Selbstverständlich freue ich mich auch über die sensationell gut besuchten Demos gegen Rechts.
[….] Das ist der beste Grund für eine Absage!
In München haben sich 150.000 bis 250.000 Menschen versammelt, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Kurz nach Beginn wurde die Demo wegen zu großem Andrang abgebrochen.
In Hamburg wurden 2.000 Teilnehmende angemeldet. Am Ende wurden es aber 80.000 bis 100.000 Menschen. Die Zahl der Demonstrierenden habe immer mehr zugenommen. Auf Anraten der Polizei sei die Demo anschließend beendet worden. [….]
Die Faschisten haben erkennbar Mühe, diese Zahlen mit ihrem eigenen Spin zu versehen; faseln von einem „letzten Aufbäumen der Linken“, orakeln über üppig gezahltes „Demogeld“, oder bezeichnen die Demobilder als „KI-generiert“.
[…..] Deutschland strömt gerade auf die Straßen. Hunderttausende besuchen gerade mehrere dutzende Demonstrationen: Alle gegen die faschistische AfD. In zig Städten gibt es Zehntausende, gar hunderttausende Menschen, die ihren Protest gegen die AfD äußern. Das stört die rechtsextreme AfD und die radikalisierten AfD-Fans natürlich gehörig. Macht es ihr Märchen vom „Volk“ doch so gehörig kaputt. Deren Lösung wie schon bei Corona: Einfach alles leugnen! Hier ein Faktencheck der größten Coping-Versuche der extremen Rechten beim Anblick der Menschenmassen gegen Rechts. [….]
(Thomas Laschyk, Philip Kreißel | Jan 20, 2024 | Faktencheck)
Da wurde jemand kalt erwischt.
Ob diese starke Mobilisierung der Antifaschisten – und nichts mobilisiert mehr als Mobilisierung, die Leute springen auf den fahrenden Zug auf – eine demoskopische Wirkung bei der AfD erzielen, bezweifele ich.
Wer AfD wählt, ist der Realität so sehr entrückt und charakterlich so verdorben, daß er von Fakten nicht mehr erreicht wird.
Meine minimale Hoffnung bezieht sich aber auf CDU, CSU, FDP, Sozis und Grüne im Parlament, deren einzige „Strategie gegen Rechts“ bisher daran bestand, die AfD-Wähler zu umgarnen und ihre Forderungen nachzuplappern.
Es ist alles wie immer. Die Politik fragt sich lieber: wie können wir die Nazis beruhigen? Anstatt zu fragen, wie wir sie bekämpfen können. Von dem Terror der 1990er und der folgenden Begrenzung des Asylrechts bis zur aktuellen Situation. So wird das nix mit dem Nie Wieder.
Zitat @SawsanChebli 18. Jan.
Mich machen die Talkshows seit dem Geheimplan Deportation fertig. Es wird vor allem von Abschiebung, Begrenzung, Grenzkontrollen und Drittstaatenlösungen gesprochen statt darüber, wie wir Betroffenen ihre Angst nehmen, was wir tun können, damit sie sich in 🇩🇪 sicher fühlen.
Ganz besonders unangenehm fällt der CSU-Generalsekretär Huber auf, der eine ganze Flut rechtspopulistischer Lügen gen Ampel lenkt.
Deutschland finanziert grüne Kühlschränke in Kolumbien, ÖPNV in Lateinamerika, Fahrradwege in Peru, gendersensitive Dorfentwicklung in Bangladesch und den Schutz bäuerlicher Kultur in China.
Die #Ampel verteilt Geld in aller Welt, aber für unsere hart arbeitenden Bäuerinnen und #Bauern ist angeblich kein Geld da? Das geht so nicht! Die #Belastungen der Ampel müssen vollständig zurückgenommen werden.
[……] Jetzt allerdings sieht es so aus, als habe Huber seiner Partei einen Bärendienst erwiesen. Auf der Plattform X brachte Huber mal wieder seinen Unmut über die Politik der Grünen zum Ausdruck. Diesmal am Beispiel der Entwicklungshilfe Deutschlands und der damit verbundenen Ausgaben. „Deutschland finanziert grüne Kühlschränke in Kolumbien, ÖPNV in Lateinamerika, Fahrradwege in Peru, gendersensitive Dorfentwicklung in Bangladesch und den Schutz bäuerlicher Kultur in China“, schrieb der CSU-Mann am 16. Januar in einem Beitrag auf der früher als Twitter bekannten Plattform.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten – Hubers Beitrag wurde genüsslich seziert. Das Projekt „Grüne Kühlschränke“ zum Beispiel wurde im Jahr 2019 in Kooperation mit der Europäische Union (EU) auf den Weg gebracht. Der Aufbau eines Fahrradwegnetzes im Metropolbereich Lima (Peru) startete im November 2021, und die „gendersenistive Dorfentwicklung“ im Juni 2020. Dies alles trugen die Kommentatoren auf X zusammen – mit entsprechenden Belegen.
