Mittwoch, 13. Februar 2013

Zwei Staatenlenker


Das war ja mal blödes Timing!

Der weltbekannte Irre und absolute Monarch eines bizarren Staates aus lauter Rechtlosen läßt eine Riesenbombe platzen, um sich in den Focus der Weltöffentlichkeit zu rücken und dann bemerkt es fast keiner.
Die ganze Aufmerksamkeit des Planeten gehört nämlich dem zweiten weltbekannten Irren und absoluten Monarchen eines bizarren Staates aus lauter Rechtlosen, weil dieser ebenfalls eine Riesen-(Personal)-Bombe platzen ließ.
In beiden Staaten wird man nur absoluter Herrscher, nachdem der in ungeheurem Prunk lebende „Papa“ abgekratzt ist.
Was seit Generationen so gehandhabt wird, gerät aber in beiden absoluten Diktaturen ein bißchen aus dem Ruder.
Kim Jong Ils Schlaganfall kam so früh, daß Kim Jong Un schon mit Ende 20 ran mußte und Joseph Ratzinger beschließt auf einmal schon vor seiner Abberufung durch den Herrn die Tiara an den Nagel zu hängen.
Einer der wenigen Unterschiede zwischen dem Vatikan und Nordkorea ist das Image in den Regierungszentralen der Welt.
Demjenigen, der seit 30 Jahren schützend seine Hand über Kinderschänder hielt, der bei Androhung der Exkommunikation verbot darüber zu reden und der Schwule hasst wie die Pest, werden immer die roten Teppiche ausgerollt.
Den anderen mag niemand und daher muß er bis auf gelegentliche Abstecher nach China immer zu Hause bleiben.
Beide, Ratzi und Kimmi, hatten von ihrem Vorgänger einen maroden Staat mit enormem Reformstau übernommen.
Sie gingen ausgehend von diesem unbefriedigenden Zustand allerdings in diametral unterschiedliche Richtungen.
Während der eine antimodernistisch denkt und versucht seinen Laden zurück ins Mittelalter zu schieben, unternimmt der anderen den Versuch seinen mittelalterlichen Staat mit Wucht in die Moderne zu pushen.

Die Wahl Kim Jong Uns zu Times „Man Of The Year“ stellte sich zwar bald als Hacker-Scherz heraus, aber gepasst hätte es.
    Nordkoreas Diktator Kim Jong Un erfreut sich im Internet offenbar großer Beliebtheit. Bei der Leserabstimmung zur "Person des Jahres 2012" auf der Internetseite des "Time"-Magazins erhielt Kim 5,6 Millionen Stimmen - und gewann damit mit großem Vorsprung. Die renommierte US-Zeitschrift teilte allerdings mit, dass das Ergebnis größtenteils auf Kampagnen verschiedener Hacker-Gruppen zurückzuführen sei. Diesen hätten den Diktator mit speziellen Klick-Programmen nach vorne gebracht.
  Warum auch nicht?
Das TIME-magazine hatte auch schon Arschgeigen wie Haile Selassie I. (1935), Hitler (1938), Stalin (1939), Ayatollah Khomeini (1979), Newt Gingrich (1995), George W. Bush (2000, 2004) und Marc Zuckerberg (2010) erwählt.

Kim Jong Un ist tatsächlich in den letzten zwölf Monaten weltweit gegenwärtig geworden.
Dafür daß am Todestag seines Vater Kim Jong Il, dem 17.12.2011 noch niemand Jong Uns Namen kannte, hat sich der Nachwuchs-Diktator in einer beeindruckenden PR-Offensive in die Weltöffentlichkeit katapultiert!

Jeder Facebook-User kennt sein Gesicht, man klickt auch Blogs wie „Kim Jong Un looking at things.“
Als the Onion ihn am 14.11.12 zum „Sexiest man alive“ hochjazzte, verbreiteten chinesische Nachrichtenagenturen die Meldung weiter.
    The Onion is proud to announce that North Korean supreme leader Kim Jong-un, 29, has officially been named the newspaper’s Sexiest Man Alive for the year 2012.
    With his devastatingly handsome, round face, his boyish charm, and his strong, sturdy frame, this Pyongyang-bred heartthrob is every woman’s dream come true. Blessed with an air of power that masks an unmistakable cute, cuddly side, Kim made this newspaper’s editorial board swoon with his impeccable fashion sense, chic short hairstyle, and, of course, that famous smile.
    “He has that rare ability to somehow be completely adorable and completely macho at the same time,” Onion Style and Entertainment editor Marissa Blake-Zweibel said. “And that’s the quality that makes him the sort of man women want, and men want to be. He’s a real hunk with real intensity who also knows how to cut loose and let his hair down.”
Im gesamten Westen wird Kim Jong Un stets nur als “der Irre” bezeichnet. Man hält ihn für einen Idioten der dritten Generation, den man verspotten kann und den man unbedingt in die Schranken weisen sollte, weil er nach Atomwaffen strebt.

