Mit einer gewissen Regelmäßigkeit zeige ich in diesem Blog immer mal wieder, wie man sich von Deutschland aus, angemessen gegenüber Israel verhält. Was möglich ist, was nötig ist und was man lieber unterlassen sollte.
(….) Viele Rechtsextreme, viele Idioten und leider auch zu viele engagierte Linke, blamieren sich, seit die Hamas am 07.Oktober 2023 mehr als 1.400 Israelis massakrierte und rund 250 Menschen als Geiseln verschleppte, mit verstörenden Aussagen.
Möglicherweise gab es schon beim Jom Kippur-Krieg 1973, oder dem Sechstagekrieg von 1967 so abwegige deutsche Meinungen dazu. Aber glücklicherweise gab es damals noch kein Internet, so daß nicht jeder Depp seine irrelevanten Ansichten publizierte.
Ich möchte 20 Axiome zur Nahost-Meinungsäußerung in Deutschland nennen, die ich mir nicht etwa gerade selbst ausdenke, sondern seit Jahrzehnten rauf und runter gebeten werden. Aber offensichtlich dennoch immer weniger gehört werden.
1. Niemand ist gezwungen sich zu positionieren.
2. Niemand muss Nahost-Experte sein.
3. Kritik an Israelischer Politik ist nicht verboten.
4. Politisches Handlungen der Jerusalemer Regierung zu kritisieren, ist nicht antisemitisch.
5. Einzelne Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland für Netanyahus Handlungen zu beschimpfen, ist antisemitisch.
6. Die Hamas ist nicht identisch mit den Palästinensern.
7. Ein nach 1945 geborener Deutscher ist nicht Schuld am Holokaust.
8. Die Deutschen Bürger sind aber dafür zuständig, den Holocaust nicht zu vergessen und ihn nicht zu wiederholen.
9. Für die historischen Leiden des jüdischen und des palästinensischen Volkes ist Deutschland sehr stark mitursächlich und sollte deswegen auf internationaler Ebene nicht ausgerechnet am Lautesten kritisieren und den moralischen Zeigefinger schwenken.
10.Hamas-Terror, der zum Beispiel beinhaltet, die deutsche Geisel Shani Louk, nackt zur Schau zu stellen, sie zu vergewaltigen, foltern, köpfen, zu zerstückeln und mit solchen Taten im Netz zu prahlen, ist eben nicht mit den Aktionen Israelischer Soldaten zu vergleichen.
11.Wenn man auf Social Media Israel beschimpft und dafür seinerseits kritisiert wird, bedeutet das nicht „man darf ja gar nichts mehr sagen“.
12.Meinungsfreiheit in Deutschland bedeutet nicht das Recht, seine Meinung immer widerspruchslos kund zu tun.
13.Wenn deutsche Juden nur unter besonderem Schutz in Schulen oder Synagogen gehen können, ist das nicht ihre Schuld, sondern eine elende Schande für die deutsche Gesellschaft.
14.Empathie für die getöteten Kinder im Gaza-Streifen zu empfinden, bedeutet nicht, israelfeindlich zu sein.
15.Empathie für die von der Hamas gefolterten und getöteten Israelis zu empfinden, bedeutet nicht, alle Palästinenser zu hassen.
16.Die internationale Gemeinschaft verlangt nicht von Fritze Meier in der Fußgängerzone von Buxtehude, eine Lösung des Nahostkonfliktes aus dem Ärmel zu schütteln.
17.Nicht jeder Deutsche muss über historisches Fachwissen verfügen.
18.Wer historische Vergleiche bemüht, sollte aber die Fakten kennen.
19.Deutsche Rechtsradikale, die mit ihrem extremen Hass auf Migranten und Muslime Stimmungen machen, sind nicht automatisch Israel-Freunde.
20.Die Kriegsverbrechen Putins rechtfertigen selbstverständlich nicht, 80 Jahre rückwirkend den deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. (….)
(Historisch aufgeladene Zeiten, 04.11.2023)
Für mich versteht es sich immer noch von selbst, daß von den rund 200 Nationen auf der Welt, selbstverständlich nicht ausgerechnet Deutschland als Erstes und am lautesten schreien soll, wenn die Israelische Regierung kritikwürdig agiert.
Dieses vorausgeschickt, kommen nun zwei große ABERS.
