Da
Dresden Hamburgs Partnerstadt ist, sollte ich wohl nachsichtig sein, aber
PEGIDA hat meine letzten Sympathien verjagt.
Um die
nach dem ersten Wahlgang vorn liegende SPD-Oberbürgermeisterkandidatin Eva-Maria
Stange zu verhindern, stellten sich CDU, Pegida und Petrys Sachsen-AfD Arm in
Arm hinter den FDP-Politiker Dirk Hilbert, der auch prompt am 05.07.2015 mit
54% zum neuen Bürgermeister gewählt wurde. In Sachsen stört es die FDP offenbar
nicht von Rechtsextremen auf den Schild gehoben zu werden.
Dresden
ist offensichtlich nur eins wichtig: Rechts sein.
Weswegen
„die Bürgerlichen“ (als ob Sozialdemokraten und Linken keine Bürger wären…) trotz ihrer Gaga-Politik so eine Stein im
Wählerbrett haben, muß man als Hamburger nicht verstehen.
Freital,
Meißen, Dresden – in Sachsen gedeiht der Rechtsextremismus besser als sonst
irgendwo in Deutschland; obwohl (oder gerade weil?) es in dem östlichen
Freistaat mit der morbiden Sprache weniger Ausländer als sonst irgendwo gibt.
Verantwortlich
ist unter anderem die stramm rechte, seit 1990 ununterbrochen dominierende
Sachsen-CDU, die selbst immer wieder NPD-Positionen übernimmt.
Die Grenze zu
Rechtspopulismus verwischt
In Sachsen steigt die
Zahl der Angriffe gegen Flüchtlingsheime stärker als im Bundesdurchschnitt. Das
hat auch mit der CDU dort zu tun, kommentiert Matthias Meisner vom
"Tagesspiegel" für den Deutschlandfunk. Sie hat viel zu lange den
Dialog mit Pegida gesucht, statt klare Kante gegen die Rassisten zu zeigen.
Die CDU
ist eine erbärmliche Partei, die von erbärmlichen Sachen gewählt wird.
Dabei
ist die Henne-oder-Ei-Frage mal wieder ungeklärt.
Sind die
Sachen mehrheitlich so xenophob wegen der 25 Jahre CDU-Politik, oder ist die
CDU so rechtslastig, weil die sächsischen Wähler das so wollen?
Als
SPD-Mitglied kann man fast stolz sein, weil die Sachsen-SPD in ihrem Bundesland
nur um die 10% liegt.
[….]
Susann Rüthrich [….] SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der
AG Rechtsextremismus tut das in der Seele weh. [….] „Das Potenzial der aktiven Menschen vor Ort ist so schon enorm gering.
Die jüngsten Vorfälle hinterlassen viele von ihnen ratlos“, erklärt Rüthrich.
Gesellschaftspolitisches Engagement im Freistaat sei ohnehin nicht besonders
stark ausgeprägt, momentan stehen die wenigen Aktiven aber scheinbar allein auf
weiter Flur. „Im Moment gibt es sehr wenige Strukturen, in denen Leute
organisiert sind“, räumt Rüthrich ein. „Eine politische Kultur ist da eben
nicht gewachsen.“ Vereine wollten mit der Politik „am besten nichts zu tun
haben“, das persönliche Einbringen wurde in der Vergangenheit zu wenig
gefördert.
Ein Seitenhieb
Rüthrichs auf den Koalitionspartner im Land, die CDU? Der hatte bereits Martin
Dulig, Landeschef der SPD, ins Lehrbuch geschrieben: „Wir haben ein Problem mit
Rassismus in Sachsen, wir dürfen nicht schweigen und nicht verharmlosen.“ Genau
das wirft die kritische Öffentlichkeit der sächsischen CDU vor.
In der Tat gab diese
in der vergangenen Tagen nicht die beste Figur ab. Ministerpräsident Stanislaw
Tillich äußerte sich eher widerwillig zur Lage in Freital. Andere erklärten
klar fremdenfeindlich motivierte Proteste gar zu legitimen Meinungsäußerungen.
