Wertegeleitete Außenpolitik verbietet geschäftliche Beziehungen mit Unrechtsregimen wie den Golfmonarchien, Russland oder China.
Sofern man die „Werte“ irgendwo zwischen UN-Menschenrechtscharta und Humanismus ansiedelt. Zur großen Erleichterung der fleißig an die deutschen Parteien spendenden deutschen Industrie, basieren die Werte der Berliner Politik auf Mammon.
Selbst wenn ein Land genau vor unseren Augen einen Krieg vom Zaun bricht, hunderttausende Menschen tötet, beziehen wir als EU weiterhin Erdgas, Uran und Rohdiamanten, weil wir anderenfalls einen finanziellen Schaden erlitten und das wollen wir noch viel weniger als Krieg.
Ökonomische noch mächtigere Staaten dürfen wie die USA illegale Angriffskriege (Irak 2003) führen, Kriegsverbrechen begehen (Abu Ghraib, Baghram, Guantanamo), kontinuierlich das Völkerrecht mit Füßen treten (Todesstrafe, Tötungen durch Drohnen) und uns demütigen (Merkels Handy abhören), ohne daß überhaupt an wertegeleitete Konsequenzen gedacht wird. Auch China ist viel zu mächtig und zu reich, als daß wertegeleitete Außenpolitik bei Uiguren, Tibetanern oder Myriaden Hingerichteten greifen würde.
Todesstrafe gegen Homosexuelle finden wir nicht gut, aber man muss schon unterscheiden, wer Männer dafür hinrichtet, daß sie sich lieben.
Brunei, Katar, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Iran, Jemen, Mauretanien, Nigeria, Afghanistan, Pakistan und Somalia lauten die elf Nationen, in denen man für homosexuelle Liebe getötet werden kann.
Wertegeleitete Außenpolitik verbietet sich natürlich bei den ersten vier davon, weil die alle steinreich sind, auf Öl/Gasquellen sitzen und bedeutende finanzielle Beteiligungen an deutschen Unternehmen halten.
Nigeria ist mit 200 Millionen Einwohnern und als bedeutender Erdöl, bzw Zement-Exporteur ebenfalls zu mächtig. Pakistan ist Atommacht. Gegen den Iran wurden bereits aus anderen Gründen Sanktionen verhängt. Im Jemen und Afghanistan herrscht ohnehin Hunger, Krieg und Armut. Bleiben die afrikanischen Armenhäuser Somalia und Mauretanien. Aber deren Schwule sind nun einmal meistens schwarz und je dunkler die Haut, desto geringer das menschenrechtliche Interesse des deutschen Urnenpöbels. Ukrainische Flüchtlinge (weißhäutige Christen) werden als Kriegsflüchtlinge akzeptiert. Aber Somalis und Eritreer lassen wir im Meer ersaufen und munitionieren lieber Frontex für Pushbacks auf. Wenn unsere weißen christlichen Brüder hungern, sind wir solidarisch. Allein die Hamburger schickten 1990 um die 650.000 Care-Pakete nach St. Petersburg, als dort die Not groß war. Täglich 15.000 in Afrika verhungernde Kinder sind uns hingegen genauso wurscht, wie die 800.000 bis eine Million in Ruanda 1994 ermordeten Tutsi.
Schwierig also.
Nun wird mit Uganda ein 12. Land Menschen dafür töten, daß sie einen anderen Menschen lieben. Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland Uganda sind anders die zu China oder Russland, unbedeutend. Das wäre als die Gelegenheit für Annalena Baerbock, um ihre wertegeleitete Außenpolitik zu praktizieren. Hingerichtete schwule Ugander findet Berlin nicht schön, aber erstens sind sie nicht weiß und zweitens hat die Schwulenhetze in Uganda ihren Ausgangspunkt in den USA. Gegen eine Supermacht verhängen wird aber nicht nur keine Sanktionen, sondern wir zittern davor, sie zu verärgern.
