Mittwoch, 15. März 2017

Homo-Panik

Man fragt sich ja immer wieder wie stark Schwule und Lesben immer noch diskriminiert werden, wenn TV-Stars und Spitzenpolitiker nun schon geraume Zeit offen homosexuell sind, ohne aber auf dieses Thema reduziert zu werden.
Jens Spahn ist in keiner Weise ein Homo-Aktivist.
Erfreulicherweise gibt es auch mehr und mehr Unterhaltungs-TV/Kino-Produktionen, in denen LGBTI-Figuren ganz nebensächlich vorkommen.
Da ist dann mal einer schwul, ohne daß es für die Story relevant wäre.

Braucht es den CSD noch, wenn ich Hamburg sogar schon die türkische Gemeinde mit einem eigenen Wagen beim CSD vertreten ist?

Rhetorische Frage; natürlich braucht es den politischen Druck noch; solange LGBTIs rechtlich immer noch minderwertig gestellt sind.
Natürlich braucht es den politischen Druck noch; solange „schwul“ und „Schwuchtel“ die gängigsten Schimpfworte auf den Schulhöfen sind.

Es ist schon eigenartig, daß der allgemeine Antidiskriminierungskonsens die Schwulen nicht überragt.
In keiner Talkshow würde es toleriert werden, wenn rechte Hardliner dafür plädierten Schwarzen aufgrund ihrer Hautfarbe, oder Juden wegen ihrer jüdischen Mutter Bürgerrechte zu entziehen.
Geht es aber „nur“ um Schwule, dürfen sich Christen, Pfaffen, Unions-Politiker gern abendfüllend darüber verbreiten, weswegen Schwule eben doch nicht gleichwertig wie Heteros sind. Das fällt dann unter Meinungsfreiheit.

In den USA mit der ausgeprägten „political correctness“ plädieren Konservative aller Art seit Jahren für das Recht aus religiösen Gründen diskriminieren zu dürfen.
Keine Hochzeitstorte für gleichgeschlechtliche Paare und keinen Tisch im Restaurant – wenn es der christliche Glaube so befiehlt.
Irrigerweise meinen GOPer bei einer Kollision zwischen Bibel und US-Verfassung müßte die Verfassung hintanstehen.

Mit dem Einzug Donald Trumps ins Weiße Haus brechen die Dämme; insbesondere weil nun ein ultrafrommer Homohasser als Vizepräsident amtiert.
Stellt sich der Präsident nicht mehr wie sein Vorgänger ausdrücklich auf die Seite der LGBTIs, verändert es schnell das Land.

Gay Couple Kicked Out Of Pizza Place For Holding Hands, Told ‘This is Trump’s America Now’ [….]

Stimmungen lassen sich von oben schnell erzeugen, wie die stark vermehrten xenophoben Angriffe in England nach dem Brexit oder die enorm vermehrten homophoben Angriffe auf Frankreichs Schwule nach den RKK-Großdemos gegen die “Homoehe” zeigten.

[…..] Deutschland, ein tolerantes Land – oder?
[…..] Ein schöner Samstagmittag, irgendwo in einer deutschen Innenstadt. Die Gassen sind gut gefüllt, Kinder schlecken ihr Eis, Erwachsene schlendern mit Einkaufstüten durch die Fußgängerzone. Auch Robert geht durch die Innenstadt. Neben ihm: sein Freund. Sie reden, lachen, schauen sich Schaufenster an – und halten Händchen. Plötzlich ruft jemand „Scheiß Schwuchtel! Schämt ihr euch nicht?!“  Alltagsdiskriminierung wie diese, gibt es regelmäßig und häufig in Deutschland. Bei einer EU-weiten Umfrage gaben 2012 fast die Hälfte aller befragten LGBT-Menschen in Deutschland an, sie seien in den vergangenen zwölf Monaten wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert worden. „Leider bleiben einem diese Sachen nicht erspart“, sagt Robert.
Und auch Lukas aus Köln muss sich regelmäßig Sprüche anhören, wenn er mit seinem Freund unterwegs ist. „Ekelhaft!“ oder „Hier laufen doch Kinder rum!“ werfen völlig fremde Leute dem 18-jährigen Kölner an den Kopf. Wenn er einen Tag lang in der Innenstadt verbringe, dann kämen solche Sprüche zwei oder drei Mal, sagt Lukas. „Und das in Köln. Einer Stadt, die für ihre LGBT-Szene bekannt ist.“ […..][…..]