In der Tat, Atombomben sind gefährlich und ich nehme auch an, daß die Menschheit sich eines Tages damit selbst auslöschen wird.
Aber es gibt nun einmal weltweit Atomwaffen und für Staaten wie Iran, Syrien oder Nordkorea, die befürchten müssen, daß USA, NATO oder ein sonstiges Bündnis einmarschiert und die Regierung stürzt ist es hochvernünftig sich Massenvernichtungswaffen anzuschaffen.
Wir erinnern uns an das Bush-Axiom von der „Achse des Bösen“ aus Nordkorea, dem Iran und dem Irak.
Wenn eine Nicht-Atommacht danach strebt sich Massenvernichtungswaffen zu besorgen, will die USA vorher einen Krieg anfangen, um diese Staaten daran zu hindern sich derartig aufzurüsten.

Mit der US-Ehrlichkeit ist es aber nicht weit her. 
Die Erfahrung lehrt, daß in die Staaten MIT illegalen A-, B- oder C-Waffen eben NICHT einmarschiert wird – Israel (A,B,C), Pakistan (A), Indien (A), Syrien (C) und Nordkorea (A) sind von US-Kriegserklärungen verschont worden.
Stattdessen marschierten westliche Soldaten in Ländern auf, die eben KEINE A-, B- oder C-Waffen haben: Afghanistan, Irak, Libyen, Mali.

Durch die massenhafte Aufrüstung mit Drohnen, welche der Friedensnobelpreisträger im Weißen Haus (aber auch Israel) regelmäßig völkerrechtswidrig einsetzt, sinkt die Hemmschwelle immer mehr.
Zudem streben weitere westliche Staaten, die bereits weltweit ihre Soldaten zu Kriegseinsätzen schicken, nach Drohnen.
Ganz vorn dabei eine gewisse Angela Merkel, die keinen Zweifel an ihrer Begeisterung für Aufrüstung und Waffenexporte lässt.
Ein Land wie Nordkorea, daß weder ein unverzichtbarer Handelspartner ist, noch auf ein Netz auf Verbündete zurück greifen kann, setzt in dieser Situation natürlich auf A-Waffen. Ich halte das absolut nicht für „irre“, so wie ich auch nicht Ahmadinedschad als den „Irren von Teheran“ (BILD) bezeichnen würde. Nein, aus deren Sicht ist es hochrational so schnell wie möglich Atombomben einsatzfähig zu haben.
Beide sind gebrannte Kinder und kennen US-Militäreinsätze im eigenen Land oder der unmittelbaren Nähe.
Die US-Bedrohung ist real. Wie Helmut Schmidt immer sagt: Man muß die Geschichte kennen.
1945 war Korea endlich die Besatzungsmacht Japan losgeworden und wollte nun SELBSTSTÄNDIG sein.

