Mittwoch, 17. November 2021

Keinen Bock mehr – Teil II

Während CDU (will im Bundesrat die Ampel-Corona-Pläne blockieren) und CSU (Söder attackiert Scholz) weiterhin Parteipolitik betreiben, kollabiert das Gesundheitssystem in den ersten Landkreisen.

[….] Wir haben es geschafft! Der erste Kreis in Deutschland hebt die weiße Fahne, nichts geht mehr. Durch politische Versagen, ständiges Zuhören bei Covidioten, nicht Durchgreifen und kompletter Ignoranz durch die Covidioten und deren Helfer in der Politik AfD und FDP. Das Ergebnis der so gepriesenen Eigenverantwortung.

ZDF Bayern: Bilder des bayerischen Kollaps: Via Instagram berichten die Rottal Inn-Kliniken von der Verlegung von 23 Patienten nach Nordbayern, darunter 4 Intensivpatienten. Wegen der hohen Inzidenzen sind die Kliniken des Landkreises an ihren Kapazitätsgrenzen gestoßen.

Das ist nicht Bergamo, Delhi oder Bratislava. Das ist #RottalInn in #Bayern, in einem Land mit einem der besten Gesundheitssysteme der Welt. Per Instagram-Aufruf (!) werden verzweifelt Ärzte und Pflegekräfte zur akuten Unterstützung gesucht, 23 Patienten verlegt. [….]

(Frank Stollberg, 17.11.2021)

Das kommt davon, wenn in den großen täglichen Talkshows mit Millionenpublikum immer wieder die Schwurbler neue Impfgegner schöpfen können.

Plasberg, Lanz und Will haben große Schuld auf sich geladen, indem sie die gefährlichen Faseler wie Sahra Wagenknecht, Alexander Kissler, Svenja Flaßpöhler, Wolfgang Kubicki einladen.

Die noch extremistischeren Hildmann, Naidoo und Berger treiben zwar auch ihr Unwesen, bleiben aber weitgehend in ihren jeweiligen braunen Telegram-Blasen, in die eine durchschnittliche Familie nicht ganz so leicht nach dem Abendessen hineinstolpert.

Daher ist Sahra Sarrazin mit ihrem enormen Bekanntheitsgrad, ihrer gebildeten Ausstrahlung und der Spagat-Fanbase von ganz links bis ganz rechts, viel gefährlicher als die weitgehend geistesgestörten Sonderlinge, die in verschwörungstheoretischen Blogs wie PP wider Gates, „Impf-Apartheid“ und Adenochrom-Spritzen wettern.

Das breite Publikum mit Kisslers pervertierten Freiheits-Aufrufen (für Ungeimpfte) zu verwirren, entfaltet zwei Jahre nach den ersten Corona-Toten in der so viel ansteckenderen Delta-Zeit eine perfide Wirkung.

Werner Bartens, der Gesundheitsexperte der SZ, spricht von „Corona-Alzheimer“; wir hätten verlernt, was wir vor anderthalb Jahren über Sars-CoV2 wußten. Die Inzidenz von heute, ist die Intensivbelegung in drei Wochen. 50.000 Neuinfektionen an einem Tage bedeuteten 3.000 Krankenhauseinweisungen und 200 Menschen, die in drei Wochen tot sein werden. Flatten the Curve und die Verzögerung der Todesraten wären offensichtlich vergessen.

  Es wird also schlimmer!

Sicher wissen wir immerhin eins: Die demokratisch wünschenswerte Einsicht und Vernunft der Bürger, die kompetent die Fakten abwägen, sich überzeugen lassen und dann verantwortungsbewusst handeln, indem sie sich impfen lassen, trifft auf ein Drittel der Menschen nicht zu. Sie sind nicht erreichbar durch Argumente.

Porno-Expertin Svenja Flaßpöhler, neue Heldin von Bergers Pipi-Blog, richtet Schaden an, wenn sie ihren Unsinn bei Plasberg einem Millionenpublikum unterbreitet.