Erstens lässt der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Bibi Netanjahu seine Armee nicht mehr nur völkerrechtswidrig, sondern offenkundig auch genozidal vorgehen. Nach rund 60.000 zivilen Opfern in Gaza, gibt es eine echte Vertreibungspolitik. Netanjahus Regierung geht in die Hungertod-Phase über.
[…] The UK and 30 international partners gave a joint statement on the Occupied Palestinian Territories.
We, the signatories listed below, come together with a simple, urgent message: the war in Gaza must end now.
The suffering of civilians in Gaza has reached new depths. The Israeli government’s aid delivery model is dangerous, fuels instability and deprives Gazans of human dignity. We condemn the drip feeding of aid and the inhumane killing of civilians, including children, seeking to meet their most basic needs of water and food. It is horrifying that over 800 Palestinians have been killed while seeking aid. The Israeli Government’s denial of essential humanitarian assistance to the civilian population is unacceptable. Israel must comply with its obligations under international humanitarian law.
The hostages cruelly held captive by Hamas since 7 October 2023 continue to suffer terribly. We condemn their continued detention and call for their immediate and unconditional release. A negotiated ceasefire offers the best hope of bringing them home and ending the agony of their families.
We call on the Israeli government to immediately lift restrictions on the flow of aid and to urgently enable the UN and humanitarian NGOs to do their life saving work safely and effectively.
We call on all parties to protect civilians and uphold the obligations of international humanitarian law. Proposals to remove the Palestinian population into a “humanitarian city” are completely unacceptable. Permanent forced displacement is a violation of international humanitarian law.
We strongly oppose any steps towards territorial or demographic change in the Occupied Palestinian Territories. The E1 settlement plan announced by Israel’s Civil Administration, if implemented, would divide a Palestinian state in two, marking a flagrant breach of international law and critically undermine the two-state solution. Meanwhile, settlement building across the West Bank including East Jerusalem has accelerated while settler violence against Palestinians has soared. This must stop. […]
This statement has been signed by:
· The Foreign Ministers of Australia, Austria, Belgium, Canada, Cyprus, Denmark, Estonia, Finland, France, Iceland, Ireland, Italy, Greece, Japan, Latvia, Liechtenstein, Lithuania, Luxembourg, Malta, The Netherlands, New Zealand, Norway, Poland, Portugal, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland and the UK
· The EU Commissioner for Equality, Preparedness and Crisis Management [….]
Zweitens kritisieren der CDU-Kanzler und der CDU-Außenminister das nicht nur nicht, sondern stehen mit ihrem Appeasement zum Entsetzen der europäischen Partner, der deutschen Diplomaten und des SPD-Koalitionspartners allein an der Seite des Verbrechers Trump.
Schande, Schande, Schande über die CDU!
[…] Seit Monaten Blockaden, immer wieder Zerstörung, Lebensmittel nur noch von einer umstrittenen Organisation verteilt: Das Elend in Gaza ist enorm. Nun berichten Organisationen von einer prekären Lage selbst für Helfende.
[…] In einem dringlichen Appell haben nun mehr als 100 Hilfsorganisationen vor der Ausbreitung einer Massenhungersnot gewarnt.
In der am Mittwoch veröffentlichten und von 111 Organisationen unterzeichneten Erklärung hieß es, dass »unsere Kollegen und die Menschen, denen wir helfen, dahinsiechen«. Zu den Unterzeichnern gehören auch Ärzte ohne Grenzen (MSF), Save the Children und Oxfam. Die Organisationen forderten sofortige Verhandlungen über eine Waffenruhe, die Öffnung aller Grenzübergänge und den ungehinderten Fluss von Hilfsgütern durch von der Uno kontrollierte Strukturen.
Die Uno hatte am Dienstag mitgeteilt, dass israelische Soldaten seit Beginn der Arbeit der von den USA und Israel unterstützten Hilfsorganisation Gaza Humanitarian Foundation (GHF) Ende Mai mehr als 1000 Palästinenser getötet hätten, während diese versuchten, sich Nahrungsmittel zu verschaffen. Eindrückliche Protokolle über die verheerende Lage im Gazastreifen können Sie hier nachlesen.
