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Mittwoch, 10. September 2025

Christofaschismus 2025

Das Christentum und der Faschismus gehen immer wieder symbiotische Beziehungen ein. Beide Ideologien fußen auf drei gleichen Grundpfeilern:

Obrigkeitshörigkeit, Intoleranz und Wir-sind-besser-als-die-Attitüde.

4. Ermahnung zum Gehorsam gegen die gottgesetzte Obrigkeit

1 Jedermann sei den obrigkeitlichen Gewalten (oder: den vorgesetzten Obrigkeiten) untertan; denn es gibt keine Obrigkeit, ohne von Gott (bestellt zu sein), und wo immer eine besteht, ist sie von Gott verordnet. 2Wer sich also der Obrigkeit widersetzt, der lehnt sich damit gegen Gottes Ordnung auf; und die sich auflehnen, werden sich selbst ein Strafurteil (= ihre gerechte Strafe) zuziehen. 3Denn die obrigkeitlichen Personen sind nicht für die guten Taten (= für die, welche recht handeln) ein Schrecken, sondern für die bösen. Willst du also frei von Furcht vor der Obrigkeit sein, so tu das Gute: dann wirst du Anerkennung von ihr erhalten; 4denn sie ist Gottes Dienerin dir zum Guten (= zu deinem Besten). Tust du aber das Böse, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: sie ist ja Gottes Dienerin, eine Vergelterin zur Vollziehung des (göttlichen) Zornes (oder: Strafgerichts) an dem Übeltäter. 5Darum muß man ihr untertan sein, und zwar nicht nur aus Furcht vor dem (göttlichen) Zorn, sondern auch um des Gewissens willen. 6Deshalb entrichtet ihr ja auch Steuern; denn sie (d. h. die Beamten) sind Gottes Dienstleute, die für eben diesen Zweck unablässig tätig sind.

5. Ermahnungen zu allseitiger Pflichterfüllung, besonders zur Nächstenliebe als der Erfüllung des Gesetzes

7Lasset allen zukommen, was ihr ihnen schuldig seid: die Steuer, wem die Steuer gebührt, den Zoll, wem der Zoll zukommt, die Furcht, wem die Furcht, und die Ehre, wem die Ehre gebührt.

(Römer 13)

Daher zogen die schlimmsten faschistischen Diktatoren stets mit den Anführern der christlichen Kirchen an einem Strang. Jesus selbst hatte es so verfügt.

Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! 22 Als sie das hörten, wunderten sie sich, ließen von ihm ab und gingen davon.

 (Mt 22,15–22 LUT)

Das war in der ersten Hälfte das 20 Jahrhunderts so – Hitler, Franco, Tiso, Mussolini. Das war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so – Franco, südamerikanische Diktaturen.

Das ist auch in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts so – Putin, Orbán, Trump, Assad, Kaczyński – wo immer sich Autokraten anschicken, die Demokratie zu beseitigen und eisern gegen Minderheiten vorzugehen, können sie sich auf den christlichen Klerus verlassen. Die Kardinäle Erdö, Dolan, Burke, Patriarch Ignatius Joseph III., Kyrill I., Kardinal Wyszynski, Bischof Wojciech Polak sind Feuer und Flamme für erzkonservative Antidemokraten und begeistern sich für möglichst inhumane, brutale und völkerrechtswidrige Politik. Schließlich waren Kirchenführer und weltliche konservative Herrscher über Jahrhunderte partners in crime, wenn es gegen die Freiheit und Menschrechte ging. Gemeinsam stritt man für Sklaverei, gegen allgemeines Wahlrecht und überhaupt jede bürgerrechtliche Errungenschaft, wie Frauenwahlrecht, Homorechte, Transrechte, Kinderrechte, etc pp.

(….) Kein Wunder also, daß Kyrill am 24.02.2022 über alle Maßen begeistert auf Putins Ukraine-Feldzug reagierte und seither der größte russische Kriegstreiber ist.

Zu der Fraktion gehört Patriarch Kyrill I., (bürgerlich Wladimir Gundjajew), der Herr über 150 Millionen russisch-orthodoxe Christen. Quasi der Papst der Rus.

Kyrill mag vor allem Reichtum, teure Uhren, Juwelen und seine Privilegien. Deswegen liebt und unterstützt er seinen Namensvetter Wladimir Putin. Die beiden Wladimirs sind ein Herz und eine Seele. Und den Krieg gegen die Ukraine finden beide Wladimirs einfach geil. Während sich der kleinere, jüngere und glattrasierte Wladimir darum bemüht, rational zu erscheinen und Gründe für den Krieg vorgibt, macht es sich der fünf Jahre ältere Wladimir mit dem Rauschebart und dem besonders albernen psychedelischen Hut einfacher: Er hasst einfach alle Ukrainer, nennt es eine „heilige Pflicht“ der Russen, sich freiwillig als Soldaten gegen die Ukraine zu melden, weil Selenskyjs Landsleute bekanntlich alle Schwuchteln wären und die armen frommen (heterosexuellen!) Russen homopervertieren wollten. Eine völlig einleuchtende Darstellung also, die erklärt, weshalb Kyrill I. den Krieg gut und richtig findet.

Daß die obersten Christenführer in einer rechtsextremen Diktatur die kriegslüsternen Massenmörder an der Staatsspitze stets unterstützen, ist üblich.

Die ungarischen, ukrainischen, serbischen und bulgarischen Kirchen-Spitzenfunktionäre sind genauso raffgierig.

Prunksucht, Geldgier und Faschisten-Arschküssen sind natürlich schon ein recht ordentliches Beschäftigungsprogramm für christlich-orthodoxe Popen.

Aber weil damit allein ihr Sadismus und die perversen Gelüste noch nicht ausreichend befriedigt sind, eifern einige auch ihren katholischen Amtsbrüdern nach und vergewaltigen kleine Jungs und Teenager. (….)

(Der ungarische TVE, 27.07.2024)

Der Faschist, Lügner, Vergewaltiger und Verbrecher Donald Trump, der mit enormer Verve Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und demokratische Rechte zerschmettert, ist der ausgesprochene Liebling der US-Christen. Er verdankt sein Amt den christlichen Anführern.

Sie haben sich im Weißen Haus breit gemacht und befehlen den US-Amerikanischen Christen, sich hinter Trump einzureihen.


Die Menschenfeindlichkeit der US-Christen kennt seit Trump kein Halten mehr.

Trumps offizielle spirituelle Führerin Paula White – nomen esto men – steht für White Supremacy. Eine USA exklusiv für Weiße.

Nun endlich können sie ihren tief sitzenden Hass gegen alle Minderheiten voller Elan ausleben. Die Waffenfans schwelgen in Homophobie, Antisemitismus und Xenophobie.

[….] Rassismus, Homophobie, Islamophobie, Antisemitismus – auf all diesen hässlichen Diskriminierungen wird derzeit ein neues Dorf in den USA gebaut. Wer kein weißer Christ ist, wird ausgeschlossen. Möglich ist das auch durch Donald Trump, wie einer der Gründer zugibt.

Präsident Donald Trump hat in den USA allerlei Gruppen Aufwind gegeben, die sich nicht gerade um Minderheiten scheren. Trump selbst hat sich schon feindlich gegenüber allerlei Gruppen gezeigt, gilt zwar nicht als der weiße rassistische US-Amerikaner schlechthin – jedoch pflegt er Verbindungen zu eben solchen.   Außerdem will auch Trump selbst die Rolle der weißen Mehrheitsgesellschaft wieder stärken, indem er etwa kritische Auseinandersetzung mit der grausamen Kolonialgeschichte des Landes aus den Museen verbannen will.

Daher wundert es überhaupt nicht, dass auch die US-Gesellschaft unter Trumps Präsidentschaft potenziell diskriminierender wird – und sich mehr traut.

Derzeit baut etwa eine Gruppe weißer Christ:innen ein Dorf in den Bergen Missouris auf. Wohnen dürfen dort weder Schwarze noch Schwule, Juden oder Muslime. Wie kann das erlaubt sein?

Das Siedlerprojekt mit dem Namen "Return to the Land" wurde bereits 2023 begonnen. Gegründet wurde es, wie soll es auch anders sein, von zwei weißen, blonden Männern: Eric Orwoll und Peter Csere.

