Klar,
alle Pauschalurteile über ganze Völker sind falsch, aber dennoch: Ich liebe nun
einmal die Briten, weil sie so herrlich spleenig sind.
Es macht
schon so einen Spaß das richtige britische Englisch zu hören, wenn man
hauptsächlich amerikanisches Englisch gewöhnt ist.
Briten
können Kultur, Musik, Film. Briten setzen Trends und frönen dennoch intensiv
ihrem Hang zur Extravaganz.
Allein
schon dieses lustige Gymnastikparlament, in dem die Abgeordneten keine eigenen
Stühle haben, sondern eng zusammengekauert auf Bänken hocken, von denen sie
aber in chaotischer Weise immer wieder aufstehen, nur um sich sofort wieder zu
setzen.
Auch
wenn ich das als Linker gar nicht sagen dürfte; ich stehe auf die
Windsors. Nicht gerade den kahlköpfigen William mit seiner öden
Model-Barbie-Frau, aber Lizzy, Charles, Camilla und Anne finde ich super.
Übrigens
ist so ein Königshaus außerordentlich ökonomisch. Großbritannien nimmt ein Vielfaches
der Kosten für die Windsors dadurch ein, wie die Familie die Wirtschaft
ankurbelt. Der Effekt auf den Tourismus ist enorm und pro Kopf kostet so ein
Königsfamilienmitglied fast nichts.
Seit
Lizzy regiert, haben wir in Deutschland schon 12 Bundespräsidenten
verschlissen, von denen jeder einzelne bis an sein Lebensende 220.000,00 Euro
monatlichen Ehrensold bekommt; plus Büro, Mitarbeiter, Fahrer…
Und
dafür gibt es nur jeweils einen Präsidenten, während die Queen zehnmal so viele
Termine abwickelt, indem ihre gesamte Familie mitarbeitet.
Und die
britischen Gärten, die Parks, die britische Literatur!
Blöd
nur, daß die Engländer eins nicht können und das ist „Premierminister“.
Auf
unerklärliche Weise versagen seit Margaret Thatcher, die das Sozialsystem zerschlug
alle Regierungschefs.
Vom 28.
November 1990 bis 2. Mai 1997 regierte John Major, der so farblos war, daß er
inzwischen komplett vergessen wurde.
Als Sohn
eines pleitegegangenen Gartenzwergherstellers fühlte sich Major allerdings
sowieso nie wohl in seiner Haut als Chef der Konservativen Partei. Er erbte von
Thatcher eine riesige Mehrheit von 376 Sitzen (absolute Mehrheit = 326 Sitze).
1991 schickte er 53.000 britische Soldaten in den Golfkrieg und verzettelte
sich dann bei der Abstimmung über die Mastrichtverträge so sehr, daß er 1993
fast gestürzt worden wäre. Damals bildete sich in der konservativen Partei das
Lager der EU-Skeptiker. Major hatte keinerlei Autorität mehr in seiner eigenen
Partei, trat sogar 1995 kurz von seinem Posten als Parteichef zurück, wurschtelte
aber weiter bis er 1997 ob seiner völligen Planlosigkeit von Labour weggefegt
wurde.
Tony Blair
holte sagenhafte 418 Sitze, während die Konservativen auf erbärmliche 165
Mandate geschrumpft wurden – das sind unfassbare 211 weniger, als Major zu Beginn
seiner Amtszeit hatte. Daher ging die Wahl auch als „Blutbad“ (bloodbath) für
die Konservativen in die britische Geschichtsschreibung ein.
Mit nur
42 Jahren wurde der dynamische Labour-Chef Briten-Premier. Ausgestattet mit
einer nahezu 2/3-Mehrheit konnte er nun ein reformwilliges Volk regieren und
sein Land neu gestalten.
Nie
hatte ein westeuropäischer Regierungschef bessere Voraussetzungen für seinen
Job. Sogar vier Jahre später, bei den Wahlen von 2001 holte Blair noch einmal sagenhafte
412 Sitze für seine Partei.
Tony
Blair aber entdeckte seine eigene Religiosität, fand einen Bruder im Geiste
ausgerechnet im konservativen Deppen G.W. Bush und ging als Bush's poodle,
Bushs Pudel, in die Geschichte ein, weil er wider alle Fakten in blinder Folgsamkeit
mit GWB in einen illegalen Angriffskrieg zog, der bis heute an die eine Millionen
Todesopfer forderte, den weltweiten Terror zum Durchbruch verhalf, drei
zerstörte Nationen hinterließ und zig Millionen Menschen zu Flüchtlingen
machte.
Als
britischer Regierungschef mußte Blair Anglikaner sein, konvertierte aber
unmittelbar nach seiner Amtsaufgabe im Jahr 2007 zu Ratzingers Katholiken, weil
ihm die anglikanische Kirche zu liberal war.
