Freitag, 4. September 2020

Braun-schwurbelige Basis.


Der Neologismus „Querfront“ ist recht treffend, denn das was sich unter den vermeidlich harmlos-spinnerten angeökten Publikum aus der Esoterik-, Homöopathie-, Heilpraktiker- und Impfskeptikerszene bei den Grünen sammelt ist leider nicht nur eine naturfreundliche Variante der Normalbürger.
Nein, sie sind wissenschaftsfeindlich und durchaus so fanatisch, daß sie sich selbst samt ihrer Kinder in Lebensgefahr bringen.
Der Schritt ins Völkische ist so naheliegend, daß diejenigen, die eben noch einfache Kritiker der Pharmalobby waren, Bachblüten konsumieren und zuckerige Globuli einwerfen, im nächsten Moment mit Pegida, AfD und NPD marschieren.

Wer sich ein bißchen mit der großen Sinnlos-Hoax der Homöopathie beschäftigt hat, weiß daß das Heilpraktikergesetz von Adolf Hitler stammt und die „neue germanische Medizin“ bis zur SS zurückreicht.
Homöopathie-Freunde wie Barbara Steffens, die ehemalige grüne Gesundheitsministerin in NRW (2010-2015) stellen eine echte Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung dar.

[….] Im Oktober 2012 erklärte die Ministerin dem Magazin Stern:
    “Ich mache mich als Ministerin dafür stark, dass in unserem Gesundheitssystem und damit in der Schulmedizin auch Alternativmedizin wie die Homöopathie integriert wird. Ich denke, das ist wichtig, damit nicht nur einzelne Symptome behandelt werden, sondern der Mensch als Ganzes. Zum Glück gibt es schon viele Ärztinnen und Ärzte, die genauso arbeiten, bei denen auch Arnica C30 längst fester Bestandteil der Praxis ist.”
Das klingt blödsinnig und schrecklich uninformiert. Oder esoterisch und wissenschaftsfremd. Beides eigentlich undenkbar für eine Ministerin, die eine Administration von Fachleuten unter und um sich hat. […..]

Die Grüne Top-Politikerin ist nicht nur ideologisch völlig verblendet, sondern auch noch wissenschaftlich auf dem Holzweg.
Es gibt keine alternative Medizin, so wie es auch keine alternative Physik oder alternative Mathematik gibt.
Das ist grober Unfug.

Eine Dekade später ist es die bayerische Grünen-Fraktion, die 200 Jahre nach Samuel Hahnemann (* 10. April 1755 in Meißen; † 2. Juli 1843 in Paris) eine Studie in Auftrag gibt, um die Wirksamkeit von Homöopathie zu untersuchen.
Sagenhaft. Ohne Wirkstoff kann der Unsinn nicht wirken und dementsprechend wurde in vollen 200 Jahren Forschung in der ganzen Welt noch nie ein einziger Beleg für die Wirkung von Globuli über den Placebo-Effekt hinaus gefunden.

(….) Ein extrem erbärmliches Bild geben die Oliven auch in Bayern ab.
Dort stimmten sie fast geschlossen für einen Gaga-Antrag der CSU, um die Wirksamkeit der prinzipiell wirkungslosen Homöopathie untersuchen zu lassen.

[…..] Bayerischer Landtag stimmt für umstrittene Homöopathie-Studie
Kann der Einsatz von Antibiotika durch homöopathische Mittel reduziert werden? Das soll in Bayern mit einer Studie geprüft werden. Die Opposition ist empört.
[….. ] Der Antrag, der Teil einer Debatte über sogenannte multiresistente Keime war, wurde zuvor kontrovers diskutiert. Gegnerinnen und Gegner des Vorhabens bezeichneten die Studie als überflüssig. "Das Vorhaben der bayerischen Staatsregierung ist fahrlässig, weil es bereits mit der Fragestellung suggeriert, dass homöopathische Mittel wie Globuli multiresistente Keime bekämpfen könnten", kritisierte Dominik Spitzer (FDP). Bisher habe keine wissenschaftliche Studie beweisen können, dass homöopathische Mittel allein gegen Beschwerden wirkten.
Auch die SPD-Abgeordnete Ruth äußerte Kritik an dem Vorhaben der Landesregierung. Wenn an Homöopathie "wirklich nachweislich etwas wirke, dann ist es der Anteil der sprechenden Medizin, der ganzheitliche Blick auf die Patienten". Nicht nachvollziehen könne sie jedoch, "bei schwerer Sepsis auch nur daran zu denken, diese Kügelchen womöglich anstelle von Antibiotika zu verabreichen".[….. ]