Die Idee für ihre gemeinsamen Dörfer – eine Siedlung gibt es bereits in Missouri, eine weitere soll in Arkansas dazu kommen – fußt laut dem "Independent" auf Orania. Dabei handelt es sich um eine 1991 in Südafrika gegründete Stadt nur für Weiße, die seit dem Ende der Apartheid erheblich gewachsen ist und unter anderem einen eigenen Staat nur für Weiße innerhalb Südafrikas anstrebt.

Den Anstoß für eine Kopie dessen sei die rechtsextreme Verschwörungstheorie des "Großen Austauschs". Demnach würden nicht-weiße Bevölkerungsgruppen durch Geburtenraten und Massenmigration die weiße Bevölkerung "ersetzen".  [….]

(Darius Rimkusch, 08.09.2025)

Donnerstag, 14. August 2025

Meine katholische Erlahmung

Als Karol Józef Wojtyła Papst wurde, war ich wirklich noch zu jung, um etwas über die katholische Kirche zu wissen. Insbesondere mit zwei Atheisten als Eltern.

Da aber mein amerikanischer Familienzweig ursprünglich aus Polen stammt und meine Eltern in Deutschland einen großen Freundeskreis aus Exilpolen unterhielten, die ständig bei uns feierten und kochten, nahm ich durchaus wahr, was für eine enorme Sensation, ein slawischer, ein polnischer Papst darstellte. Ein Typ, der sich klar auf die Seite von Solidarność stellte und sich so unprätentiös, wie kein Papst vor ihm benahm. Der angeschossen wurde und sich später mit dem Attentäter zum Gebet traf. Zweifellos ein großer Kommunikator und Charismatiker, dessen Rezeption sich aber über das endlose 27-Jährige Pontifikat extrem veränderte. Erst der Hoffnungsträger, der für Aufbruch stand und am Ende der erzkonservative homophobe Knochen, der unbarmherzig jeden absägte, der nicht auf Linie war.

Als Wojtyła schließlich 2005 final die Hühner sattelte, war ich im Gegensatz zu seiner Thronbesteigung, eine Art autodidaktischer Theologe, der als radikaler Atheist argwöhnisch alles unter die Lupe nahm, das aus dem Vatikan kam. Mein ganzes erwachsenes Leben hatte es nur diesen einen Papst gegeben. Dieser eine alte Mann bestimmte als absolutistischer Herrscher beinahe 30 Jahre alles allein.

Roma locuta, causa finita. Es gab zwar einzelne sehr bekannte Kritiker, Drewermann, Gaillot, Kamphaus, Boff, Küng, Ranke-Heinemann. Aber niemand gab ihnen auch nur den geringsten Hauch einer Chance, sich gegen Wojtyła durchzusetzen. Natürlich drang während des zweitlängsten Pontifikats in 2.000 Jahren weniger durch die Vatikanmauern nach außen, als 2025 im Internetzeitalter, aber man nahm nie eine Opposition in der Kurie wahr. Der Pole war exzentrisch und manche hätten ihn gern prunkvoller, verschlossener und theologischer gesehen, aber er war unter den Bischöfen unumstritten. Niemand bezweifelte seine Intelligenz; im Gegenteil, er galt allgemein als weise.

Wenn er keine Homoehe, keine Aufweichung des Zölibats und kein Frauenpriestertum wollte, war das eben so. Basta.

Daß auch mal ein anderer Mann Papst sein könnte, blieb merkwürdig unvorstellbar, obwohl er in den letzten Jahren vor den Augen der Welt gar fürchterlich siechte.

Als der 79-Jährige Ratzinger 2005 als offensichtlicher Übergangspapst die römische Bumsbude übernahm, wußte zwar jeder interessierte Laie, daß nun ein noch konservativerer Wind einzog, aber dennoch wurde er vor 20 Jahren als Hoffnungsträger geframt. Der beim Weltjungendtag in Köln millionenfach gefeierte Neu-Papst war vielleicht gar nicht so ein knochentrockener Rechtsaußen, wie alle vermuteten. Seine ihm intellektuell weit überlegenen Studienfreunde Küng und Ranke-Heinemann traten wieder ins Rampenlicht. Würde Ratzi sie rehabilitieren? Küng reiste sogar mehrfach nach Rom, um sich privat mit ihm zu treffen.

Aber nein, da kam gar nichts. Im Gegenteil. Ratzinger begrub die Ökumene, reaktivierte die tridentinische Messe, verbannte die verhassten Schwulen aus den Priesterseminaren, ätzte öffentlich gegen Mohammed und rehabilitierte, statt Küng, lieber die FSSPX, samt des Holocaustleugners Bischof Williamson.

Nach 27 Jahren Wojtyła-Stillstand, folgten acht Jahre Rückwärts mit Ratzinger.

Kurioserweise wurden die intrakatholischen Rebellen in Deutschland immer stärker. Die vom Papst am meisten verachteten Menschen – Frauen und Schwule – meldeten sich immer lauter zu Wort. Unfähig zu erkennen, daß sie ein nicht reformierbares Unrechtssystem durch ihre Mitgliedschaft stützten. Daß sie das Grundübel, nämlich das Primat des Papstes stärkten, indem sie sich freiwillig unterordneten und um seine Gnade winselten, den größten transnationalen Kinderfi**erverein durch ihre Mitgliedschaft und finanziellen Zuwendungen am Leben erhielten.

Wie doof kann man sein? Dabei sagt Jesus in der Bibel doch sehr deutlich, was er von Homos und Menschen ohne Penis hält; nämlich nichts. Das sind für ihn keine gleichwertigen Personen, sondern sie gehören wie Juden und Sklaven unterdrückt.

Darüber bestand 2.000 Jahre Klarheit. Wer die Menschenrechte und allgemeine Menschenwürde wollte, konnte das nur durch Austritt aus der katholischen Kirche erreichen. Stattdessen bleiben hunderte Millionen Frauen und Millionen Queere Katholiken und jammern, daß sie nicht anerkannt werden.

Mitleid ist nicht angebracht, denn die RKK-Mitglieder sind freiwillig zahlende Stützen eines homophoben, misogynen absolutistischem Systems.

(……)  Verschiedentlich arbeitete ich mich an der deutschen HUK ab. Gern verwende ich den Vergleich mit einer „kommunistischen Plattform“ in der FDP; das bringt nichts. Bis heute hat sich an meinem Vorurteil wenig geändert. Ich halte die Jungs und Mädels für naiv, gaga und überflüssig.

Doch, daß sich nicht alle Schwulen outen mögen, halte ich für absolut verständlich, wenn auch bedauerlich.

Das mag für mich eher eine theoretische Frage sein, aber ich kann mir nur sehr schwer vorstellen mich für einen Verein, wie zum Beispiel die Katholische Kirche oder die Fußballbundesliga, zu engagieren, der mich grundsätzlich ablehnt.

Im Falle der RKK werfe ich das auch allen Frauen vor: Wieso engagiert ihr euch ausgerechnet für einen Laden, der euch für so minderwertig hält, daß ihr noch nicht mal niederste Ämter selbst übernehmen dürft?

Wie erbärmlich es ist, wenn die 2000 Jahre lang Unterdrückten bei den ersten Brotkrumen, die sie zugeteilt bekommen, gleich vor Dankbarkeit in Verzückung geraten!

Über viele Jahrhunderte haben katholische Offizielle Schwule, Gottlose, Hexen, Ehebrecherinnen und viele andere mehr gefoltert und umgebracht und nur weil sie das nun seltener tun, ist alles verziehen?

Ebenso gut könnte Kenan Kolat (Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland e. V.; TGD) auf Knien zur NPD-Zentrale robben und sich dafür bedanken, daß heute kein von Migranten bewohntes Haus angezündet wurde.

Die Leute von der HUK möchte ich eigentlich zum Psychiater schicken und ihre Schizophrenie behandeln lassen.

Wir, die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (kurz: „HuK”), wollen die volle Teilhabe von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Queeren (LGBTQs) am kirchlichen und gesellschaftlichen Leben. Als Zeuginnen und Zeugen der befreienden Botschaft von Bibel und persönlicher Gotteserfahrung arbeiten wir

-      am Abbau von Vorurteilen gegenüber und Diskriminierung von LGBTQs innerhalb der Kirchen,

-      für die vollständige berufliche Gleichstellung mit heterosexuellen Biomännern und -frauen,

-      gegen die Diskriminierung von HIV-Positiven und an AIDS Erkrankten,

-      an der Schaffung von Räumen, um als LGBTQs Spiritualität zu teilen, und

-       an der Erkennbarkeit von uns als Christinnen und Christen innerhalb der LGBTQ-Gemeinschaft.