Laut dem Uno-Palästinenserhilfswerk UNRWA werden inzwischen auch Helfende vor Hunger und Erschöpfung ohnmächtig. Betroffen seien Ärzte, Pflegekräfte, Journalistinnen und eigene Mitarbeiter, erklärt UNRWA-Chef Philippe Lazzarini. Auch der Norwegische Flüchtlingsrat (NRC) berichtet, seine Vorräte seien aufgebraucht und einige Mitarbeiter hungerten. »Unser letztes Zelt, unser letztes Lebensmittelpaket, unsere letzten Hilfsgüter sind verteilt worden. Es ist nichts mehr da«, sagt NRC-Generalsekretär Jan Egeland der Nachrichtenagentur Reuters. Er wirft Israel vor, die Arbeit der Organisation lahmzulegen. […]
Es ist unerträglich, wie Merz und Wadepfuhl den
Massenmord aussitzen und sich auf internationaler Bühne weigern, die Regierung
des mit internationalen Haftbefehl gesuchten Netanjahus auch nur zu
kritisieren, geschweige denn, sonst irgendetwas zu unternehmen, um dieses
inzwischen offenkundig genozidale Vorgehen der israelischen Armee zu stoppen.
Damit helfen wir nicht den elendig verhungernden Kindern in Gaza; das hilft
aber auch nicht dem Ansehen Deutschlands. Und es schadet schließlich auch ganz
erheblich Israel und den vielen Israelis, die ebenfalls täglich wütend gegen
Netanjahu demonstrieren. Der weltweite Hass auf Israel wird
ins Unermessliche gesteigert. Das kann auch nicht im deutschen Interesse
liegen!
[….] Menschen, die vor den Augen der Weltöffentlichkeit zu verhungern drohen, weil Israel keine oder so gut wie keine Nahrungs- und Hilfsmittel mehr in den Gazastreifen lässt, ausgemergelte Mütter, die apathisch zusehen müssen, wie ihre unterernährten Kinder langsam sterben, unbewaffnete Palästinenser, die zusammengeschossen werden, wenn sie zu irgendwelchen Punkten rennen, weil sie dort noch auf etwas Essbares hoffen, Hunderttausende, die hin- und hergetrieben werden, weil Israel den fast völlig zerbombten Küstenstreifen immer weiter bombardiert. Die Liste der Grausamkeiten ließe sich verlängern. [….] 28 Staaten haben einen dringlichen Appell an Israel gerichtet, dem Leiden im Gazastreifen sofort ein Ende zu setzen. Zu diesen Staaten gehören so wichtige Länder wie Frankreich, Großbritannien und Italien. Die deutsche Regierung aber verweigert sich, will sich dem Appell nicht anschließen. [….]
(Christoph Lütgert, 23.07.2025)
Merz versteht ganz offensichtlich nicht nur nichts von Wirtschaft, nichts von Humanität und nichts von Außenpolitik. Nein, er erweist sich auch als unfähig in Partei- und Koalitionspolitik. Er bemerkt nicht, wie ihm die Sozis von der Fahne gehen.
[….] Die SPD-Fraktion hat die Bundesregierung zu einem Kurswechsel im Umgang mit Israel aufgerufen. Mit Blick auf einen Appell von 28 Staaten, die ein sofortiges Ende des Gazakriegs fordern, schrieb SPD-Fraktionschef Matthias Miersch am Mittwoch auf Facebook: „Deutschland sollte sich der Initiative Großbritanniens anschließen und hier nicht ausscheren.“ Wenn internationales Recht systematisch verletzt werde, müsse das Konsequenzen haben, so der SPD-Fraktionschef.
Deutschland trage eine besondere Verantwortung für das Existenzrecht Israels, aber auch für die Einhaltung des Völkerrechts und den Schutz der Palästinenser*innen. „Diese Verantwortung verpflichtet uns, auch in schwierigen Momenten auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu drängen, so wie wir es auch in anderen Konflikten tun. Doppelte Standards untergraben unsere internationale Glaubwürdigkeit“, schrieb Miersch. [….] Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Adis Ahmetović und der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich forderten am Dienstag ausdrücklich, dass sich Deutschland dem Appell anschließe. „Die Berichte über verhungerte Kinder und eine rapide eskalierende Hungersnot zeigen: Wir haben den viel beschworenen ,point of no return‘ erreicht“, schrieben die beiden in ihrer Erklärung.
