Dienstag, 21. Juni 2022

Busen-Clickbaiting.

Völlig unsportlich zu sein war die ersten 30 Jahre meines Lebens kein Problem. Als junger Mensch ist man automatisch fit.

Als Student war ich aufgrund meiner Körpergröße ein sehr gern gesehener Umzugshelfer, weil ich riesige unhandliche schwere Teile, wie zum Beispiel Omas alte Ohrensessel, allein heben und in den fünften Stock tragen konnte. Mit über 50 klappt es leider nicht mehr, ohne jegliche Bewegung fit zu sein. Das stört mich, aber ich kann nichts dagegen machen, weil ich für jede sportliche Betätigung leider zu faul bin.  Ich bin weder ehrgeizig, noch eitel genug, meinen Körper in Form zu bringen, weil ich Sport extrem stupide finde.

Es gibt nur eine Form der sportlichen Betätigung, die mir jemals Spaß gemacht hat und das war schwimmen. Da es hinter unserem Haus zwei tiefe Teiche gab und meine Oma außerdem einen Gartenpool besaß, schickte meine Mutter mich lange bevor ich eingeschult wurde, in eine Schwimmschule. Wie sich herausstellte, war das mein Element. Aus dem Pool konnte man mich nur mit Gewalt rausholen. Als wir in der vierten Klasse Schwimmunterricht bekamen, staunte mein Lehrer nicht schlecht, als ausgerechnet ich, der notorische Sportmuffel, der nie mitmachen wollte, sich als Fisch im Wasser herausstellte, endlos tauchen konnte und ohne zu zögern aus jeder Höhe ins Becken sprang.

Heute träume ich im wahrsten Sinne des Wortes davon, die Gelegenheit zum Schwimmen zu bekommen. Immer wieder befinde ich mich während meiner REM-Phasen in eigenartigen Umgebungen, fremden Häusern, Hotels, Ferienanlagen, bei denen ich überraschend einen Swimmingpool entdecke und begeistert die Gelegenheit nutze endlich mal wieder zu schwimmen. Angeblich verlernt man es ja nicht. Auf Traumdeutung gebe ich genauso wenig, wi auf Sport, aber es wird schon so sein, daß ich schwimmen vermisse.

Leider kann ich schon lange nicht mehr schwimmen gehen, weil ich dazu in ein öffentliches Bad müsste und das geht nicht, weil ich zu einer Mischung aus Sozialphobiker und Misanthrop geworden bin. Ich finde andere Menschen ekelig und will sie schon gar nicht nackt sehen. Genauso ungern will ich, daß jemand mich nackt sieht.  Ich finde es selbst kurios, weil ich zu der Generation gehöre, die als Kind und Teenager nur nackt geschwommen ist und es sehr lästig fand, wenn ich ausnahmsweise in einer öffentlichen Schwimmanlage war und dort zur Badehose gezwungen wurde. Wenigstens waren es damals das, was man heute als „Speedos“ bezeichnen würde. Schon das nervte aber, weil man nach dem Verlassen des Beckens mit einer nassen Hose rumsaß. In der prüdisierten Welt der 2020er Jahre sind sogar „Speedos“ weitgehend verpönt. In den USA sogar an vielen Stränden verboten. Es könnte sich ja irgendwas unter dem Stoff abzeichnen! Herr, im Himmel, das darf nicht sein. Amis bilden sich gern ein, untenrum alle wie Kens zu sein. Also tragen Amis und offenbar auch die durch social media weltweit modisch nivellierten deutschen Jugendlichen knielange Baggy-Shorts beim Schwimmen. Das muss einerseits im Wasser extrem hinderlich sein und andererseits saugen die mehrere Liter Flüssigkeit auf, die man anschließend mit sich herumschleppt. Das heißt entweder Blasenentzündung oder jedes Mal umziehen, wenn man aus dem Becken/Meer/Fluß/See/Teich steigt.

Mir sind die Geschlechtsorgane anderer Menschen aller Geschlechter herzlich egal. Ich mag generell nicht die physische Nähe, die Präsenz anderer, die mir durch nackte Bäuche oder Beine noch drastischer erscheint.

Für mein Problem gibt es allerdings eine einfache Lösung: Nicht in Schwimmbäder gehen, die sommerlichen Liegewiesen voller nackter Leute meiden und einen großen Bogen um Saunen machen. Es handelt sich schließlich um mein „Problem“. Davon sollen andere Menschen nicht betroffen sein. Im Gegenteil, ich würde sogar dafür kämpfen, den Rest der Welt nicht durch meine privaten Ansichten zu beeinträchtigen. FKK-Ferienanlagen finde ich gut. Ich verstehe, daß viele Menschen sich da wohlfühlen und gönne ihnen ihr Freiheitsgefühl. Daß ich so eine Anlage nicht besuchen würde, ist herzlich irrelevant. Ich gehe auch nicht zum Fußball, nicht zu Formel1-Rennen, nicht in den Gottesdienst, nicht zu Helene Fischer-Konzerten, nicht ins Ballett, nicht in Fetisch-Bars, nicht auf Straßenfeste oder Flohmärkte. Das ist der Kern einer freiheitlichen Gesellschaft. Jeder kann das tun, was er möchte, so lange er andere damit nicht stört. So wie mir die Kirche nicht vorschreiben soll, was ich am Karfreitag für Filme sehe, so rede ich niemanden rein, der sich gern mit Myriaden anderen rosa-häutigen adipösen Pyknikern am Baggersee drängelt.