(HUK.org Was wir wollen)

Wenn man Teilhabe und Anerkennung möchte, sollte man sich dringend eine andere Ideologie suchen!
In der Bibel, die nur so strotzt von Strafandrohungen, dem Zorn und der Eifersucht Gottes, der Intoleranz und Brutalität ausgerechnet „die befreiende Botschaft“ zu erkennen, zeugt schon von schwerer geistiger Umnachtung.

(Verdammter Kleinmut, 19.12.13)

Es folgten 12 Jahre Bergoglio, der sofort wieder von Frauen und Schwulen in ihrer grenzenlosen Naivität als Hoffnungsträger angesehen wurde. Natürlich bekamen sie aber wieder einmal, wie seit 2.000 Jahren, nichts. Frauen werden auch 2025 als generell so minderwertig angesehen, daß sie noch nicht mal das niederste geistliche Amt übernehmen dürfen. Schwule dürfen nicht ins Priesterseminar und schon gar nicht ihre Liebe ausleben.

47 Jahre nachdem mein erster bewußt erlebte Papst gekrönt wurde, kann ich mich beim besten Willen nicht mehr über diese weißen, alten, konservativen, zölibatären Männer im Kleidchen echauffieren. Natürlich sind das erzkonservative Systemwahrer, die sich an ihre menschenrechtswidrige Bibel klammern.

Fassungslos hingegen bin ich mehr denn je über die immer neuen Generationen queerer Katholiken, die bei Prevost schon wieder voller Hoffnung sind. Voll mit devoter Hoffnung, ihr Peiniger möge ihnen verzeihen. Opfer, die vor Tätern kriechen, betteln, bitten und freiwillig Schutzgeld zahlen.

Erbärmlich.

[….]  Seit fast vier Monaten können sich schwule und lesbische Paare in

[….]  Franziskus selbst hat viele Jahre später in seinem Pontifikat vulgär über „Schwuchteleien“ unter Priestern hergezogen. Doch insgesamt ist die Kirche seit jenem Juli 2013 ein gutes Stück barmherziger geworden mit Schwulen und Lesben. [….]  seit fast vier Monaten können sich homosexuelle Paare in Deutschland sogar ganz offiziell in katholischen Kirchen segnen lassen – zumindest theoretisch. „Segen gibt der Liebe Kraft“ heißt der Titel der „Handreichung für Seelsorger*innen“, die die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) am 4. April gemeinsam verabschiedet haben.

[….]  Ob ein schwules oder lesbisches Paar in Deutschland katholisch gesegnet werden kann, hängt vom Wohnort ab. Denn die gemeinsame Konferenz von ZdK und DBK ist kein offizielles Entscheidungsgremium, die Handreichung hat nur Empfehlungscharakter. Und generell gilt in der katholischen Kirche: Jeder Bischof ist am Ende allein dem Papst verpflichtet. [….]  Die Bistümer Regensburg, Augsburg, Passau und Eichstätt hingegen lehnen eine Umsetzung der Handreichung ab. [….]   kurz vor Weihnachten 2023 hatte die Glaubensbehörde den Segen für all diese Paare erlaubt. Ein katholischer Paukenschlag war das, der die Weltkirche erbeben ließ. Segen für Schwule und Lesben? In Afrika, Asien und Osteuropa war die Empörung riesig, die afrikanischen Bischofskonferenzen ließen sich von Rom sogar die Erlaubnis geben, das Papier nicht umsetzen zu müssen.

Bei liberalen Katholiken im Westen wurde das Papier zwar begrüßt, einen Wermutstropfen enthielt es aber doch: Ausdrücklich wird darin der Segen zwar als „spontane pastorale Geste“ erlaubt, nicht aber eine formell-liturgische Form. Wenn ein Paar zum Beispiel bei einer Pilgerreise oder beim Besuch eines Heiligtums einen Priester um den Segen bittet, dann darf gesegnet werden; ein Segen to go muss gewissermaßen genügen.

Und genau hier liegt der Knackpunkt zwischen Deutschland und Rom: Das deutsche Papier macht durchaus Vorschläge für einen feierlichen Rahmen, spricht von einer sorgfältigen Vorbereitung von Paar und Seelsorger, von „Worten aus der Heiligen Schrift“, von „situativ passenden biblischen Texten“. Zwar betont auch die deutsche Handreichung, es dürfe keine Verwechslung geben „mit der gottesdienstlichen Feier des Ehesakraments“. Doch da steht eben auch: „Die Art und Weise der Leitung der Segnung, der Ort, die gesamte Ästhetik, darunter auch Musik und Gesang, sollen von der Wertschätzung der Menschen, die um den Segen bitten, von ihrem Miteinander und ihrem Glauben künden.“

Hier sehen einige Bischöfe einen Dissens zwischen Rom und der deutschen Handreichung. Die Bischöfe von Augsburg, Passau, Eichstätt und Regensburg, aber auch der Erzbischof von Köln, setzen die Handreichung deshalb nicht um und verweisen auf die Vorgaben in „Fiducia supplicans“. [….] 

(Annette Zoch, 14.08.2025)

Wie kann man nur so servil und klein sein, nun wieder vor einem alten Mann der Täterorganisation zu kriechen? Wer Mitglied der Kirche ist, unterstützt ein Unterdrücker und Sexualtätersystem, macht sich mitschuldig.

Es gibt nur ein: Austreten. Das gilt angesichts er quantitativ größten Kriminalgeschichte der Milchstraße auf für den Fall, daß Bergoglio Frauen zu Bischöfinnen weiht und Schwule segnend zur Promiskuität auffordert.

Montag, 30. Juni 2025

Was macht Prevost eigentlich?

Wie ich ihn denn inzwischen finde, fragte mich meine streng katholische Tante aus New York. Ein US-amerikanischer Papst sei doch schließlich etwas ganz besonderes. Gab es noch nie seit Petrus. Nun ja, so eine große Rolle spielt er nicht in der deutschen Presse. Bergoglio war präsenter. Ratzinger sowieso. Ich folge zwar zahlreichen dunkelkatholischen Social Media-Accounts, wie beispielsweise EWTN, aber da sieht man Prevost lediglich beim gewöhnlichen abpapsten: Singen, beten, segnen. Hier beschäftigt man sich mit seinem merkwürdigen Lächeln, welches man erst als warm und sympathisch deutete, nach einigen Wochen aber für zu unausgeprägt hielt. Er lache auch gar nicht richtig.

„Kann er auch gar nicht“, konterten seine Fans, er leide schließlich gar fürchterliche Schmerzen beim Lachen, weil er einst wie Supermann heldenhaft ein unschuldiges Mädchen vor dem sicheren Verkehrstod rettete und sich dabei einen Kieferbruch zuzog.


Außerdem lässt uns die katholische Nachrichtenagentur wissen, der Papst verspäte sich leider häufig, weil er so ungeheuer viel arbeite und daher einfach zu viele Termine am Tag habe.

„Wir haben hier drüben gar nichts mehr von ihm gehört seit seiner Wahl“ bedauerte meine Tante. Aber das weiß ich schon seit Jahrzehnten. Die Ortskirchen sind weit weg. Was die frommen einfachen Katholiken in den USA treiben, weiß der Vatikan nicht und umgekehrt weiß meine gläubige US-Familie, die mehrmals die Woche in die Kirchen geht und unablässig Bibelstunden abhält, rein gar nichts über den Katechismus, über die Kurie, die Vatikanpolitik oder gar Kirchengeschichte.

Die offizielle katholische Kirche in Deutschland hatte Papst Leo XIV am 08.Mai 2025 und den folgenden Tagen pflichtschuldig gelobt und gepriesen, wartet aber seither ab, wie Prevost sich eingroovt. Bisher kamen für die DBK keine wesentlichen Entscheidungen aus Rom.

Das Kinderfick*n, die Strukturen, die das ermöglichen, geradezu erzwingen; sowie die Lügenprälaten, die Kinderfi**er-Pfaffen schützen und die Opfer drangsalieren, indem sie die Aufklärung behindern; scheinen Prevost nicht weiter zu stören. Diese Themen können ihm nicht neu sein; schließlich ist er seit zweieinhalb Jahren im Vatikan und war genau damit beschäftigt.

