Rückblick auf den 26.09.2021 in Hamburg. Das war kein schöner Tag für Christoph Ploß, den weit rechts außen stehenden Landesvorsitzenden der CDU. Seine Partei entwickelt sich in Deutschlands größter Hansestadt kontinuierlich in Richtung Einstelligkeit, seit er ganz oben mitmischt. Im Vergleich zur letzten Bundestagswahl, verlor sie noch einmal fast die Hälfte ihrer Stimmen und landete mit minus 11,8 Prozentpunkten bei gerade noch 15,4%; weit abgeschlagen hinter Grünen (24,9%) und SPD (29,7%).
Nur noch 155.220 Menschen in der Zweimillionen-Stadt gaben der CDU ihr Vertrauen. 2004 hatte Ole von Beust bei der Bürgerschaftswahl noch mit 47,2% knapp die absolute Mehrheit geholt und konnte fast 400.000 Hamburger überzeugen, CDU zu wählen. Über 60% der Wähler sind also weg.
Sein Direktmandat im Wahlkreis 21 (Hamburg-Nord) verlor Ploß an die SPD-Kandidatin Dorothee Martin. Dabei wurde er gleich auf Platz drei durchgereicht, landete mit 23,8% der Erststimmen noch hinter den Grünen (25,7%) und SPD (30,7%).
Die Bundestagswahl ist in doppelter Hinsicht seine persönliche Niederlage, da in ganz Hamburg so gut wie kein Laschet-Plakat hing und alles nur mit Ploß-Konterfeis zugeklebt war. In seinem Wahlkreis, den er 2017 mit 59.000 Stimmen geholt hatte, entzogen ihm 16.000 ehemalige Wähler das Vertrauen; er landete bei 43.000 Stimmen. Die SPD konnte um 2.000 Stimmen auf 56.000 zulegen, die Grünen gar um 23.000 Stimmen auf insgesamt 47.000. Selbst der konservative Hamburger Norden mit seinen reichen Walddörfer-Stadtteilen, will keinen Ploß mehr.
In der sehr empfehlenswerten vierteiligen SWR-Langzeit-Reportage „Die Gewählten“ von Jan Kawelke und Miriam Davoudvandi wird Christoph Ploß zu seinem Abschneiden befragt.
Der Ultrakonservative erklärt Überraschendes: Er sei sehr zufrieden, weil er sein Bundestagsmandat verteidigt hätte. Auf Davoudvandis verblüffte Nachfrage, was er meine, schließlich habe er das Direktmandat verloren, entgegnete er, das läge natürlich nicht an ihm, die CDU wäre im ganzen Norden schwach gewesen und er sei dann eben über die Landesliste in den Bundestag eingezogen.
Ich gebe zu, von diesem absolut unerschütterlichen und auch völlig unbegründeten Selbstbewußtsein beeindruckt zu sein. Der Mann findet sich selbst eben nicht nur atemberaubend schön, sondern offenbar generell einfach fabelhaft.
Ploß liebt aber nicht nur sich selbst als Person über alle Maßen, sondern glaubt auch genau die Richtung zu kennen, in die sich seine CDU inhaltlich bewegen muss. Nach ganz rechts außen. Daß die Wähler entweder schreiend weglaufen oder gleich die AfD wählen; seine Hanse-CDU damit eher bei 10% als bei der absoluten Mehrheit angekommen ist, ficht ich nicht an.
Sein großes Thema, ist das einzige wirkliche Kernproblem Deutschlands, das Gendern, das er dringend verbieten lassen will, weil man nach seiner speziellen Anti-Logik nicht verbieten darf, wie Menschen sprechen wollen. Ploß will ein Verbot, weil er Verbote grundsätzlich ablehnt.
Ploß interessiert sich in Wahrheit nur für eins, und zwar Ploß. Er kreist stets um sich selbst und daher bemängelt sogar die sehr konservative „WELT“ aus Döpfners SPRINGER-Universum, den konservativen Hamburger.
