Wenn Wahlforscher aus Umfragen und Nachwahlbefragungen die Zusammensetzung der Wählerschaft analysieren, gibt es doch signifikante Unterschiede.
CDU-Wähler
haben den niedrigsten Bildungsstand, Linken-Wähler haben das niedrigste
Einkommen, FDP-Wähler sind tatsächlich hauptsächlich Kleinselbstständige wie
Apotheker und Makler. Das höchste Einkommen haben inzwischen die Grünenwähler.
Sie sind
deutlich wohlhabender als die Anhänger der „großen“ Parteien.
Logisch.
Sie wurden vor 30 Jahren als Studenten für die Grünen sozialisiert und leben
heute weitgehend als promovierte Doppelverdiener in den Vorstädten.
Da lebt
man in einem schönen Haus, mehreren Autos – darunter natürlich eins mit
Hybridantrieb, kauft beim teureren Bioschlachter – auf Fleisch verzichten will
man doch nicht, isoliert seine Bude, um den CO2-Ausstoß zu
reduzieren –verzichtet allerdings nicht auf die mindestens drei
Flug-Urlaubsreisen pro Jahr, bei denen man auf einen Schlag 100 mal so viel CO2
durch verbranntes Kerosin in die Atmosphäre einbringt, wie der Hybridwagen in
zehn Jahren spart, man fühlt leidenschaftlich mit den armen Bürgerkriegsflüchtlingen
mit – will die aber im Zweifelsfall nicht unbedingt genau neben sich wohnen
haben (wegen der Grundstückspreise und so), man lehnt immer noch das Spießertum
ab, traut sich im Jack Wolfskin-Outfit zur Arbeit, aber als Ü40er klopft man
wieder bei der Kirche an, die doch auch so viel Gutes tut und außerdem irgendwo
vor vier Jahren schon ein lesbisches Paar gesegnet hat; leidenschaftlich frönt
man den medizinischen Ratschlägen von Heilpraktikern, Homöopathen, Akupunkteuren
und Kinesiologen – legt aber Wert auf seine private Krankenversicherung, weil
man nicht unbedingt mit dem Plebs zusammen in einem Zimmer hocken möchte, wenn
man wegen des eingewachsenen Zehennagels mit dem Chefarzt spricht; man bejaht
Inklusion und frühkindliche Bildung, fürchtet aber immer stärker, die Abkehr
vom Frontalunterricht, Sitzenbleiben und Noten bei 6-Jährigen könnte der
eigenen Brut irgendwie schaden.
Es passt
eigentlich, daß sich Grüne im Saarland, in Hamburg und in Hessen lieber an die
CDU pressten, statt irgendwas Linkeres in die Regierung zu bringen.
Bei
Schwarzgrün kann man das ökologische Fähnchen hochhalten, ohne daß die
gesettleten Grünenwähler sich ernsthafte Sorgen machen müssen ihrem Lebensstil
werde etwas zugemutet.
Da
werden grüne Kerninhalte nicht nur bis zur Unkenntlichkeit verbogen,
sondern in ihr diametrales Gegenteil
verkehrt.
Schwarzgrün
ist für die grünen Großväter mit Doktor-Titel und mit fünfstelligen Monatsgehalt
sehr viel angenehmer, als die Thüringer Variante mit den quirligen Linken, bei
denen sich noch echte Fundamentalpazifisten tummeln, die gar keine
Waffenexporte, gar keine Kriegseinsätze akzeptieren und ernsthafte Umverteilung
anpeilen.
[…]
Die hessische Koalition mit der CDU ist
für die Grünen ein Modell für die Bundestagswahl 2017 - Pannen und Fehler
schweigen sie deshalb tot. […] Die
Grünen? Das ist der Atomausstieg. Über Jahrzehnte hat die Partei dafür
gekämpft, die deutschen Kernkraftwerke abzuschalten. […] Diese Glaubwürdigkeit setzen sie nun aufs
Spiel.
In Hessen beweisen die
Grünen seit einem Jahr, dass Schwarz-Grün funktionieren kann. So wollen sie sich
eine Chance eröffnen, 2017 auch im Bund mit der Union regieren zu können. Doch
bevor es mit Angela Merkel in Berlin etwas werden kann, muss es mit Volker
Bouffier in Wiesbaden klappen. Die hessischen Grünen mit ihrem
Vize-Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir an der Spitze haben dafür ein Rezept:
Was stört, wird ignoriert.
Ministerpräsident
Volker Bouffier hatte in der vergangenen Woche vor CDU-Kommunalpolitikern
grundsätzliche Bedenken gegen den Verlauf der geplanten Stromtrasse
"SuedLink" geäußert. Prompt kassierte er von
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im SPIEGEL einen Rüffel, weil
die Trasse zentraler Bestandteil der Energiewende ist. Und was machen die hessischen
Grünen? Sie schweigen.
