Dienstag, 1. Dezember 2015

Ehre, wem Ehre gebührt.



Vor fast genau 30 Jahren wurde Boris Becker 18 Jahre alt und verkündete der erstaunten deutschen Öffentlichkeit, er müsse nicht zur Bundeswehr gehen, er habe schließlich genug für Deutschland geleistet.
Ich erinnere das noch sehr genau, weil ich zur selben Alterskohorte gehöre und viele meiner damaligen Freunde sich mit Wehrdienstverweigerung und Zivildienst plagten.
Damals war das „Verweigern“ durchaus noch nicht akzeptiert und auch nicht für jeden möglich, weil die „Gewissensprüfung“ oft schief ging. Man kann das alles sehr gut in Sven Regeners „Neue Vahr Süd“ nachlesen, wenn man ein Zeitkolorit der damaligen Bundeswehr/Zivi-Generation erleben will.
Der Zivildienst Anfang der 1980er Jahre dauerte übrigens 20 Monate (Grundwehrdienst 15 Monate) und sollte zum 01.06.1989 sogar auf 24 Monate verlängert werden.
Die nachfolgende Generation kann sich vermutlich gar nicht mehr vorstellen wie lästig es ist nach der Schule erst mal zu zwei Jahren Dienst verdonnert zu werden; ein Dienst, der durchaus an der Waffe sein konnte, wenn die Gewissensprüfung misslang.
Boris Beckers Einlassung, er müsse nicht zur Bundeswehr stieß bei seinen Altersgenossen, die zufällig keine millionenschweren Superstars waren nicht auf viel Gegenliebe.

Ich meine nach wie vor, Becker unterlag da einem fundamentalen Missverständnis: Er war schon über alle Maßen privilegiert! Konnte durch die Welt reisen, war als Teenager schon Multimillionär und Liebling der Massen.

Wenn man schon so viele Vorteile genießt, ist dies kein Grund deswegen noch mehr Belohnungen zu verlangen.
Wofür? Etwa dafür, daß er auf einem kleinen Stück Rasen stundenlang hinter einem kleinen Filzball hinterher rennt?
Das war doch seine Entscheidung sich damit zu beschäftigen, es war nicht Verteidigungsminister Manfred Wörner, der Becker darum gebeten hätte.

Höchstprivilegierte Menschen sind in der Fußballernation Deutschland natürlich die Nationalspieler.
Kaum einer von ihnen brachte es je auf mehr Bildung als den Hauptschulabschluss und doch verdienen sie alle mindestens siebenstellig.
OK, sie leiden alle am Smallpenis-Syndrom; das zeigen die grotesken Lamborghini- und Ferrari-Flotten auf den Clubparkplätzen.
Anders als die zumeist studierten Minister, die nur ein Bruchteil eines Fußballergehaltes verdienen, wird den Rasenrabauken ihr absurder Reichtum aber nicht geneidet.
Nein, sie werden überall bewundert und adoriert.
Als höchste Ehre bei ihnen gilt es Mitglied der Nationalmannschaft zu werden. Dann steigt der Marktwert ins Unermessliche, dann wird der Ruhm verewigt.
Nun könnte man annehmen ein Mensch, der höchst geehrt wird und Millionen Euro dafür bekommt Tore zu schießen, würde das erst Recht tun, wenn er im Fokus der Weltöffentlichkeit steht.
Aber weit gefehlt. Getreu des Prinzips „der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen“ verteilen DFB und Innenministerium weitere Millionen als Siegprämien, um die Gripsbefreiten mit den strammen Waden überhaupt in Gang zu setzen.

Der Deutsche Fußball-Bund und die Nationalspieler haben sich auf die Prämien für die WM 2014 in Brasilien geeinigt. Im Falle eines Triumphs bei der Weltmeisterschaft erhält jeder Kicker 300.000 Euro.
Der Spielerrat der deutschen Fußball-Nationalmannschaft um Kapitän Philipp Lahm hat mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Prämien für die Weltmeisterschaft im kommenden Sommer in Brasilien ausgehandelt. Bei einem Aus in der Vorrunde und im Achtelfinale würden die DFB-Stars leer ausgehen. Erst bei Erreichen des Viertelfinales bekommt jeder Spieler 50.000 Euro, für den Halbfinaleinzug 100.000 Euro und für die Endspielteilnahme 150.000 Euro. Die gleiche Regelung hatte es bereits bei der Europameisterschaft 2012 gegeben.
Auf der DFB-Homepage sagte Präsident Wolfgang Niersbach: "Die Spieler bekennen sich mit dieser stark erfolgsabhängigen Regelung wieder ganz klar zum Leistungsprinzip. Ich danke besonders Helmut Sandrock und Philipp Lahm für dieses gute Ergebnis."

Ohne die 300.000 Euro pro Nase hätte einige offenbar gar nicht gewußt wofür sie nach Brasilien fliegen sollten.