[….] Trotz verjüngter Spitze und neuer Ausrichtung sackt die CDU bei den Bundestagswahlen weiter ab. Es ist auch ein Rückschlag für Hoffnungsträger Christoph Ploß. [….] Die Partei erreicht auch in der Hansestadt immer weniger Bürger. Und die Stimmen werden lauter, dass diese Entwicklung auch mit dem Auftreten des bisherigen Hoffnungsträgers Ploß zusammenhängt. „Es gibt keinen Automatismus zwischen Alter auf der einen sowie Attraktivität und Innovationsfähigkeit auf der anderen Seite“, sagt die frühere CDU-Senatorin und Bundestagsabgeordnete Herlind Gundelach im Gespräch mit WELT AM SONNTAG. Ihre Begründung: „Die CDU insgesamt hat zu lange drängende Fragen und Probleme vor sich hergeschoben, statt sie beherzt anzugehen.“ [….] Gundelach spricht damit einen Konflikt an, der sich in der Elb-CDU um Parteichef Ploß aufbaut. [….] In zuvor geführten Gesprächen mit WELT AM SONNTAG attestierten mehrere Mitglieder, die ungenannt bleiben möchten, Ploß zwar einen „unermüdlichen Einsatz“, seit er die Führung des Landesverbandes 2020 an sich riss. Allerdings beziehe sich sein Engagement „weitgehend auf sich selbst“, auf das „Ergattern bundesweiter Schlagzeilen“, verpackt in einem „unflexiblen Konservatismus“. Vermehrt hätten sich Bürger im Bundestagswahlkampf auf Wochenmärkten darüber beschwert, dass Ploß „zwar physisch anwesend sei, aber nicht zuhöre“. Ein Christdemokrat sagt: „Christoph Ploß ist jung, denkt aber alt.“ Daraus ergebe sich das Gesamtbild, dass die CDU „inhaltlich und personell meilenweit von den Themen der Wähler entfernt ist“. [….]
(WELT, 02.10.2022)
Aber die innerparteiliche Kritik aus dem Oktober 2021 erreicht Ploß selbstverständlich nicht. Inhaltliche, zukunftsweisende Politik lehnt er weiterhin ab und forciert dafür seine AfD-Methoden. Er sitzt regelmäßig bei LÜGEN-TV von der BILD und zündelt.
(….) Auch der am äußersten rechten Rand der CDU stehende Hamburger CDU-Vorsitzende Ploß, der seinen Aufstieg dem völkischen Burschenschaftsklüngel in Hamburg verdankt, zeigt heute, auf welcher Seite er steht.
Manuela Schwesig, die sich erneut einer Krebsoperation unterzieht und daher ihre Amtsgeschäfte vorübergehend der stellvertretenden Ministerpräsidentin übergeben musste, wurde von Ploß so perfide angegriffen, daß sie eine Unterlassungsklage einreichte. Aber der braunschwarze Jung-Vorsitzende, der seine CDU landesweit auf 15% herabkrachen ließ, denkt gar nicht dran, der Frau, die derzeit im Krankenhaus liegt, mit Anstand zu begegnen.
[….] Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß hat die Frist für die von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) geforderte Unterlassungserklärung verstreichen lassen. Ploß' Anwältin wies den Vorwurf zurück, ihr Mandant verbreite eine »unwahre« Behauptung über Schwesig, und betonte, die SPD-Politikerin müsse Kritik »auch in zugespitzter Form« hinnehmen. In dem Streit geht es um Aussagen des CDU-Bundestagsabgeordneten in der ZDF-Talkshow »Markus Lanz« zur Haltung der SPD gegenüber Russland. [….][….] Schwesig ging gegen die Verbal-Attacke juristisch vor. »Ihre Behauptung über Manuela Schwesig ist unwahr; sie hat nichts Derartiges gesagt«, stellte Schwesigs Anwalt Michael Nesselhauf in einem Schreiben an Ploß fest und forderte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung[….] Statt die Unterlassungserklärung zu unterschreiben, hat Ploß nun seine Anwältin Patricia Cronemeyer antworten lassen. [….] Ob Schwesig nach der nicht abgegeben Erklärung nun vor Gericht ziehen wird, ist unklar. Schwesigs Regierungssprecher sagte auf Nachfrage nur, man wolle sich derzeit nicht zu dem Fall äußern. Ploß gibt sich derweil zuversichtlich, die Angelegenheit notfalls vor Gericht auszutragen. »Es geht mittlerweile auch ums Prinzip, denn die Entscheidung würde über den Einzelfall hinaus wirken«, sagte der CDU-Landeschef. [….]