Arndt Steinbach, CDU-Landrat im Landkreis Meißen, sagte vor laufender Kamera:
„Die rechten Umtriebe sehe ich nicht, die Sie meinen. Sie quatschen da einen
Mist nach.“ Hinter Steinbach erkennt der Zuschauer jene geplante Unterkunft,
die zwei Nächte zuvor einem höchstwahrscheinlich fremdenfeindlich motivierten
Brandanschlag zum Opfer fiel.
Getoppt wurde
Steinbach ausgerechnet vom Parteikollegen Sebastian Fischer. Der
Landtagsabgeordnete kommentiert die Aussage des Landrats auf Twitter mit den
Worten: „Arndt Steinbach – er hat wieder einmal zutiefst Recht! Danke sagt der
Landkreis Meißen!“. Die Arbeit eines Journalisten des Tagesspiegel, der
kontinuierlich über die Anti-Asyl-Stimmung in Freital berichtet und dabei auch
die CDU kritisiert hatte, bezeichnete Fischer auf Twitter als „widerlich“.
„Da steht man schreckensgleich daneben“,
erklärt Susann Rüthrich. Ihrer Ansicht nach müsse fremdenfeindlicher Propaganda
mit Fakten begegnet werden: „2014 kamen rund 900 Asylbewerber auf 240000
Einwohner im Landkreis Meißen“, von einer drohenden „Überfremdung“ könne keine
Rede sein. [….]
Freital bietet Bilder, die einen auch nach der Venus von Wolgast noch abstoßen.
Wie soll
man solche Anwohnerstimmen ertragen, ohne sich sofort zu
übergeben?
So sehr
ich die Bürgerrechtsgruppen (die es in Sachsen ja auch gibt) bewundere, weil sie
sich in dem tiefbraunen Umfeld für Anständigkeit einsetzen, so pessimistisch
bin ich, daß man Sachsen ändern kann.
Dabei
handelt es sich einfach um ein extrem unangenehmes Bundesland, für das ich
keine Hoffnungen auf ein besseres Image hege.
Schon
gar nicht mit der CDU-Regierung.
[….]
man darf nicht erst kleinreden und wegsehen,
als das mit den Pegida-Demonstrationen begann und als dann viele, auch
Politiker, auch prominente Berater der sächsischen Regierung keinerlei
Fremdenfeindlichkeit erkennen wollten oder behauptet haben, nicht erkennen zu
können. Man hat zunächst und zu lange,
glaube ich, nur die sich wehleidig gebärdenden, mühselig beladenen Bürger
gesehen und nicht den harten Kern gleich gebrandmarkt. Lutz Bachmann ist ja nun
von allem Anfang an keine Lichtgestalt gewesen.
[….]
Ich spreche ja davon, dass die Tragödie
von Freital, so will ich das nennen, wenn aggressive Bürger von Schmarotzern
reden, wenn armselige Flüchtlinge damit gemeint sind, das hat ja eine lange
Vorgeschichte, die im Herbst 2014 begann. Ich spreche von Pegida und von den
offiziellen Reaktionen. Und jetzt zeigt man sich erstaunt, wie aggressiv das
geworden ist. Aber das war ja von
Anfang an zu bemerken. Nicht, dass ich es für richtig hielte, dass man jetzt
die Pegida-Anhänger als rechtsextrem, als Neonazis stigmatisiert hätte, aber
die Rufe, die dort erschallt sind, Lügenpresse, Volksverräter, Merkel weg, das
ist doch nicht einfach so hinzunehmen. Da hat der Landesvater, glaube ich,
schon die Pflicht, dass er sich einerseits um die Sorgen der Bürger kümmern will,
wenn die ihm ordentlich vorgetragen werden, und er andererseits ganz
entschieden die Grenzen zieht und sagt, das geht aber nicht. [….]
Instinktiv
möchte man die armen Flüchtlinge davor bewahren in
so einem grauenvollen Klima leben zu müssen.
Aber
dann hätten die Neonazis (wieder einmal) gewonnen und böten die Blaupause für
Hassfanatiker in anderen Bundesländern, um so brutaler gegen Unterkünfte von
Notleidenden vorzugehen.