Montag, 8. Februar 2021

Werteunion kaputt.

 

Es sind auf den ersten Blick viele verschiedene Anliegen, die gesellschaftspolitisch konservativ Tickende verfolgen, aber die Stoßrichtung ist immer gleich: Stark gegen Schwach.

[….] Die angeblich neue Rechte ist die alte. Der lärmende Aufwand, den sie betreibt, um ihre Ansprüche, Antriebe und Ziele zu rechtfertigen oder zu verschleiern mag andere Formen haben als vor 85 Jahren, seine Stoßrichtung führt jedoch genau wie damals ins Antizivilisatorische nach unten. Tatsächlich bietet die Rechte – auch wie damals – keine wirklich politischen Ziele, nichts Konstruktives, keine Bewältigungsversuche der sozialen, politischen, ökonomischen und ökologischen Probleme der Gegenwart, sondern nur Destruktion: Zerstörung, Gewalt, gigantische Fresssucht und letztendlich todessehnsüchtige Vernichtung dessen, was die Rechten nicht verstehen, geschweige denn meistern können. Die neue wie die alte Rechte legen eine barbarische Dummheit und ein gewalttätiges Unvermögen an den Tag, dessen End-Ziel die Beseitigung der Gegner, der „Anderen“, die mörderische Lust, der Lust-Mord ist. Das Pauken-Getöse um angeblich alte Werte, Traditionen, Patriotismus und Nationalismus ist nur Tarnung. Es geht tatsächlich um das primitive „Wir oder sie“, eine Maxime, vor deren endgültiger Konsequenz ihre Vertreter immer weniger zurückschrecken. [….]

(Wolfgang Brosche, 21.05.2017)

Rechtsextremisten suchen sich die Schwächsten als Opfer, Linksextremisten die Stärksten.

(….) Da Rechtsextrem im Gegensatz zu Linksextremen grundsätzlich amoralisch und feige agieren, sind ihre Opfer ausschließlich unter den Schwachen zu finden:
Schwule, Flüchtlinge, Behinderte, Obdachlose. (…..)

(Werte im wahrsten Sinne, 25.09.2016)

Vergleicht man Linksextremismus und Rechtsextremismus, gibt es sehr klare Unterschiede. Während sich die Rechten gewalttätig gegen Minderheiten, Schwache, Verletzliche, Ausgegrenzte und Friedliche wenden, versuchen Linke eben diesen Personenkreis zu schützen und wenden sich, wenn überhaupt, gegen die Starken.  (…..)

(CDU unterirdisch, 30.08.2015)

Die gesellschaftlichen Werte der Konservativen haben außer der allgemeinen Stoßrichtung eine weitere Gemeinsamkeit: Sie sind allesamt zum Scheitern verurteilt.

(…..) Gestern mußte ich mal wieder an den stets gut gelaunten Seth McFarlane denken, der immer mal wieder bei Bill Maher zu Gast ist und dort einst einen schlauen Satz über den kirchlichen Widerstand gegen die Homoehe tat.   Seine These lautete, daß die Kirchen mit ihrem Widerstand gegen Aufklärung ihre Zeit verschwenden.

Menschenrechte, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Rechtsstaat, Frauenemanzipation, Folterverbot, Abschaffung der Sklaverei, Abschaffung der Todesstrafe, Freiheit der Kunst, Abschaffung der Prügelstrafe, Tierrechte, Ächtung von Antisemitismus, Schwulenrechte, Abschaffung des Verbots gemischtrassiger Ehen, Abschaffung des Verbots gemischtkonfessioneller Ehen, Verbot von Vergewaltigungen in der Ehe, etc pp - all das mußte gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen erkämpft werden.

Die Kirchen waren dagegen und verschwendeten damit sinnlos über Dekaden ihre Kraft.

Glücklicherweise hat sich der kirchliche Widerstand üblicherweise als Mißerfolg erwiesen, weswegen Seth Macfarlane es als Zeitverschwendung betrachtet auf Seiten der Kirche zu stehen:

It is a huge waste of time; if you look back in history every civil rights-movement; the blacks or woman, they always lose. Anyone who tries to fight the advance on any particular minority-group is going to lose - whether it is now, whether it is 20 years from now.
They are wasting their time.

