Was ist eigentlich rechts? Darüber könnte man ganz
Bibliotheken schreiben.
Die Bedeutung der Begriffe „links“ und „rechts“ verändert
sich zudem im Laufe der Jahrzehnte und variiert von Land zu Land.
Chinas kommunistische Partei impliziert mit „Volksherrschaft“
nach deutschem Verständnis einen linksradikalen Ansatz, handelt aber ökonomisch
gesehen rechter als alles was wir in Deutschland haben.
In Deutschland bedeutet „rechts“ üblicherweise:
1.
National statt international
2.
Arbeitergeber statt Arbeitnehmer-orientiert
3.
Intolerant statt tolerant
4.
Beharren statt verändern
5.
Rücksichtslos statt hilfsbereit
Gerd Schröder erkannte das Missverhältnis zwischen „gesellschaftlich
rechts“ und „ökonomisch rechts“.
In den 1990ern war gab es eine klare „rechte Mehrheit“ für
einen wirtschaftsliberaleren Kurs. Auswahl bei Telekommunikationsanbietern,
Wettbewerb zwischen Stromversorgern, Lockerung der strengen
Ladenöffnungszeiten, mehr Eigenverantwortung bei der sozialen Vorsorge.
Gleichzeitig existierte aber eine „linke Mehrheit“ bei den
gesellschaftlichen Fragen. Mehr Toleranz für Homosexuelle, gleiche Rechte für
Frauen, Verbot der Vergewaltigung in der Ehe, Liberalisierung des §218,
Sexualaufklärung in Schulen und der gesamte Bereich „Klima, Kernkraft, Umwelt“
gehörte auch irgendwie dazu.
Die CDU/CSU konnte mit ihrer harten Ablehnung der Homoehe
und ihrem vehementen Einsatz für das Recht eines Mannes straffrei seine Ehefrau
zu vergewaltigen keinen Blumentopf mehr gewinnen.
Die Mehrheit sah es nicht mehr ein, daß Wehrmachtsdeserteure
immer noch geächtet waren, während ehemalige SS-Mitglieder üppige Renten
bekamen.
Üblicherweise gewannen aber die Rechten Wahlen, weil „das
Hemd näher als die Hose“ war.
Ja, man fände es zwar ganz gut den §175 zu streichen, aber
brummende Wirtschaft war einem wichtiger.
Ich glaube immer noch Gerd Schröder und Joschka Fischer
verfolgten einen goldrichtigen Ansatz, indem sie sich von radikal keynesianischer
Wirtschaftspolitik verabschiedeten, sich als wirtschaftskompetent gerierten und
so die Mehrheiten errangen, um ihre zahlreichen gesellschaftlichen
Liberalisierungen und ökologischen Verbesserungen umzusetzen.
Mal ehrlich, wer möchte denn heutzutage noch starre
Ladenöffnungszeiten von Mo-Fr, 10.00 bis 18.00 Uhr, wie es linke Gewerkschafter
über Dekaden erbittert verteidigten?
Es war machttaktisch schlau von Frau Merkel viele der
konservativen CDU-Zöpfe abzuschneiden. Ja, die CDU-Basis murrte, aber eine Union,
die im Jahr 2019 noch wie vor 20 Jahren Homosexualität bestrafen und
Vergewaltigung in der Ehe erlauben wollte, hätte keine Chance mehr beim Wähler.
Könnten sich CDU und SPD mit ihren heutigen Programmen nach
1998 zurückbeamen, hätte Merkel sehr gute Karten.
Kramp-Karrenbauer steht hingegen im Jahr 2019 schlecht da,
weil sie sich eben nicht in frühere Zeiten zurück beamen kann, sondern sich die
Gesellschaft inzwischen weiterentwickelte.
Die Themen Umwelt und Klima galten einst noch als „Gedöns“.
Da reichten ein paar warme und folgenlose Worte.
Heute haben sie sich aber von weichen zu harten Themen
gemausert, während das einstige Kernministerium „Wirtschaft“ kaum noch interessiert.
Nicht nur die Einstellungen zu den einstigen Randthemen haben
sich verändert; es sind auch ganz neue politische Aufgabenbereiche
hinzugekommen.
Terrorismus, Migration, China, Glyphosat, CO2-Abgabe,
Globalisierung, internationale Zollpolitik, Breitbandausbau, Urheberrechte im
Internet – um nur einiges zu nennen.
Mag sich also die CDU in der Frauen- und Homopolitik
schleppend angepasst habe, so hinkt sie nun bei vielen #Neuland-Themen
hoffnungslos hinterher.
Wie vor 20 Jahren versucht sie diese Schwäche zu
kompensieren, indem sie bei den vermeidlich harten Themen punktet, die dem Volk
ihrer Ansicht nach doch wichtiger sind: Soli weg, Grenzen zu!
Für heute sehr schwache Parteien wie die SPD ist die neue
Themenvielfalt eine Chance.
Sie wird nicht wieder auf die Beine kommen, indem sie durchaus
löblich im Stile früherer Jahrzehnte eine Respektrente ohne Bedarfsprüfung durchsetzt.
Sie sollte lieber das thematische Vakuum der Union nutzen,
um mit ganz anderen Dingen durchzudringen.