Tony
Blair kann sich nun rühmen zusammen mit GWB den IS ermöglicht zu haben und
außerdem seine Partei für lange Zeit aus der Regierung gefegt zu haben.
Von Juni
2007 bis Mai 2010 wurde der Schotte Gordon Brown Premierminister des
Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und Vorsitzender der
Labour Party.
Brown,
der zehn Jahre an Blairs Seite gestanden
hatte, wußte aber ähnlich wie John Major nichts mit dem Amt anzufangen.
Ausgerechnet
unter dem ehemaligen Finanzminister Brown schlitterte England in die
Finanzkrise. Er versuchte sich durch einen extrem autoritären Regierungsstil zu
retten, bekam aber bei den Unterhauswahlen von 2010 einen schweren Tritt in den
Hintern.
Labour
rauschte auf 29% zurück, erhielt nur noch 258 Sitze, verlor also während ihrer
Regierung sage und schreibe 160 Abgeordnete.
Allerdings
war David Cameron, der Chef der Konservativen so farblos, daß die Briten
ihn trotz des Mehrheitswahlrechtes nicht mit einer Mehrheit ausstatteten. Das
muß man auch erst mal schaffen, wenn die einstige Dauerregierungspartei auf 29%
absackt.
Camerons
Konservative (nun wieder 306 Sitze) bildeten eine für England extrem
ungewöhnliche Koalitionsregierung mit den Liberaldemokraten (57 Sitze).
Der
LibDem-Chef Nick Clegg, eigentlich ein liberaler Europafreund, wandelte sich
aber zu Cameron’s Poodle, konnte nichts durchsetzen.
Obwohl David
Cameron, 2010 bis zum 13. Juli 2016 Premierminister des Vereinigten Königreichs
und von 2005 bis 2016 Parteivorsitzender der Conservative Party, nur fahrig
taktierend zwischen EU-Freunden und EU-Skeptikern mäanderte, gewann er bei der
nächsten Wahl eine absolute Mehrheit, da sich Labour selbst zerlegte und Cleggs
LibDems untergingen.
Cameron
gewann 2015 nur 0,8 Prozentpunkte hinzu, kam damit auf gerade mal gut 36%, aber
durch das Erstarken der UKIP reichte es beim britischen Mehrheitswahlrecht für
330 Sitze, also fünf über der absoluten Mehrheit.
Endlich
war Cameron die Koalition los und konnte pure konservative Politik machen.
Das tat
er auch und setzte ganz neue Maßstäbe in der Disziplin „Regierungsversagen“.
[……] Macchiavelli,
Clausewitz und der große chinesische Stratege Sunzi lehrten Techniken des
Siegens. Aber auch verlieren kann gelernt werden. David Camerons
Referendumsinitiative ist eine hervorragende Blaupause für politische
Niederlagen aller Art. Damit ein Projekt nicht bloß scheitert, sondern zudem seinen
Urheber beschämt, müssen einige Voraussetzungen zusammenkommen. Die Beachtung
von fünf Regeln garantiert den wohlfeilen Untergang.
Erstens. Hilfreich ist
es, wenn man den eigenen Standpunkt nur halbherzig vertritt. David Cameron ist
nie ein großer Freund der EU gewesen. 2007 hielt er in Tschechien eine Rede, in
der er die EU "als die letzte Manifestation einer überkommenen
Ideologie" bezeichnete, "einer Philosophie, für die kein Platz mehr
in unserer neuen Welt der Freiheit ist". [……] Zweitens. Die Abwesenheit von festen Überzeugungen ermöglicht
effiziente Resultate: Ohne Skrupel kann man sich von der politischen Konkurrenz
in die von dieser gewünschte Richtung treiben lassen, was die eigene politische
Linie mit aufregenden Hakenschlägen verziert, sodass niemand mehr weiß, wofür
genau man steht. [……]
Drittens. Wichtig ist
es, das eigene politische Schicksal mit einer Frage zu verbinden, die die
Wähler nur peripher interessiert, sodass sie allen Groll, den sie aus anderen
Gründen hegen, bei dieser Gelegenheit abreagieren können. [……]
Viertens. Unabdingbar
ist es, sich so festzulegen, dass man eine dumme Entscheidung nicht mehr
rückgängig machen kann. Aus wahl- und parteitaktischen Gründen hatte Cameron
ein Referendum bis Ende 2017 versprochen. Nicht einmal das hat er abgewartet
und die Volksabstimmung voreilig für den Juni 2016 anberaumt. Er war voll der
eingebildeten Siegesgewissheit, mit der andere auf Pferde setzen. [……]
Fünftens. Um den
eigenen Untergang zu besiegeln, sollte man beim Publikum Erwartungen wecken,
die nicht erfüllbar sind. Cameron begann den Kampf um Großbritanniens
Zugehörigkeit zur EU mit der Ankündigung, er werde das Gebot der Freizügigkeit
für das Vereinigte Königreich kippen. Er hätte es besser wissen müssen. Dass
Arbeitnehmer von einem EU-Land in ein anderes wechseln können, gehört zum
Selbstverständnis der EU. [….]