Er verhandelte 2023 auf vatikanischer Seite mit den deutschen Bischöfen über den synodalen Weg. Frauenordination, Abschaffung des Pflichtzölibats, Akzeptanz homosexueller Priester? Nicht mit ihm, stellte Kardinal Kieferbruch schon vor Jahren ultimativ fest. Lieber weiter Triebunterdrückung, Misogynie und Heuchelei, um die idealen Brutbedingungen für pädokriminelle Umtriebe im Priesterseminar zu erhalten.

[….] Kardinal Robert Francis Prevost, der an der sich dem Ende zuneigenden Weltsynode zur Synodalität im Vatikan teilnimmt, hat in dieser Woche gesagt, eine "Klerikalisierung der Frauen" würde die Probleme in der katholischen Kirche nicht lösen. Auf einer Synoden-Pressekonferenz am 25. Oktober betonte der amerikanische Kardinal, dass "die apostolische Tradition etwas ist, das sehr klar dargelegt wurde, besonders wenn es um die Frage der Priesterweihe von Frauen geht".

"Etwas, das auch gesagt werden muss, ist, dass die Weihe von Frauen – und es gab einige Frauen, die das interessanterweise gesagt haben: 'Klerikalisierung von Frauen' – nicht unbedingt ein Problem löst, sondern vielleicht ein neues Problem schafft", sagte Prevost vor Journalisten. "Und vielleicht müssen wir ein neues Verständnis oder ein anderes Verständnis von Führung, Macht, Autorität und Dienst – vor allem Dienst – in der Kirche aus den verschiedenen Perspektiven betrachten, die, wenn Sie so wollen, von Frauen und Männern in das Leben der Kirche eingebracht werden können."

Der Kardinal, der als Präfekt des vatikanischen Dikasteriums für die Bischöfe fungiert, merkte an, dass die Kirche kein Spiegelbild der Gesellschaft sei, sondern "anders sein muss".[….]

(CNA, 27.10.23)

Gute Nachrichten also für den sympathischen Helden-Kardinal Woelki, der sich die lästigen, von seinen Priestern gequälten, vergewaltigten und gefolterten Kinder-Opfer vom Leib halten kann.

[….] Hans-Bernhard U. ließ es wie ein Spiel aussehen: „Wetten, dass du es nicht schaffst, eine ganze Flasche Cointreau auszutrinken?“ Das sagte der damals 28-jährige Pflegevater an einem Abend im Jahr 1979 zu seiner 13-jährigen Pflegetochter. Immer wieder flößte er ihr Alkohol ein, immer wieder sei er danach zu ihr ins Schlafzimmer gekommen, erzählte die heute 58 Jahre alte Frau viele Jahre später.

Hans-Bernhard U. führte ihr den Glaszylinder einer Lampe ein und eine Banane. Er wettete mit ihr: Wenn sie ihn in der Badewanne zehnmal manuell zum Höhepunkt bringe, dann bekomme sie Geld von ihm. Zweimal wurde das Mädchen von U. schwanger, zweimal organisierte U. eine Abtreibung. Doch erst beim zweiten Mal war der Pflegetochter auch bewusst, was da mit ihr geschah. Die erste Abtreibung hatte der Mann ihr noch als gynäkologische Untersuchung verkauft.

Nachzulesen sind viele dieser grausigen Details im Urteil des Landgerichts Köln von Februar 2022. Als Zeugin hatte die langjährige Pflegetochter im Prozess gegen ihren früheren Pflegevater ausgesagt. Nebenklägerinnen waren seine drei Nichten, die U. – neben vielen weiteren Mädchen – ebenfalls missbraucht hatte. 110 Taten sah das Gericht als erwiesen an, es verurteilte ihn wegen des sexuellen Missbrauchs von insgesamt neun Mädchen zu zwölf Jahren Haft.

Hans-Bernhard U. war nicht irgendjemand: Er war katholischer Priester im Erzbistum Köln. [….] Sein unheilvolles Wirken füllte viele Jahre später rund 20 Seiten im Kölner Missbrauchsgutachten, auch der Vatikan beschäftigte sich mit seinem Fall. [….] Strafrechtlich ist das, was U. seiner damaligen Pflegetochter angetan hat, allerdings längst verjährt. Deshalb versucht die heute 58-Jährige nun, auf zivilrechtlichem Wege vom Erzbistum Köln Schmerzensgeld zu erstreiten. Sie fordert 850 000 Euro. Für diesen Dienstag wird vom Landgericht Köln ein Urteil erwartet. [….] Bei der ehemaligen Pflegetochter des Priesters [….] argumentierte die Kirche [….]: Man sehe keine Ansprüche, schließlich habe der Priester die Kinder doch als Privatperson aufgenommen. [….] Die Anwälte der Klägerin berufen sich dabei auf Dokumente aus der Personalakte von U., die nach ihrer Ansicht belegten, dass das Erzbistum sehr wohl in die Entscheidung, Pflegekinder aufzunehmen, eingebunden war. 

 [….] Das Erzbistum Köln nannte die Anzeige „völlig haltlos“. [….] Woelki selbst war zuletzt in ein Meineid-Verfahren verwickelt. Im Prozess um die Berichterstattung der Bild-Zeitung über einen weiteren Missbrauchsfall in Köln und die Frage, wann Woelki davon wusste, hatte der Kardinal in einer eidesstattlichen Versicherung und unter Eid vor Gericht angegeben, er habe erst in der vierten Juni-Woche 2022 von dem Fall erfahren. Dann war aber ein Protokoll aus dem Jahr 2018 aufgetaucht, in dem bereits von dem Täter die Rede war. [….]

(SZ, 30.06.2025)

Prevost interessiert das offenkundig nicht. Lieber geht er auf die Hardcore-Fraktion zu, die entsprechend der Tradition US-amerikanischer Erzkonservativer, Myriaden Kinderfic**r in ihren Reihen schützt.

[….] Wohlhabende US-Konservative deuten an, dass sie bereit sind, die Katholische Kirche vor dem Bankrott zu retten – aber nur, wenn sie sich traditionalistischer ausrichtet.

[….] Papst Leo setzt auf amerikanische Spender zur Sanierung der Vatikan-Finanzen. Der neue amerikanische Papst will eine Liquiditätskrise des Heiligen Stuhls mit Hilfe traditionalistischer US-Katholiken überwinden. Er hofft auf dabei auch auf die MAGA-Bewegung von US-Präsident Donald Trump, die Finanzen des Vatikans nach Jahrzehnten der Skandale und Misswirtschaft zu sanieren. [….] Das Konklave wählte Leo auch wegen seiner amerikanischen Herkunft und erwarteten Fähigkeit, verlorene Spendengelder zurückzugewinnen. Konservative katholische Führer in den USA zeigen sich begeistert von seiner Wahl. „Ich habe mit einigen der größten Spender des Landes gesprochen und sie sind absolut begeistert“, sagte ein anonymer katholischer Führer dem US-Magazin Politico. [….]

Leo sicherte sich über 100 Stimmen im Konklave, auch von Franziskus-Kritikern wie Kardinal Raymond Burke. Seine Bereitschaft, traditionalistischen Prioritäten zu entsprechen, wurde gelobt – etwa durch den Umzug in die ursprüngliche päpstliche Residenz und lateinische Gesänge. [….]

(FR, 30.06.2025)

Freitag, 2. Mai 2025

Papabili

Als Karol Wojtyła am 16.10.1978 Papst wurde, war ich natürlich noch zu jung, um andere Kardinäle zu kennen. Ich meine mich dunkel an die Verwunderung über das Zweite Konklave innerhalb weniger Wochen zu erinnern (möglicherweise habe ich mir das meiste davon aber später angelesen.) Ich weiß aber noch, daß in meinem religionsfernen, atheistischen Elternhaus aufgrund „der Polacken“ in unserem Wohnzimmer viel gestaunt wurde. Meine Eltern hatten damals einen großen polnischen Freundeskreis, der ständig anwesend war, was ich toll fand, da die alle immer irgendwas mit uns Kindern spielten. Außerdem veranstalteten sie riesige Koch-Gelage in unserer Küche und zauberten die tollsten Dinge auf den Tisch. Sie waren zwar aus dem polnischen Kommunismus geflohen, aber ebensolche Heiden wie wir; rissen ständig Witzedarüber, nun einen eigenen Papst zu haben. Die Verwunderung über ihn war anfangs enorm, weil er, bevor er 1981 angeschossen wurde, so sagenhaft fit und sportlich war. Er lief Ski, schwamm, lief umher, sprach mit jedem, konnte gefühlt JEDE Sprache. Obwohl ich zu jung war, um mich an Pillen-Paule oder Konzil-Roncalli zu erinnern, begriff ich, wie erstaunlich es war, daß der Pole sich nicht mehr in einer Sänfte tragen ließ und nur mit dem einfachen weißen Deckel, statt der Tiara rumlatschte.

