Die
1970er Jahre sind vorbei.
Da
machte man als Sozi Wahlkampf und mit einem populären Kandidaten waren durchaus
absolute Mehrheiten denkbar.
Zur Mobilisierung
der potentiellen Wähler gab es einerseits die höchst abschreckende Alternative
und andererseits klare außenpolitische und sozialpolitische Ziele, die klein
Lieschen auf der Straße verstand.
Daß
diese klare Unterscheidbarkeit der Parteien nicht mehr da ist, liegt nur zum
kleinen Teil in der Verantwortung der (ehemaligen) Volksparteien.
Viele
Probleme wurden auf die supranationale Ebene promoviert. Ein Kanzler oder ein
Minister kann schon lange nicht mehr all das durchsetzen, das er möchte.
Für noch
gravierender halte ich aber den Informationsoverkill mit 100 TV-Sendern und dem
Internet.
Selbst
wenn man wie Peer Steinbrück 2013 mit recht klaren Alternativen zur Merkel-Westerwelle-Politik
ins Rennen geht, werden sie trotz der allgemeinen Veröffentlichung gar nicht
wahrgenommen.
Gerade
wird wieder einmal die dramatische und hoch gefährliche Ungleichverteilung des
Vermögens beklagt, aber als die SPD 2013 mit einem darauf
ausgerichteten Programm antrat, in dem Vermögensteuer und Erhöhung der
Erbschaftssteuer standen, war der Urnenpöbel ganz verschreckt davon und wählte
die CDU mit fast absoluter Mehrheit, also die Kanzlerin, die schon acht Jahre
massiv von unten nach oben umverteilt hatte.
Der
Wähler ist eben nicht nur ein scheues Reh, sondern auch ein dummes Reh, welches
sich lieber Germanys Next Topmodel
und Fußball-Bundesliga ansieht, statt
mal ein Wahlprogramm zu lesen.
Eine
Wahlentscheidung wird so zum Affekt; die Konsequenzen ausgeblendet.
Lehman
Brothers, fast 30.000 Angestellte, fast 700 Milliarden Dollar Bilanzsumme,
gingen am 15. September 2008 in Insolvenz. Die weltweite Superfinanzkrise war
da, die gesamte Spekulations/Privatisierungs-Ideologie kollabierte. In der
gesamten westlichen Welt mußten die Steuerzahler für aberwitzige an den Börsen
verzockte Summen geradestehen.
Und was
tut der deutsche Urnenpöbel? Wählt im September 2009 genau die Partei mit
Rekord-15% in die Bundesregierung, die wie keine andere für Privatisierungen
und Investmentbanking stand, so daß in den nächsten vier Jahren massive
Geschenke an die Finanz-, Pharma- und Versicherungsindustrie von den
FDP-Minister durchgeboxt wurden.
Absurd,
denn in der GroKo von 2005-2009 hatte der SPD-Finanzminister Steinbrück eine
keynsianische Politik mit massiven Konjunkturprogrammen durchgesetzt, von der
Deutschland heute noch profitiert – im Gegensatz zu den EU-Ländern, denen
das gegenteilige Austeritäts-Konzept aufgezwungen wurde.
Wie sehr
das in die Hose ging konnte man sehr schön an der schwarzgelben Periode
2009-2013 erkennen. Europaweit wurden die Staatsschulden dem Steuerzahler aufs
Auge gedrückt, während die spekulationsgierigen Banker, die das erst verursacht
hatten, von Merkel und Schäuble das Geld zugeschoben bekamen.
Im
Wahljahr 2013 entschied der Wähler, er wolle noch mehr Merkel.
Politisch
links denkende Menschen verzettelten sich unterdessen in SPD, Grüne, Linke und
Piraten.
„Links“
waren früher mal eindeutig SPD-Anhänger.
Heute
kann „links“ alles Mögliche heißen.
Und diejenigen,
die die Aufspaltung praktizieren, indem sie beleidigt zeternd nicht/nie mehr
SPD wählen, sind dann groteskerweise die ersten, die R2G als einen Block
ansehen und meinen so könnte die CDU abgewählt werden.
Was für
ein Schwachsinn.