Auch die Bundes-Grünen
sind nicht mutiger: Wer auf das Problem mit Bouffier und der Trasse
angesprochen wird, gibt sich ahnungslos, verweist auf windelweich
relativierende Sätze des hessischen Regierungssprechers oder darauf, dass sich
doch auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer seit geraumer Zeit gegen den
Leitungsausbau stelle. […]
Noch im Landtagswahlkampf waren die
Grünen hier vehement gegen ein drittes Terminal für den Frankfurter Flughafen
eingetreten. Jetzt sitzen sie in der Regierung - dass das neue Terminal kommt,
scheint inzwischen klar.
Mittlerweile wirkt die
Politik grüner Minister in Hessen so wie die der Konkurrenz: Wie der SPIEGEL
berichtet, hat Umweltministerin Priska Hinz Behörden-Warnungen vertuscht,
wonach die Salzabwässer des Konzerns K+S eine größere Gefahr fürs Grundwasser
bedeuten, als bisher bekannt. Wirtschaft vor Öko. […]
Grüne
Parteitage, die im Chaos unterzugehen drohten, weil sich Fundis und Realos
leidenschaftliche Debatten lieferten und nebenher noch die Weltrevolution
planten sind lange vorbei.
Obschon sie fünf Jahre lang Bundesvorstandssprecherin war, trat Jutta Dittfurth bereits vor 24 Jahren (sic!) bei den Grünen aus. Mit Angelika Beer kehrte eine weitere Grünen-Chefin der Partei den Rücken und sitzt heute für die Piraten im Kieler Landtag. Der ehemalige Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion Thomas Ebermann verließ die Partei 1990. Harald Wolf, prominentes Grünen-Mitglied der Berliner AL, sagte ebenfalls 1990 „Tschüß“ und war später, von 2002 bis 2011 Berliner Wirtschaftssenator und Bürgermeister für die LINKE.
Obschon sie fünf Jahre lang Bundesvorstandssprecherin war, trat Jutta Dittfurth bereits vor 24 Jahren (sic!) bei den Grünen aus. Mit Angelika Beer kehrte eine weitere Grünen-Chefin der Partei den Rücken und sitzt heute für die Piraten im Kieler Landtag. Der ehemalige Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion Thomas Ebermann verließ die Partei 1990. Harald Wolf, prominentes Grünen-Mitglied der Berliner AL, sagte ebenfalls 1990 „Tschüß“ und war später, von 2002 bis 2011 Berliner Wirtschaftssenator und Bürgermeister für die LINKE.
Im Mai
1999 traten die fünf Bürgerschaftsabgeordneten Susanne Uhl, Heike Sudmann,
Norbert Hackbusch, Lutz Jobs und Julia Koppke geschlossen aus Protest gegen den
Kosovokrieg aus der Hamburger GAL-Fraktion aus.
Der
ehemalige Richter am Bundesgerichtshof und prominente Bundestagsabgeordnete Wolfgang
Nešković trat 2005 bei den Grünen aus und wechselte zu den Linken.
Ein
Dilemma, denn mit jedem Austritt haben es die neokonservativen Grünen-Führer
Özdemir, Peters, Hajduk, Al-Wazir, Kerstan, Fegebank, Göring-Kirchentag, die
russophoben Bellizistinnen Marie-Louise Beck und Rebecca Harms, sowie Hofreiter
leichter sich an die CDU ranzurobben.
Generell
muß man aber zugestehen, daß die Grünen bemerkenswert ruhig die Metamorphose
ihrer Partei hinnehmen.
Die SPD
mußte in der Zeit das Aufkommen der WASG aus ihrem Fleische ertragen und wird
heute noch täglich für Hartz IV gescholten, während niemand den Grünen die
Arbeitsmarktreformen verübelt – obwohl Rezzo Schlauch, Joschka Fischer, Corinna
Scheel, Margaretha Wolf, Fritz Kuhn und Oswald Metzger sogar noch vehementer für
die Arbeitsmarktreformen eingetreten waren, als SPD-Politiker.
Offensichtlich
passte der Wandel und zunehmende Wohlstand der Grünen-Basis besser zur
Veränderung ihrer Politik als das bei der SPD der Fall war.
Die
Sozis leiden unter einer generellen Auflösung ihrer klassischen Milieus.
Die
SPD-Wählerschaft ist heute womöglich die Heterogenste aller Parteien, so daß
sie auch immer wieder den stärksten Widerstand aus ihren eigenen Reihen
aushalten muß.
In der
vierten Dekade ihres Bestehens geht es den Grünen demoskopisch besser denn je.
Sie haben kaum jemals Probleme in einen Landtag einzuziehen, sind im Bund stabil
zweistellig und stellen inzwischen sogar Großstadtbürgermeister und
Ministerpräsidenten.
Erstaunlich,
daß es doch noch so etwas wie ein kleines gallisches Dorf in der Grünen-Basis
gibt.
Der
vielgescholtene Trittin, den ich für einen der meistunterschätztesten Politiker
Deutschlands und den besten Umweltminister in der Geschichte der Bundesrepublik
halte, soll nun wieder aus dem Abklingbecken geholt werden.
Hört,
hört!