Alle von Huber aufgeführten Punkte kann man natürlich der Ampel-Koalition vorhalten. Es trifft aber nicht wirklich den Kern der Sache. Denn zuständig für das Entwicklungsministerium des Bundes in diesem Zeitraum war ein Parteifreund Hubers. Gerd Müller wurde bereits im Dezember 2013 als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in das dritte Kabinett der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen. Der CSU-Politiker blieb dort in der Verantwortung, bis ihn Svenja Schulze von der SPD im Dezember 2021 ablöste. Federführend für die genannten Projekte war also die CSU. [….]
Wie sollen die demokratischen Parteien zusammenhalten, wenn der stärkste Block von ihnen, die CDUCSU, so ungeniert lügt, hetzt, rechtspopulistische Narrative verbreitet und sich auch personell mit Nazis vernetzt?
Daß zumindest Teile der CDU durchaus in völkischen, rassistischen Mustern denken, zeigen die christdemokratischen Schnittmengen mit Nazis und AfD bei der Wannseekonferenz 2.0, die unsäglichen Äußerungen des CDU-Alterspräsidenten Wansner im Berliner Abgeordnetenhauses, die Verbindungen des Berliner CDU-Abgeordneten Robbin Juhnke zur ultrarechten Schülerverbindung Iuvenis Gothia, oder die widerlichen braunen Versammlungen rund um den CDU-Exsenator Peter Kurth.
Ja, es ist gut, positiv überraschend, geradezu überwältigend, so viele Menschen gegen Rechts demonstrieren zu sehen.
Aber wie sollen wir, die Linksgrünversifften, die Demokraten, die Antifaschisten, die Guten, jemals die Deutungshoheit zurückgewinnen, wenn die AfDler unerreichbar in ihren braunen Info-Blasen verschanzt hocken und der Berliner Politik/Presse-Betrieb so einseitig für rechtskonservative Pläne lobbyiert?
[….] Die wütenden Bauern erfahren eine Solidarität, von der Linke nur träumen können. Um die Sache geht es dabei nur am Rande.
[….] Was Solidaritätsbekundungen angeht, können sich die deutschen Bauern dieser Tage kaum beklagen. [….] Ortsumgehung Bassum: Das Hupkonzert entgegenkommender Lkws wird lauter als die Demo selbst. Es sind fast zehn in Reihe, Trucker Uwe hat neben dem Nummernschild mit seinem Namen einen „Für Euch“-Zettel in die Scheibe gelegt. Station Twistringen: Ein kleiner Junge rennt von der Tankstelle an die Straße, um Schokolade auf einen der Trecker zu reichen. Beim Sportplatz am Ortsausgang applaudieren zehn Männer in Outdoorkleidung, die dafür sogar ihren Bollerwagen beiseiteschieben. [….] Was ist dran an Subventionskürzungen in der Landwirtschaft, das Klimaaktivist:innen nicht haben?
Für Protestforscher Felix Anderl von der Uni Marburg liegt es unter anderem an der Nähe von Landwirt:innen und Bevölkerung. Als Versorger bringen Bauern das regionale Essen auf Tisch. Das verstehe die Bevölkerung und nehme sie deshalb ernst. [….] Das „Wir“, für das die Bauern hupen (und behupt werden), ist also ein schwammiges, das gar nichts Konkretes fordert, das keine agrarsystemischen Fragen stellt, sondern erst mal ein zutiefst verärgertes. Projektionsfläche für den eigenen Frust[….] Das weiß sich auch die Opposition zunutze zu machen, falls sie nicht ohnehin längst mitträumt. Auf X (Twitter) ließ Friedrich Merz sein Team schon Mitte Dezember posten: „Landwirte produzieren unsere Lebensmittel, landwirtschaftlich genutzte Flächen prägen unser Landschaftsbild.“ Wen der CDU-Chef mit seinem „uns“ meint, hat er immer wieder deutlich gemacht: Deutsche, die ein verloren geglaubtes Deutschland wollen. [….] Vor den buhenden Bauern am Brandenburger Tor schiebt Finanzminister Lindner (FDP) die Schuld für Misere denen in die Schuhe, die für „das Nichtstun bezahlt werden“.
Der Finanzminister sehnt sich nach einem freien Markt, dem seine eigene Regierung zu viel Einhalt böte. „Geradezu ironisch“, sagt Anderl. „Das Hauptproblem der Landwirtschaft ist doch der freie Markt.“ [….]