Bill Maher sprach mir am Wochenende, wie fast immer, aus der Seele.
Was ist nur mit diesen Jugendlichen los, die so woke sind und erklären, die US-Gesellschaft wäre noch nie so homophob und rassistisch wie jetzt gewesen?
[…] “That’s the phrase coined by Steven Pinker to describe a brain disorder that strikes liberals and makes them incapable of recognizing progress, […] “It’s like situational blindness, only what you can’t see is that your dorm in 2021 is better than the South before the Civil War. … Acknowledging progress isn’t saying ‘we’re done’ or ‘we don’t need more,’ and being gloomier doesn’t make you a better person.” […] “There is a recurrent theme on the far left that things have never been worse, […] “Kevin Hart expressed a view many hold when he told The New York Times, ‘You’re witnessing White power and White privilege at an all-time high.’ This is one of the big problems with wokeness — that what you say doesn’t have to make sense or jibe with the facts or ever be challenged, lest the challenge itself be conflated with racism. But saying White power and privilege is at an all-time high is just ridiculous. Higher than a century ago — the year of the Tulsa race massacre? Higher than the years when the KKK rode unchecked and Jim Crow went unchallenged? Higher than the 1960s when the Supremes and Willie Mays still couldn’t stay in the same hotel as the White people they were working with? Higher than slavery? And I mean actual slavery, not ‘Prince doesn’t like his record contract’ slavery.” […]
Das ist das Problem mit dem Internet und den social media.
Die Teens und Twens hocken in ihren Blasen, ganz ohne Rückkopplungen in die Realität und generieren sich ihr eigenes Universum.
Dazu muss man nur einen Blick auf TikTok werfen und 30 Minuten investieren, um den Versuch zu unternehmen, zu verstehen wieso irgendwelche grinsenden Teenie-Boys, die nichts sagen, nichts können, keinerlei Ansichten zu irgendetwas haben, aber für wenige Sekunden süß gucken, oder playback zu ein paar Takten eines Popsongs die Lippen bewegen, 12 Millionen Follower haben, die sie grenzenlos bewundern.
Ich bin über 50; ich muss die Jugend nicht verstehen. Natürlich ändern sich die Moden. Aber diese radikale Verblödung scheint mir doch ein neues Niveau erreicht zu haben.
Einige Zitate sind so nett, daß man kaum noch den eigentlichen Ursprung feststellen kann, weil sie so oft prominent zitiert werden.
»Wer mit 19 kein Revolutionär ist, hat kein Herz. Wer mit 40 immer noch ein Revolutionär ist, hat keinen Verstand.«
(Theodor Fontane)
»Wer in seiner Jugend kein Kommunist war, hat kein Herz, wer es im Alter noch immer ist, hat keinen Verstand.«
(B.Russell)
»Wer mit zwanzig kein Sozialist ist, hat kein Herz – wer es mit vierzig immer noch ist, hat keinen Verstand.«
(Winston Churchill)
Tatsächlich waren durchschnittliche Menschen oft in ihrer Jugend revolutionärer eingestellt und passten sich in den nächsten 20 Jahren erstaunlich an.
Ich selbst bin
zwar parteipolitisch nie irgendwohin gerutscht, aber ich stelle durchaus fest,
daß mir Probleme inzwischen oft vielschichtiger und komplizierter erscheinen,
als vor 35 Jahren.
Sich über ein paar Dekaden hinweg von sehr idealistisch-links zu etwas
realistischer Mitte-Links zu orientieren, ist also üblich und dem täglichen
Hinzulernen geschuldet.
Vermutlich neigt man auch zu mehr Spießertum, wenn man seiner eigenen Jungendzeit entwächst, weil man Gefahren und Risiken besser erfassen kann.
Diese alten Gewissheiten bröckeln. Die Jugend in der ehemaligen DDR, partiell offenbar nicht mehr zu erreichen für staatliche Bildung, neigt stark zur AfD.
Für Gesamtdeutschland sieht es auch nicht viel rosiger aus.
