Montag, 14. Mai 2018

Nitroglycerin ins Feuer


Das gewalttätigste Pulverfass der Welt dürfte Jerusalem mit den umgebenden Nationen sein.
Da kommt wirklich alles zusammen:
Heilige Stätten der drei großen monotheistischen Religionen, Apotheose des metaphysischen Draufhauens.
Meltingpot des Imperialismus, der schon vor 1200 Jahren die Bösartigkeit abendländischen Denkens als Kreuzzüge erlebte, die nichts anderes waren als Genozide. Jerusalem steht sprichwörtlich für den Zionismus des Theodor Herzls. Schon lange bevor man sich darauf einigte wo eigentlich ein Judenstaat entstehen könnte, etablierte sich die zionistische Grußformel „nächstes Jahr in Jerusalem.“
Yad Vashem, die weltweit zentrale „Gedenkstätte der Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust“ und somit Symbol der größten Schande Deutschlands liegt in Jerusalem. Darüber hinaus ist die Stadt auch noch Symbol für die Ost-West-Konfrontation. Hier rangen schon NATO und Warschauer Pakt um die Vormacht, wie es heute Russland und die USA tun.
Die Stadt ist geteilt, mit allen Mitteln wird um Einfluss gerungen. Mit Gewalt, mit Gebeten und mit dem Scheckbuch.
Es erfordert die gesamten Anstrengungen der Welt, um diese brodelnde Metropole davon abzuhalten zu explodieren.
US-Präsidenten aller erdenklichen politischen Ausrichtungen wußten wie heikel die Lage ist und so verhinderten George W. Bush genauso wie Barack Obama in schöner Regelmäßigkeit alle sechs Monate mit ihrem Veto einen von fanatischen Rechtsradikalen im US-Kongress durchgepaukten Beschluss umzusetzen, nach dem die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem umziehen möge.
Selbst GWB, der ohne zu zögern den Nahen Osten in Flammen setzte, viele Hunderttausend Tote in Kauf nahm und mehrere illegale Angriffskriege unternahm, schreckte vor dieser Mega-Provokation der gesamten Islamischen Welt zurück.
Und dann kam Trump, der zutiefst satanisch veranlagt einerseits den Hassfanatikern seiner evangelikalen Basis ein Zuckerchen geben wollte und andererseits in seinem rassistischen Wahn alles von Obama Bewirkte zu zerstören, doch das Undenkbare veranlasste:
Amerikanisches Nitroglycerin über die Israelischen Protuberanzen auszukippen.

Mit dem römischen Kaiser Nero wird man neben einer grandiosen schauspielerischen Leistung Peters Ustinovs für immer den absoluten Zerstörungswahn assoziieren. Adolf Hitlers „Nerobefehl“ vom 19. März 1945 meint die Taktik der verbrannten Erde. Die Wehrmacht sollte auf ihrem Rückzug sowohl in besetzten Gebieten als auch auf deutschem Boden absolut alles zerstören. Nach Hitler sollte nichts mehr existieren und die gesamte Nation mit Maus, Mann und Gebäude ausradiert sein.
Heute weiß man, daß Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus (* 15. Dezember 37; † 11. Juni 68), römischer Kaiser von 54 bis 68, vermutlich posthum Unrecht getan wurde.
Als der große Brand von 64 ausbrach, der Rom fast total zerstörte, war er mindestens 50 km außerhalb der Stadtmauern, hat also sicher nicht selbst den Brandt gelegt und war auch nicht wahnsinnig.
Nero, der noch 19 Jahrhunderte später metaphorisch für das absolute Böse herhalten musste, war immerhin besser als Trump.
Dieser zerstört wirklich aktiv und aus niederträchtigen Beweggründen.
Den Nahen Osten lässt er gern in Flammen aufgehen für das wohlige Gefühl a posteriori Barack Obama zu quälen.
In seltener Einigkeit lehnen die Nationen von China über Russland bis zu England, Frankreich und Deutschland Trumps Jerusalem-Plan ab. Kein anderes Land ist so verrückt und bösartig wie Amerika.

