Montag, 21. März 2016

Wie es hier so läuft – Teil VIII



Der große Helmut Schmidt sagte einst, als Hamburger Bürgermeister wäre eher ein guter Verwalter als Politiker gefragt.
Das stimmt natürlich.
Der kleine Mann auf der Straße ärgert sich über Baustellen, fehlende Parkplätze, verschobene Buslinien, Ticketpreise und ähnliches.
Gefühlte 99% der Hamburger sind davon überzeugt, daß es noch nie so viele Baustellen gab.
Wenn wir uns einen Ideal-Politiker backen würden, könnte dieser auch nicht mehr erreichen. Straßenbau nervt alle und ist teuer. Schlimmer ist nur noch nichts zu tun (wie unter der CDU-Regierung von 2001-2011). Dann sind die Leute irgendwann richtig genervt, wenn Brücken nicht mehr befahrbar sind, alles voller Schlaglöcher ist und dadurch noch viel teurer wird, als wenn man gleich saniert hätte.
Und klar, es gibt noch ein paar Myriaden Flüchtlinge in der Stadt. Auch das ist weniger ein politisches als ein verwaltungstechnisches „Problem“. In Hamburg gibt es kaum bezahlbare Wohnungen* und als Stadtstaat gibt es natürlich wenig freies Bauland, das man benutzen könnte.

* (Unter von Beust 2001-2010 wurde der soziale Wohnungsbau komplett eingestellt. Erst seit Olaf Scholz regiert, werden wieder pro Jahr über 10.000 Wohnungsbaugenehmigungen erteilt)

Die Stadtregierung muß diese Flüchtlinge nicht nur unterbringen, sondern auch versorgen, eingliedern und mit argwöhnischen Anwohnern verhandeln.

Am 07. März 2016 veröffentlichte unser Bürgermeister Olaf Scholz in der ZEIT eine „Positionsbestimmung“ zum Thema, die ich nur als hochvernünftig ansehen kann.
Genau so wünsche ich mir den Chef einer Stadtregierung.

Die erbärmliche Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, die abscheulichen Nachrichten aus Sachsen und Bayern, das kollektive außenpolitische Versagen, die Krisenunterfütterung durch noch mehr Waffenexporte, die rasant zunehmende xenophobe Gewalt, der von den C-Parteien gepushte Siegeszug der AfD und die allgemeine Anfälligkeit für Verschwörungstheorien der krudesten Art – all das weckt in mir den Wunsch nach sehr starken Antidepressiva.

Da muß man zur eigenen psychischen Gesundheit bewußt auf die wenigen Dinge blicken, die ausnahmsweise ganz gut funktionieren.

Während sich Regierungschefs anderer Bundesländer mit Dummheit und dreisten Sprüchen gegenseitig überbieten, können wir Hamburger nach wie vor recht zufrieden sein mit Olaf Scholz.


Während also Oppositionspolitiker wie Katja Suding damit beschäftigt sind den Boulevard zu bedienen, indem sie ihre Liebes-Affären und Frisuren in die Kamera halten, wird wenigstens das Bundesland Hamburg ordentlich regiert.
Schaudernd denkt man Schill, Beust und Kusch zurück, die erst gestiegene Kriminalität verdammten und dann, selbst an der Regierung, die Polizei zusammensparten.

Der heutige CDU-Fraktionschef André Trepoll behauptet, Scholz spare an der Polizei.
Er kann das aber nur sagen, weil er ein Lügner ist.

Tatsächlich sank unter der rotgrünen Regierung Hamburgs die Kriminalität auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren.
Zahlen von denen die selbsternannten Law-and-order-Politiker von Schill-Partei und CDU nur träumen konnten.
Das muß auch das konservative Hamburger Abendblatt zerknirscht einräumen.

Früher war nicht alles besser: Es gab in den 90er-Jahren deutlich mehr Straftaten als heute. Sieht man sich die Statistik jeweils im Abstand von zehn Jahren an, ist die Kriminalität in Hamburg insgesamt auf dem niedrigsten Stand seit 1985. [….]
Bei den Autoaufbrüchen waren es vor 20 Jahren mit 39.917 noch mehr als doppelt so viele Taten wie heute. 16.725 Fälle wurden im Jahr 2015 angezeigt. Und auch beim Einbruch lagen die Zahlen 2015 ein deutliches Stück hinter den hohen Zahlen von 1995, damals gab es 11.214 Einbrüche, rund 400 weniger als 1985.
Insgesamt war die Diebstahlskriminalität auf einem hohen Stand: 1985 und 1995 wurden in Hamburg jeweils gut 40.000 Diebstähle mehr angezeigt als im vergangenen Jahr. [….]
(Hamburger Abendblatt, 16.03.2016)

An dieser Stelle die Frage, was eigentlich die Opposition macht – außer lügen und posieren.

