So wie ich kein Gefühl mehr dafür habe wann eigentlich Schulferien sind, bekomme ich auch den Beginn oder das Ende von Semesterferien kaum noch mit.
Eigenartig,
wenn man bedenkt wie sehr diese Daten früher einmal den Lebensrhythmus bestimmt
haben.
Vor
einigen Tagen unterhielt ich mich mit jemanden, der gerade anfing zu studieren;
dabei wurde mir klar, daß ich buchstäblich im vorherigen Jahrtausend an der Uni
war.
Endlose
Stunden Rumgewühle und Suchen in zerfledderten Heftchen in der
Fakultätsbibliothek. Und zu Hause dann nächtelang Protokolle geschrieben – mit der
Hand.
Einen PC
hatte ich noch nicht und daß es eines Tages so etwas wie eine „Googesuche“
geben könnte, war weit außerhalb des Vorstellbaren.
Nach
meinem Vordiplom hatte ich neben den drei Hauptfächern die Wahl zwischen „BC“
und „TMC“.
Selbstverständlich
belegte ich Biochemie; wer will schon dieses verfahrenstechnische Zeug bei der „technischen
und makromolekularen Chemie“ haben?
Testweise
hatte ich da immerhin mal reingehört und erinnere mich noch an meine erste
TMC-Vorlesung, als es darum ging eine Milchverpackung wieder zu verwerten. Die
berühmten Tetra-Paks, bzw Tetra-Briks, von denen jährlich fast 100 Milliarden
Stück hergestellt werden, sind ein chemischer Alptraum.
Ein
Verbundstoff, der aus mehreren Schichten Kunststoff, Aluminium, Kunststoff,
Papier, Kunststoff besteht.
Man
bekommt den Mist technisch nicht mehr auseinander – es sei denn, man wendet so
viel Energie auf, daß es absolut unökologisch und unökonomisch wird.
Ich
erinnere noch gut, wie sich der Professor darüber aufregte, solche Art Abfall
mit Grünen Punkten zu versehen und als ökologisch zu bewerben – ganz so, als ob
man sie einfach einschmelzen und wiederverwerten könnte.
Schon
damals; Altglassammeln und Kompostieren waren noch ganz neu; hielt man im
meiner Uni das Recylingsystem in Deutschland für eine rein pädagogische
Maßnahme. Die Verbraucher trennen zwar ordentlich nach Weiß-, Grün- und
Braunglas, auch wenn anschließend alles wieder zusammengeworfen wird.
Man
dürfe das dem einfachen Bürger aber nicht sagen, denn sonst erlahme sein
ökologischer Eifer sofort wieder.
Andere
Baustellen damals in meinem Fachbereich waren das „Sonderforschungsprojekt
ZISCH“ (Zentrale Immission Schwermetalle in die Nordsee. Es ging um die
berühmt-berüchtigte Dünnsäureverklappung) und die elenden FCKWs, also die
Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoff-Treibgase in den Haarspraydosen, die das Ozonloch
schufen.
Kaum zu
glauben, aber die großen ökologischen Kampagnen von Greenpeace und Co können
durchaus wirken. Heute wird nicht mehr industrielle Schwefelsäure einfach ins
Meer gepumpt (jedenfalls nicht legal) und die Sprays, die man heute im
Supermarkt kauft, sind entweder Pumpsprays, oder sie funktionieren mit
Treibgasen, die nicht die physiologisch katastrophalen
Halogenid-Kohlenstoff-Doppelbindung aufweisen – die kriegen menschliche Enzyme
nämlich nicht mehr zerlegt. Deswegen sind Lindan (γ-Hexachlorcyclohexan, wirkt
gegen Filzläuse), Hexachlorbenzol (Fungizid = „Pflanzenschutzmittel“), DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan,
Insektizid) oder „Dioxin“ (das Sevesogift, also polychloriertes Dibenzodioxin =
2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin) so problematisch. Unsere Physiologie wird mit
der künstlich geschaffenen C-Cl-Bindung nicht fertig und kann ein solches
Molekül nicht abbauen.
Erstaunlich;
der Homo Demens lernt manchmal doch dazu.
Ganz so
sorglos werden diese Gifte nicht mehr produziert und verwendet.
Keinerlei
Entwarnung gibt es bei den Milliarden Terta-Briks, die fröhlich weiter
produziert werden, obwohl wir seit 1990 das „Duale System Deutschland“ (der
Grüne Punkt) haben.
Ich
wohne in einem Mietshaus, vor dem EINE große Mülltonne steht. So wie vor jedem
Hauseingang meiner Straße.
Dabei
wohne ich nicht irgendwo auf dem Land hinter Buxtehude, sondern mitten im Zentrum
einer Millionenstadt.
Es gibt
hier immer noch keine Gelben Tonnen und schon gar keine Altpapier- oder
Altglastonnen.
Das
konnte in der kurzen Zeit seit 1990 noch nicht realisiert werden. Ganz so
schnell geht es eben nicht bei der Hamburger Stadtreinigung.
Dennoch
zahle ich aber jedes Jahr ungefähr 50 Euro an die „Duales System
Deutschland GmbH“ – seit 1991 also etwa 1.200 Euro, ohne daß
ich je eine gelbe Tonne benutzt hätte.
Das
System ist allerdings ohnehin komplett gescheitert. Auch wenn es bei mir so
eine gelbe Mülltonne gäbe, wäre damit nicht der Umwelt geholfen.
Klaus
Töpfers Baby ist eine Missgeburt.
23 Jahre nach seiner
Gründung steckt das System in einer schweren Krise. Das hat mehrere Gründe. Auf
immerhin einen können sich auch fast alle Beteiligten in der Debatte einigen:
Immer mehr Unternehmen nutzen Schlupflöcher in der Verpackungsverordnung aus
und drücken sich so um die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebenen
Entsorgung. Sie lizenzieren zu wenig ihrer Verpackungen für duale Systeme und
geben stattdessen an, die Verpackungen selbst im Laden zurückzunehmen. Doch
größtenteils landen diese dann daheim bei den Käufern in den Gelben Tonnen oder
Säcken, weil es für die Kunden so natürlich bedeutend bequemer ist.
Nach Angaben des DSD
betrifft dies jede zweite Verpackung. Der Geschäftsführende Gesellschafter,
Michael Wiener, spricht daher von Trittbrettfahrern, die das System zerstörten.
Bußgelder sind dennoch die Ausnahme - den für die Kontrollen zuständigen Bundesländern
fehlt der Überblick in dem komplexen System.
[…]
Es werden nicht weniger Verpackungen
produziert - im Gegenteil. Mit 202 Kilogramm sei die Verpackungsmenge pro Kopf
und Jahr in Deutschland die zweithöchste in Europa (nach Luxemburg), heißt es
in einem neuen Gutachten im Auftrag des Verbandes kommunaler Unternehmen
(VKU). Kunststoffverpackungen hätten in den vergangenen
Jahren um 25 Prozent zugenommen. Offenbar legt der Kunde doch großen Wert auf
aufwändige Verpackungen. Ebenso dürfte der Trend zu kleineren Portionen für
Singlehaushalte den Verpackungsboom befeuert haben.