OK, der Wahlomat ist online, das TV-Duell mit
dem bekannten investigativen Starjournalisten Stefan Raab steht morgen an und
langsam findet sich in Hamburg kein Baum mehr, der nicht mit einem Wahlplakat
beklebt ist.
Nachdem meine
Wahlomat-Befragung mit den arg simplifizierten Thesen und unter Ausschluß der
Glaubwürdigkeit und des Personals der Parteien meine eigene Partei nur auf
Platz drei setzte, die Partei Bibeltreuer Christen besser abschneidet als die
CDU und ich zudem noch über ein Drittel Übereinstimmung mit der NPD haben soll,
muß ich wohl noch mal überlegen, wie gut ich die SPD wirklich finde.
Wahlomat-Ergebnis
Tammox:
GRÜNE 83 %
DIE LINKE 76,6 %
SPD 73,4 %
FDP 48,9 %
AfD 42,6 %
PBC 40,4 %
CDU / CSU 39,4 %
NPD 37,2 %
Das Erscheinungsbild einer
potentiell sympathischen Partei hängt natürlich stark von den sie
repräsentierenden Personen ab.
Allerdings könnte auch
eine Kombination aus Adonis und Einstein an der Parteispitze der CDU mich
niemals dazu verleiten die Union zu wählen.
Es gibt Grenzen, die ich
nie überschreiten würde.
Unglücklicherweise gibt
das Geburtsjahr einer der von mir meistverachteten SPD-Personen, nämlich Andrea
Nahles (1970) Anlass zu der Befürchtung, daß ich noch längere Zeit unter ihr zu
leiden haben werde.
Noch unangenehmer ist für mich
nur Wolfgang Thierse, der intolerante Hardcore-Katholik, der ungeniert Fakten
verbiegt, Lügen über Atheisten verbreitet und rechtlich höchst problematische
These vertritt.
Der
Bundestagsvizepräsident wird im Oktober 70 und entschloss sich DARWIN SEI DANK
im Gegensatz zum gleichaltrigen Wolfgang Schäuble nicht noch einmal für den
Bundestag zu kandidieren.
Halleluja!
Diese katholische Gräte
saß verdammt schmerzhaft in meinem Partei-Hals.
Das christliche Hamburger
Abendblatt wartet heute gleich mit zwei ganzseitigen Portraits von Fundamental-Katholiken
auf; Thierse und Manfred Lütz. Zudem wird auch noch erklärt
wie Hauptpastor Christoph Störmer beim „Joggeln“
Muße findet.
Schlimmer kann es kaum
noch kommen, wenn das Hamburger Abendblatt an den FUNKE-Konzern verkauft ist.
Der Gipfel des Grusels ist
aber der Thierse-Artikel mit einem fast halbseitigen Bild, das Thierse im
Andachtsraum des Bundestags mit gefalteten Händen neben einem Kreuz zeigt.
Soviel zum Thema „Trennung von Kirche und Staat“, die grundgesetzlich bei uns
verankert ist.
Als Nicht-Jurist bin ich der
Meinung, daß Der BUNDESTAGSVIZEPRÄSIDENT so gar nicht auftreten dürfte. Aber
auf mich hört ja keiner.
Was Thierse von sich gibt
ist wieder einmal so überheblich und niederträchtig zugleich, daß ich mich als
Sozi schäme und sofort ein Magengeschwür generieren würde, wenn ich nicht
wüßte, daß Thierse bald Geschichte ist.
Ich stelle mir vor, daß er
bald ins Kloster eintritt; seine Religiotisierung nimmt mit jedem Jahr rapide
zu. Kaum zu glauben, daß ich ihn 1989 sehr sympathisch fand. Heute wirkt er
auch mich wie ein Emetika-Cocktail.
Aber hier, hinter der blauen Tür, ist
der stillste Ort im Bundestag: Raum Nummer 1S 019. Wolfgang Thierse geht nach vorne, zum
Licht. Die Sonnenstrahlen an diesem Augusttag fallen durch einen Durchbruch in
der grauen Wand in das Halbdunkel. Sie leuchten auf zwei Tafeln, mehr als drei
Meter hoch. Hunderte weißer Nägel sind in die Tafeln geschlagen, sie formen ein
Kreuz. Die Tafeln lehnen an der Wand – so, als könnte man sie einfach mitnehmen
und gehen. Raus. Aus dem Alltag. Aus den Laufrädern der Maschinerie Bundestag.
[…]
Thierse
sitzt auf einem der hellen Holzstühle im Andachtsraum. Die Lehne reicht bis zum
Nacken, sie zwingt zur aufrechten Haltung. Vorne im Raum steht ein Altar, ein
schwerer, quadratischer Block aus Granit.
[…] Der
irrationale Glaube und die rationale Politik – passt das überhaupt zusammen?
Wolfgang Thierse sagt, dass Politik selten rational sei. Es geht auch um
Emotionen, um das Gewissen. "Glaube und Politik passen sehr gut zusammen.
Der Glaube gibt mir bei wichtigen Entscheidungen wie zur Gentechnik Rückhalt.
Er hilft mir, meine politische Haltung zu schärfen." […] Und
Glaube könne zu Langsamkeit erziehen. "Ich hoffe, dass Christen in der
Politik länger innehalten und nachdenken", sagt Thierse. […] "So,
ich hoffe, Sie haben jetzt genug Stoff", sagt Wolfgang Thierse nach einer
Dreiviertelstunde im Andachtsraum. Er schüttelt die Hand zum Abschied, geht
durch das Halbdunkel und verschwindet durch die schwere blaue Tür. Neben dem
Ausgang liegen Broschüren aus, gefaltete Informationen für die Besucher. Der
Text über den Andachtsraum endet mit einem Zitat: "An einem solchen Ort
ist auch der Politiker ganz er selbst, nicht eingebunden in Funktionen, nicht
Mandatsträger." Das Gebundensein an Partei und Fraktion trete zurück,
Begrenztheit und Wagnis politischen Handels dagegen stärker ins Bewusstsein.
"Wo wäre ein solcher Ort notwendiger, als im Herzen unserer Demokratie, im
Parlament?" Die Sätze kommen von Wolfgang Thierse.