Cameron
mußte natürlich nach dem Brexit-Votum zurücktreten; er hatte schließlich dieses
komplette Desaster ganz allein und völlig ohne Not angezettelt.
Eins
sollten also britische Konservative gelernt haben:
Man setze niemals ohne Not irgendwelche Abstimmungen an, nur weil man sich einen kurzfristen Vorteil verspricht.
Man setze niemals ohne Not irgendwelche Abstimmungen an, nur weil man sich einen kurzfristen Vorteil verspricht.
Und was
tut Camerons Nachfolgerin Teresa May, die mit absoluter Mehrheit regiert?
Sie setzt drei Jahre vor dem turnusmäßigen Termin Unterhaus-Neuwahlen an, weil sie statt einer absoluten Mehrheit lieber einer 2/3-Mehrheit hätte.
Sie setzt drei Jahre vor dem turnusmäßigen Termin Unterhaus-Neuwahlen an, weil sie statt einer absoluten Mehrheit lieber einer 2/3-Mehrheit hätte.
Eine
grandiose Idee, nachdem sie mit ihrer konservativen Gaga-Wirtschaftspolitik
Großbritannien zum ökonomischen Sorgenkind umfunktionierte und dafür als erste
Regierungschefin Europas zu Trump raste, um sich händchenhaltend mit ihm in
Weißen Haus fotografieren zu lassen.
Gratulation, wie ihr Vorgänger Cameron, erlitt
auch die konservative May eine Bauchlandung.
Really, you can’t make this shit up!
Statt
fünf Stimmen mehr als die absolute Mehrheit haben Mays Konservative bei der gestrigen Wahl 13 Sitze verloren. Nun
fehlen ihnen acht Stimmen bis zur absoluten Mehrheit und daher muß sich May nun
mit der ultrarechten irischen DUP zusammen tun.
Neu
wählen lassen hatte May, weil ihr 330 Sitze für die Konservativen zu knapp
waren. Jetzt haben Konservative und DUP zusammen 328 Sitze.
[…..]
Die britischen Konservativen haben ein
burleskes Talent, ihr Land durch Abstimmungen zu verunsichern. […..] Natürlich herrscht jetzt Chaos im
politischen Herzen Großbritanniens, natürlich wird Theresa May die
Legislaturperiode nicht überstehen, und natürlich ist vollkommen unklar, mit
welcher Strategie sie nun in die Brexit-Verhandlungen gehen soll. [….]
Immerhin,
zwischendurch hatte die Labour-Fraktion versucht ihren eigenen Chef zu stürzen.
Dank Teresa May ist jetzt ihr Oppositionsführer deutlich gestärkt.
[…..] Theresa May Has Made One Of The Worst
Mistakes In British Electoral History
[…..] Theresa May's decision to call a snap
general election has backfired spectacularly, with the Tories losing their
majority in House of Commons to a Labour surge that saw Jeremy Corbyn stage one
of the most astonishing comebacks ever seen in a UK election.
May went to the country in the belief she could take advantage of
Corbyn's dire poll ratings to win an enormous parliamentary majority and secure
her position as prime minister for the next five years. Instead, she appears to
have committed one of the most unnecessarily self-destructive acts in British
electoral history.
[…..] "I will form a government," May
said, "a government that can provide certainty and lead Britain forward at
this uncertain time."
But her future as prime minister is now in severe doubt, with one Conservative
MP claiming to BuzzFeed News that foreign secretary Boris Johnson, who dropped
out of the leadership race after the Brexit vote, is already considering his
options as a potential replacement. However, according to the BBC, May has no
intention of resigning.
[…..] Anna Soubry, a pro-Remain Tory MP who only
just held on to her seat, was the first Conservative to publicly say that May
should go. Describing the Tory campaign as "pretty dreadful", Soubry
told the BBC the result was "bad" and that May should "consider
her position".
[…..] The Tories' entire election strategy – based
on winning over Brexit-voting Labour seats in the north of England and the
Midlands – largely failed. The party failed to take Halifax, which had been
such a top target seat that May chose it as the place to launch her manifesto,
a policy document that is being blamed for derailing her campaign. And its
author, Ben Gummer, who had been tipped as a possible Brexit secretary in May's
victory reshuffle, lost his Ipswich seat. […..]