Daß Kim Jong Uns Großpapa Kim Il Sung als Major der Roten Armee und Chef der nördlichen Besatzungszone auf die Anweisungen Stalins pfiff und sich erdreistete der Kolonialmacht USA zu widersprechen und Korea den Koreanern zurückgeben wollte, entsetzte die Amis!
Ein selbstständiges Korea hätte die USA um ihre schöne Kriegsbeute betrogen.
Die 40 Jahre von Japan unterdrückten und drangsalierten Koreaner sollten keinesfalls frei und demokratisch leben dürfen!
Dafür überzogen sie die Halbinsel mit Krieg. Und was für einen! 
Die Bilanz des Krieges war schrecklich: drei Millionen Tote, fünf Millionen Flüchtlinge und eine Million bis heute getrennte Familien. Es gab weder einen Sieger noch einen Frieden, nur den Waffenstillstand von Panmunjeom am 27. Juli 1953; Grenze blieb der 38. Breitengrad.
Der Friedensbruch durch Kim Il Sung hatte für die USA fast alle Waffen geheiligt. Der Krieg war gerade zwei Wochen alt, als US-General Douglas Mc Arthur, der die UN-Truppen in Korea führte, nach nuklearen Sprengsätzen rief. Er bekam sie nicht. Stattdessen ließ die Air Force Tausende Tonnen Napalm auf Nordkorea regnen. Schließlich mahnte selbst Englands Premier Winston Churchill: Niemand habe sich bei der Erfindung von Napalm vorstellen können, dass es einmal über eine ganze zivile Bevölkerung »versprüht« werden würde. Städte sanken in Schutt und Asche, große Dämme wurden bombardiert (was seit 1949 als Kriegsverbrechen galt). 1952 war vor allem die nördliche Hälfte dem Erdboden gleichgemacht. Die Menschen lebten, wohnten, lernten, produzierten im Untergrund. Es war vor allem dieser Krieg – und die darauf folgende jahrelange Stationierung von US-Atomraketen in Südkorea –, die den Wunsch der Kims bestimmte, Land und Regime durch Nuklearwaffen zu sichern.

Es ist nicht zu rechtfertigen, wie drei Generationen Kim-Diktatoren ihr eigenes Volk quälen.
 Aber daß es eine ausgeprägte Feindschaft gegenüber Kolonialmächten im Allgemeinen und Amerika im Besonderen gibt, ist psychologisch zu verstehen.
Sicher gegen erneute von Amerika aufgezwungene Kriege ist man nur mit Massenvernichtungswaffen.
Das haben Kim Jong Il und Kim Jong Un verstanden.
Das ist aber auch ein naheliegender Schluß Achmadinedschads.

Kim Jong Un ist sicher kein Sympath und ich bemitleide ihn nicht, weil er zum Gespött der Satiriker wird.
Aber wieso sollte er irre sein?
Irre halte ich das Verhalten des Westens, der angesichts der 70.000 Bürgerkriegstoten in Syrien intensiv damit beschäftigt ist wegzusehen und die Oppositionellen im Stich zu lassen und nun im Fall Nordkorea annimmt „schärfste Sanktionen“ könnten etwas bewirken.
Sanktionen treffen sie Ärmsten und auf die nimmt das nordkoreanische Regime ja bewiesenermaßen keine Rücksicht. Millionen sind bei Hungerkatastrophen verreckt, ohne daß die Kim-Dynastie gewankt hätte.
Und nun setzen Guido und Angie wieder aus Aushungern? Wie das ist, weiß das koreanische Volk.
Ein Kasernenstaat, in dem 22 Millionen Menschen eingesperrt sind, davon 1,2 Millionen als Soldaten. Sechs Millionen stehen als Reservisten bereit. Schon 1978 schätzte die CIA, dass 12 Prozent der Männer zwischen 17 und 49 Jahren regulären Armeedienst leisteten: »Ein Höchst stand«, bilanzierte die CIA, »den nur Israel übertrifft.« Die forcierte Hochrüstung unter der »Armee zuerst«-Politik erniedrigte das Volk buchstäblich:
Laut einer Studie von UN und EU aus dem Jahr 2002 ist ein siebenjähriger Nordkoreaner im Schnitt 20 Zentimeter kleiner und 10 Kilo leichter als sein Landesbruder im Süden. Und es ging immer rasanter bergab. Die Wirtschaft schrumpfte seit Mitte der neunziger Jahre innerhalb von zehn Jahren um 40 Prozent. Fluten (1995/96) und Dürren (1997) von biblischem Ausmaß – mit verursacht durch die Abholzung der Wälder – führten zum Hungertod von zwei Millionen Menschen. Hunderttausende suchten Rettung in China. Auch heute treibt die Hoffnung auf ein besseres Leben Nordkoreaner über die Grenze, obwohl auf Flucht Lager, Folter oder Todesstrafe stehen. Etwa 200 000 Menschen vegetieren im Gulag; die früheren 14 Lager sind zu sechs Strafkolonien zusammengelegt worden. Rund die Hälfte der Opfer sind politische Gefangene, für die Sippenhaft gilt. Wer zu fliehen versucht, hat die öffentliche Hinrichtung im Beisein eingesperrter Verwandter zu gewärtigen.
Was soll dieses geschundene Volk noch schrecken?