Die Prämien des Trainerteams um Joachim Löw sind nicht bekannt, dürften sich aber in einem ähnlichen Rahmen bewegen.  Im Fall des Titelgewinns würde der DFB insgesamt fast sieben Millionen Euro an Prämien ausschütten.
Bis zu 22 Millionen Euro kann den DFB das WM-Unternehmen kosten.
Die Einnahmen durch den Weltverband FIFA richten sich nach dem sportlichen Erfolg der DFB-Auswahl.
Der Weltmeister kassiert 35 Millionen Dollar (25,5). Jeder der 32 teilnehmenden Verbände erhält von der FIFA zudem einen Kostenzuschuss in Höhe von 1,5 Millionen Dollar (1,1). Die Höhe der FIFA-Preisgelder beläuft sich auf insgesamt 358 Millionen Dollar (261,1).

Profisportler sind Menschen, die sich freiwillig dafür entscheiden sich nur ihrem eigenen Ruhm zu verschreiben.
Irrigerweise meinen sie, dafür gebühre ihnen Dank.
Das haben sie mit anderen Egomanen gemein, die ohne Sinn und Verstand beispielsweise aus Flugzeugen springen, Meeresarme durchschwimmen, Berge erkraxeln, durch Höhlen robben, sich zu Fuß durch die Arktis schleppen oder mit dem Fahrrad nach China fahren.
Ich frage mich warum.
Niemand hat sie gezwungen.
Sie können das ja alles gerne tun, aber es ist ihr Privatvergnügen.
Solche sportlichen Leistungen mögen zwar im physischen Sinne durchaus bemerkenswert sein, aber es sind auch Leistungen, die purem Egoismus entspringen und keinerlei Sinn für die Allgemeinheit haben.
Es sind also Leistungen, die als allerletztes auf der Liste der vom Staat belohnten Dinge stehen sollten.
Ihnen stünde Lob und Anerkennung zu, posaunen nun Sportskanonen nach dem NEIN zu Hamburgs Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 aus.
Das ist reine Hybris!
Ein Hamburger Desaster - welche Vision von sportlicher Zukunft verfolgen die Menschen in dem Land für das ich kämpfe überhaupt noch? Der Vision von McDonalds und unbeweglichen Kindern, von dicken Kindern? Wahrscheinlich. Und was ist mit Geld? Geld? Ein oder zwei Milliarden - lächerlich wenn wir Hunderte von Milliarden in andere Länder investieren um deren Zukunft zu retten? Oder so ähnlich... Ich bin maßlos enttäuscht. Wirklich. Viel Spaß noch.
(Diskus-Olympiasieger Robert Harting, 30.11.15  Facebook, 12.565 anderen gefällt das.)
Harting findet es angesichts der Tausenden deutschen Soldaten im Kosovo, in Afghanistan und nun bald auch in Syrien also angebracht zu sagen, ER kämpfe für Deutschland und das solle Deutschland auch mal ein bis zwei lächerliche Milliarden wert sein?

Harting kämpft FÜR SICH!

Für Deutschland ist es völlig irrelevant, ob so ein Wurstpellenkleidungs-Fetischist irgendwelche Metallklumpen über den Acker schmeißt oder nicht.

Möglicherweise haben ihm Steroide die Synapsen verklebt, daß er sich anmaßt irgendjemand wäre ihm dafür zu Dank verpflichtet.
Deutschland müßte gar 11,2 Mrd rausprassen, damit er noch mehr im Rampenlicht stehen kann?

Herr Harting, Sie sind bereits reich und berühmt: Das Internet ist voller Bilder von Ihnen. Und das alles wegen eines Egotrips ohne Mehrwert.
Reicht es nicht?

Wenn Deutschland eine Diskussion darüber führen sollte welchen Menschen man für „ihren Kampf“ zu einem 11,2-Milliarden-Euro-Dank verpflichtet ist, fallen mir Millionen andere ein, bevor ich an so eine Muskel-Hulk denke, der manisch seine Nippel präsentiert.

Zum Beispiel jede einzelne Altenpflegerin, die 10 Stunden pro Tag für ein albernes 1000-Euro-Monatsgehalt umhersaust, um hilflose Senioren zu waschen.
Zum Beispiel jeder Straßenkehrer, der bei Wind und Wetter jeden Morgen loszieht, um die Feierrückstände zu beseitigen, die Partydeutschland auf den Straßen hinterläßt, wenn ein Fußballspiel gewonnen wurde.
Zum Beispiel jeder Krankenpfleger, der unter rasant steigendem Kostendruck auf den Stationen rotiert und versucht Menschen in Not beizustehen.
Zum Beispiel jeder freiwillige Helfer, der sich am Hauptbahnhof verängstigter Flüchtlinge aus Syrien annimmt.
Zum Beispiel jeder Bäcker und Gemüsemann, der um 4.00 Uhr aufsteht, um dafür zu sorgen, daß wir alle mit frischen Lebensmitteln versorgt sind.

Herr Harting soll sich bitte ganz hinten anstellen.