin zum Beispiel – begeht man gelegentlich den Fehler, anzunehmen auch für so einen, existierten zumindest irgendwelche Grenzen. Müßte er nicht irgendwann so weit gesunken sein, daß es nicht mehr weiter geht? Ist nicht irgendwann das unterste moralische Kellergeschoss erreicht?
Oliver Kalkofe fragte sich vor einem Vierteljahrhundert etwas Ähnliches, als es um geschmackliche Grenzen und deutsche Volksmusik ging. Aber immer, wenn er dachte, das tiefste Kellergeschoss sei erreicht, kam flugs ein Troubadix daher, griff zur Schaufel und hob ein tieferes Untergeschoss aus.
Auch bei Donald Trump, der heute unverhohlen mit Bürgerkrieg droht, sollte man ihn für seine zahlreichen Verbrechen zur Rechenschaft ziehen; dachte man so oft, nun habe er aber wirklich „rock bottom“ erreicht, nur um ihn am nächsten Tag noch ungeheuerlichere Dinge sagen zu hören.
Ein ähnlicher Fall ist der verschwörungstheoretische bösartige Hetzblogger David Berger, der sich ebenfalls nahezu täglich moralisch selbst unterbietet. Natürlich erwartet man nichts anderes, als perfideste Heuchelei des rechtsradikalen Antisemiten, ist dann aber doch immer wieder auf Neue überrascht, wie er es vermag, moralisch eine weitere Etage abzusteigen.
Das Phänomen der nach unten offenen moralischen Unendlichkeit gibt es außerdem natürlich im klerikalen Umfeld des Kölner Metropoliten Woelki und seinen Suffragan-Herren, von denen der Trierer Bischof Ackermann charakterlich sogar noch verkommener als sein Chef ist.
(….) Ackermann, seit 2009 Ortsbischof, ab 2010 Missbrauchsbeauftragter, ließ seinen Freisener Ex-Pfarrer Otmar M., vorbestraft wegen sexueller Nötigung eines minderjährigen Ministranten, bis 2016 im Amt, so daß dieser sich jahrelang weiter an kleinen Jungs vergreifen konnte. Im Februar 2023 musste Ackermann zu dem Fall als Zeuge aussagen und ließ die fassungslosen Berichter sein lakonisches „dumm gelaufen“ wissen.
[….] Zum ersten Mal hat ein Bischof in einem Missbrauchsprozess vor dem Landgericht Saarbrücken ausgesagt. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann nahm vor dem Gericht Stellung zu den Missbrauchsvorwürfen gegen den ehemaligen Pfarrer von Freisen, Otmar M.. Der 69-jährige Pfarrer im Ruhestand steht vor Gericht, weil er 1997 einen Messdiener sexuell genötigt haben soll. Ackermann erklärte, der Mann habe sich nicht an Auflagen des Bistums gehalten; er habe auch nicht an einer Präventionsschulung zu Missbrauch teilgenommen und sei trotz Verbotes weiter mit Jugendlichen in Urlaub gefahren. Deshalb sei der Mann im April 2015 zunächst beurlaubt und dann in den Ruhestand versetzt worden. [….] Ackermann sagte, er habe dem Beschuldigten 2016 verboten, als Priester zu wirken. Im selben Jahr startete das Bistum laut Ackermann nach weiteren Vorwürfen eine kirchenrechtliche Untersuchung wegen Vorwürfen sexualisierter Gewalt. Seit 2018 befasst sich auf Anordnung des Vatikans das Kirchengericht Köln mit dem Fall. [….] Ackermann ging in seiner Aussage auch auf die Vorwürfe des mutmaßlichen Missbrauchsopfers Timo Ranzenberger ein, der den nun angeklagten Pfarrer M. schon 2006 angezeigt hatte, weil er ihn ebenfalls missbraucht haben soll. [….]
(Trierer Volksfreund, 15.02.2023)
Zehn Jahre nach Ranzenbergers Anzeige beurlaubte Ackermann die Pädokriminellen in Soutane. 14 Jahre nach Timo Ranzenbergers Anzeige befasst sich ein Kirchengericht mit dem Fall. […..]