Es ist schizophren; ausgerechnet die Grünen, die seit Jahrzehnten die anderen Parteien in den Fragen von Umweltverschmutzung, Klimaschutz, Waldsterben, Gentechnik, Ökologie und Agrarpolitik vor sich hertreiben, indem sie anmahnen endlich auf die Wissenschaftler zu hören, gleichzeitig in ihren eigenen Reihe zutiefst bornierte Wissenschaftsfeinde pflegen.

Die Eso-Grünen sind dabei mitnichten harmlose Spinner, sondern sie verbünden sich ungeniert mit Rechtsradikalen, Ausländerhassern und Antisemiten. Das zeigen die „Anti-Corona“-Demos in Berlin und Stuttgart seit Monaten nur zu deutlich.

Für die Sozialwissenschaftlerin Claudia Barth ist dieser Schulterschluss von grüner Basis und braunem Pack folgerichtig. Daß in Berlin bunt angezogene Esoteriker und Hippies neben dunkel gekleideten Neonazis und Reichsbürgern zusammenmarschierten ist für Fachleute keine Überraschung.

[….] Gut passt das zusammen. Ich war jedenfalls nicht überrascht. In der Esoterik ist Rassismus stark ausgeprägt, etwa, weil daran geglaubt wird, dass Rassen, wie es in der Szene heißt, einen vorgesehenen Platz in der Weltgeschichte hätten, sie einem höheren Plan folgend auf- und absteigen. Die "germanische Rasse" hat dabei einen besonderen Stellenwert, sie ist auserkoren, die Weltherrschaft zu bekommen. [….]  Das extrem rechte Gedankengut ist nicht der Grund, warum Menschen sich für Esoterik interessieren, aber sie saugen es dann dort auf. In der deutschen Esoterik, wie sie seit über hundert Jahren praktiziert wird, ist rassistisches, antisemitisches und völkisches Denken fester Grundbestandteil. Da gibt es genügend Gemeinsamkeiten im Denken - ein Teil der Szene grenzt sich von solchen Ideologien ab, aber der ist kaum wahrnehmbar. [….]  Esoterik hatte in Deutschland seit den Neunzigerjahren immer einen starken Moment der Vergangenheitsbewältigung. Damals war Trutz Hardo, der eigentlich Tom Hockemeyer heißt, sehr wichtig für die Szene. In einem seiner Bücher schrieb er, dass Auschwitz das Beste gewesen sei, das den Juden zur Karma-Reinigung hätte passieren können, Hitler sei nur der Vollstrecker ihres Willens gewesen. Dieses Buch wurde zwar verboten, aber die Thesen wurden in der esoterischen Szene breit rezipiert. Auf den Demonstrationen sehen wir nun Leute, die sich selbst einen Judenstern anheften. Diese Täter-Opfer-Umkehr wurde gedanklich vorbereitet.
[….] Rechtsextreme werden von Demonstrierenden momentan als potenzielle Bündnispartner wahrgenommen, die schon anders sind, aber grundsätzlich auf der richtigen Seite stehen. Das haben mir Interviewte klar auch so gesagt, sich betont als "rechtsoffen” bezeichnet. Zusammenschlüsse wie "Uniter" oder "Nordkreuz", wo Polizisten und Militärs sich offenbar auf einen Tag X vorbereiteten, um die Regierung zu stürzen, dafür Waffen horteten und Todeslisten anlegten, wurden als diejenigen gesehen, die erkannt haben, dass diese aktuelle Regierung wegmuss. [….] Die Esoterik ist eine Religion des bürgerlichen Zeitalters und entstand zur Zeit der Reichsgründung 1870/71. In den Neunzigerjahren ist die Szene dann abermals richtig aufgeblüht, unter anderem durch Jan Udo Holey, der unter dem Pseudonym Jan van Helsing Bücher veröffentlichte. Er war auch der Erste, der nach 1945 antisemitische Verschwörungsideologien wieder für eine breite Schicht der Bevölkerung wahrnehmbar und diskutierbar gemacht hat. Seine Werke hatten und haben viel Einfluss auf die Szene. [….]