Mein kuriales Interesse erwachte bald. Aber was für ein Pech, daß ich als Sedisvakanz-Fan ausgerechnet mit dem zweitlängsten Pontifikat der Geschichte startete. Siebenundzwanzig Jahre musste ich warten, bis ich mich endlich ausführlich den Nachfolge-Spekulationen der Papabili widmen konnte.

2005 war Ratzinger der Kardinal, den ich am besten kannte, aber ich hatte ihn nicht auf dem Zettel als Nachfolger, weil er Kardinaldekan und Präfekt der Glaubenskongregation war und üblicherweise nicht jemand aus der absoluten Kurienspitze nachrückt. Das gab es in jüngerer Vergangenheit nur einmal, bei Pacelli, der 1939, an seinem 63. Geburtstag von der Nummer Zwei – Kardinalstaatssekretär und als  Erzpriester Vermögensverwalter des Petersdoms – zur Nummer Eins, Papst Pius XII, aufrückte. Der Grund lag offensichtlich im anstehenden Weltkrieg und den weltweiten faschistischen Umwälzungen; der Vatikan wollte unbedingt Kontinuität ausstrahlen. Pacelli unterstrich das, indem er Rattis Papstnamen – Pius XI – direkt weiter führte. Pacelli war jung, fit und deutschsprachig, stand Hitler durchaus aufgeschlossen gegenüber, würde also den Konkordatskurs mit den Nazi-Diktatoren lange weiterführen.

Bei Ratzi 2005 war die inhaltliche Übereinstimmung zu seinem Vorgänger ebenso offensichtlich. Anders als Pacelli, war er bei seiner Wahl schon 79 Jahre alt, also ein Papst-Methusalem. Aber das passte nach dem endlosen Pontifikat nur zu gut. Noch einmal fast 30 Jahre würde Ratzinger sicher nicht durchhalten. Es wollten schließlich auch noch ein paar andere Papabili die Möglichkeit haben, Chef zu werden.

Der ranghöchste Mann im roten Kleid heißt gegenwärtig Kardinaldekan und Kardinalbischof Giovanni Battista Kardinal Re, der allerdings mit 91 Jahren wohl deutlich zu alt ist, auch wenn er Franzis Beerdigung noch locker meisterte.

Pacelli und Ratzinger waren also die Ausnahmen der berühmten Regel „wer als Papst das Konklave betritt, verlässt es als Kardinal“ (Die Mächtigen und Favoriten scheitern bei der Wahl zum Papst).

1978 war es eine extreme Sensation, einen Nicht-Italiener zu wählen. Ein Deutscher war 2005 auch immer noch spektakulär.

Aber 2025, nach drei Ausländern in Folge – Luciani, der letzte italienische Papst starb 1978; oder wurde gestorben – zählen Italiener nicht mehr automatisch zu den Favoriten, obwohl sie mit 18 wahlberechtigten Kardinälen immer noch klar die zahlenmäßig größte Gruppe stellen. Aber 18 von 135 sind eben nur noch 13% der Stimmen – weit entfernt von der notwendigen 2/3-Mehrheit.



Nicht nur hat der argentinische Papst generell die Wahl eines Ausländers wahrscheinlicher gemacht; er hat vor allem so viele Peripherie-Bischöfe mit roten Deckeln ausgestattet, daß nationale Allianzen, um einen der ihren durchzubringen, unmöglich sind.

Für einen Italienischen Papst spricht allerdings die Unzufriedenheit der Kurienkardinäle mit Bergoglio, dem es gefiel, die Dikasterien zu beschimpfen und an den Präfekten vorbei zu entscheiden. Das Konsistorium war ihm völlig egal. Ein Italiener könnte die Strukturen wieder stärken und das Chaos beseitigen.

Gegen einen Italiener spricht aber, daß Europa generell rapide an Bedeutung für die katholische Kirche verliert. Die Gläubigen sind hier viel zu liberal; sie treten massenhaft aus. Das könnte auch kein europäischer Papst verhindern; siehe Ratzinger. Es wäre also „Verschwendung,“ Europa im Konklave zu berücksichtigen.

Pierbattista Pizzaballa könnte eine Lösung sein. Er ist zwar Italiener (wie Bergoglio auch!), steht aber als Kardinal und lateinischer Patriarch von Jerusalem für den Knotenpunkt der abrahamitischen Religionen und den vorderasiatischen Raum.

Gegen ihn spricht, daß er erst vor wenigen Tagen, am 21. April, 60 Jahre alt wurde. Das ist noch zu viel Lebenserwartung. Der Mann könnte ohne weiteres 95 werden und damit die Papsthoffnungen aller lebenden Kardinäle pulverisieren.

Bei Bergoglios Wahl 2013 spielte sicherlich eine Rolle, die vielen südamerikanischen Konvertierungen zu Evangelikalen und  Pfingstkirchlern zu stoppen. Das funktionierte. Latein-Amerika stellt heute mit 42% die mit Abstand größte Gruppe des Katholizismus.

Ein zweiter Südamerikaner in Folge gilt aber als unwahrscheinlich, weil die RKK nun einmal eine Weltkirche ist und sich andere Regionen vernachlässigt fühlen könnten.

Ein afrikanischer Papst wäre strategisch sinnvoll, da die RKK dort am meisten zulegt. Die Zukunft des Katholizismus liegt im Subsahara-Raum. Ein afrikanischer Papst gilt aber dennoch als nahezu ausgeschlossen, weil die entsprechenden Kardinäle alle ultrakonservativ sind und zweifellos den Kurs des Katholizismus deutlich misogyner und homophober gestalten würden. Das gäbe aber Ärger auf anderen Kontinenten. Entsprechendes gilt für nordamerikanische Kardinäle. Dunkelkatholiban wie David Berger plädieren lautstark für die Trump/Bannon-Fans Dolan oder Burke, die radikal gegen alles Queere vorgehen. Genau  deshalb halte ich ihre Chancen aber für minimal, zumal es in der Globalisierung schlecht ankäme, ausgerechnet jemanden aus dem reichsten Land mit der reichsten Kirchen zu erwählen.

Meines Erachtens läuft es auf einen asiatischen oder ozeanischen Papst hinaus. Allerdings schließe ich mich der Binsenweisheit an, daß alle Prognosen unseriös sind; insbesondere weil sich die Peripherie-Kardinäle gar nicht kennen und sich erst im Vor-Konsistorium beschnuppern müssen, während sie von den ultrarechten Schwulenhassern, wie Müller, Burke, Dolan, Brandmüller, Sarah und Erdö heftig bearbeitet werden.

[….] Als ehemaliger Chef der Glaubenskongregation unter Papst Benedikt XVI. ist Müller bis heute international gefragt – auch wenn Franziskus ihn aufs Abstellgleis umgeleitet hatte.

