Nach all den Jahren Internetdiskussionen über Kirche und Religion, bin ich es gewöhnt mit Tiefgläubigen und schweren Religioten umzugehen.
Nach so langer Zeit kristallisieren sich durchaus
Unterschiede der Religiotie in verschiedenen Ländern heraus.
So kenne ich aus Amerika einen Typ Christ, der zwar
felsenfest von seinem „We do things right“ überzeugt ist und sich entsprechend
intensiv in seiner Kirchengemeinde engagiert, sogar regelmäßig mehr an die
Kirche spendet, als er es sich eigentlich erlauben kann und dennoch völlig
tolerant gegenüber anderen Konfessionen, Glaubensbekenntnissen oder eben
Atheisten auftritt.
Dieser Typ Religiot nimmt zwar die Regeln seiner Kirche
ungeheuer ernst und leidet regelrecht, wenn er sich in Detailfragen nicht genau
an die Anweisungen des priests halten kann, aber er bleibt stets freundlich,
hilfsbereit und sogar selbstironisch.
Amerikaner können ja sehr witzig sein und man muß es
bewundern wie sie soziale Hilfe privat praktizieren – ohne, daß ihnen
automatisch Kirchensteuer abgezogen wird.
Diese Kaste der selbstüberzeugten sozialen Christen, die
gegenüber Nichtgläubigen nie unangenehm auffallen, scheint in Deutschland fast nicht
zu existieren.
Entweder es handelt sich um bösartige religiotische
Fanatiker (die es in den USA natürlich auch massenhaft gibt), oder aber sie
sind deswegen tolerant gegenüber Ungläubigen/Schwulen/Moslems/… weil sie selbst
nur Karteileichen ihrer Kirche sind. Sie gehen zwar Weihnachten zum
Gottesdienst, bezahlen brav die „Kirchensteuern“ und geben ihre Brut gern in
kirchliche Kindergärten, aber in Wahrheit nehmen sie die Pfaffen gar nicht mehr
richtig ernst.
Ich vermute diese Unterschiede zwischen Deutschland und
den USA bestehen deswegen, weil das Christentum mit gerade mal zwei Konfessionen
in Europa über Jahrhunderte Monopolist war.
In Amerika gibt es viel mehr verschiedene Kirchen, die
auch weniger zentral organisiert sind.
Konfessionshopping ist völlig normal. Wenn einem die
presbyterianische Kirche zwei Straßen weiter besser gefällt, als die
Methodistenkirche, bei der man bisher immer betete, geht man eben zu dem Pfaff
und schließt sich seiner Gemeinde an. In Deutschland ist es schwierig zu konvertieren
und ohnehin unüblich.
In der Praxis bedeutet dieses starrere Konfessionsmodell
in Europa, daß die Kirchen kaum untereinander in Konkurrenz treten.
Wenn ein Pfaff wie eine Klinikpackung Valium predigt,
Messdienerchen anfasst oder sonst irgendwie negativ in Erscheinung tritt,
entfremdet sich der Gläubige von ihm und geht in die innere Emigration.
Er zahlt zwar in der Regel weiterhin, kümmert sich aber
einfach nicht um das Gemeindeleben.
Die Pfaffen sind nicht nur ohnehin so selten, daß sich
beide deutschen Großkirchen gar nicht leisten könnten bei ihrer Anstellung
wählerisch zu sein, sondern sie leben auch noch mit tumben
lebenslang-Gemeindemitgliedern.
Sie schmoren in ihrem eigenen Saft und interessieren sich
gar nicht dafür wie die Kollegen der anderen Kirchen ihre Predigten gestalten.
Die wirklich überzeugten Evangelischen in Deutschland
haben es auch so leicht.
Sie sind ohnehin in allen Gremien vertreten, bekommen
jede Menge kostenlose Sendezeit im überregionalen Fernsehen, sind in der
Politik extrem überrepräsentiert und werden zudem auch noch vom Steuerzahler jedes
Jahr mit vielen Milliarden Euro überhäuft.
In dieser extrem privilegierten Situation muß man auch nicht
selbst besser werden, muß sich nicht um das Wohl seiner Kunden kümmern.
Selbstbeweihräucherung ist völlig ausreichend.
Konkurrenzlosigkeit
schläfert das Geschäft ein.
Während sich die Topp-Protestanten rund um die Uhr
gegenseitig großartig finden, wundern sie sich, daß in ihrem Laden in Wahrheit
nichts mehr los ist und die Ratten das sinkenden Schiff EKD schneller verlassen
als den Pädo-Kahn der RKK.
Die frommen Frauen der Evangelischen Kirche rätseln.
Dieser besondere Typus Mensch
mit den „lila Genen“. Also die leicht aus der Zeit gefallenden,
Porzellanmalerei betreibenden, Fingerherz-formenden, intellektuell mittelschwer
behinderten, Bernsteinschmuck-tragenden
Profi-Synodalen.
Petra Bahr, Kathrin
Göring-Kirchentag und Margot Käßmann haben große Fangemeinden und werden von
ihresgleichen stets umjubelt.
Ihre Bücher verkaufen sich gut
und bei den TV-Plapperrunden-Redakteuren sind sie auf Kurzwahl gespeichert.
Daß auch ihnen die Schäfchen
weglaufen, können sie nicht verstehen.
Bei ihnen gehen die Uhren
anders.
Sie treffen einfach nicht mehr
den Nerv der Zeit.
Sie mischen sich zwar intensiv
und im höchsten Maße rechthaberisch in aktuelle Diskussionen (Sterbehilfe,
Pflegekatastrophe,..) ein, aber dabei bewegen sie sich vorzugsweise unter
ihresgleichen.
