Sonntag, 29. Januar 2017

Trumpologiefolgenabschätzung – Teil II



Der Mann, der im Wahlkampf die Folter pries, sich über Behinderte lustig machte, einen Muslim-Bann forderte und vorschlug die Frauen und Kinder von IS-Kämpfern gezielt zu töten, lud am 14.12.2016 zum „tech summit“ in seinen Elfenbeinturm und devot erschienen:

Elon Musk of Tesla
Larry Page and Eric E. Schmidt of Alphabet, Google’s parent
Timothy D. Cook of Apple
Satya Nadella of Microsoft
Jeff Bezos of Amazon
Sheryl Sandberg of Facebook
Safra A. Catz of Oracle
Brian M. Krzanich of Intel
Chuck Robbins of Cisco
Ginni Rometty of IBM

Anschließend schwärmten alle von der konstruktiven Atmosphäre.

Trump’s tech summit exposed the rotten heart of Silicon Valley
Where the so-called Trump tech summit enters into this story is by exposing the raw and unvarnished hypocrisy of every tech company in attendance. Donald Trump is not just another president, he doesn’t have a clean slate to work with, and anyone who collaborates with him as if he is or does is essentially erasing history. Trump is a self-documented misogynist, a bigot, a thinly veiled racist, and a climate science denier.
Facebook COO Sheryl Sandberg is well known for her work in promoting gender parity in the tech industry — and she reportedly brought the matter up during the meeting with Trump — but she sat only one seat away from Trump in a carefully orchestrated seating arrangement last Wednesday. She, Google co-founder Larry Page, and Amazon chief Jeff Bezos all sat at a Trump table, drinking Trump Natural Spring Water, listening intently and smiling politely at America’s new president-elect. On Trump’s other side, there was Apple CEO Tim Cook, who’s openly gay and supports LGBTQ causes whenever and however he can, and Tesla’s idiosyncratic chief Elon Musk. Both of those men have major, irreconcilable disagreements with Trump, yet both made nice with the future monster-in-chief.[….]

Nur eine Woche nach Trumps Amtsantritt, setzt er um, was er vor der Wahl versprach.
Sein bei den Teebeutlern so populäres Muslimverbot tangiert allerdings auch die finanziellen Interessen der Tech-Firmen.
Nun auf einmal, finden sie Trump doch nicht mehr so toll.

[….] "Wie viele von euch bin ich besorgt über die Folgen der letzten Executive Orders, die Präsident Trump unterschrieben hat", schrieb Mark Zuckerberg auf seiner Facebook-Seite. Er forderte, dass Amerika seine Türen "für Flüchtlinge und jene, die Hilfe brauchen", offen hält. Hätten die USA vor ein paar Jahrzehnten Flüchtlinge abgewiesen, wäre auch die Familie seiner Ehefrau Priscilla heute nicht hier, sagte der Facebook-Gründer.
Google-Chef Sundar Pichai schrieb in einer E-Mail an seine Mitarbeiter, dass mindestens 187 Google-Angestellte von dem Einreiseverbot für Bürger aus dem Irak, Syrien, Libyen, Somalia, dem Jemen, dem Sudan und Iran betroffen seien. "Es tut weh, den persönlichen Schaden zu sehen, den dieses Dekret für unsere Kollegen verursacht", schrieb Pichai. [….]

Doch, die Hypocrisy eines Einwanderersohnes, der mit einer Einwanderin verheiratet ist und gegen Einwanderer hetzt und mit Dekreten Politik macht, kann schon noch verblüffen.


Absolut bemerkenswert auch die Liste der mehrheitlich muslimischen Länder, die Trumps Bannstrahl trifft – es sind genau diejenigen, aus denen noch nie ein Terrorist kam, der in Amerika einen Anschlag verübt hatte.

Wir kennen das von 2001, als  GWBs Politik demonstrativ Saudi Arabien verschonte, obwohl 19 der WTC-Attentäter Saudis waren - genau wie Osama bin Laden.
Stattdessen griff man den Irak an, der gar nichts mit dem 09/11-Terror und Al Kaida zu tun hatte.
Aber Riad ist sehr reich und extrem wichtig als Abnehmer US-amerikanischer Rüstungsgüter.
Da müssen Moral und Wahrheit hintanstehen.
Und so ist es bis heute. Saudi-Arabien hat beste Beziehungen zur GOP, obwohl es als Wahabitische Macht sicher das problematischste Regime in der Gegend ist.



Der gegenwärtige US-Präsident schadet der Wirtschaft, agiert illegal und faktenwidrig, tritt Amerikas Reputation mit den Füßen und demonstriert Menschenverachtung im hohen Maße.

Wofür das alles?

Laut Trump geht es darum, Amerika sicherer vor Terroranschlägen zu machen.
Aber gerade bei diesem Aspekt erweist sich antimuslimisches Um-sich-Schlagen vermutlich als besonders kontraproduktiv.

[….] Der frühere Leiter des US-Terrorabwehrzentrums, Matthew Olsen, warnte, dass der Einreisestopp die nationale Sicherheit nicht stärke - im Gegenteil: "Schutzbedürftige Flüchtlinge im Stich zu lassen trägt nicht zum Schutz der Vereinigten Staaten bei", sagte Olsen. Trumps Entscheidung spiele stattdessen dem IS in die Hände und nähre die Legende der Dschihadisten, "dass wir uns im Krieg befinden gegen alle Muslime und nicht gegen Terrororganisationen". […]

Der selbsternannte IS-Besieger Trump, der von sich behauptet mehr als alle Generäle über die Terrororganisation zu wissen, leitet also gleich in seiner ersten Amtswoche eine große Rekrutierungsprogramm für den IS ein.