(Alle Mann zurück, 15.07.12)

Konservative verstehen es ein gewaltiges Getöse zu inszenieren, sich verzweifelt an ihren überkommenen Supremacy-Vorstellungen festzukrallen.

Daher heben sie immer manisch alte weiße Männer auf ihren Schild, denen sie zutrauen, die Zeit zurückzudrehen.

Die Donald Trumps, Joseph Ratzingers und Viktor Orbáns dieser Welt bescheren den um ihre exklusiven Privilegien Bangenden kleine Schlachterfolge.

Für kurze Zeit drängen sie die Frauen wieder an den Herd, formen Regierungen, die ausschließlich aus alten weißen Männern bestehen, kriminalisieren LGBTIs, entrechten Anders- und Ungläubige.

Aber sie gewinnen den langen Krieg nicht.

Die konservativen Lichtgestalten, in die ihre misogynen, homophoben Anhänger so viele Hoffnungen setzten, stehen alle irgendwann als begossene Pudel da, die alles verloren haben.

Die Apotheose des deutschen „Wertkonservativen“ der 2020er ist Friedrich Merz.

Er ist der Posterboy der rechtslastigen ostdeutschen CDU-Verbände, der feuchte Traum von stramm nationalen Jungparteichefs wie Christoph Ploß, die Projektionsfläche der Werteunion.

Merz sprach all das aus, wovon die Maaßens, die Steinbachs, die Alexander Mitschs, die Bosbachs träumen: Migranten verjagen, Frauen sollen sich auf die Familie beschränken, Schwule sind alle pädophil, Trump macht es richtig, Sozialhilfeempfängern geht es noch viel zu gut und die verrückte „Klima-Gretel“ soll brav in die Schule gehen.

Friedrich Merz lieferte. Er lieferte das was alle Rechtskonservativen irgendwann liefern: Niederlage um Niederlage. Trump hat es vorgemacht:

(…..) Zwei Mal deutlich weniger Stimmen als der Gegenkandidat bekommen.

Präsidentschaftswahl 2020 verloren.

Mehrheit im House verloren.

Mehrheit im Senat verloren.

Wirtschaft am Boden.

Bald 400.000 Covid19-Tote.

Höchstes Haushaltsdefizit aller Zeiten.

Rekordschulden.

Höchste Arbeitslosenquote.

Höchste Obdachlosenquote.

Blut im Kapitol.

Hass auf den Straßen.

Gespaltene Gesellschaft.

Verbannt von allen Social Media-Plattformen.

Zwei Impeachments.

Über 25.000 Lügen im Amt.

Amerikas Ansehen in der Welt ruiniert.

Totalschaden der Marke Trump.

Rückzug aller Sponsoren von der GOP.

Rückzug der Deutschen Bank als Milliarden-Finanzier der Trumps.

Rückzug der New Yorker Trump-Hausbank Signature.

Rückzug der Trump-Hauptbank Professional Bank in Florida.

Rückzug von Cushman & Wakefield aus Trump-Immobilien.

Rückzug des Vornado Realty Trusts aus Trump-Immobilien.

Rückzug des Golfprofiverbandes PGA von Golfturnieren auf Trump-Plätzen.

Klagen der Anwohner von Mar A Lago gegen seine Anwesenheit.

Mutmaßliche baldige Pleite der „Trump-Organisation“.

Eine Flut von Anklagen gegen Donald, Don Jr., Eric und Ivanka Trump.

Politische Zukunft Ivankas ruiniert.

….oder wie es Trump selbst ausdrückt: SO MUCH WINNING! (…..)

(Der Feind im eigenen Haus, 18.01.2021)

CDU-Dunkelgestalt Merz liefert seit 20 Jahren zuverlässig ab:

Niederlage gegen Angela Merkel, Niederlage gegen Annegret Kramp-Karrenbauer, Niederlage gegen Armin Laschet.

