In Deutschland werden
immer mal wieder völlig schwachsinnige Gesetze erlassen, weil sich die Ministerialen
irgendwelche Texte von Lobbyvertretern in ihren eigenen Reihen aufschwatzen
lassen haben.
Manchmal, wie beim „Meldegesetz“
vor einem Jahr, fällt sofort nach der Verabschiedung eines Gesetzes auf, daß
das ein Schuß in den Ofen war.
Dann wird man mal wieder
kurz an den Politalltag von heute erinnert:
Keiner hat mehr die Zeit und
den Gripps dafür sämtliche Gesetzentwürfe vorher zu lesen, geschweige denn zu
verstehen.
Stattdessen stimmt man
eben entlang der Parteilinien so, wie der jeweilige Fraktionsgeschäftsführer festgelegt
hat.
Geht es schief,
schämt man sich eben a posteriori ein bißchen.
In 57 Sekunden hatte der Deutsche Bundestag mit den
Stimmen der Regierungsfraktionen mal eben so auf Wunsch von ein paar
Lobbyhörigen CSU- und FDP-Parlamentariern verfügt, daß Ortsämter zukünftig private Daten
der Bürger verkaufen dürfen.
Dabei sind die Parlamentarier von
CDU, FDP und CSU so unfassbar dämlich, daß sie gar nicht merken, welches Gesetz
sie da verabschiedeten.
So löppt dat im Bundestag!
Von einem Datenschutzskandal ist
jetzt die Rede, von einer "Nacht- und Nebel-Aktion" des Bundestages.
Die Abgeordneten müssen Hohn und Spott über sich ergehen lassen.
Für
Außenstehende muss es tatsächlich merkwürdig wirken: Innerhalb von 57 Sekunden
wird das Gesetz vermeintlich durchs Parlament gejagt. Die Reden dazu werden
lediglich zu Protokoll gegeben. Die Redner sind während der Sitzung gar nicht
anwesend - ihre Texte lediglich im schriftlichen Protokoll nachzulesen.
Es ist eine Sache sich mit Bundestagsparteien zu
beschäftigen, die andere Meinungen vertreten, als die, die ich klug finde.
Aber diese sagenhafte UN-Professionalität, mit der
insbesondere Merkels Laienschar durch das politische Theater stolpert, bereitet
mir ernsthaft Kopfschmerzen.
Die derzeitige Form des Parlamentarismus in
Deutschland scheint ungefähr so gut zu funktionieren wie der Verfassungsschutz.
Wenn sich struktureller Informationsmangel und Arbeitsüberlastung sehr lieb
haben, dann bekommen sie ein Kind namens Unprofessionalität.
Wir werden unprofessionell regiert in Zeiten,
in denen handwerkliche Professionalität der absolute Mindeststandard sein
müsste. […]
Nach Informationen von Abgeordnetenwatch soll
Hans-Peter Uhl (CSU) die seltsamen Änderungen am Meldegesetz vorangetrieben
haben. Uhl fordert hauptberuflich bei jeder Gelegenheit und auch zwischen den
Gelegenheiten die Vorratsdatenspeicherung. Offenbar wird Uhl von einer großen
Liebe zur Datenspeicherung um jeden Preis getrieben, vielleicht sollte er
Archivierungskurse geben beim Verfassungsschutz.
[…] Die eingangs erwähnte, erschütternde
Unprofessionalität der Regierung ist auch überdeutlich geworden, während sich
das regierte Volk so einig ist wie niemals zuvor. Bei einer nicht
repräsentativen Online-Umfrage von tagesschau.de haben sich von über 65.000
Teilnehmern unfassbare 99,1 Prozent gegen das Gesetz ausgesprochen.
Auch wenn ich es für falsch halte; es ist kein Wunder,
daß mehr und mehr Desillusionierte ihre Parteibücher zurückgeben.
In den USA geht es genauso
antidemokratisch zu – manchmal bekommen die Abgeordneten die Gesetzesvorschläge,
über die sie abzustimmen, haben erst Stunden vorher. Benutzt wird oft eine
Sackkarre, weil so ein Lobbyentwurf durchaus mal viele Tausend Seiten stark
sein kann.
Selbst der fleißigste und
willensstärkste Parlamentarier könnte sich also kein Bild mehr machen.
Zum Glück sind die
Amerikaner so gut wie schamlos und stellen sich jubelnd vor die gesetzlichen
Texten des Wahnsinns.
Stolz ließen die US-Parlamentarier
2003 mit ihrer GOPer-Mehrheit Pommes Frites (frz. „pommes frites“, engl. „french
fries“) in Freedom Fries umbenennen, um das französische Nationalgericht von
den US-Speisekarten zu eliminieren.
Daß Pommes Frites gar kein
französisches Gericht sind, sondern aus Belgien stammen und zudem in der französischen
Küche nichts zu suchen haben, ahnten die verblödeten GOPer natürlich nicht.
Die Kantinen im US-Repräsentantenhaus
werden ihre Pommes frites demnächst als patriotische Sättigungs-Beilage
servieren: Nach einem Beschluss des von republikanischen Abgeordneten
geleiteten Verwaltungsausschusses am Dienstag gibt es ab jetzt nur noch
"Freiheitsfritten". In den Speisesälen des Regierungsgebäudes sollen
in den nächsten Tagen die Menüs geändert werden.