[….] Die Bundesregierung übt scharfe Kritik an Ugandas neuem Gesetz gegen nichtheterosexuelle Lebensformen und spart zugleich jegliche Kritik an dessen US-amerikanischen Stichwortgebern aus. Das Gesetz, das etwa auf sogenannte schwere Homosexualität die Todesstrafe vorsieht, „verletzt grundlegende Menschenrechte, zu denen sich Uganda verpflichtet hat“, teilt Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze mit. Experten und Aktivisten aus afrikanischen Staaten weisen schon seit Jahren darauf hin, dass die aktuelle Hetze gegen LGBT in Uganda sowie in weiteren Ländern des afrikanischen Kontinents faktisch von evangelikalen Organisationen vor allem aus den USA befeuert wird, die nicht bloß im eigenen Land gegen nichtheterosexuelle Lebensformen agitieren, sondern ihre Ideologie auch nach Afrika exportieren – mit Millionenbeträgen. Bereits der erste Gesetzesentwurf, der im Jahr 2009 die Todesstrafe auf Homosexualität in Uganda ermöglichen sollte, wurde mit Hilfe evangelikaler Berater aus den USA erstellt. Eine Expertin aus Südafrika warnt, die christliche US-Rechte exportiere mit ihrem „Kulturkampf“ „Hass nach Afrika“. In Berlin wird Uganda kritisiert, die US-Beihilfe aber beschwiegen. [….]
Das Thema Diskriminierung der LGBTIQ*-Communitiy wird durch die rechten Parteien in Deutschland und den USA ohnehin wieder verschärft.
Selbst im modernen G7-Staat Japan herrscht strikt homophobe Politik, aber Annalena Baerbock kann dazu natürlich nichts sagen; schließlich importieren wir Hightech-Waren im Wert von rund 25 Milliarden Euro jährlich aus Japan.
Aber wieso gibt es eigentlich keine deutsche Initiative gegen Kampala?
Rhetorische Frage; weil uns Klimazerstörern, Fleischfressern und Waffenexporteuren humanistische Werte in Wahrheit scheißegal sind. Das sind nur Worthülsen, die das deutsche Außenministerium gelegentlich zu Sonntagsreden auspackt.
[….] Ob jemand heterosexuell oder homosexuell oder bisexuell liebt und begehrt, sollte gesellschaftlich in etwa so bedeutsam oder bedeutungslos sein wie Rechts- oder Linkshändigkeit. Gewiss, das eine kommt häufiger vor als das andere. Aber aus Häufigkeit leitet sich keine Wertigkeit ab. Etwas, das seltener vorkommt, ist nicht weniger menschlich. Es ist seltener. [….] In Uganda hat diese Woche Präsident Yoweri Museveni das bereits im März vom Parlament beschlossene drakonische "Anti-Homosexualitäts-Gesetz" unterzeichnet. [….] Homosexualität wird als "Krankheit" pathologisiert [….] Schon bisher wurde in dem Land homosexuelles Begehren und Lieben kriminalisiert. Wer eine gleichgeschlechtliche Beziehung eingehen wollte, konnte mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Gleichgeschlechtlicher Sex konnte mit lebenslanger Haft belegt werden.
Sogenannte schwerwiegende Fälle sieht der Gesetzgeber zukünftig als Kapitalverbrechen, die mit der Todesstrafe bestraft werden können. [….] Es ist furchterregend, dass Menschen in Uganda nun um ihre Körper, ihre Beziehungen, ihr Leben bangen müssen, dass sie nun gejagt werden wie Freiwild, dass sie ausgeliefert sind, dass sie gemeldet, denunziert, angezeigt werden können, dass sie sich nie sicher fühlen können. [….] Wenn das Auswärtige Amt es ernst meint mit seiner wertegeleiteten Außenpolitik, wenn Europa es ernst meint mit seinen universalistischen Prinzipien, dann sollten diese sich auch konkretisieren. Dann sollten sie übersetzt werden in nachhaltige Sanktionen und vor allem in Schutz für diejenigen, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen müssen aus Uganda. Werte, die fallen gelassen werden, sobald sie gebraucht und getestet werden, sind nichts wert. [….]