Die Lage in Gaza sei katastrophal und stelle einen „humanitären Abgrund“ dar, die völkerrechtswidrige Besatzung und Missachtung von Menschenrechten ließen „keinen politischen Interpretationsspielraum“ mehr zu. Die SPD-Fraktion forderte die Bundesregierung auf, Kooperationen mit Israel auszusetzen und keine Waffen mehr zu liefern, die Israel völkerrechtswidrig einsetze. [….] Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) verteidigte die Entscheidung, den Appell nicht zu unterzeichnen, am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. [….]
Merz und sein rechter Adlatus Frei bemerken gar nicht, wie wackelig ihre Koalition gerade wird.
Bei der Bundestagswahl am 23.02.2025 kamen die CDU auf 28% und die AfD 20%
Fünf Monate später liegen CDU = AfD bei 25%.
Merz und ein Großteil der Presse sind begeistert von der CDU. Aber wie wollen Merz und Söder den AfD-Aufstieg weiterhin der Ampel oder DEN GRÜNEN in die Schuhe schieben? Es ist rätselhaft, wieso in der CDUCSU beim Kopieren der AfD-Forderungen und der Netanjahu-Unterstützung kein Erkenntnisprozess einsetzt. Sie scheinen sogar noch dümmer zu sein, als man denkt.
[….] Funktioniert diese Koalition noch?
Vor der Sommerpause scheiterten Union und SPD an der Richterwahl, eine Lösung ist nicht in Sicht. Bei den Genossen kommen Zweifel auf, ob Friedrich Merz und Jens Spahn in schwierigen Situationen Disziplin herstellen können. [….]
(Sophie Garbe und Paul-Anton Krüger, 23.07.2025)
Merz und Wadephul merken nicht, wie sehr sie sich international isolieren und wie frustriert die eigenen Diplomaten sind.
[….] Während in Gaza immer mehr Zivilisten sterben, wächst im Auswärtigen Amt der Protest: Diplomaten organisieren sich in internen Chatgruppen und fordern von Minister Wadephul mehr Härte gegen Israel.
Wer in den vergangenen Wochen aufmerksam die Korridore der Zentrale des Auswärtigen Amts in Berlin entlangging, der konnte an manchen Bürotüren Postkarten oder Plakate entdecken. [….] Die Postkarten zeigen eine Trümmerlandschaft in Gaza, darauf steht: »Eines Tages werden alle immer schon dagegen gewesen sein.« Und: »Vor aller Augen geht das Töten in Gaza weiter.« Das Motiv ist Teil einer Kampagne der Hilfsorganisation Medico International.
Die deutsche Regierung unterstütze »die genozidale Kriegsführung Israels«, heißt es dazu auf der Internetseite von Medico. »Selbst wenn zuletzt vermehrt öffentlich Kritik am israelischen Vorgehen geäußert wird: Rufe zur Wahrung der Menschenrechte bleiben Lippenbekenntnisse, wenn auf sie keine Taten folgen.« Auf Pro-Palästina-Demos und in deutschen Zeitungskommentaren gehören solche Aussagen längst zum Standardrepertoire. Dass sich deutsche Diplomaten mit einer solchen Kampagne identifizieren, ist hingegen äußerst ungewöhnlich.
Die Postkartenaktion im Auswärtigen Amt wirft ein Schlaglicht auf das Spannungsverhältnis, in dem sich die deutsche Nahostpolitik befindet, seit Israel als Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 im Gazastreifen Krieg führt. [….] Den Spagat zwischen Staatsräson und Völkerrecht hält eine wachsende Zahl von Diplomatinnen und Diplomaten im Auswärtigen Amt nur noch schwer aus. Sie haben sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen, die intern eine Änderung der deutschen Israelpolitik fordert.
Rund 130 Beamte sollen laut SPIEGEL-Informationen mittlerweile zu der Gruppe gehören. Sie treffen sich in unregelmäßigen Abständen und kommunizieren über Chatkanäle. Ihr Motto: »loyal nonkonform«.[….] 13 von ihnen forderten jüngst in einem offenen Brief von der Bundesregierung »eine restriktivere Haltung zu Rüstungsexporten und zur militärischen Kooperation mit Israel«.