Wichtig wäre es, daß mehr Promis – außer den usual suspects unter den Kulturschaffenden – ganz selbstverständlich schwul sind. Möglichst Promis, die für Jugendliche relevant und interessant sind: Fußballer und Rapper beispielsweise.

In dieser Frage ist die Zivilgesellschaft natürlich wichtig, aber noch wichtiger sind der Gesetzgeber und Regierung, die Zeichen setzen müssen.
Zeichen, die Merkel mit ihrer Ablehnung der vollen Rechte von Homosexuellen nach wie vor setzt.
Zeichen, die aber auch ihre Truppe setzt.

Die Geschichte, die sich kürzlich im betont „heterofreundlichen“ Berliner „Two Hotel“ abspielte, war nicht nur lächerlich, sondern auch ärgerlich und sogar besorgniserregend.

Durch die Berlinale und weitere Veranstaltungen war Berlin gut ausgebucht. Für die Besatzung der Bundeswehr-Flugbereitschaft buchte die Truppe daher elf Zimmer im besagten Wilmersdorfer Two-Hotel.
Als die Soldaten googelten und dadurch ahnten, es könnten sich überdurchschnittlich viele schwule Gäste in dem Haus befinden, gerieten sie sofort in Panik und verlangten die Stornierung der Zimmer.

[…..]  Ursula von der Leyen (CDU) sieht sich mit einer Beschwerde eines auf homosexuelle Kunden ausgerichteten Berliner Hotels konfrontiert. Das "Two Hotel" in Wilmersdorf beklagt Diskriminierung, weil eine Besatzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr elf gebuchte Zimmer allein wegen des besonderen Hotelkonzepts am Tag der Anreise stornierte. […..] Dass es sich beim "Two Hotel" um eine Unterkunft vornehmlich für homosexuelle Gäste handelt, wusste der für die Buchung zuständige Sachbearbeiter demnach nicht und konnte es auch nicht der Internetbuchungsplattform entnehmen. Die Flugcrew, darunter zwei Frauen, stellte erst am Tag der Anreise fest, wo sie untergebracht werden sollte – und bat dringend um eine andere Unterkunft. Die Soldaten wurden darauf in einem Hotel im Berliner Umland eingebucht.
[…..] "Die Stornierung erfolgte, nachdem sich Angehörige der Besatzung unmittelbar auf dem Internetauftritt über das Hotel informiert hatten", erklärt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums den Vorgang. […..] Das "Two Hotel" bezeichnet sich als "Gay Hotel", das "heterofreundlich" sei. Es gehört zur internationalen Gruppe der "Axel Hotels", die laut Internetauftritt "ein Ort für Gays, aber offen für alle" sind. In erster Linie seien die Hotels freie und tolerante Orte der Begegnung, "wo die Vielfalt und der Respekt geschätzt und gelebt werden und zwei Männer genauso anzutreffen sind wie zwei Frauen oder Mann und Frau". Menschen ohne Vorurteile würden willkommen geheißen, respektiert und geschätzt, schreiben die Gastgeber. […..][…..]

In welchem Jahrhundert leben wir? Welche mittelalterlichen Vorstellungen kursieren in der Bundeswehr?
Befürchten sie ausgerechnet in Berlin im Jahr 2017 auch schwul zu werden, wenn im Nachbarzimmer ein Homo schläft? Glauben sie, das steckt an?
Keiner der Soldaten hätte mit einem Schwulen schlafen müssen/sollen. Aber allein schon die Vorstellung unter einem Dach mit Schwulen zu schlafen, scheint bei der Truppe als Unzumutbarkeit zu gelten.

Als Steuerzahler sage ich, die Stornierungsgebühr von 6.000,00 Euro auf meine Kosten ist eine Unzumutbarkeit. Warum soll die Allgemeinheit dafür zahlen, daß elf Soldaten solche Panik-Memmen sind, die es nicht aushalten im „Two-Hotel“ zu schlafen?