Wer keine rechte,
neoliberale Regierung möchte, muß sich auf eine linke Partei einigen und nicht
immer weiter sektieren.
Es ist
nicht so abwegig, daß der SPD-Chef Gabriel aus den Bundestagswahlergebnissen 2009
und 2013 den Schluß zieht, daß linke, nachfrageorientierte Finanz- und
Wirtschaftspolitik offenbar vom Wahlvolk absolut nicht gewollt wird.
Höheren
Steuern für Millionäre und Konjunkturprogrammen wurden an den Wahlurnen klare
Absagen erteilt.
Es ist
naheliegend daraus Konsequenzen zu ziehen und den Kurs gen Mitte zu ändern. Die
Sozi-Freunde aus den 1970ern, die sich über Schröders Agenda 2010 geärgert
hatten, waren ja ohnehin längst zu Linken, Piraten und heute auch zur AfD abgewandert.
Um den
Kuchen konnte sich Gabriel also gar nicht mehr bemühen.
Taktisch
gedacht, muß man als Parteipolitiker fast zu dem Schluß kommen, mehr in die
merkelige Mitte zu rutschen.
In der
Praxis führte das aber offenbar zu so viel Verwirrung, daß die letzten
SPD-Wähler nun auch noch verschreckt werden. Sie bleiben zu Hause oder wählen
gleich die in allen Lagern so überaus beliebte Angela Merkel.
Und nun?
Da hilft nur noch ein
Neuanfang!
Desaströse
Wahlergebnisse, kaum Problembewusstsein: Die SPD hat ihren Tiefpunkt erreicht.
Wenn sie sich nicht bald grundlegend ändert, wird sie nicht mehr benötigt.
Das
schreibt Yannick Haan, Sprecher des Forums Netzpolitik der Berliner SPD und
Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Berlin Alexanderplatz, am 29.03.2016 in der
ZEIT und führt aus, wie er sich eine Zukunft seiner Partei vorstellt.
Den
Haan, gerade mal 30 Jahre alt, finde ich äußerst sympathisch. Es ist lobenswert
sich einzusetzen und Konzeptionen zu überlegen.
Statt
aber selbstbewußt auf originäre SPD-Politik zu setzen, schwebt ihm ein
irgendwie geartetes, überpolitisches, europäisches Konglomerat aus allen
erdenklichen Gruppen vor. Das Internet soll es möglich machen.
Warum also nicht einen
europäischen Parteitag einberufen, auf dem wir debattieren, wie eine linke
Wirtschaftspolitik aussehen soll? Warum nicht einen Plan schmieden für einen
New European Deal. Der muss endlich die neoliberalen Reformen und die
derzeitige ökonomische Abwärtsspirale in Europa beenden. Eine linke europäische
Bewegung muss dafür sorgen, dass Europa kein Elitengebilde bleibt. Hierfür
müssten wir die Gewerkschaften, die NGOs, die Sozialverbände, die
Netzaktivisten, die Kirchen und andere gesellschaftlichen Akteure mit ins Boot
holen.
Ich
teile die politischen Zielsetzungen Haans, aber sein Weg dahin scheint mir zum
Scheitern verurteilt zu sein.
Netzaktivisten?
Diese Rudimente der Chaos-Piraten, die sich bundesweit lächerlich gemacht haben?
Diese Rudimente der Chaos-Piraten, die sich bundesweit lächerlich gemacht haben?
Gewerkschaften?
Diese ultrabürokratischen
Schnarcher, die auf Kohlestrom setzen und so altbackenen Modellen anhängen, daß
ihre Mitglieder noch viel schneller davon rennen, als die der SPD?
Kirchen?
Die Fortschrittsbremsen, Kinderfickervertuscher, Handaufhalter, ultrareichen CDU-Klienteliker, Homohasser, Patientenverfügungsgegner und Arbeitsrecht-Verweigerer?
Die Fortschrittsbremsen, Kinderfickervertuscher, Handaufhalter, ultrareichen CDU-Klienteliker, Homohasser, Patientenverfügungsgegner und Arbeitsrecht-Verweigerer?
Nein
danke.
Ich wünsche
mir eine SPD, die sich genau von solchen Typen emanzipiert und eigene Konzepte
entwickelt.