Sie argumentieren vor allem mit dem Völkerrecht. Sollte der Internationale Gerichtshof urteilen, dass in Gaza Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder sogar ein Völkermord verübt worden seien, so ihre Warnung, »wird Deutschland sich dem Vorwurf stellen müssen, es habe hierzu in voller Kenntnis der Umstände durch die Lieferung von Waffen, die in Gaza eingesetzt wurden, beigetragen«.[….]
(Christoph Schult, 23.07.2025)
Völkermord? Macht doch nichts, denken sich die CHRIST-Demokraten der Berliner Regierung. Der kriminelle Kriegsherr Netanjahu mit seiner kriminellen Politik kann kein Partner für Deutschland sein.
[….] Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine rechten Koalitionspartner [….] vertiefen seit Jahren den Konflikt zwischen jüdischen und muslimischen Bürgern, zwischen Palästinensern in den besetzten Gebieten und Israelis. Sie tun dies durch Rhetorik und Politik. 2018 schaffte Netanjahu mit seiner damaligen Koalition Arabisch als zweite Amtssprache des Landes ab und förderte den jüdischen Siedlungsbau. 2022 bildete er die bisher extremste Regierung, mit Ministern, die aus einer gewalttätigen Siedlerszene stammen, und arbeitete mit ihr am Umbau des Justizsystems. [….] Als am 7. Oktober 2023 die islamistische Palästinenserorganisation Hamas ein beispielloses Massaker in Israel verübte, etwa 1200 Menschen tötete und 251 entführte, da traumatisierte diese Brutalität die israelische Gesellschaft. Der Tag löste einen Krieg in Gaza aus, in dem bis heute mehr als 58 000 Menschen starben – und den Netanjahus Regierung bis heute nicht beenden will, obwohl die überwiegende Mehrheit seines Volkes ein Ende wünscht.
Fast zwei Jahre nach dem 7. Oktober finden sich gemäßigte und liberalere Israelis und Palästinenser auf einer atemlosen politischen Geisterbahnfahrt wieder. In Gaza herrschen katastrophale Zustände, die Menschen wurden in eine künstliche Ernährungskrise gestürzt, weil Netanjahus Regierung Nahrungsmittel und andere Hilfsgüter stark begrenzt. Die meisten von ihnen haben ihr Zuhause verloren, der Küstenstreifen liegt in Trümmern und wird weiter bombardiert. Im Westjordanland erleben Palästinenserinnen und Palästinenser Schikanen der Siedler, immer neue Checkpoints durch die Armee, gesperrte Straßen und demolierte Häuser. Und in Israel versucht Netanjahu – wie im playbook –, sich sämtlicher Kritiker zu entledigen, auch solcher, die von Amts wegen gegen ihn ermittelten, wie die Generalstaatsanwältin. Missliebigen Organisationen entzieht er Genehmigungen und Visa. In der Koalition arbeitete man jüngst sogar an einer Gefängnisstrafe für solche Menschenrechtler, die mit dem Internationalen Strafgerichtshof kooperieren – eben jener Institution, die einen Haftbefehl gegen Netanjahu ausgestellt hat. [….] Wie im Drehbuch der Populisten verwandelt sich Israel, das doch die leuchtende Demokratie im Nahen Osten sein sollte, in haltloser Geschwindigkeit in ein System, das auf Netanjahu zugeschnitten ist. In einen Ort, an dem Jüdinnen und Juden ihre gerade erwachsen gewordenen Kinder in die Armee schicken müssen, wo diese sich dann an einem menschenverachtenden Krieg beteiligen müssen. Und aus dem viele von ihnen versehrt zurückkehren, und sei es „nur“ seelisch. Denn wer anderen das Menschsein abspricht, verliert auch selbst seine Menschlichkeit.
Die Bundesregierung, die sich zu Recht dem Wohl des Staates Israel und dem der jüdischen Bevölkerung verpflichtet sieht, findet zwar für das Vorgehen in Gaza wie auch für Netanjahus Innenpolitik immer mal wieder Worte der Besorgnis. Im Grunde hält sie sich aber mit Konsequenzen zurück, entzieht sich wie zuletzt selbst internationalen Initiativen gegen den Krieg in Gaza. Diese Zurückhaltung ist eine falsch verstandene Form der Unterstützung. [….]