Es gibt diese CNN-Worte, die man seit Trump erstaunlich oft
hört: „unprecedented“, „unpresidential“
und „flabbergasting“, „salacious“,
bzw „salacious indictment“, oder auch „raid“.
Sehr oft geht
es auch um die Frage was „racism“ ist, weil Trumps erbärmliche Epigonen immer noch
vor Empörung bebend bestreiten, ihr Idol wäre Rassist.
Das in diesem
Zusammenhang vergesellschaftete Wort lautet „dog-whistle politics“.
Hundepfeifen-Politik
bedeutet in Amerika, mit Codewörtern oder bestimmten Formulierungen, die
zunächst einmal unverdächtig wirken, auf verstecktem Weg ganz besondere
Zielgruppen anzusprechen.
Einiges ist
offensichtlich.
Lobt man die
amerikanische Verfassung und die Verfassungszusätze – also eigentlich eine
Selbstverständlichkeit für alle amerikanischen Politiker – hören Waffennarren,
das Second Amendment werde nicht angetastet – also keinerlei Einschränkungen
beim Waffenbesitz.
Lobt man
konföderierte Kriegshelden oder zeigt die Konföderiertenflagge, ist das nicht
unbedingt einfach nur eine Verbeugung vor den südlichen Bundesstaaten der USA,
sondern wird von weißen Rassisten als Chiffre für Rassentrennung und die
Minderwertigkeit von Schwarzen verstanden.
Überdeutliches
Betonen von Familien – wogegen auch prinzipiell niemand etwas sagen kann,
verstehen Evangelikale als homophobes Statement, weil sie ausdrücklich Schwule
und Lesben nicht als Familien akzeptieren.
Wünscht man
nicht einfach „Merry Christmas“, sondern stellt das als Tabubruch oder mutige
Tat dar, wissen christliche Fanatiker, daß der Redner sich gegen Atheisten und
Muslime wendet. Diese führen nämlich in ihrer verqueren Sicht einen „war on
christmas“.
Dog-Whisle
bleibt stets vage, so daß man später auf der großen nationalen Bühne glaubhaft
versichern kann, man habe keineswegs Rassismus unterstützen wollen, während die
angesprochenen Rassisten aber klar verstanden hatten, daß genau das geschehen
war.
Dog-whisteling gehört
zu Trump wie seine oranges Spray-Tanning. Er triggert mit perfiden
Formulierungen permanent das Schlechteste in schlechten Menschen.
Sein Rassismus
ist allerdings so weit fortgeschritten, daß er keine Metaphern oder
verklausulierte Formulierungen mehr benötigt.
Dafür kann man
ihm fast dankbar sein. Er ist eben nicht nur ein mieser Charakter, sondern auch
gleichzeitig zu dumm, das einigermaßen gut zu kaschieren.
Und so deutet
er nicht nur an, was er von Schwarzen oder Latinos hält, sondern redet von „Shithole-Countries“
(im Gegensatz zu Norwegen), beschreibt Lateinamerikaner als Vergewaltiger.
Trumps
Antisemitismus ist noch ein Stück perfider. Er überbetont seine Verbundenheit
zu Israel (weil er weiß wie sehr er Muslime damit ärgert) und wirft bei jeder
Gelegenheit das Argument in die Waagschale, sein Schwiegersohn Jared wäre
schließlich Jude – genau wie seine Tochter und die Enkel.
Also könne er
kein Antisemit sein.
Dabei war der
Anschlag auf die Lebensbaum-Synagoge des Quartiers Squirrel Hill, als
ein 46-jähriger Weißer «Alle Juden
müssen sterben» schrie und elf Menschen ermordete nur die Spitze des Eisbergs.
[….] Für das Jahr 2017 verzeichnete
die Anti-Defamation League 1986 antisemitische Vorfälle in den USA, 57 Prozent
mehr als im Vorjahr. Hakenkreuze werden auf Mauern gesprüht und in Notizbücher
von Studenten gekritzelt. Mit erschreckender Regelmässigkeit wüten Vandalen auf
jüdischen Friedhöfen. Vor einer Woche entdeckte der Friedhofswart in Orange,
Texas, umgestürzte Grabsteine und abgebrochene Blumenvasen. Obwohl sie bloss
zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, sehen sich Juden in den USA öfter von
Hassern angegriffen als jede andere religiöse Minderheit.