Die enormen Erwartungen seiner rechtskonservativen Fans stehen im umgekehrt proportionalen Verhältnis zu dem Erreichten.

Merz glaubt nicht nur alles zu können, sondern auch, es als einziger und am besten zu können. Die Kollisionen mit der Realität blendet er wie sein Bruder im Geiste (Trump) aus.

So bot er nach seiner krachenden Niederlage gegen Armin Laschet großzügig an, das Bundeswirtschaftsministerium zu übernehmen.

Er, der nicht einen Tag Regierungserfahrung hat, jede Wahl verlor, sich in jedem zweiten Interview um Kopf und Kragen redet, glaubt seine Intimfeindin Merkel fühle sich geehrt.

Merz benimmt sich wie der kurzsichtige Sohn, der dreimal nacheinander Mamas VW Golf gegen die Garagenwand fuhr und anschließend großzügig verkündet, Papa habe nun die Ehre, ihn seinen Porsche fahren zu lassen.

Und so breitet sich eine angenehme Stille aus.

Von wem man gar nichts mehr hört, sind Werte-Union und Maaßen.    Die CDU-Rechten schienen 2019 und 2020 omnipräsent zu sein, tauchten als Drohung in jedem zweiten Artikel auf.    Mit dem Merz-Crash sind sie allesamt verstummt und hadern mangels Führungsfigur nun mit ihren Themen.

[….] Fried­rich Merz ist ab­ge­taucht. Kein Auf­tritt, kei­ne In­ter­views, statt­des­sen Ur­laub im ei­ge­nen Fe­ri­en­haus. [….]   Im Merz-La­ger ist die Lee­re be­son­ders er­schre­ckend, per­so­nell wie in­halt­lich. Schon lan­ge sehnt man sich nach ei­ner star­ken Fi­gur, ei­nem neu­en Lud­wig Er­hard. In der Rea­li­tät aber gibt es ja nicht mal ei­nen An­sprech­part­ner in der Re­gie­rung. [….]    Das Pro­blem mit dem Merz-Flü­gel: Es herrscht Durch­ein­an­der. Auch das macht den Neu­start so schwer.   Die ei­nen sind ge­nervt vom grü­nen Zeit­geist, die an­de­ren zäh­len je­den Tag bis zum Ende von Mer­kels Amts­zeit. Es gibt, vor al­lem im Os­ten der Re­pu­blik, die har­ten Rechts­au­ßen, die kaum noch in­te­grier­bar er­schei­nen. Es gibt kul­tur­kon­ser­va­ti­ve Mit­glie­der, die noch un­ter Ade­nau­er ein­ge­tre­ten sind und vom Ges­tern träu­men. Aber es gibt in die­sem Flü­gel auch die, die lie­ber ins Über­mor­gen wol­len, sich nach dem gro­ßen Wurf seh­nen, nach ei­ner Re­form­agen­da. Das Ein­zi­ge, was es der­zeit nicht gibt im Merz-La­ger, ist ein ge­mein­sa­mes Band. [….]    Merz war für vie­le Kon­ser­va­ti­ve eine Pro­jek­ti­ons­flä­che. Der­zeit gibt es nie­man­den, der die­se Rol­le über­nimmt. [….]   Da­bei könn­te ge­ra­de der Wirt­schafts­flü­gel ei­nen Stür­mer ganz gut ge­brau­chen. Der Flü­gel, Kern­be­stand­teil des Merz-La­gers, führt seit Jah­ren ein küm­mer­li­ches Da­sein. Im Schat­ten der spen­dier­freu­di­gen Re­gie­rung be­zie­hen die Wirt­schafts- und Fi­nanz­po­li­ti­ker der Uni­on ihr Selbst­be­wusst­sein vor­nehm­lich dar­aus, Steu­er­er­hö­hun­gen und neue Schul­den zu ver­hin­dern. Ide­en­lo­ser geht es kaum. [….]

(DER SPIEGEL, 06.02.2021)

Die glühenden Merz-Fans Linnemann, Ploß, Kuban und Co sind noch da – aber sie sind allesamt traurige Belege für Seth McFarlanes „They always lose“-These.