Mittwoch, 1. April 2015

Impudenz des Monats März 2015


Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Immer wieder habe ich in den letzten Monaten seit die Peginesen in Ostdeutschland Schrecken verbreiten Statistiken verlinkt, aus denen klar wird wie sehr das verbale Schüren von Ausländerhass in der Praxis umgesetzt wird.
Die Über- und Angriffe auf alle Undeutschen haben rasant zugenommen. Täglich gibt es drei rechtsextremistische Vorfälle.

Zum Beispiel Berlin:

Mehr als 250 Menschen wurden verletzt, bedroht und verfolgt.
Die Berliner Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (ReachOut) hat im vergangenen Jahr 179 Angriffe registriert. Hierbei war Rassismus das häufigste Tatmotiv. Auch die Zahl der antisemitisch motivierten Taten und der Attacken gegen politische Gegner stieg an. Das geht aus dem ReachOut-Jahresbericht hervor.
Im Jahr 2014 wurden insgesamt 266 Menschen verletzt, gejagt oder massiv bedroht. Die Gewalttaten trafen die Opfer völlig überraschend und unvermittelt und ohne, dass sich Angreifer und Opfer vorher kannten. Der überwiegende Teil dieser Angriffe fand in aller Öffentlichkeit statt, auf Straßen, an Haltestellen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln und Bahnhöfen, teilt die Beratungsstelle mit.

Ist das die Kehrseite des orgiastischen Jubels über die gewonnene Fußball-WM von 2014?
Der Mob hat Oberwasser und prügelt alle Schwächeren weg.
Je glänzender die deutsche Wirtschaft dasteht, desto gehässiger werden die Einstellungen gegenüber Griechen und Flüchtlingen.
Was kümmern Fakten und Moral, wenn man so viel einfacher den perfiden Kampagnen der BILD folgen kann?

[….]  Der Deutsche Journalisten-Verband hat das Nachrichtenportal Bild.de aufgefordert, sofort die laufende Anti-Griechen-Kampagne zu stoppen.
Auf Bild.de werden die Leser dazu animiert, den Aufruf „Nein – keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen!“ als Selfie mit dem eigenen Porträt an die Redaktion zu mailen. [….] Die Selfie-Aktion von Bild.de überschreitet aber die Grenze zur politischen Kampagne“, kritisierte Konken.
Darüber hinaus sei es medienethisch bedenklich, dass ein ganzes Volk für die finanzpolitischen Fehlentscheidungen seiner Politiker diffamiert werde. „Die Verunsicherung über die Auswirkungen der Griechenland-Krise auf Deutschland ist groß“, sagte Konken.

Es entsteht insbesondere ist Ostdeutschland eine massive moralische Schieflage.


Ganze Landstriche sind de facto unter Kontrolle von rechtsradikalen Verbrechern, gegen die sich niemand durchzugreifen traut.
Dort kann man sich mit Kippa, dunkler Hautfarbe oder Rasta-Haaren nicht mehr blicken lassen, ohne um sein Leben zu fürchten.
Die Begriffe „rechtsfreie Zone“ oder „national kontrollierte Gebiete“ sind euphemistisch gewählt.
Eigentlich müßte es heißen:

„Herrschaft des rassistischen Mobs – ermöglicht durch totales Staats- und Rechtsversagen.“


Hiermit küre ich die Landes- und Bundesinnenpolitiker zur Impudenz des Monats.
Sie machen ihre Hausaufgaben nicht und lassen stoisch schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu.
CDU- und insbesondere CSU-Politiker kochen auch noch ihr mieses wahltaktisches Süppchen, indem sie gezielt mit xenophoben Stimmungen spielen, bzw die Peginesen umschmeicheln.
Gabriels Schleimerei bei den Kotbraunen Anfang des Jahres ist nicht zu entschuldigen.
Daß aber die zuständigen Innenminister, die ohnehin in dieser Legislatur kaum noch etwas zu tun haben, jegliche Solidarität vermissen lassen und kein Interesse daran haben zu scheinen, den Rechtsstaat durchzusetzen, wenn es um Schwache geht, ist erbärmlich.

[….] Tröglitz in Sachsen-Anhalt wurde bundesweit bekannt, als der Bürgermeister vor dem Druck Rechtsextremer kapitulierte. Jetzt sollen 40 Flüchtlinge in den Ort kommen. Wer behält hier die Oberhand - Hetzer oder Humanisten?
"Warum geben wir für die Asylanten so viel Geld aus? Was soll die Scheiße? Für uns selbst wird nichts ausgegeben", ruft ein Mann oben vom Rang, blanker Neid in der Stimme. Die Arme vor der Brust verschränkt, hat er sich vor einem Mikrofon aufgebaut und schaut hinunter auf Landrat Götz Ulrich, der vor der Bühne des Saals steht.
[….] 500 Menschen sind in den Saal gekommen, auch Rechtsextremisten. NPD-Funktionär Steffen Thiel ist da. [….] Die Veranstaltung des Landrats ist bitter nötig, für viele kommt sie zu spät. In Tröglitz rumort es seit Monaten kräftig. Tiefpunkt war der Rücktritt des ehrenamtlichen Bürgermeisters Markus Nierth vor drei Wochen. Der parteilose Politiker hatte sich sehr für die Flüchtlinge eingesetzt, bis Nachbarn und NPD vor seine Haustür ziehen wollten. (Nierth ist kein Einzelfall - mehr lesen Sie hier.). Da war für ihn Schluss, er fühle sich alleingelassen von Behörden und vielen Mitbürgern, teilte Nierth mit, kritisierte eine "schweigenden Mitte" - das Entsetzen bundesweit war groß, auch weil er Morddrohungen erhielt.
[….]  Als ein älterer Bewohner daran erinnert, dass es in Tröglitz nach dem Zweiten Weltkrieg 1600 Flüchtlinge gab und 4600 Einwohner gab, kommen Zwischenrufe - es ist die Ecke, wo der NPD-Mann sitzt: "Aber das waren Deutsche." Das stimme, sagt der Mann, "wir sollten aber heute Solidarität mit anderen Flüchtlingen weltweit üben". "Dann nimm du die doch zu Hause auf", ruft Thiel.
Thiel versucht die Versammlung als Bühne zu nutzen - und es gelingt ihm auch deshalb, weil sich die Unterstützer der Flüchtlinge nur selten zu Wort melden, Kritiker und seine Anhänger aber sehr wohl - und dazu gehört auch der Mann, der vom Rang runterpöbelte. Er steht mittlerweile unten im Saal bei Thiel. Dieser tritt selbst zweimal ans Mikrofon, ohne sich allerdings als NPD-Mitglied vorzustellen. Er sagt, er habe Eigentum in Tröglitz. Zum geplanten Wachdienst will Thiel wissen: "Wer wird da vor wem geschützt? Die Bürger vor den Asylbewerbern oder die Asylbewerber vor den Bürgern?"
Landrat Ulrich sagt, der Sicherheitsdienst habe für Sicherheit zu sorgen. Er bleibt auch gelassen, als ein Rechtsextremist aus Thüringen, der bei einer der Anti-Flüchtlings-Demos von "begattungsfreudigen Afrikanern" gesprochen hat, laut brüllt, man solle nicht das "Sozialamt der Welt" sein. [….]