Kostenloses WLAN für alle, Sterbehilfe legalisieren, radikal
veränderte Verkehrs- und Energiepolitik, Drogenfreigabe, Abschaffung der Staatsdotationen
an die Kirchen, Rückkauf der kommunalen Versorger, Aufhebung von Friedhofszwang,
Waffenexportstopp, Mehrwegsverpackungszwang, völlig andere Standards in der
Landwirtschaft, Verbot von Tierversuchen, Legalisierung von Leihmutterschaften
und Eizellenspenden, etc pp.
Dann wären die Wähler gezwungen ganz neu über die Begriffe „rechts“
und „links“ nachzudenken. Sie müssten entscheiden, was ihnen wichtig ist.
Die Parteien wären gezwungen sich Koalitionspartner mit den
größtmöglichen Schnittmengen zu suchen.
Es wäre nur konsequent, wenn das passierte, was Joachim
Gauck schon mal im aktuellen SPIEGEL tut: Heftig mit der AfD flirten.
[….] Just zum Wahltag von Görlitz setzten Joachim Gauck, Bundespräsident bis
2017, und Hans-Georg Maaßen, früherer Chef des Verfassungsschutzes, ihre Zitate
ab. Gauck warb im Spiegel für eine "erweiterte Toleranz nach rechts".
Maaßen sagte zur Frage, ob Bündnisse zwischen seiner CDU und der AfD denkbar
seien: "Ich glaube, in der derzeitigen Situation werden wir es
ausschließen, dass es zu einer derartigen Koalition kommt." Auf die eine
Relativierung ("derzeitigen") fügte er gleich die nächste an:
"Aber man weiß nie."
Das Vornehmste, was sich über Gedankenspiele zu CDU und AfD sagen
lässt, ist: Sie sind nicht durchdacht. Bei der AfD handelt es sich um keine
konservative, sondern allenfalls um eine reaktionäre Partei. Sie ist durchsetzt
von Rechtsradikalen und Rechtsextremisten. Dass ein langjähriger Chef des
Verfassungsschutzes so etwas entweder nicht erkennt oder übergeht - das eine
wie das andere ist im Grunde nur schwer zu kapieren. Maaßen versucht, diese
Partei zu nobilitieren. Bundesinnenminister Horst Seehofer wird über sich
selbst staunen, dass er im Herbst 2018 zunächst so lange an ihm festhielt.
Joachim Gauck hingegen hat wohl einfach seine Worte nicht gewogen. Sein
Plädoyer für eine "erweiterte Toleranz nach rechts" wollte er als Unterscheidung
zwischen rechts, rechtsradikal und rechtsextremistisch verstanden wissen. Aber
eine solche Unterscheidung wird auch ein Bundespräsident a.D. nicht mehr durchsetzen;
stattdessen setzt er nur sich selber Missverständnissen aus. [….]
Ich sage Ja! zu Gauck und Maaßen. Ich sage Ja! zu
CDU-AfD-Koalitionen.
Es ist eine Chance für das alte Parteiensystem sich neu zu
sortieren.
Mögen die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen
Koalitionen aller Art zulassen, so kann sich das grün-rot-rote Lager doch
leicht darauf verständigen anders als Gauck eben nicht die Intoleranz zu
tolerieren.
Die AfD agiert rassistisch, revanchistisch, xenophob und
zudem auch noch im hohen Maße verschwörungstheoretisch.
Die Topfiguren Storch und Weidel äußern sich vermehrt
regelrecht durchgeknallt, indem sie den menschengemachten Klimawandel leugnen
und Klimaschutz ablehnen mit Hinweis auf vermehrte Sonnenaktivität, die man eh
nicht beeinflussen könne.
Eine CDU, die in verzweifelter Panik vor den Umfragewerten Habecks mit so einer AfD ins Bett will, ist aus Sicht eines SPD-Wahlkämpfers ein Geschenk.
Eine CDU, die in verzweifelter Panik vor den Umfragewerten Habecks mit so einer AfD ins Bett will, ist aus Sicht eines SPD-Wahlkämpfers ein Geschenk.
[…..] Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck wirbt auch mit Blick auf die
Ausrichtung der CDU für eine "erweiterte Toleranz in Richtung
rechts".
Toleranz fordere, "nicht jeden, der schwer konservativ ist, für
eine Gefahr für die Demokratie zu halten und aus dem demokratischen Spiel am
liebsten hinauszudrängen", sagte Gauck dem "Spiegel". "Wir
müssen zwischen rechts - im Sinne von konservativ - und rechtsextremistisch oder
rechtsradikal unterscheiden." Damit sprach Gauck ein Thema an, das auch
die Unionsparteien aktuell umtreibt.
[…..]
Gauck vertrat die Ansicht, die CDU müsse für einen bestimmten Typus des
Konservativen wieder zur politischen Heimat werden. Das gelte für Menschen, für
die Sicherheit und gesellschaftliche Konformität wichtiger seien als Freiheit,
Offenheit und Pluralität. [….]
Hier gibt es klare Unterscheidungen zwischen den
gegenwärtigen Groko-Parteien.
Sozis treten nicht für Menschen ein, die Konformität
verlangen, Verschwörungstheorien verbreiten und Intoleranz predigen.