Vom Nachbarbundesland Schleswig-Holstein kennen wir ja schon ideale Oppositionsarbeit.
Zunächst versank die CDU-Landespartei in einem Betrugsskandal. Wieder einmal gab es illegale Tricksereien und Rücktritte bei der Wahl-Aufstellung.
Das ist aber üblich; drei Mal in Folge stolperte ein CDU-Landesvorsitzender in Kiel über einen Skandal. Christian von Boetticher, Jost de Jager und Reimer Böge mußten jeweils innerhalb eines Jahres zurücktreten.
Nun aber macht die CDU SLH wieder Furore mit hochkarätigen politischen Vorschlägen. Sie will Schweinfleischpflicht in Schleswig-Holsteinischen Schulkantinen einführen.

CDU erntet Hohn und Spott
Die schleswig-holsteinische CDU sorgt sich offenbar um die kulinarische Vielfalt. "Die Landesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Schweinefleisch auch weiterhin im Nahrungsmittelangebot sowohl öffentlicher Kantinen als auch in Kitas und Schulen erhalten bleibt", heißt es in einem Antrag der CDU-Landtagsfraktion für die Parlamentssitzung in der kommenden Woche. "Der Minderheitenschutz - auch aus religiösen Gründen - darf nicht dazu führen, dass eine Mehrheit aus falsch verstandener Rücksichtnahme in ihrer freien Entscheidung überstimmt wird." Schweinefleisch als ein Muss? Lachhaft - finden viele Politiker anderer Parteien und Kommentatoren auf Twitter, Facebook und Co. [….]

Aber zurück zur CDU-Hamburg.

Der Bürgermeister hatte in der schon genannten „Positionsbestimmung“ ein Angebot gemacht und um Mitarbeit gebeten.

[….] Die größte Herausforderung ist es im Moment aber, allen Flüchtlingen ein festes Dach über dem Kopf zu verschaffen. Um ein Gefühl für die Dimension zu bekommen, erinnere ich an das Jahr 2011. Als ich ins Amt kam, reichten für die Erstaufnahme knapp 400 Plätze. Heute, fünf Jahre später, betreiben wir fast 40 Erstaufnahme-Unterkünfte mit circa 20.000 Plätzen. Zusätzlich noch einmal fast genauso viele Plätze stellen wir, über die Stadt verstreut, in 100 größeren und kleineren Folgeunterkünften zur Verfügung. [….] Setzt sich der bisherige Trend fort, wovon wir angesichts der beschriebenen Lage ausgehen müssen, wird Hamburg im laufenden Jahr 40.000 zusätzliche Plätze schaffen müssen. Sonst laufen wir Gefahr, dass im Dezember mehr als zehntausend Flüchtlinge in unserer Stadt obdachlos sind. Das dürfen wir nicht riskieren. [….] Die HafenCity Universität Hamburg hat ein interaktives Stadtmodell entwickelt, das wir dazu nutzen können, geeignete Flächen für Flüchtlingsunterkünfte zu identifizieren und verschiedene Modellrechnungen durchzuführen. Es wird moderierte Veranstaltungen geben, zu denen interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter von Initiativen eingeladen werden. [….]
(Olaf Scholz, 7. März 2016)

Scholz erklärt sehr genau welche Unterbringungsmöglichkeiten es gibt und welche anderen aus welchen Gründen nichts taugen.
Es gilt nun als freie Flächen zu finden.
Dazu ist jeder Gutmeinende eingeladen. Die Bürger sollen sich beteiligen.
Wie kann Integration am besten gelingen?

Ja, und dann gibt es eben noch die CDU, die ehemalige Regierungspartei, die auch einen tollen und hilfreichen Vorschlag hat.

Ich sollte es vielleicht vorher dazu schreiben: Nein, genau wie beim Schweinefleischvorschlag handelt es sich im Folgenden nicht um Satire!

Die Hamburger CDU fordert angesichts der Flüchtlingsunterbringungsproblematik an den Schulen die Deutschlandflagge zu hissen! Schwarz-Rot-Gold für die deutschen Schüler.

Flagge zeigen, ganz buchstäblich: Die Hamburger CDU ­plädiert dafür, Deutschland- und Europaflaggen an allen Schulen der Hansestadt anzubringen. Die Partei sieht dies als Beitrag zur besseren Integration von Flüchtlingen.
"Es ist zunehmend klar geworden, dass wir bei Aufnahme so vieler Menschen aus anderen Kulturkreisen mit unterschiedlichster politischer und gesellschaftlicher Vorprägung von Anfang an großen Wert auf die Vermittlung unserer deutschen und europäischen Grundwerte und unserer rechtlichen und demokratischen Grundordnung ­legen müssen", sagte die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende und Schulpolitikerin, Karin Prien, dem Hamburger Abendblatt. [….]
(Hamburger Abendblatt 21.03.16)