Timo Ranzenberger wird von Ackermann, wie andere Missbrauchsopfer seiner Priester verachtet.
Wie in Köln, fangen auch die Trierer Schäfchen an, sich von ihrem eigenen Bischof zu distanzieren.
[….] Eine Pfarrei des Bistums Trier hat ihren Bischof Stephan Ackermann davon ausgeladen, die Firmung zu spenden. Stattdessen bittet die Pfarrei darum, dass einer der Weihbischöfe kommen möge. Das berichtete das „Domradio“ anhand einer Darstellung der „Katholischen Nachrichtenagentur“. Das Bistum Trier hatte ab dem Jahr 2006 mehrfach Informationen zu einem früheren Pfarrer der Pfarrei, es ging um Vorwürfe sexualisierter Gewalt. Doch handelte das Bistum erst später und der Pfarrer blieb bis 2015 in der Pfarrei. Das Bistum räumte später Fehler ein. Gegen den heutigen Ruhestandspriester erhob im März 2022 auch die Staatsanwaltschaft Saarbrücken Anklage wegen Verdacht auf sexuelle Nötigung, derzeit ist es noch unklar, ob es zu einem Prozess kommen wird. Auch kirchlicherseits laufen an mehreren Stellen Untersuchungen. In ihrer Trierer Zeit waren drei Bischöfe mit dem Fall befasst: Reinhard Marx, Stephan Ackermann und Georg Bätzing. […]
(Kath.net, 22.05.2022)
Alle drei in Amt und Würden. Bedauerlich ist aber, daß engagierte Kirchengemeinden nur einige Bischöfe kritisieren, während sie eisern an einer Organisation festhalten, deren Strukturen selbst zum sexuellen Missbrauch führen. Sogar viele Missbrauchsopfer bleiben gläubig. Noch schockierender, aber wenig überraschend: Viele Sextäter waren einst selbst Opfer. Das ist die psychologische Macht der geistlichen Ideologie Kirche.
Es ist daher zum Scheitern verurteilt, die pädosexuellen Übergriffe in der Kirche von innen zu bekämpfen. Die einzige Möglichkeit, effektiv dagegen vorzugehen, bleibt der Austritt aus der Kirchen und politischer Druck auf die Bundestagsparteien, den organisierten Religionen ihre Privilegien zu entziehen.
Insofern ist es schon ganz nett, das der fromme Katholik Uwe Conradt (45, CDU), Saarbrückens Oberbürgermeister, so entsetzt von seinem Bischof Ackermann ist, daß er seinen Rücktritt fordert.
[….] Nach der Vorstellung eines Berichts über sexuellen Missbrauch im Bistum Trier hat der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) den Rücktritt des Trierer Bischofs Stephan Ackermann gefordert. "Die Amtsträger im Bistum haben selbst Verantwortung und sind dieser bis in die jüngste Zeit nicht gerecht geworden", schrieb Conradt im sozialen Netzwerk Linkedin. Auch Ackermanns Vorgänger, der heutige Münchner Kardinal Reinhard Marx, solle von seinem Amt zurücktreten, forderte Conradt.
Conradt reagierte damit auf den ersten Zwischenbericht der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier (UAK), der am Donnerstag vorgestellt wurde. Dieser zeigte auf, wie Verantwortliche im Bistum Trier in der Vergangenheit über Jahrzehnte sexuellen Missbrauch durch Priester vertuscht haben. Von 1946 bis 2021 seien 513 Opfer und 195 beschuldigte oder überführte Täter erfasst worden, hieß es in dem Bericht. Diese Zahlen seien erschreckend, schrieb Conradt. "Es ist Zeit, dass Amtsträger, insbesondere der ehemalige Trierer Bischof Reinhard Marx und der aktuelle Bischof Stephan Ackermann Verantwortung übernehmen und von ihren Ämtern zurücktreten." Ackermann ist seit Mai 2009 Bischof von Trier. Zum Bistum Trier gehören rund 1,3 Millionen Katholiken in Rheinland-Pfalz und im Saarland. [….]