[….]  Die Philosophin Svenja Flaßpöhler setzt den unerfreulichen Fakten jede Menge gefühlte Wahrheiten entgegen, gewissermaßen eine große Portion "Heiteitei" für die Impfverweigerer. Sie finde es "falsch und fatal", Ungeimpfte "zu kriminalisieren". Es werde jetzt das politische Versagen auf die Menschen übertragen, die sich nicht impfen lassen wollten und dafür eben ganz unterschiedliche Motive hätten. [….]  Die Fehler verortet Flaßpöhler in Politik und Medien. "Die Politik der Bevormundung führt dazu, dass die Leute verlernen, sich vernünftig zu verhalten." Dass es womöglich genau umgekehrt ist, dass nämlich die Politik den Leuten Vorschriften machen muss, weil diese sich nicht vernünftig verhalten, kommt ihr nicht in den Sinn. [….]

(Peter Fahrenholz, 17.11.2021)

So wie man nicht mit Pegidioten sprechen kann, sind auch Covidioten für den Diskurs verloren.

Das Personal in den Krankenhäusern ist am Ende der Kräfte. Die Dresdner Intensivpflegerin Michaela Strätz berichtet.

[….] Der Sommer und die damit verbundene Erholung sei schnell vergessen, berichtet Strätz. Dazu käme die psychische Belastung, weil wieder täglich Patienten versterben. "Wir sind Intensivpflegekräfte. Wir sind immer mit dem Tod konfrontiert, aber nicht in dieser Hülle und Fülle."  Auf der Dresdner Corona-Intensivstation liegen derzeit 19 Patienten, von denen 18 ungeimpft sind. Für das Team ist das eine mentale Herausforderung. Immer wieder haben sie mit Patienten zu tun, die Corona immer noch nicht ernst nehmen. Angehörige würden manchmal anrufen und fragen, ob ihr Angehöriger wirklich Corona habe, obwohl es im Labor nachgewiesen wurde. Intensivpflegerin Strätz hat dafür wenig Verständnis. [….]

(Tagesschau, 17.11.2021)

Geboosterte Menschen, die sich halbwegs sicher vor Covid19 fühlen, können aber auch jederzeit einen Herzinfarkt, eine Lungenembolie oder einen schweren Unfall haben, der sie auf die Intensivstation zwingt. Intensivmedizin, die womöglich aber nicht mehr zu leisten ist. Die womöglich viel zu langsam ist – bei Infarkten und Schlaganfällen kommt es auf Minuten an. Das kann ganz böse enden, wenn man nicht in zehn Minuten in der nächsten Klinik ist, sondern wie jetzt schon in Bayern und Sachsen möglicherweise ins Ausland geflogen werden muss.

Bartens berichtet von bayerischen Rettungshubschraubern, die so gerade eben noch lebende schwerverletzte Verkehrsunfallopfer aufnahmen und anschließend 30 Minuten am Boden bleiben mussten, weil die Leitstelle nicht in der Lage war, ihnen ein Krankenhaus in der Nähe zu finden, das den Patienten aufnehmen konnte.

Diese Dinge sind real. Die Zeit, in der man voller Hoffnung auf Vernunft der Bürger setzten konnte, ist vorbei.

Nun hilft nur noch staatlicher Zwang.

[…] Sehenden Auges gegen die Wand. „Nur damit Sie sich das vorstellen können“, sagte der Abgesandte der Berliner Charité zu Journalisten: „Wenn wir heute an einem Tag in Deutschland 50.000 identifizierte Erkrankte haben und nach derzeitigem Stand etwa 0,8 Prozent davon nach drei Wochen auf der Intensivstation landen, erwarten uns an einem Tag Anfang Dezember 350 bis 400 neue Intensivpatienten.“ Und dies sei unumkehrbar.  Diese Leute werden kommen, egal welche Maßnahmen jetzt ergriffen werden, denn die greifen für die Kliniken mit der gleichen zeitlichen Verzögerung. Jeder Tag mit hohen Infektionszahlen lässt also die auf die Kliniken anbrandende Flut der Covid-Patienten anwachsen. Überschlägt man das grob, wird klar, dass wir Anfang Dezember den bisherigen Höchststand aus dem Januar übertroffen haben werden. […] Diese Weihnachtzeit wird für viele alles andere als besinnlich werden. Und das ist empörend. Weil wir wieder zu spät zu wenig machen, wieder hinterherhecheln. Wo zum Beispiel bleibt die massive Booster-Offensive? […]

(Maik Koltermann, MoPo, 17.11.2021)