Willkommen im braunen Merz-CDU-Zeitalter.
Die durch die Verleumdung der krebskranken Schwesig gewonnene Aufmerksamkeit, genießt Ploß so sehr, daß er nun voll auf AfD-Kurs umschwenkt und im schönsten PEGIDA-ALUHUT-Sprech von Diktatur und Verlust der Meinungsfreiheit zündelt.
[….] Christoph Ploß nimmt nichts zurück. In der TV-Sendung „Markus Lanz“ hat der Hamburger CDU-Chef hart gegen die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern ausgeteilt. Nun geht der Fall vor Gericht.
Ploß ist in seinem Element: Der Streit mit Manuela Schwesig wird zu einem „Das-wird-man-wohl-noch-sagen-dürfen“-Intermezzo, wie es der CDU-Politiker augenscheinlich schätzt. „Ich lasse mich nicht mundtot machen!“, sagte er zur MOPO. „Gerade in Zeiten, in denen laut Umfragen immer mehr Menschen Sorge davor haben, ihre Meinung nicht mehr bedenkenlos äußern zu können, ist das juristische Vorgehen von Frau Schwesig ein hochproblematisches Signal.“ [….]
Es ist wie eine Bewerbung für eine Rede auf der nächsten Querdenker-Demo zusammen mit Markus Frohnmaier.
An die abscheulichsten Hetzer der AfD hängt sich Ploß innerhalb einer Woche gleich ein zweites Mal, indem er die widerliche Attacke von Beatrix Storch gegen Tessa Ganserer mitreitet.
Storchs Ausfälle waren von allen Bundestagsparteien, außer der AfD scharf verurteilt worden. Ploß schert mit seinem Hamburger Kollegen Christoph de Vries aus und zündelt transphob durch die sozialen Medien.
Die Hamburger CDU-Christophe geben ein derartig erbärmliches Bild ab, daß sogar die Skandal-Justizsenatorin Gallina, die sich üblicherweise nie um politische Dinge kümmert, einschreitet.
[….] Nachdem die stellvertretende AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch die Abgeordnete Tessa Ganserer (Grüne) transfeindlich angriff, brach eine öffentliche Debatte los. Jetzt ist auch unter Hamburgs Politiker:innen von CDU und Grünen eine heftige Diskussion entbrannt. Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) äußerte sich empört zu dem Vorfall. Kurz darauf sprang ihr Justizsenatorin und Parteikollegin Anna Gallina zur Seite – sie teilte auch gegen Hamburgs CDU-Parteichef Christoph Ploß aus. [….] Auf Twitter äußerte sich auch der Hamburger CDU-Politiker Christoph de Vries zu Wort: „Jeder solle sich fühlen, wie er will in einem freien Land. Aber wenn jemand gezwungen werden soll, eine Person, die rechtlich und biologisch eindeutig ein Mann ist, als Frau anzusprechen, ist dies Ausdruck einer totalitären, wirklichkeitsentrückten Haltung“, schreibt er. Fegebank reagierte empört auf diesen Post, findet es „wirklich übel, „wie hier das individuelle Selbstbestimmungsrecht in Frage gestellt wird“. Für echte Gleichberechtigung brauche man mehr Anerkennung und Akzeptanz in geschlechtlicher Vielfalt, schreibt sie und schoss gegen de Vries: „Der Wirklichkeit scheinst du entrückt zu sein“. [….] Hamburgs Justizsenatorin und Parteikollegin Anna Gallina äußerte sich unter dem Hashtag #SolidaritaetmitTessa zu dem Tweet. „Das ist Christoph. Christoph findet es totalitär, wenn Menschen selbst definieren wie sie angesprochen werden wollen“, schreibt sie auf Twitter. [….] Ploß hatte de Vries zuvor auf Twitter unterstützt. Er fände es „super“, dass de Vries „gegen Identitätspolitik von Links- und Rechtaußen“ gegen halte und bedankte sich für das Statement. Gallina antwortete darauf, dass dieser Christoph sich „ganz toll“ fände. „Beide lieben Hufeisen und fühlen sich offenbar in ihrer cis-männlichen Identität bedroht. Durch eine Frau. Christoph und Christoph: Transfrauen sind Frauen. Kommt drüber hinweg.“ [….]