In gleich zwei Interviews mit großen italienischen Zeitungen stellt er kurz und knapp klar: „Es ist ein Kapitel in der Geschichte der Kirche abgeschlossen.“ Ein Kapitel, das „in einigen Momenten etwas zweideutig“ gewesen sei; das war für Müllers Verhältnisse zurückhaltend formuliert. [….] Er erwarte vom neuen Papst entsprechende Kurskorrekturen. „Die Stärke der Kirche liegt in der Wahrheit, nicht in Kompromissen.“ Und wer von den Kollegen es noch nicht verstanden haben sollte, dem gab Müller auch eine klare Empfehlung: „Alle müssen sich daran erinnern, dass wir der mystische Leib Christi sind und nicht eine internationale humanitäre und soziale Organisation.“  


Für die Mehrheit der deutschen Bischöfe spricht er da nicht und auch nicht für seinen Kardinals-Bruder Marx. [….] Er erhoffe sich auch als nächsten Papst eine mutige, glaubwürdige und kommunikative Persönlichkeit – damit setzte Marx im Gespräch mit deutschen Journalisten andere Prioritäten als Müller. „Die Menschen sehnen sich nach einer Stimme über die nationalen Interessen hinaus“, so der Kardinal weiter. [….] Marx wird in diesen Tagen in Rom gelegentlich als „Königsmacher“ bezeichnet, was er nur halbherzig dementiert mit den Worten, es werde ja gar kein König gewählt. Wie der Zufall so spielt, wurde er zu einem der drei Stellvertreter des Kardinalkämmerers Kevin Farrell bei der Vorbereitung des Konklaves gewählt. Als er direkt nach der Beerdigung von Franziskus zu einem Gottesdienst nach München reisen musste, kam er anschließend umgehend wieder nach Rom, um nur kein Treffen mit den Brüdern Kardinälen zu verpassen. Marx weiß, dass es jetzt ums Ganze geht.  Besonders heftiger Widerspruch kommt aus Afrika, wo viele Bischöfe Franziskus beim Thema Segnung für Homosexuelle offen die Gefolgschaft verweigert hatten, und vor allem aus den USA. [….] Traditionalisten bezeichneten Franziskus’ Kurs als gefährlichen Irrweg und kritisierten, dass er Gläubige verunsichere. Schwerreiche US-Stiftungen sollen seit Langem hinter den Kulissen gegen Franziskus intrigieren und versuchen, potenzielle Nachfolger in Stellung zu bringen. Erst recht im Lager von Donald Trumps Maga-Bewegung, „Make America Great Again“, ist die Stimmung aufgeheizt. Dort gab es regelrecht Begeisterung über den Tod von Franziskus, der teilweise als „illegitimer Papst“ bezeichnet wurde. „Das Böse wird durch Gottes Hand besiegt“, postete die republikanische Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene auf X. [….]

(Marc Beise, 02.05.2025)

Es stimmt schon noch; das Konklave ist schwer einzuschätzen. Wer hätte gedacht, daß sich so ungeniert wieder Kinderfi**er präsentieren, kaum daß Franzl in der Kiste ist!

[….] Als Juan Luis Cipriani Thorne vergangene Woche an den Sarg des verstorbenen Papstes Franziskus trat, dürften so manche Anwesende die Luft angehalten haben. Der Grund war Ciprianis Aufzug: Er trug eine schwarze Soutane, darüber eine rote Schärpe, einen Pileolus  und ein Brustkreuz – das klassische Gewand samt Accessoires eines Kardinals. Dabei hatte Franziskus selbst einst Cipriani verboten, diese Kleidung anzulegen.

Gegen den gebürtigen Peruaner waren massive Vorwürfe erhoben worden. Im August 2018 schrieb ein mutmaßliches Opfer einen Brief an Papst Franziskus. Darin schilderte es, wie es 1983 im Alter von 17 Jahren von Cipriani missbraucht worden sein soll. [….]  Er gehört der erzreaktionären Gemeinschaft Opus Dei an und ist deren erster Kardinal.

Franziskus nahm die 2018 in dem Brief erhobenen Anschuldigungen ernst und verhängte ein Jahr später Strafmaßnahmen gegen Cipriani. Er wurde angewiesen, seine Heimat Peru zu verlassen und seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. Zudem verbot ihm Franziskus, in seiner Kardinalsrobe und mit Kardinalsinsignien aufzutreten, priesterliche Tätigkeiten auszuüben oder öffentliche Erklärungen abzugeben. Und: Cipriani wurde von der Teilnahme an künftigen Konklaven ausgeschlossen. [….] [….] Im Januar 2025, nach dem Bericht der spanischen Zeitung, bestätigte der Vatikan, dass Cipriani nach seinem Rücktritt als Erzbischof von Lima »eine Strafvorschrift mit einer Reihe von Disziplinarmaßnahmen in Bezug auf seine öffentliche Tätigkeit, seinen Wohnsitz und die Verwendung von Insignien auferlegt« worden sei. [….] Für Cipriani scheint eine solche Ausnahme nun gekommen zu sein: Medienberichten zufolge wurde er in den vergangenen Tagen mehrfach in Kardinalsmontur im Vatikan gesichtet. Derart gekleidet erschien er zum Beispiel am 24. April im Petersdom, um Franziskus vor dessen Beerdigung die letzte Ehre zu erweisen. Ebenfalls im Kardinalsgewand kam er zu einer Vesper für Franziskus in der Basilika Santa Maria Maggiore, wo der verstorbene Papst begraben liegt. [….] Beobachter spekulieren zudem, dass durch Ciprianis Anwesenheit das Lager der konservativen Kardinäle , die viele von Franziskus’ Öffnungsversuchen der Kirche rückabwickeln wollen, gestärkt werden könnte. Cipriani ist etwa erklärter Gegner der sogenannten Befreiungstheologie, einer in Lateinamerika entstandenen christlichen Theorie, die sich als »Stimme der Armen« versteht und sich für ein Ende von Ausbeutung, Entrechtung und Unterdrückung einsetzen will. Franziskus stand der Befreiungstheologie offen gegenüber. [….] Es ist nicht das erste Mal, dass sich Cipriani einer päpstlichen Strafmaßnahme entzieht: Anfang dieses Jahres reiste er – trotz Verbot – nach Peru. Der dortige Bürgermeister, wie Cipriani Mitglied bei Opus Dei, verlieh dem verbannten Kardinal eine besondere Auszeichnung: den höchsten Verdienstorden der peruanischen Hauptstadt. [….]

(SPON, 02.05.2025)

Sonntag, 23. März 2025

Alte Säckinnen und Säcke.

Um Klaus von Dohnanyi (* 23. Juni 1928 in Hamburg) mache ich mir gerade ein bißchen Sorgen. Schon den zweiten Freitag tauchte er nicht mehr in seinem wöchentlichen Abendblatt-Gespräch auf, in dem er stets exzellent informiert und streitbar zu globalen Problemen Stellung bezieht. Seine Ansichten sind oftmals sehr modern; er plädiert entschieden für Klimaschutz, Demokratie, Unabhängigkeit von den USA und wider die Überbevölkerung.

[….] Etwas überraschend springt von Dohnanyi auch den Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ zur Seite, wenn er dieses sagt: „Die ‚Letzte Generation‘ hat in der Sache recht: Klimaschutz und die Folgen des Klimawandels sind die größten Aufgaben, vor denen die Menschheit steht. Aber Beschmutzen, Ankleben, Rechtsbrüche sind darauf keine zulässige Antwort. Doch während Berlin vor extremer Wasserknappheit steht, dürfen wir uns auch nicht ins Militärische verlaufen! Deutschlands größte Bedrohung kommt nicht von Putin, sondern von den sozialen, humanitären und demokratischen Folgen des Klimawandels.“   [….]

(Lars Haider, 23.06.2023)

Tatsächlich bemerke ich ihn ab und zu, weil eine gute Freundin genau gegenüber von ihm wohnt man ihn mit Ulla Hahn auf dem Balkon werkeln sieht. Wir sind in Hamburg aber Hanseaten; wenn man so einem Super-Promi begegnet, nickt man ihm dezent und höflich zu, rennt aber nicht hin und will Autogramme, oder Selfies. Ich habe über die Jahrzehnte schon einige ehemalige Bürgermeister beim Einkaufen getroffen; einmal stand ich gar hinter Christoph Ahlhaus und FILA in der Schlange bei REWE. Aber selbst diese unangenehm rechten Quiddjes, benahmen sich vollkommen normal und unauffällig, warteten, wie alle anderen auch, wurden von niemanden angesprochen, obwohl es während seiner Amtszeit war.

Helmut Schmidt habe ich leider nur ein einziges mal gesehen; in der Pause eines Brahms-Konzertes in der (damaligen) neobarocken Hamburger Musikhalle. (Jetzt Laeiszhalle.) Er war ohne Loki da, ging schwer auf einen Stock gestützt, die Treppe hoch, um im Brahms-Foyer etwas zu trinken. Das dürfte etwa 25 Jahre her sein. Ich erinnere mich an seine vier Bodyguards, die um ihn herum gingen, weil ich dachte, wie traurig es doch ist, daß so ein ehrenwerter Mann seine Leben lang Schutz benötigt, obwohl ihm sichtlich alle wohlgesonnen waren. Auch Schmidt ging ganz allein und stellte sich in der Schlange an; ohne angesprochen zu werden, obwohl ihn garantiert jeder erkannte. Es ist dieser unausgesprochene hanseatische Grundkonsens. Jeder weiß, wie sehr er klassische Musik liebte und wie wenig er Trubel um seine Person mochte. Also gewährte das Publikum ihm es genau so.