[….] Vieles an diesem Dekret macht fassungslos. Dass Trump die Order ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag unterzeichnet hat (in seinem Statement zum Gedenken werden Juden nicht genannt), ist nur ein Faktor. Wie so oft bei diesem Präsidenten spielen Fakten keine Rolle: Das libertäre und den Republikanern nahe stehende Cato Institute hat berechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Amerikaner durch den Terroranschlag eines Flüchtlings getötet wird. Sie beträgt 1 zu 3,65 Milliarden - ein Blitzschlag ist gefährlicher.
Trump und seine Berater machen schamlos Politik auf dem Rücken der Allerschwächsten: Keine Gruppe, die in die USA einreist, wird stärker überprüft als Flüchtlinge. Wenn dem neuen Präsident die Sicherheit seiner Bürger am Herzen liegt (ein legitimes und wichtiges Ziel), dann sollte er nichts anweisen, was den Propagandisten des "Islamischen Staats" in die Hände spielt: Aus dem Dekret die Botschaft "Wir halten alle Muslime für Terroristen" abzuleiten, ist nicht schwer. […..]

Die sich zuletzt im Rückzug befindlichen IS-Führer könnten sich keinen besseren US-Präsidenten wünscht.
Erst reizt er die Araber zur Weißglut, indem er darüber spekuliert die Israelische US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen zu lassen und damit die Zweistaatenlösung wegzufegen.
Nun dieser weltweite Affront gegen Muslime, die er unter Generalverdacht stellt, obwohl es amerikanische Christen waren, die das Desaster im Nahen Osten schürten.

Das nicht unter links-grün-versifften Gutmenschen-Verdacht stehende Bundeswehrjournal klärt auf.

Rund 1,3 Millionen Tote durch „Krieg gegen den Terror“
Die Gesamtzahl der Todesopfer der Kriege und Kriegshandlungen im Irak, in Afghanistan und in Pakistan wird von der Öffentlichkeit erheblich unterschätzt. Sie liegt bei weit über einer Million Toten. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung, die am 19. März zeitgleich in Berlin, Washington und Ottawa veröffentlicht wurde. Die deutsche, die amerikanische und die kanadische Sektion der Vereinigung „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (International Physicians for the Prevention of Nuclear War, IPPNW) präsentierten die erschreckenden Ergebnisse an diesem Donnerstag – zwölf Jahre nach Beginn des Irakkrieges – in den Hauptstädten ihres Landes.
Die Gesamtzahl der Opfer des „Krieges gegen den Terror“, der von Amerikas damaligem Präsidenten George W. Bush unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ausgerufen worden war („Global War on Terrorism“), ist kaum jemals öffentlich diskutiert worden. Offizielle Stellen gaben und geben nur wenig Zahlenmaterial bekannt. Bislang wurden die Opferzahlen meist erheblich zu niedrig angesetzt.
Da die Todesopfer in der Vergangenheit von offizieller Seite nur unzureichend erfasst und dokumentiert worden waren, gründete sich in Großbritannien während des Irakkrieges eine zivilgesellschaftliche Initiative namens „Iraq Body Count“ (IBC). Angaben von IBC zufolge hat der Irakkrieg bis heute etwa 211.000 Menschen das Leben gekostet. IBC addiert die Zahlen von überprüften Mediendaten aus Krankenhäusern und Leichenhäusern, von Nicht-Regierungsorganisationen sowie offizielle Daten.
Erste Studien korrigierten die Opferzahlen dramatisch nach oben. [….]

In Washington rätselt man unterdessen immer noch wie es eigentlich angehen kann, daß „diese Moslems“ die Amerikaner nicht mögen.
Wie kann man sich nur anstellen?
Nur, weil durch die völkerrechtswidrigen Lügentiraden des Weißen Hauses 1,3 Millionen Menschen gekillt wurden und eine vielfache Anzahl vertrieben wurde, gibt es doch keinen Anlass die US-amerikanische Politik abzulehnen.

Trump versteht es sich unbeliebt zu machen, die Fronten zu verhärten und dafür zu sorgen, daß der Hass auf Amerika wieder rekordverdächtig anschwillt.
Glückwunsch, Herr Drumpf. So stärkt man Amerikas Feinde, macht das Land deutlich unsicherer und führt die ganze Welt in den Abgrund.

[….] Seit Menschengedenken hat kein US-Präsident so schnell sein eigenes Land noch mehr gespalten und große Teile der Welt nicht nur gegen sich, sondern leider auch gegen Amerika so aufgebracht. Das ist schon eine Leistung.
[….] Die Einreise-Dekrete jedenfalls laufen auf einen nach religiösen und ethnischen "Kriterien" pauschal diskriminierenden Bann hinaus. Man könnte, will man es scharf formulieren, auch sagen, es handelt sich um politisch motivierten Rassismus. Der Bann stellt eine Verletzung zweier zentraler Bestimmungen der ehrwürdigen US-Verfassung dar.
Der Erste Verfassungszusatz (Amendment) garantiert Meinungs- und Religionsfreiheit und den Schutz vor Diskriminierung aus religiösen Gründen; der Fünfte Verfassungszusatz sichert unter anderem das Recht auf ein ordentliches Rechtsverfahren (due process) zu. Beide Zusatzartikel zur Verfassung sind Teil der Bill of Rights, jener seit 1791 leuchtenden Erklärung der Individual- und Menschenrechte. Am Freitag hat Trump dieses Licht ausgeschaltet.
Die Immigrations-Dekrete verstoßen nicht nur gegen die Verfassung, sondern wohl auch gegen eine Reihe einschlägiger Gesetze, die der Kongress zum Teil schon vor Jahrzehnten verabschiedet hat, um die Diskriminierung von Einreisenden zu verhindern. […..]