Und wieso dürfen Russland 10.000, die USA 8.500, Frankreich 300, China 240, England 225, Israel rund 200, Pakistan rund 100 und Indien rund 100 Atomsprengköpfe besitzen und Nordkorea keinen einzigen?

UN-Drohungen gegen Pjöngjang nützen doch offensichtlich nichts.
 Ist es nicht reichlich naiv immer auf dem Weg fortzuschreiten?
Die Antwort von Diktator Kim Jong-un auf die Ausweitung der internationalen Sanktionen gegen Nordkorea ließ nicht lange auf sich warten. Am Dienstag vermeldeten die Staatsmedien den dritten Atomtest des Landes, dessen Erschütterungen auch von einer Messstation im Bayerischen Wald registriert wurden. Im Streit um sein Kernwaffenprogramm gibt sich Pjöngjang aggressiv, die Folgen sind unabsehbar. Eine weitere Verschärfung der Strafmaßnahmen oder gar eine Handelsblockade als Reaktion auf den Atomtest könnte eine neue Spirale der Eskalation in Gang setzen.

[…] Durch den Uno-Sanktionsbeschluss nach dem Start einer nordkoreanischen Langstreckenrakete im Dezember fühlt sich Pjöngjang provoziert. [….] Die Regierung in Seoul hatte Nordkorea gewarnt, dass es bei einem neuen Atomtest mit weitaus härteren Strafmaßnahmen rechnen müsse. Wie schon früher hatte Pjöngjang mit militärischer Gewalt gedroht, sollte Seoul den jüngsten Sanktionsbeschluss umsetzen. Erneut hat Pjöngjang nun seine höchste Trumpfkarte im Poker um sein Atomprogramm sehr schnell hervorgeholt. Nordkoreas erklärtes Ziel ist es, eine Atomstreitmacht zur Abschreckung aufzubauen. [….] Weltweit wurde der Atomtest scharf kritisiert. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte ihn, da er eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit der Welt sei, teilte der Rat nach einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung mit. Das mächtigste Uno-Gremium kündigte an, sofort mit der Arbeit an einer neuen Resolution zu beginnen, die angemessene Maßnahmen beinhalten werde. Erst im Januar hatte der Rat die Sanktionen gegen Nordkorea ausgeweitet.
Die Weltgemeinschaft macht sich lächerlich. Satt Drohungen und Sanktionen sollte man die Chance des personellen Neuanfangs in Pjöngjang nutzen, um auf den Paria-Staat zuzugehen. Man sollte Kim Jong Un die Hand reichen, erst einmal selbst abrüsten und wirtschaftlich massiv helfen.
Nordkoreas Regierung hat nicht viele Trümpfe in der Hand. Der Größte ist die Atombombe. Warum sollte Kim so doof sein und die Bomben ohne Gegenleistung einfach weggeben? Wieso sollte sich Pjöngjang Bedingungen von der A-, B- und C-Waffenmacht Amerika diktieren lassen? Das wäre „irre“ von Kim Jong Un. Er nutzt die ERfahrungen seines Vaters und Großvaters.
 Auch die hatten ihr Atomprogramm und die Tests benutzt, um dem Süden Koreas und den USA sozusagen aus einer Position der Stärke heraus Wirtschafts- und Nahrungsmittelhilfe abzutrotzen. Inszenierung und Zeitpunkt der dritten Bombenexplosion Nordkoreas sprechen sehr dafür, dass auch Kim jr. das so halten wird.

So berechenbar dieser Atomtest also gekommen ist, so erwartbar dürften auch die Reaktionen sein. Regierungen rund um den Globus sind entrüstet - einschließlich der Freunde in Peking. Die USA verlangen im UN-Sicherheitsrat die Verschärfung bestehender Sanktionen, in einer neuen Resolution wird Nordkorea einmal mehr verurteilt werden. China wird dem nach einigem Zögern zustimmen. Grundlegend wird sich die Antwort auf den neuen Test nicht von der Antwort auf Test Nr.2 unterscheiden.

Denn in Wahrheit hat der Test am Status quo in der Region und geostrategisch gegenüber den USA wenig verändert.


Hach ja… und was machen wir mit dem anderen Irren, dem Römer?
Vielleicht wäre eine bi-nationale Lösung richtig…