(Die Zeit, 27.08.2022) (….)
(Süddeutscher Sex-Sumpf, 05.03.2023)
Auch hier fragte man sich schon: Ist es überhaupt möglich, noch mieser zu sein? Ackermann schützte Sextäter, ließ sie weiter auf ihre kindlichen Opfer los, outete und verfolgte Opfer, landete vor Gericht und wird selbst von den katholischsten Schäfchen seiner Diözese so sehr gehasst, daß alle nur noch inständig hoffen, er möge endlich zurücktreten.
Aber im „Fall Karin Weißenfels“, die Jahrzehnte von einem Trierer Priester missbraucht wurde, holte Ackermann nun vor dem Gerichtstermin aus und trat erneut auf das Opfer ein. Wir erinnern uns; er hatte sie bereits einmal retraumatisiert.
[….] Es geht darum, dass die als Karin Weißenfels bekannte Frau 20.000 Euro Schmerzensgeld von Bischof Stephan Ackermann und dem Bistum fordert. Der Bischof hatte den Klarnamen der unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe offengelegt. Die Frau gibt an, dadurch "erheblich retraumatisiert" und "gravierend in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt" worden zu sein.
Ackermann hatte den bürgerlichen Namen der Frau vor etwa 40 Mitarbeitenden genannt. Daraufhin musste er eine Unterlassungserklärung unterzeichnen und bat die Frau um Entschuldigung. Sie hatte zuvor mehrfach von "geistlichem Missbrauch" und sexuellen Übergriffen durch einen Priester von den 1980er- bis zu den 2000er-Jahren berichtet. [….]
Statt in Sack und Asche zu gehen, seine Strafe zu zahlen und um Vergebung zu flehen, schickte Ackermann seine Anwälte gegen „Karin Weißenfeld“ in die Schlacht. Was sich gestern vor Gericht abspielte, unterschreitet erneut das bisher schon tiefste moralische Ackermann-Niveau. In der bekannten Täter-Opfer-Umkehr, beweinte Ackermann sich selbst und sah sich als Opfer der Opfer.
[….] Saal 3 am Trierer Arbeitsgericht. Donnerstagmorgen 9:20 Uhr. Die Anwälte des Trierer Bischofs Stephan Ackermann betreten das Gericht. Die anwesenden Reporter machen Fotos. "Wir wollen nicht fotografiert werden", sagt einer der beiden Anwälte. [….] Der Anwalt sagte, man sei sich einig, dass der Bischof bei der Nennung des Klarnamens ein Fehlverhalten an den Tag gelegt habe.
Man sei aber nur bereit, über eine Entschädigungszahlung zu sprechen, wenn die Klägerin keine weiteren Vorwürfe gegen den Bischof erhebe. "Bischof Ackermann ist durch die Aussagen der Klägerin auch traumatisiert", so Anwalt Christoph Legerlotz. [….]
Es sei unfassbar, dass Ackermann sich jetzt als Opfer hinstellen wolle, sagte Rechtsanwalt Stegmann. Er vertrat Karin Weißenfels vor Gericht.
Die Klägerin war so wie der Bischof nicht zu dem Termin erschienen. "Ich weiß nicht, was den Bischof traumatisiert haben könnte", sagte Stegmann in der Verhandlung. [….] MissBit wirft Bischof Verhöhnung der Opfer vor
Die Betroffenen-Initiative MissBit wirft dem Bischof eine Täter-Opfer-Umkehr vor. Die heutigen Aussagen vor Gericht seien ein Tiefpunkt im Umgang des Bischofs mit den Betroffenen. Zu sagen, er würde durch eine offensichtlich tief traumatisierte Betroffene selbst traumatisiert sei eine Verhöhnung, so ein Sprecher der Initiative gegenüber dem SWR. [….]
Ich hege große Sympathie für den Verein MissBiT e.V., aber zu behaupten, mit Ackermanns Verhöhnung der Opfer sei „ein Tiefpunkt erreicht“, wird nicht lange vorhalten.
Ackermann wird auch die Peinlichkeit von gestern bald erneut unterschreiten.