[…..] Gua­te­ma­la wird sei­nem Land nach Je­ru­sa­lem fol­gen. Pa­ra­gu­ay und Hon­du­ras sind grund­sätz­lich dazu be­reit, und auch Mi­kro­ne­si­en, die Mar­shal­l­in­seln, Togo, Pa­lau und Nau­ru ha­ben zu­sam­men mit den USA und Is­ra­el in der Uno-Voll­ver­samm­lung ge­gen die Be­schwer­de ge­stimmt, die die Welt zum Bot­schafts­um­zug auf­ge­setzt hat­te. Nau­ru liegt im Pa­zi­fi­schen Oze­an und ist mit etwa 10 000 Ein­woh­nern die kleins­te Re­pu­blik der Erde. […..]
(Alexander Osang, DER SPIEGEL, 12.05.2018)

Bei der heutigen Botschaftseinweihung waren neben Vertretern der nepotistischen Kakistokratie USA (Jared Kushner und Ivanka Trump) keine Vertreter der Welt eingeladen. Niemand wäre gekommen, nachdem 128 Nationen die Botschaftsverlegung in der UNO als kriegstreibend kritisierten.
Die diplomatischen Beziehungen der USA zu Palästina wurden de facto eingestellt.
Trump redet nicht mit anderen.

Und Trump bekam was er wollte:
Viele Tote, viele Verletzte, viel Gewalt. Die Palästinenser melden 52 Tote, rund 2400 Verletzte.

[….] Der zu dieser Zeit am besten geschützte Ort der Stadt befindet sich weiter südlich: Tausende Polizisten riegeln die neue US-Botschaft ab, die im Beisein von 800 Gästen eröffnet wird. Präsident Donald Trump, der seine Tochter Ivanka und seinen Schwiegersohn Jared Kushner geschickt hat, spricht per Videobotschaft: "Israel ist eine souveräne Nation mit dem Recht, seine Hauptstadt selbst zu bestimmen", verkündet er. 73 Kilometer davon entfernt im Gazastreifen wird zu diesem Moment der 45. Tote des Tages gezählt. [….]

 [….] Dass die USA 70 Jahre nach Israels Gründung endlich Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt hätten, sei "dem Mut einer Person" zu verdanken, so Premier Benjamin Netanyahu. Trump habe, indem er die Geschichte anerkannt habe, Geschichte geschrieben. Ein großer Tag für Israel, ein großer Tag für die Partnerschaft mit den USA sei das, aber er glaube auch "ein großartiger Tag für den Frieden", sagte Netanyahu. Denn Frieden könne nicht auf einer Lüge basieren. Und die Wahrheit sei, dass Jerusalem schon immer die Hauptstadt Israels war und immer sein werde.
Als Netanyahu diese Worte sagt, sind bei Massenprotesten im Gazastreifen bereits viele Tote zu zählen, Tausende Verletzte. Israelische Soldaten haben nach palästinensischen Angaben mehr als 50 Menschen erschossen, die sich - trotz Warnungen der Israelis - der Grenze näherten. [….] Bei der Botschaftseröffnung kommentierte Trumps Chefberater und Schwiegersohn Jared Kushner die Ereignisse in Gaza: "Diejenigen, die Gewalt provozieren, sind Teil des Problems, nicht Teil der Lösung." Israels Minister für Öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan, sagte nach Angaben der Zeitung "Haaretz" zu der hohen Zahl der Toten: Diese besage gar nichts - "genauso wenig wie die Zahl der im Weltkrieg getöteten Nazis den Nationalsozialismus zu etwas gemacht hätte, was man erklären oder verstehen kann. Es gibt eine Wahrheit" - die Hamas sei schuld am Blutvergießen. […..]

Wie man hört ist Trump dieser Tage hochzufrieden mit sich selbst.

[….] Vor Trump kamen sämtliche US-Präsidenten zu ähnlichen Schlüssen: Freihandel ist gut für Amerika, im Großen und Ganzen nutzt uns Einwanderung, und reife, selbstbewusste Verbündete machen uns stärker. Jetzt ist da jemand, der Immigranten als Bedrohung und Verbündete als Last empfindet, und gegen Freihandel kämpft. Das stellt Amerika, wie wir es seit 75 Jahren kennen, auf den Kopf. Wer eine beliebige Position des Präsidenten verstehen will, muss Barack Obamas Haltung dazu kennen - Trump macht das Gegenteil. Im Gesundheitswesen, beim Pariser Klimaschutzabkommen, beim Transpazifischen Freihandelsabkommen, Syrien, und jetzt Iran. […..] Trump fei­ert ge­ra­de, dass er Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich und Deutsch­land sei­nen Wil­len auf­ge­zwun­gen hat. […..]