Die Urheber der antisemitischen
Vorfälle werden zumeist in rechtsradikalen Kreisen vermutet, unter Hetzgruppen,
Neonazis, weissen Nationalisten, Skinheads. «Sie sind alle Antisemiten – dies
bindet sie zusammen», erklärt Heidi Beirich vom Southern Poverty Law Center.
Die Direktorin der auf Hass-Gruppen spezialisierten Organisation sagt: «Sie
alle glauben, dass Juden hinter dem Negativen im Land die Fäden ziehen.»
Verschwörungstheorien wittern
Morgenluft unter Trump, der seine politische Karriere mit «Birtherism» begann.
Der heutige Präsident war einst der lautstärkste Promoter der Theorie, dass
Barack Obama statt auf Hawaii in Afrika geboren wurde und seine Geburtsurkunde
eine Fälschung sei. Noch vergangenen Monat behauptete er ohne Faktengrundlage,
dass die mittelamerikanischen Migranten in den sogenannten Karawanen vom
jüdischen Milliardär George Soros finanziert seien.
Donald Trump befördert Hetzer auch,
weil ihn die Rassisten unter seinen Fans nicht bekümmern. Trump glaube, dass er
sie alle für seinen Erfolg brauche, schreibt der Journalist Jonah Goldberg. [….]
Während Trump
mit seiner Ivanka und seinem Kippa-tragenden Jared kondoliert, hetzt er aber
gegen Juden wie gegen alle Feindbilder der White Supremacists. Als diese „JEWS
WILL NOT REPLACE US“-skandierend durch Charlottesville zogen, erklärte er
darunter wären „very fine people“.
Selbst für
Trump-Verhältnisse ist das hinterrücks Anstacheln des Judenhasses ein besonders
mieser Zug.
[….] Bereits als Kandidat bediente Donald Trump
antisemitische Klischees und Verschwörungstheorien. In den USA spricht man hier
von "Hundepfeifen-Politik", deren Botschaften nur von denjenigen
gehört werden sollen, die dafür empfänglich sind - allen anderen gegenüber kann
man den antisemitischen Unterton leugnen. So verbreitete Trump im Wahlkampf ein
Bild von Hillary Clinton, das sie - mit einem Davidstern versehen - als
"korrupteste Kandidatin aller Zeiten" bezeichnete. In seinem letzten
Wahlkampfspot versprach er der Bevölkerung Schutz vor der Ausbeutung durch eine
globale Elite, die an den "Hebeln der Macht" sitze. Im Hintergrund
wurden die Gesichter des Philanthropen George Soros, der damaligen Präsidentin
der US-Zentralbank, Janet Yellen, und von Lloyd Blankfein eingeblendet, des
Vorstandschefs von Goldman Sachs. Alle drei sind jüdisch.
Dabei wäre es ein Fehler davon
auszugehen, dass Trump auf diese Weise vor allem ultrarechte Splittergruppen
wie die Alt-Right-Bewegung oder Fanatiker wie Bowers erreichen will. Es geht um
ein viel größeres Reservoir an Wählerstimmen: Experten schätzen, dass etwa elf
Millionen weiße Amerikaner zumindest teilweise durch rassistische Botschaften
oder die Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien mobilisiert werden
können. Auf diese Stimmen latent oder offen fremdenfeindlicher Wähler will man
im Trump-Lager angesichts extrem knapper Stimmenverhältnisse nicht verzichten. Dabei
nimmt Trump offenbar in Kauf, radikale Rassisten und Antisemiten zu stärken.
Besonders virulent ist in diesen Kreisen die Verschwörungstheorie des
"White Genocide". Diese besagt, "die Juden" würden durch
einen gezielten Bevölkerungsaustausch weiße Amerikaner durch nicht-weiße
Einwanderer ersetzen wollen. Darum skandierten die Teilnehmer der
rechtsextremen Demonstration in Charlottesville im August 2017, bei der eine
Gegendemonstrantin zu Tode kam, "Jews will not replace us". [….]