Von außen oktroyierte Sittlichkeitsvorstellungen haben 2022 nichts mehr bei uns verloren.

Das vollkommen hysterische Verhältnis der US-Amerikaner zu entblößten Brustwarzen, kann man gar nicht genug kritisieren. Eine Nation, die sich selbst als „Land Of The Free“ bezeichnet und so kompromisslos auslebt, daß sie die Freiheit der über 500 Millionen Schusswaffen im Privatbesitz auch um den Preis nicht antasten will, daß jedes Jahr Zehntausend Kinder erschossen werden, greift bei den 330 Millionen weiblichen Brustwarzen rabiat durch. Die USA erlaubt unter keinen Umständen das öffentliche zur Schau tragen derselben, während „Open Carry“ von Pistolen oder Maschinengewehren in fast allen US-Bundesstaaten ausdrücklich garantiert wird. Es braucht schon eine besondere Moral, um Myriaden Schusswaffenopfer achselzuckend zu akzeptieren, aber einen weiblichen Nipple als so gefährlich einzustufen, daß jedes öffentliche Bild, jede Darstellung im Kino, in der Werbung, Strafen nach sich zieht. Mark Zuckerberg, der Herr über Milliarden Instagram- und Facebook-Accounts setzt diesen Nipple-Bann sogar global durch. Ein Oben-Ohne-Bild und das Facebook-Profil wird gelöscht. Zuckerwerg will es so und lebt daher auch konsequent in Kalifornien, dem weltweit größten Porno-Produzenten. AR15, konföderierte-Flaggen. Hakenkreuze, Antisemitismus – all das wird toleriert. Ein Busen aber nicht!

Als Nicht-Jurist frage ich mich, wie eigentlich die Ungleich-Behandlung von Männer- und Frauen-Brustwarzen gerechtfertigt wird, zumal Zuckerbergs Instagram voll von anabolen Männerbrüsten ist, die größer und runder als die allermeisten weiblichen Brüste sind.

Wie erbärmlich, wenn in Deutschland dieser prüden Moralverirrung nachgeeifert wird und Frauen in Bikinis gezwungen werden. Auch in deutschen Schwimmbädern ist Barbrüstigkeit bisher ein rein männliches Privileg.

[…]  In Göttingen hat der Stadtrat jüngst entschieden, dass an Wochenenden alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht obenrum textilfrei ins Wasser dürfen. Das nordrhein-westfälische Siegen zog nach. Und jetzt soll Hamburg-Eimsbüttel folgen.

Hamburger SPD-Frau gegen "diskriminierende Kleidervorschriften"

Auch hier soll das Baden oben ohne in Schwimmbädern ausdrücklich für alle Gäste erlaubt werden, teilte die SPD im Bezirk nun mit. Begründung: "Für viele Menschen ist das schlicht und einfach eine Frage der Gleichberechtigung", sagte die Bezirksabgeordnete Paulina Reineke-Rügge. Dass im Jahr 2022 solche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gemacht werden, sei nicht mehr zeitgemäß.  "Für uns ist klar, dass diskriminierende Kleidervorschriften in Eimsbüttel keinen Platz haben", führte Reineke-Rügge weiter aus. "Wer will, sollte im Schwimmbad mit freiem Oberkörper unterwegs sein dürfen." [….]

(T-online.de, 20.06.2022)

Danke Hamburger SPD! Leider verfügt sie aber in der Bezirksversammlung Hamburg-Eimsbüttel über keine absolute Mehrheit und ist auf die Stimmen der Grünen angewiesen. Aber die erzkonservativen Hamburger Grünen stimmen natürlich mit der CDU.

Bäderland, die Betreiberin der öffentlichen Hamburger Schwimmbäder begibt sich unterdessen auf Zuckerberg-Kurs und argumentiert mit Sittlichkeitsempfindungen – DER MÄNNER.

Die könnten dann nämlich gar nicht anders, als sich aufzuregen und die Frauen sexuell zu belästigen. In der verqueren wahabitisch-zuckerbergschen-bäderländischen Ideologie müssen sich daher die potentiellen Opfer der Übergriffe einschränken und nicht etwa die Täter gemaßregelt werden.

[….] „Bäderland“-Sprecher Michael Dietel äußerte sich nämlich ablehnend gegenüber der „Hamburger Morgenpost (Mopo)“. Der Zeitung sagte er: „Ich weiß nicht, ob es so sinnvoll ist, den geschützten Rahmen wieder aufzuheben. Frauen werden anders behandelt, wenn sie nackt sind, als dass das bei Männern der Fall ist. Sie werden dann manchmal mit Übergriffigkeiten konfrontiert von Männern, die sich eben nicht benehmen können. Je mehr Freizügigkeit man lebt, desto mehr Angriffsfläche gibt es auch.“ […]

(Moin.de, 21.06.2022)

Nackte Männerbrüste im Schwimmbad? Kein Problem. Nackte Frauenbrüste? furchtbar unanständig! Was für Luder! Es ist die klassische Täter-Opfer-Umkehr.

Offenbar denken nicht nur Bischöfe so, wenn es um übergriffige Priester und vergewaltigte Messdiener geht.

Jetzt weiß ich auch wieder, wieso ich Misanthrop bin und grundsätzlich Menschen meide.