Schmidt starb zwei Monate vor seinem 97. Geburtstag und war bis zum letzten Tag völlig klar, konzentriert und aufmerksam. So wie es jetzt auch von Dohnanyi mit seinen 96 Jahren ist. Schmidt starb 2015 nur wenige Wochen nach Egon Bahr, dem vielleicht größten Denker dieser SPD-Generation. Bahr war „nur“ 93 Jahre alt, arbeitete aber bis zum Schluß in seinem Büro im Willy Brandt-Haus.

Deutschlands Feuilleton-Szene diskutiert gegenwärtig das aktuelle proeuropäische Essay von Jürgen  Habermas – er wird im Juni 96 Jahre alt.

Mögen sich auch der Tagesrhythmus verändern, die Sinne schwächen und die physischen Kräfte nachlassen, einige Menschen haben das Glück extrem lange geistig voll leistungsfähig zu sein. So berichtet der SZ-USA-Korrespondent Boris Herrmann über einen Besuch bei der Aktivistin Dorothy Gibbs in Colorado:

[….] Gegen fünf Uhr nachmittags, wenn Dorothy Gibbs erwacht, erwacht auch der Widerstand gegen die Staatsgewalt. Zuerst öffnen sich ihre grünlichen Augen, dann greift sie nach der Brille, ruckelt das Gebiss zurecht und kämmt einmal mit der Hand durch ihr weißes Haar. Sie erhebt sich von der Wohnzimmercouch, steigt in ihre Pantoffeln und setzt – ganz wichtig – ihr Dienst-Käppi vom Rocky-Mountains-Nationalpark auf. „Wo waren wir stehen geblieben?“, fragt sie. Richtig, „bei diesem Fiesling im Weißen Haus“.

Gut eine Stunde zuvor hatte sich Dorothy Gibbs mitten im Gespräch kurz entschuldigt, sie sei etwas müde und könne sich nicht mehr konzentrieren, sie müsse sich mal eben aufs Sofa legen. Man solle sich wie zu Hause fühlen, sich einen Kaffee oder einen Tee zubereiten, ihr Sohn Peter müsste gleich vom Einkaufen zurückkommen, die Hündin Nancy beiße nicht. Ach so, und irgendwo auf dem Küchentisch sollte auch die Lokalzeitung liegen.

„In meinem Alter lebt man wieder im Rhythmus eines Neugeborenen“, hat Gibbs noch gesagt, „zwei Stunden wach, eine Stunde Nickerchen, zwei Stunden wach, eine Stunde Nickerchen.“ Einen Augenblick später war sie eingeschlafen.  [….] Sollten die Proteste gegen Donald Trump also überhaupt irgendwo in Amerika so etwas wie ein Momentum haben, dann schreitet da offenbar diese Frau vorneweg, die jetzt frisch ausgeschlafen mit ihrem Rollator zurück zum Küchentisch kommt. „Das ist mit Abstand der schlechteste Präsident, den ich je erlebt habe“, sagt sie.

Und sie hat einige Präsidenten erlebt. Rückwärts betrachtet waren es vor Trump: Biden, Trump, Obama, Bush, Clinton, Bush, Reagan, Carter, Ford, Nixon, Johnson, Kennedy, Eisenhower, Truman, Roosevelt, Hoover und Coolidge. Dorothy Gibbs legt Wert darauf, dass sie nicht nur 97 ist, sondern 97 und dreiviertel. Aber sie erweckt immer noch den Eindruck, als sei sie jederzeit bereit, die Revolution gegen Trump anzuführen. „Wir müssen dieses Regime stoppen“, sagt sie. [….]

(SZ, 16.03.2025)

Für viele Menschen ist es die ultimative Traumvorstellung: Bis hoch in die Neunziger geistig fit und physisch vital zu bleiben. Tatsächlich gibt es diese Fälle. Aber sie erhalten gerade deswegen so viel Aufmerksamkeit, weil sie so extrem selten sind. Bei den Allermeisten geht es viel früher, körperlich, geistig oder mit beidem gleichzeitig, steil bergab. Aufgrund des medizinischen Fortschritts gibt es zwar sehr viel mehr Hochbetagte, als vor 50 oder 100 Jahren, aber das große Missverständnis besteht in der Annahme, diese Frauen und Männer wären extrem gesund. Man hat es heute eben gerade nicht mit einer so enorm angestiegenen Zahl Uralter und Millionen Pflegebedürftiger zu tun, weil die alle so lange gesund bleiben, sondern weil sie mit ihren Krankheiten leben. Als meine Urgroßeltern so alt, wie ich waren, gab es viel weniger schwer gebrechliche Alte, weil die Menschen in der Regel starben, bevor Herzkreislauferkrankungen und Krebs zuschlugen. Man starb schon an kurzen Krankheiten vergleichsweise sanft, so daß die Angehörigen einen weniger deutlich als hinfällig Uralte in Erinnerung behielten. Heute aber wird man mit 80 Jahren und einer schweren Pneumonie in eine Klinik transportiert und so lange an Maschinen und Dutzende Schläuche angeschlossen, bis die Lungenbläschen wieder einigermaßen frei sind. Das „Weaning“ – das mühsame Wiedererlernen des selbstständigen Atmens, nachdem man womöglich über Wochen künstlich beatmet wurde, mag zwar eine fürchterliche Quälerei sein, wird aber angesichts des Gewinns, nämlich dem Überleben, nicht in Frage gestellt. Die häufigen Alterserkrankungen, wie COPD, Diabetes, Arthrose oder kardiologische Beschwerden, oft auch Leiden, die mit schweren Schmerzen verbunden sind, erträgt nicht jeder gleich gut. Viele werden darüber depressiv. Über 100-Jährige zeichnet oftmals ein besonders stoischer Umgang mit ihren körperlichen Leiden aus, die sie besser ertragen, als früher Verstorbene. Sie sind nicht gesünder, sondern halten mehr aus.

Väterlicherseits stamme ich aus einer Familie, in der alle Männer extrem früh starben. Mutmaßlich Herzinfarkte. So genau kann man das, viele Generationen zurück betrachtet, nicht sagen. Mein Opa fiel als junger Mann einfach tot um, als mein Vater sieben Jahre alt war. Da mittlerweile aber Betablocker und Cholesterinsenker entwickelt wurden, erreichten mein Vater und seine Brüder als erste Generation jeweils das biblische Alter von über 70. Ihnen allen war bewußt, wie besonders das war und Zwei traten enorm tapfer und ausdauernd den Kampf gegen die tatsächlich dann in schneller Folge auftretenden neuen Krankheiten an. Mein Vater hingegen nicht. Wenn er (gegen seinen Willen) ins Krankenhaus musste, sagte er jedem klipp und klar „I am not a hero“. Er mochte nicht gepikst werden, vernachlässigte alle ärztlichen Auflagen, vergaß seine Tabletten.  Er pflege zu sagen „69 ist mein Limit“ und war merklich angesäuert, als er 70 wurde. Seine Brüder, insbesondere sein Zwillingsbruder, verachteten ihn dafür. Als Musterpatienten taten sie alles dafür, gesund zu werden, malträtierten sich jede Stunde des Tages. Sie waren Heros, durchlitten ohne sich ein einziges mal zu beklagen mehrere Nierentransplantationen und Jahrzehnte Dialyse. Ausgerechnet mein Vater hatte als einziger zwei funktionierende Nieren und sagte seinen Brüdern unumwunden, er täte sich an ihrer Stelle garantiert nicht die ewige Fahrerei zur Nephrologie an. Er wollte gar nicht so genau zuhören, daß sein Bruder längst eine Leih-Dialysemaschine zu Hause hatte, die seine Frau nach einem einwöchigen Kurs wie im Schlaf bediente.

Vielleicht war es nur Zufall, vielleicht war es ein genetischer Einfluss. Aber obwohl die Brüder auf verschiedenen Kontinenten lebten und völlig anders mit ihren Gebrechen umgingen, starben sie alle fast genau im selben Alter Mitte 70.