Die CDU-affinen Parteichefs der Grünen haben leider, wieder einmal, nicht die Kraft das Richtige zu tun und lassen die Querfrontler in ihren Reihen gewähren.
Das Thema wird seit Jahren auf grünen Parteitagen ausgesessen. Habeck und Baerbock sind genauso wenig wie ihre Vorgänger gewillte die braun-grünen Eso-HÖ-Spinner aus ihren Reihen zu verdammen.
Ihnen fehlt es seit Jahren an Rückgrat. Als Quittung muss sich die Partei im September 2020 nun vorhalten lassen sich nicht von Xavier Naidoo und Attila Hildmann distanzieren zu können, weil ihre eigenen Politiker auf den Demos der beiden Herren mitlaufen.

[……] Eigentlich wollte die Grünen-Spitze das heikle Thema mit dieser Idee abräumen: Eine Kommission sollte die Haltung der Ökopartei zur Homöopathie klären, Befürworter und Kritiker friedlich an einem Tisch vereint, im Gespräch mit Fachpolitikern. So hatte es der Bundesvorstand vor dem Bielefelder Parteitag im November vorgeschlagen, so beschloss es eine große Mehrheit der Delegierten.
Nun, gerade mal zwei Monate später, ist klar: Die mit großen Hoffnungen gestartete Kommission ist gescheitert, bevor sie richtig mit der Arbeit begonnen hat. Die Grünen-Spitze sagte das geplante Gremium am Dienstag ab. [….]

Die Grünen können sich nach Jahren nicht dazu durchringen für die Gesamtpartei eine generelle Achtung vor der Wissenschaft zu erklären und Missachtung von rechten Verschwörungstheoretikern, Impfgegnerspinnern, Chemtrailsgläubigen, Soros-Schissern und Virenleugnern festzustellen.

[….] Wie es die Grünen mit der Homöopathie halten, gehört zu den wenigen Fragen, über die in der Partei noch leidenschaftlich gestritten wird. Viele Wählerinnen und Mitglieder der Grünen vertrauen auf Globuli und sehen in den Zuckerkügelchen eine sanfte Alternative zur Schulmedizin. Andere sind mehr als skeptisch – und berufen sich dabei auf zahlreiche Studien, die keine Wirksamkeit homöopathischer Verfahren nachweisen konnten.
Auf dem Bielefelder Bundesparteitag im vergangenen November konnte eine offene Schlacht zwischen Anhängerinnen und Kritikerinnen des Kügelchenkultes nur knapp verhindert werden. 250 Mitglieder hatten im Vorfeld einen Antrag unterschrieben, in dem sie forderten, die Finanzierung der Homöopathie über die Krankenkassen zu beenden. Dagegen regte sich der erbitterte Widerstand von Homöopathie-Befürworterinnen. [….]

Immerhin, Robert Habeck möchte nun einen Kompromiss durchdrücken, mit dem die Krankenkassen zwar die Idiotenbehandlung bezahlen und so die HÖ-Industrie weiterhin einen dreistelligen Millionenbetrag jährlich einsackt – ABER das soll nicht von allen Krankenkassenmitgliedern bezahlt werden, sondern nur von denjenigen, die doof genug sind, einen entsprechenden Zusatztarif freiwillig zu zahlen.

Der Verband klassischer Homöopathen Deutschlands, VKHD, ist alarmiert …

[…..] „Im Grunde ist die Antwort, die wir geben, so: Ja, Krankenkassen können das bezahlen über einen Wahltarif.“ Offenbar wollen die Grünen die bestehenden Satzungsleistungen gegen neu einzuführende Wahltarife tauschen. Wie die rechtssichere Umsetzung gelingen soll, bleibt offen. Habecks Fazit jedenfalls: "Der Streit ist gelöst." Na, warten wir's ab. […..]
(Stefan Reis, VKHD, 18.08.2020)

….weist aber darauf hin, daß alles bisher nur eine Absichtserklärung des Obergrünen ist. Keiner weiß was der Grünen-Parteitag wirklich dazu beschließen wird.