[…] Die Konservativen und ihr Kanzlerkandidat Armin Laschet kommen bei jungen Wählerinnen und Wählern offenbar besser an, als man es in der CDU/CSU selbst vermutet. Das legt zumindest eine repräsentative Umfrage der Kommunikationsagentur Fischer-Appelt in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Appinio nahe. In der »Teengeist«-Umfrage werden regelmäßig junge Menschen im Alter von 16 bis 24 Jahren zu ihrer Lebenswelt befragt – unter anderem zu politischen Themen und Präferenzen. Dabei zeigt sich: Bei den Befragten ist die Union stärkste Kraft, 26 Prozent würden für sie stimmen. Damit liegt die CDU/CSU sechs Prozentpunkte vor den Grünen. Die FDP würde bei 14 Prozent landen, die SPD bei elf. [Bah! Unter 25-Jährige finden Lindners Lobby-FDP besser als die SPD!] […] Nicht nur bei der Sonntagsfrage schneidet die Union besser ab als Grüne und SPD. Auch beim Personal landet sie vor ihren Mitbewerbern. Der beliebteste Spitzenkandidat unter den befragten Jugendlichen ist Armin Laschet mit 17 Prozent. Annalena Baerbock (Grüne) folgt knapp dahinter mit 15 Prozent, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz landet abgeschlagen bei neun Prozent. […] Das liegt auch daran, dass viele die Kandidierenden nicht kennen: Unter den Befragten können 23 Prozent nichts mit Armin Laschet anfangen, 36 Prozent kennen Annalena Baerbock nicht. Olaf Scholz können 35 Prozent der Jungwähler nicht zuordnen. […] Die Hälfte der Jugendlichen gibt an, gar keine politischen Inhalte zu konsumieren. Lediglich 13 Prozent der Befragten suchen aktiv nach Politik-Content. Falls sie doch auf politische Inhalte stoßen, geschieht dies vor allem über die sozialen Netzwerke YouTube, Instagram oder TikTok. […]
Pfui Teufel.
In meiner Jugend musste ich liberale, bürgerrechtliche und ökologische Werte gegen die alte Generation durchkämpfen.
Als alter Mann werde ich offenbar liberale, bürgerrechtliche und ökologische Werte gegen die junge Generation durchkämpfen müssen.
Meine Elterngeneration legt schon vor und engagiert sich, während die Twen-Girls mit ihren iPod-verschlossenen Ohren und den Augen auf das Klugtelefon gerichtet, durch die Welt tapern. Stets nur ihre „Likes“ zählend, an ihrem nächsten Instagram-Post interessiert.
[…] Frauke Stolley […] ist eine von rund 300 „Omas“, die sich in Hamburg als „Omas gegen Rechts“ für Demokratie und soziale Gerechtigkeit engagieren. […] Immer wieder macht die Rentnerin in Hamburg Stimmung: Demonstriert für Demokratie, Humanität und soziale Gerechtigkeit. […] Der Zusammenschluss von politisch engagierten, älteren Frauen gründete sich 2017 in Wien, 2018 entstanden die ersten Gruppen in Deutschland. Seitdem setzen sich die „Omas“ (und einige „Opas“) dafür ein, die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht zu vergessen – und einen erneuten Rechtsruck der Gesellschaft zu verhindern. Dafür putzen sie zum Beispiel Stolpersteine, laufen linksherum um die Alster (eben gegen rechts) oder sammeln Spendengelder für Mittelmeer-Rettungsinseln für Geflüchtete. […] Dabei kommen ganz unterschiedliche Frauen zusammen. Einige hatten bisher noch überhaupt nicht protestiert, einige sich auch gar nicht getraut. Das war bei Stolley nicht so. Sie war schon immer ein „Freigeist“ sagt sie, kämpfte ihr Leben lang für ihre politischen Überzeugungen: Protestierte in den 70ern gegen Atomkraft in Gorleben und Brokdorf – und wurde dabei sogar von der Polizei eingekesselt. […] Und derzeit richtet die 72-Jährige ihre Energie gegen die AfD: Seit April veranstaltet sie gemeinsam mit ihren „Oma“-Kolleginnen einmal im Monat Flashmobs, um zu verhindern, dass die AfD bei der Bundestagswahl im September viele Stimmen bekommt. „Die AfD lullt Menschen mit guten Rednern ein“, sagt Stolley. „Sie grenzen aber viele Menschen aus und haben eine arrogante, abweisende Flüchtlingspolitik.“ […]
[…..] 75-Jährige beseitigte mehr als 10.000 Graffiti und Aufkleber
Seit mehr als 30 Jahren fährt Irmela Mensah-Schramm durch Deutschland, um rechtsradikale Schmierereien zu entfernen. Sie wurde bedroht und wegen Sachbeschädigung verurteilt. Warum tut sie sich das an? […..]
(Yannick Ramsel, DER SPIEGEL, 08.01.2021)
Irgendeiner muss es ja tun.
Auf die Tiktok-Generation mit ihrer CDU-Vorliebe können wir nicht hoffen.