[…]
Bei den Grünen rumort es: In einem
Brandbrief an die Partei- und Fraktionsführung mahnen Basisvertreter einen
linkeren Kurs an. Sie verlangen mehr sozialpolitische Akzente, eine Absage an
Ukraine-Waffenlieferungen - und ätzen gegen Schwarz-Grün.
[…]
Das Schreiben von linken Basis-Grünen,
das SPIEGEL ONLINE vorliegt, und den Adressaten am Sonntagabend zugehen soll,
mahnt die Partei- und Fraktionsführung zu einer deutlichen Kurskorrektur.
Inzwischen unterzeichneten
das als "Offener Brief" deklarierte Papier mehr als 200 Mitglieder,
darunter auch Mandatsträger wie Silke Gajek, Schweriner Landtagsabgeordnete und
ehemalige Spitzenkandidatin in Mecklenburg-Vorpommern. […] Die Verfasser eint die Sorge, dass sich die Partei zu weit in die
politische Mitte bewegt und sich damit von grünen Positionen verabschiedet.
"Wir wenden uns an Euch, da wir mit sehr großer Sorge die Entwicklung
unserer Partei betrachten und meinen, dass es dringend geboten ist, wieder mehr
Visionen zu entwickeln", heißt es zu Beginn des Briefs. "Das Profil
unserer Partei wird von einigen immer konservativer definiert und bewegt sich
in der öffentlichen Wahrnehmung daher im Parteienspektrum immer weiter nach
rechts."
[…]
Fest gemacht wird die Befürchtung eines
Rechtsrucks vor allem daran, dass die Grünen aus Sicht der Verfasser die
Sozialpolitik vernachlässigten. Man werde inzwischen "nicht als soziale
Partei wahrgenommen, und das ist ein sehr großes Problem", heißt es.
"Es ist sehr wichtig, über Tierschutz oder gutes Essen zu sprechen, nur,
arme Menschen haben ganz andere Probleme, auch diese müssen wir
aufgreifen." Zuletzt hatte die Grünen-Führung einen großen Schwerpunkt auf
das Thema "Gute Ernährung" gelegt.
Auch in der
Friedenspolitik sehen die Verfasser Korrekturbedarf, was sie am Beispiel des
Ukraine-Konflikts erläutern. Auf dem Bundesparteitag vergangenen November habe
man "klar beschlossen, dass es eine Lösung ohne Waffen geben muss, und wir
fragen uns, wozu sind Beschlüsse gut, wenn sie scheinbar niemanden
interessieren." In der Ukraine-Debatte haben in den vergangenen Wochen
auch Grünen-Politiker Sympathien für Waffenlieferungen erkennen lassen.[…]
Eine
Spaltung der Grünen!
Das wäre doch mal was.
Das wäre doch mal was.
Kommt es
womöglich zu einer Wiederbelebung des alten Dittfurth-Plans einer „ökosozialistischen
Linken“, die bisher nie über den Status einer Splitterpartei hinauskam?
Für Frau
Merkel wäre das wie Weihnachten und Geburtstag an einem Tag:
Eine weitere Zersplitterung im linken Parteienspektrum würde der SPD das Regieren noch einmal erheblich schwerer machen und sie hätte in den rundgelutschten christlichen konservativ tickenden Rudimentgrünen einen perfekten weiteren Mehrheitsbeschaffer.
Eine weitere Zersplitterung im linken Parteienspektrum würde der SPD das Regieren noch einmal erheblich schwerer machen und sie hätte in den rundgelutschten christlichen konservativ tickenden Rudimentgrünen einen perfekten weiteren Mehrheitsbeschaffer.
Basis-Grüne warnen vor
Rechtskurs
In einem offenen Brief
sprechen sich Parteimitglieder gegen eine Koalition mit der Union aus
[…]
»Wir werden spätestens in 15 bis 20
Jahren eine Welle von Rentnerinnen und Rentnern bekommen, die auf
Grundsicherung angewiesen sein werden«, heißt es in dem Schreiben. Um dies zu
verhindern, sollen die Grünen aus Sicht der Unterzeichner die soziale Frage
wieder stärker in den Fokus ihrer Politik stellen. Doch der geforderte
Kurswechsel ist derzeit nicht in Sicht. »Die Sozialpolitik wurde bei uns –
zumindest in den öffentlichen Kampagnen, aber auch auf der letzten BDK –
weitgehend ignoriert«, kritisieren die Basis-Grünen.
[…]
Eine Koalition mit der Union, wie sie derzeit
in Hessen regiert, würde im Bund zum Untergang der Grünen führen. Das »überlebt
diese Partei nicht«, heißt es in dem Brief.
Auch mit der
Außenpolitik gibt es eine große Unzufriedenheit. Das beziehen die Basis-Grünen
vor allem auf den Konflikt in der Ukraine. Nationalistische und rechte Kräfte
seien dort indirekt von den Grünen unterstützt worden, indem ihre Rolle nicht
ausreichend kritisiert und ihre Existenz zum Teil sogar als »russische
Propaganda« abgetan worden sei.
[…]