Manche Gedanken müssen sich erst in der journalistischen Szene durchsetzen, gelten lange Zeit als sakrosankt.
Man will schließlich seriös und rational sein. Die Spinnereien bleiben Blogs, BILD und Boulevard vorbehalten.
Guttenberg ein betrügerischer Hallodri? Merz hat keine Ahnung von ökonomischen Grundbegriffen? Kohl korrupt? Wagenknecht knüpft an völkische AfD-Thesen an? Franziskus ist gar kein homofreundlicher Reformer?
Das waren solche Thesen, die schon lange existierten, als die seriöse Presse noch hartnäckig das diametral entgegengesetzte Narrativ vertrat.
Irgendwann kippte aber die schreiberliche Stimmung in den Redaktionsstuben und sie stimmten alle in diese (gar nicht so) neuen Erkenntnisse ein. A posteriori wurde es umso deutlicher, wie falsch man viele Jahre gelegen hatte.
Eine Dekade nach Guttenbergs Sturz vom Beliebtheits-Olymp, zuckt man nur noch kurz mit den Schultern, wenn man von seinen Verstrickungen in die Wirecard- und Augustus-Skandale erfährt. Es passt ins Bild; der Mann ist charakterlich zutiefst verdorben.
Ein neuer Kipp-Punkt sind die komprimierten journalistischen
Darstellungen der diesjährigen Kanzlerkandidaten. Lange Zeit hielt man es für etwas ungehörig kritische Fragen nach Laschets dunkelkatholischem Familienhintergrund zu stellen, tat Baerbocks erste Ungeschicklichkeiten bei Nebeneinkünften und Lebenslauf als Petitessen ab.Inzwischen sind aber die Dämme gebrochen. Erstaunt beobachte ich, wie in diesen Tagen auch die großen Zeitungen und Kommentatoren auf meine Linie einschwenken: Baerbock und Laschet sind Mist. Da hilft kein Schönreden; beide haben sicherlich nicht das Zeug dazu, Deutschland zu regieren.
[….] Diese schwachen Kandidaten haben wir nicht verdient!
Die Deutschen hadern mit dem zweitklassigen Personal fürs Kanzleramt – dabei sind die Bürger bereit für gewaltige Veränderungen. Höchste Zeit für echten Streit. [….]
(SPIEGEL-Leitartikel, 06.08.2021)
Während Olaf Scholz die SPD eher hochzieht, erkennen CDU, CSU und Grüne, daß ihre jeweiligen Kandidaten, der Partei schaden.
[Seit seiner Wahl zum Kanzlerkandidaten] verblüfft [Laschet] selbst jene, die immer schon wenig von ihm hielten. Unglücklicher und ungeschickter ist bislang kaum jemand in den Kampf ums mächtigste Amt der Republik gestartet – von Annalena Baerbock und Peer Steinbrück einmal abgesehen. Was Laschet dem Publikum seit seiner Nominierung bietet, erinnert eher an eine Wahlkampfparodie als an eine ernst zu nehmende Kampagne. Das hat Folgen: Laschets ohnehin schon magere Persönlichkeitswerte stürzten zuletzt weiter ab, längst zieht er auch die Umfragewerte der Union nach unten. Sieben Wochen vor der Bundestagswahl sind die Union und ihre Nummer eins in einer so schlechten Verfassung, dass das wichtigste Ziel, das Kanzleramt zu behalten, in Gefahr gerät. […..]
Während die Grünen aber in Robert Habeck eine viel bessere Alternative hätten und sich nun grämen, die falsche Kandidatin gekürt zu haben, ist die Union personell insgesamt erledigt.
Die Alten – Seehofer, Altmaier, von der Leyen, Merz, Bouffier – sind ebenso charakterlich und fachlich hoffnungslos überfordert wie die Jungen – Spahn, Amthor, Scheuer, Ploß, Bär. Den U35 hat die Union nichts zu sagen. Digitalkompetenz ist nicht vorhanden.CDU und CSU sind nach 16 Jahren an der Macht, nach 16 Jahren Merkelschem Aussitzen, nach 16 Jahren rigoroser Unterdrückung jeder inhaltlichen Diskussion, geistig und moralisch so verzwergt, daß man ihnen keine Regierung mehr anvertrauen darf.
Söder, der ewige Brandstifter, der seit Jahren hartnäckig den Klimaschutz in Bayern blockiert, sich weigert Windräder aufstellen zu lassen, ist gesamtdeutsch nicht vermittelbar.
Friedrich Merz, Held der ost- und norddeutschen Erzkonservativen, ist die einzige Führungsfigur im Team Laschet, da sich der Opus Dei-Fanatiker weigert ein Schattenkabinett aufzustellen.Die angebliche Wirtschaftskompetenz der millionenschweren Lobbyisten, der nie eine Wahl gewonnen und nie regiert hat, wurde inzwischen als Legende enttarnt.
Der Mann der grotesken Fehl-Prognosen kennt noch nicht einmal die Grundbegriffe. Friedrich Merz trägt nicht nur die Last mit sich, daß er sich in ökonomischen Fragen meistens irrt und groteske Fehlprognosen in die Welt setzt, daß er ein erstaunliches Talent an den Tag legt, alle Fettnäpfchen zu treffen und innerparteilich als Serienverlierer dasteht, sondern immer mehr als ewig-gestriger AfD-Opa gegen Schwule und Gendersternchen wettert. Mit Merz stünde die CDUCSU sich nicht besser als mit Laschet da. Der Konservative mit den Privatflugzeugen ist nicht nur politisch unbedarft, sondern auch charakterlich verdorben. Er ist unfähig Empathie zu empfinden. Den in Armut lebenden Rentnern, die öffentliche Mülleimer nach Pfandflaschen durchsuchen müssen, ätzt er entgegen, sie hätten eben ein privates Aktiendepot zur Vorsorge aufbauen müssen.
Den Flutopfern von RP und NRW; den Angehörigen von 180 Toten attestiert er „ein zu geringes Risikobewusstsein in der Bevölkerung.“ Statt jetzt Hilfe vom Staat zu erwarten, hätten sie eben wegziehen oder sich bessere Schadensversicherungen leisten sollen. Eiskälter geht es nicht.
[…..] Es ist Aufgabe jedes Einzelnen, verantwortungsvoller Eltern, jedes Betriebes, den Umgang mit Gefahrensituationen zu üben. Das gilt von der Schule bis zum Altenheim. Es kann jeden Tag etwas passieren. […..] Wir müssen Risiken besser einschätzen lernen. Wir müssen nicht gleich wieder über staatliche Regulierung reden. Aber jeder sollte sich selbst fragen, ob er ausreichend versichert ist oder an der falschen Stelle spart. Das gilt für Betriebsausfallversicherungen, die in der Corona-Krise nötig gewesen wären. Und es gilt für Elementarschadensversicherungen, die jetzt helfen würden. [….](Merz, zitiert nach RND, 21.07.2021)
Bei seinem manischen Drang Menschen in Not herabzusetzen und zu beleidigen, stören Fakten nur. Merz lügt ungeniert.
Die CDU-Jünglinge Ploß, Amthor und Kuban sollten nicht annehmen, daß ihre Partei mit dem langen Sauerländer besser dastünde.
[…..] Merz provoziert Grüne mit Falschaussagen in Tweet
Friedrich Merz schaltet sich in den Bundestagswahlkampf ein und attackiert die Grünen mit zweifelhaften Methoden. Aussagen zu deren geplantem Einwanderungsministerium wies die Partei als »an den Haaren herbeigezogen« zurück. [….]