Kirchentage und Synoden, ihre
Kirchengemeinden und frömmelnden Freunde halten sie für repräsentativ.
Eine Mehrheit der Menschen
schreckt ihre debil-naive Sprache allerdings ab.
Und wer nach ernsthaften
Inhalten, nach Antworten sucht, ist ohnehin ganz falsch bei den Synodalen des
21.Jahrhunderts.
Gerade kommen neue Zahlen rein.
Von Generation zu Generation verliert die evangelische Kirche an
Bedeutung – selbst bei den eigenen Mitgliedern. Wie aus einer am Donnerstag in
Berlin vorgestellten Untersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
hervorgeht, sinkt nicht nur die Zahl der Kirchenmitglieder kontinuierlich. Es
wächst auch die Gruppe derjenigen Menschen, die zwar der Kirche angehören, sich
ihr aber kaum oder gar nicht verbunden fühlen.
Nach den Ergebnissen der 5. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung fühlen
sich 32 Prozent der Protestanten in Deutschland der Kirche allenfalls sehr
schwach verbunden. 15 Prozent gaben an, der evangelischen Kirche sehr verbunden
zu sein. Bei der Mitgliedschaftsuntersuchung von 1992 hatten sich lediglich 27
Prozent als kaum oder gar nicht verbunden eingeschätzt. [….]
Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider äußerte sich bei der
Vorstellung der Ergebnisse besorgt: "Wir müssen ganz nüchtern
konstatieren, dass es eine zunehmende Indifferenz bei Kirchenmitgliedern
gibt." Das müsse Anlass sein, sich ernsthaft mit der Situation
auseinanderzusetzen.
[….] Als Grund für das Wachsen der Gruppe der kirchenfernen Mitglieder
nennt die Studie, dass eine religiöse Erziehung auch in protestantischen
Familien nicht mehr die Regel ist. Von den Evangelischen ab 60 Jahren wurden
nach eigenen Angaben etwa 83 Prozent religiös erzogen.
Von den Kirchenmitgliedern unter 30 Jahren sagen das nur noch 55
Prozent. "Religiöse Sozialisation erfolgt in der Familie. Doch die
Weitergabe des Glaubens von Generation zu Generation ist keine
Selbstverständlichkeit mehr", sagte Gerhard Wegner, Direktor des
Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD.
[….] Ende 2012 gehörten 23,4 Millionen Menschen den evangelischen
Landeskirchen an. 24,3 Millionen Einwohner waren Katholiken. Fünf Jahre zuvor
waren noch 24,8 Millionen Mitglied der evangelischen, 25,5 Millionen der
römisch-katholischen Kirche.
Ich bin begeistert.
Die Topkleriker kommen also gar nicht auf die Idee die
Fragwürdigkeit ihrer sadistischen Lehren, ihre Bigotterie, die Raffgier und die
Weltfremdheit, bzw die intellektuelle Unterentwicklung ihrer Führungsfiguren
als Ursache des Mitgliederschwunds in Betracht zu ziehen.
Zusammengefasst: Glaubwürdigkeit fehlt!
Stattdessen wird beklagt, daß nicht mehr genügend Kinder
braingewashed werden.
Für Atheisten sind das großartige Nachrichten.
Es besteht keinerlei Gefahr, daß evangelischen Kirchen demnächst
attraktiver werden könnten und nicht mehr Hunderttausende jedes Jahr aus ihren
Reihen treiben.
Aber auch der fromme Franzi-Fan und überzeugte Katholik
Matthias Drobinski, der für die SZ alles Kirchliche beackert, kann sich leise
Häme zwischen den Zeilen nicht verkneifen. Da brüskiert seine RKK die Welt mit
Müller, TVE und Kinderfickern auf der ganzen Welt und dennoch rennen den lahmen
Protestanten die Mitglieder noch schneller weg. Ätsch.
Alle zehn Jahre befragt die evangelische Kirche ihre Mitglieder, und
die haben zum Dank diese Kirche um einige Selbsttäuschungen ärmer gemacht. Die
Leute, so hatten die Kirchenvertreter immer gesagt, mögen der Institution
fernstehen – aber sie bleiben ihr in dieser Distanz treu verbunden. Stimmt
nicht, sagt nun die Studie: Es wächst die Zahl der Gleichgültigen, denen es
egal ist, ob sie Kirchenmitglied bleiben oder nicht. Die nächste Legende: Wer
aus der Kirche austritt, bleibt dennoch ein Sinnsucher, der Ja sagt zu Jesus
und Nein zur Kirchensteuer. Doch wer gegangen ist, sucht meist nichts mehr
jenseits der weltlichen Verheißungen von Glück, Gesundheit, Wohlstand.
Die mittlerweile fünfte Mitgliederstudie der evangelischen Kirche
offenbart, welch dramatischer Traditionsabbruch in Deutschland gerade
geschieht, wie grundlegend sich die religiöse Landschaft der Republik wandelt –
die katholischen Milieus mögen stabiler sein, aber auch dort gehen die Prozesse
nicht grundsätzlich anders. Von Generation zu Generation beten immer weniger
Eltern mit ihren Kindern, feiern jenseits von Weihnachten Kirchenfeste, lesen
mit ihnen in der Bibel. Es bleibt ein stabiler Kern überzeugter und bewusst
engagierter Christen, eine positive Sozialauswahl von überdurchschnittlich lebenszufriedenen
und hilfsbereiten Menschen. Es sind und bleiben einige Millionen, auch das
gehört zu den Ergebnissen der Befragung. Insgesamt aber ist das Christentum in
Deutschland auf dem Weg in die Minderheit. […]
GOTT sei Dank.