Neben den Pommes frites wird auch der
"French Toast" in die Freiheit geführt und demnächst als
"Freedom Toast" in den neuen Speisekarten geführt. "Dieser
Entschluss ist eine kleine, aber symbolische Geste, den großen Unmut vieler
Regierungsmitarbeiter gegenüber unseren so genannten Verbündeten in Frankreich
auszudrücken", sagte der Abgeordnete Bob Ney, der Vorsitzende des
Verwaltungsausschusses.
Eine Sprecherin der französischen
Botschaft wies darauf hin, dass die "French Fries" eigentlich aus
Belgien kommen. "Wir befinden uns in einer sehr ernsten Situation mit
ernsthaften Problemen, und deswegen beschäftigen wir uns derzeit auch nicht mit
Namen für Kartoffeln", fügte sie an.
Wegen antifranzösischer
Reflexe eine Belgische Spezialität umzubenennen, ist erbärmlich, aber
wenigstens auch einigermaßen irrelevant.
Schlimmer sind
außenpolitische Selbstkastrationsgesetze, die in ernsthaften Krisen den
US-Präsidenten handlungsunfähig machen und damit die Lösung internationaler
Konflikte blockieren können.
Aber niemand glaubt im Ernst, der Westen
sei willens oder in der Lage mit Panzern und Bomben in das riesige Syrien
einzufallen. Der Schlüssel für Damaskus liegt in Teheran.
Aber seit einigen Jahren spricht
Washington nicht einmal mehr mit Iran.
[…] die Amerikaner haben an einem gemäßigten Iran
kein Interesse. Sie wollen den Regimewechsel.
Es gibt starke Kräfte in Amerika, die Obama die Hände binden wollen. In
der Iran-Politik kann der Präsident nicht frei handeln. Ein umstrittenes
Gesetz, der Iran-Threat-Reduction-Act aus dem Jahr 2011, will einen
Politikwechsel gegenüber Iran geradezu verbieten. Die Administration wäre
danach verpflichtet, die Opposition zu unterstützen und direkte Kontakte mit
dem iranischen Regime sind ohne vorherige Zustimmung des zuständigen
Kongress-Ausschusses nicht erlaubt.
Der Nahostexperte Michael Lüders hat
dazu geschrieben: "Ein vergleichbares Gesetz hat es nie zuvor in der
Geschichte der Vereinigten Staaten" gegeben. Die Vorschrift wurde zwar
noch nicht ratifiziert. Aber sie bestimmt dennoch den Handlungsspielraum des
Präsidenten. Im vorigen Dezember, schreibt Lüders, sei das Gesetz noch weiter
verschärft worden. Eine Normalisierung der Beziehungen zu Teheran sei erst dann
zulässig, wenn der US-Präsident vor dem Kongress erklärt, "dass Iran weder
für die USA noch für Israel eine Bedrohung darstelle und den Prinzipien von
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verpflichtet sei". Das wäre dann, wenn
die Flüsse aufwärts fließen und die Hasen Jäger schießen.
Eine geniale Lösung zeichnet
sich auch bezüglich des internationalen Gerichtshofes in Den Haag ab.
Die USA mögen zwar ganz
gern ab und an einen missliebigen Ex-Tyrannen dort abwerfen, aber ihrer eigenen
Taten dürfen niemals in Den Haag verhandelt werden, weil sie den Gerichtshof nicht anerkennen
wollen.
Parlament und Regierung in den
Niederlanden sind empört: Beide Häuser des US-Kongresses haben einem Gesetz
zugestimmt, das, falls amerikanische Bürger vor dem Internationalen
Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt werden, sogar die Invasion im
Nato-Partnerland vorsieht.
"Ich habe hier ein Diagramm, unter
dem steht 'Vorschlag für eine Invasion der Niederlande'", meint David
Obey, ein demokratischer Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus. "Es zeigt,
dass wir es vielleicht auf dem Seeweg tun, oder aus der Luft, vielleicht mit
Fallschirmjägern. Um sicherzugehen, dass der Gentleman aus Texas diesmal auch
weiß, wo Den Haag liegt, ist es auf der Karte markiert." Die Abgeordneten
grinsen amüsiert.
Das Schreiben, das Obey in der Debatte
im amerikanischen Kongress vorstellte, war die sarkastische Reaktion eines
niederländischen Diplomaten auf einen republikanischen Gesetzesvorschlag, der
gute Chancen hat, tatsächlich verabschiedet zu werden. Er verbietet
US-Behörden, mit dem Internationalen Strafgericht zusammenzuarbeiten und
ermächtigt den Präsidenten ausdrücklich, im Ernstfall "alle notwendigen
und angemessenen Mittel zu nutzen", um amerikanische Staatsbürger und
Bürger ihrer Alliierten aus der Obhut des Gerichtshofs zu befreien, der ab Juli
seine Arbeit im niederländischen Den Haag aufnehmen soll. Weil der Entwurf
Militäreinsätze ausdrücklich einschließt, wird in Holland schon vom
"Den-Haag-Invasions-Gesetz" gesprochen.
[…]
Das niederländische Parlament hat deshalb
am Montag geschlossen Außenminister Jozias van Aartsen aufgefordert, Protest
gegen das amerikanische Vorgehen einzulegen. Das Gesetz, so die Beschwerde,
unterminiere die Autorität des Internationalen Strafgerichtshofs.