Mein Vater war allerdings mit 75 auch älter als Habermas, Schmidt oder Dohnanyi mit 95. Die Menschen altern nicht gleichsam. Es spricht gar nichts dagegen, wenn 80-jährige beruflich noch voll aktiv sind. WENN sie zufällig zu der Minderheit gehören, die in dem Alter noch besonders agil ist. Joe Biden zum Beispiel ist aber das Gegenteil. Er wirkte schon bei seinem Amtsantritt als Präsident, wie ein Hundertjähriger und war damit a priori der falsche Mann für den Job. Ja, das ist ungerecht. Aber wer Gerechtigkeit erwartet, ist falsch in der Politik. Ja, er stieß wichtige Reformen an, brachte die US-Wirtschaft erstaunlich gut wieder in Schuss, aber mit seiner Tattergreisigkeit und dem Festklammern an der Macht, bereitete er den Boden für den gegenwärtigen Trump-Faschismus.

Wenn ich vom Tod meiner Eltern erzähle, höre ich oft „Och, das ist doch wirklich kein Alter heutzutage“. Dazu sage ich ein klares Jein: Natürlich wünscht man sich rein emotional seine Eltern für ewig gesund und fit zu behalten, leidet an dem Verlust. Natürlich leben andere länger und bleiben länger fit. Aber insbesondere mein Vater hatte keine Konstitution für eine längere Lebenszeit. Da musste Schluss sein. Zudem bin ich wirklich froh, daß beide während der Obama-Präsidentschaft abreisten und annehmen konnten, die USA befände sich auf einem guten progressivem Weg. Trump hätte ihnen ohnehin den Rest gegeben.

Wir müssen uns generell von dem Irrglauben an den Wert des möglichst langen Lebens an sich verabschieden. Wer unbedingt uralt werden will und jeden Tag länger, prinzipiell ans Gewinn verbucht, soll das tun und dabei alle Unterstützung bekommen. Man darf das aber nicht allen anderen aufoktroyieren. Ich behaupte, die Mehrheit der Menschen will gerade nicht um jeden Preis weiterleben. Entweder wollen sie ohnehin nicht uralt werden, oder sie möchten zwar ganz gern 100 werden, aber nur, wenn sie dabei recht gesund bleiben. Um einen Schlaganfall-Patienten, der gelähmt und sprachlos für den Rest seines Lebens ein schwerer Pflegefall bleien wird, Jahre und Jahrzehnte künstlich am Leben zu erhalten, gibt es drei Erklärungen.

1.) Der Betroffene will leben. Das gilt es zu 100% zu respektieren.

2.) Konservative-religiöse Vorstellungen werden übergestülpt. Das ist zu verachten.

3.) Pekuniäre Interessen der Pharmaindustrie stehen im Vordergrund. Das ist zu verachten.

Das Leben an sich und die Länge des Lebens fallen aber nicht unter die Kategorie „Gerechtigkeit“. Das Leben darf keinesfalls gegen den eigenen Willen genommen werden und es darf auch nicht gegen den eigenen Willen gestreckt werden.

Ich freue mich, wenn Klaus von Dohnanyi 107 Jahre alt wird und weiterhin seine globalen Betrachtungen veröffentlicht. Ich bedauere bis heute unendlich den Verlust von Gräfin Dönhoff, Helmut Schmidt und Egon Bahr. Die haben für mein Bedürfnis viel zu kurz gelebt. Aber meine subjektive Empfindung ist irrelevant.

Meistens besteht die letzte Lebensphase aus viel Leid und das Sterben an sich wird zur Quälerei. Oft geht es mit widerlicher Atemnot einher. Abscheulich. Ich freue mich für jeden, der es hinter sich hat, denn nichts ist normaler und natürlicher, als zu sterben. Unnatürlich ist es, schwerste Krankheiten zu überleben und das Sterben an sich über Jahre in die Länge zu ziehen.

Als Atheist hege ich keinerlei Sympathien für Päpste, deren verbrecherische Kinderfi**erorganisation maßgeblich dazu beiträgt, Sterbehilfe in Deutschland illegal zu machen und Menschen gegen ihren Willen zum Leben zu zwingen.

Aber anders als Gläubige bin ich nicht zu purem Hass auf Andersgläubige fähig und so tut mir Jorge Bergoglio, der heute in einem elenden, maladen Zustand von seinem Zombi-Verein, wie eine morbide Trophäe der Öffentlichkeit ausgesetzt wird, LEID! Der arme 88-Jährige Mann. Was für Sadisten sind das bloß, in deren Hand er sich befindet und die ihn jetzt so vorführen! Es erinnert natürlich sehr stark an die Bilder vor genau 20 Jahren, als der ebenfalls nicht mehr sprachfähige, multimorbide Karol Wojtyła († 2. April 2005 in der Vatikanstadt) den Massen vorgeführt wurde. Die politischen und religiösen Gründe dafür, sich an so einem präfinalen Wrack zu ergötzen, statt ihm seine Ruhe zu gönnen, sind mir völlig klar. Und ich sollte Wojtyła und Bergoglio nicht bedauern. Sie wollten es ja so.

Christen lieben es zu leiden. Wojtyła schrieb eine ganze Leidens-Enzyklika und die Heilige Mutter Teresa war so begeistert davon, Todkranke besonders leiden zu sehen, daß sie hartnäckig in ihren Einrichtungen Medikamente und Schmerzmittel verweigerte. Je mehr ein Mensch an Krebs- oder anderen Schmerzen leide, desto näher wäre er ihrer Ansicht nach, dem leidenden Jesus.

Aber ich kann mir nicht helfen; ich denke nicht so grausam und hätte den beiden Elenden ein früheres Sterben mit weniger Leid gewünscht.

(…) Im Gegensatz zu normalen Menschen denken Katholiken, daß wir alle grundsätzlich mit Erbsünde geboren werden und deshalb fortlaufend demütig und büßend auf den Knien rutschend den Gott um Gnade anbetteln müssen.
Das Leiden gilt vielen Katholiken daher schon an sich als Ausweis von besonderer Spiritualität.
Manche Fanatiker wie die Opus Dei-Mitglieder peitschen und matern sich tagtäglich, um Jesus näher zu sein.
Der vorherige Papst hat extra eine Enzyklika des Leidens verfasst.
Die Masochistenfraktion der Soutanenträger sieht explizit darin eine Wertschätzung Gottes, weil er alles verursacht.
Immerhin hat er schon seinen eigenen geliebten Sohn bestialisch foltern und töten lassen - natürlich nur AUS LIEBE zu den Menschen.
Wenn es dem heutigen Homo Sapiens ähnlich ergeht, soll man dankbar sein.

Insbesondere die körperlichen Qualen, die ein Mensch erLEIDen kann - Schmerzen - sind den Christenexperten hochwillkommen.
„Unter Schmerzen wurdest du geboren, unter Schmerzen musst du sterben“ - das erklärte schon Gott persönlich in Gen, 3:

16 Zur Frau sprach er: Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen gebierst du Kinder. Du hast Verlangen nach deinem Mann; er aber wird über dich herrschen.
17 Zu Adam sprach er: Weil du auf deine Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem zu essen ich dir verboten hatte: So ist verflucht der Ackerboden deinetwegen. Unter Mühsal wirst du von ihm essen alle Tage deines Lebens.
18 Dornen und Disteln lässt er dir wachsen, und die Pflanzen des Feldes musst du essen.
19 Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen. Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück.


Johannes Paul II, der Große, stellte schon zu einer frühen Phase seines Pontifikats klar, daß Leid generell zu begrüßen sei.
Im

APOSTOLISCHEm SCHREIBEN SALVIFICI DOLORIS SEINER HEILIGKEITPAPST JOHANNES PAUL II. AN DIE BISCHÖFE, PRIESTER, ORDENSLEUTE UND GLÄUBIGEN DER KATHOLISCHEN KIRCHE ÜBER DEN CHRISTLICHEN SINN DES MENSCHLICHEN LEIDENS

heißt es:

Paulus: »Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage«.(2)
………Die Kirche, die aus dem Geheimnis der Erlösung im Kreuz Christi geboren wird, muß die Begegnung mit dem Menschen vor allem auf dem Weg seines Leidens suchen.
…..6. Die Heilige Schrift ist ein großes Buch über das Leiden………


Stimmt die Theorie, daß erst in Leid und Schmerz eine innige Beziehung zu Gott entsteht, leistet „der Herr“ immerhin ganze Arbeit. (…)

(Fipsi dreht durch, 16.07.2012)