Das wird lustig, das wird lustig.
In der letzten Woche habe
ich mir einige Artikel rausgelegt, die genau beschreiben welche riesigen Mehrheiten der Genossen dem
GroKo-Vertrag zustimmen und wie die Ministerien besetzt werden.
Steinmeier, Gabriel,
Oppermann, Nahles, Schwesig und noch eine Frau aus NRW – das war ja schon
Konsens.
Aber manchmal kommt es
eben doch anders als man denkt.
Prognosen sind immer
schwierig; insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.
Politiker werden gern
daran gemessen, was sie einst versprachen. Wenn sie sehr grob danebenliegen,
wie Kohls legendäre „blühende Landschaften“, „Keine Steuererhöhungen für die
deutsche Einheit“ und „niemand wird es schlechter gehen als heute“, oder
Westerwelles „IchwerdekeinenKoalitionsvertragunterschreibenohneeineinfacheresniedrigeresundgerechteresSteuersystem“,
hat das eine negative journalistische Bewertung zu Folge.
Kohl und Westerwelle
hatten zumindest phasenweise extrem schlechte Presse.
Während der eine aber
stoisch immer wiedergewählt wurde, flog der andere gleich ganz aus dem
Bundestag.
Extrem unverlässliche
Politiker sind auch Merkel und Seehofer. Wenn sie etwas versprechen, ist es so
gut wie sicher, daß das Gegenteil gemacht wird.
Der Bayer wird dafür
durchaus in den Leitartikel heftig kritisiert, während Merkel meistens voller
Wohlwollen beschrieben wird. Vermutlich ist aber der journalistische Ton gar nicht
so wichtig, denn beide werden mit riesigen Mehrheiten gewählt.
Gerd Schröder und Joschka
Fischer sind die anderen Extreme. Sie wurden insbesondere von den Hamburger
Magazin systematisch runtergeschrieben und anders als bei Merkel und Seehofer
wirkte diese Negativ-PR.
Ihnen wird noch eine
Dekade später nach Herzenslust übel genommen.
Journalisten hingegen wird
nie übel genommen, wenn ihre Prognosen nicht eintreffen und sich alles völlig
anders entwickelt.
Was hatte die Journaille
nicht alles über Koalitionen vor der letzten Bundestagswahl spekuliert. Daß die
CDU um ein Haar die absolute Mehrheit bekam, hatte niemand auch nur erwähnt.
Trotz der ausführlichen Durchdeklination jedes
Wahlscenarios, war aber niemand auf die Idee gekommen. Presseversagen absolut.
Nur im taz-Blog finde ich einen entsprechenden Artikel
von Sebastian Heiser. Alle anderen Medien schweigen.
Wir
beleuchteten sogar die Option einer Minderheitenregierung, die sich auf keine
feste parlamentarische Mehrheit stützen kann (FAZ vom 7. März 2013, Seite 8,
nicht online). Eine absolute Mehrheit hatte niemand auf dem Schirm. Viele von
uns haben sie sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Das klang dann so: “Wunder wie eine
absolute Mehrheit von CDU/CSU oder SPD wird es nicht geben.” Oder so: “Denn keine Partei wird die
absolute Mehrheit erringen.” Wir Journalisten waren uns wirklich ganz sicher: “Die Frage ist eigentlich nur
noch, ob Kanzlerin Angela Merkel mit der FDP weiterregieren kann – oder die SPD
in eine große Koalition einsteigen muss.” Sogar noch in der Woche vor der Wahl schrieben wir, die SPD müsse “nicht
fürchten, dass die [schwarz-gelbe] Koalition wegen einer
absoluten Mehrheit der Union ein Ende findet”. Noch ein Beispiel gefällig? “Zwar steht eine
absolute Mehrheit der Union nicht ins Haus.”
Es ist
gar nicht wichtig, welcher Kollege das jeweils in welchem Medium geschrieben
hat. Wir alle haben es gleichermaßen vergeigt, übrigens in der taz kein
bisschen weniger als überall sonst. Wir hauptberufliche Politikbeobachter und
-erklärer haben unserem Publikum vorgemacht, dass wir etwas davon verstehen
würden. Und jetzt stehen wir da, und jeder kann es sehen: Der Kaiser ist nackt!
Deshalb
sollten wir alle zurücktreten. Und wenn schon nicht von unserem Job, dann
zumindest von unserem Anspruch, die Wahrheit zu kennen. [….]
Ich bin davon
überzeugt: Wir würden die Wahlberichterstattung auch mit Inhalten vollbekommen
können. Und damit würden wir auf jeden Fall mehr über die reale Realität
berichten als mit diesem Prognosenhokuspokus.
DANKE taz.
Morgen also werden wir wissen, ob es wirklich eine GroKo gibt, oder ob die
sicheren 80% Zustimmung, welche die Demoskopen gemessen haben wollen, doch nur
ein Hirngespinst waren.
Die großen Zeitungen drücken schon mal ein RESET ihrer bisherigen
Informationen.
Daß sicher nur die drei Männer Gabriel, Steinmeier und Oppermann gesetzt
wären und wegen der von Gabriel ausgegebenen 50% Frauenquote bei den
SPD-Ministern kein weiter Mann eine Chance hätte (LEIDER also auch nicht
Lauterbach), klingt auf einmal ganz anders:
Eine Überraschung gibt es offenbar auf dem Posten des Justizministers. Das Ressort soll der saarländische SPD-Landeschef Heiko Maas übernehmen. Dazu müsste er als Vizeministerpräsident aus der schwarz-roten Landesregierung ausscheiden.
Die Personalie Maas ist für mich insofern eine Überraschung, weil ich in
den letzten Tagen innerlich so sehr auf Abstand zu Gabriel gegangen bin, daß
ich ihm gar keine sinnigen Entscheidungen mehr zutraute.
Heiko Maas ist aber seit Jahren einer meiner erklärten Lieblinge in der SPD, den ich daher in meinem Blog auch immer wieder über den grünen Klee lobte.
Dem Mann traue ich viel Gutes zu.
Schade nur, daß die Vollpfeife Nahles offenbar auf den ungleich wichtigeren Posten der Arbeitsministerin
gesetzt wird.
Ich werde nie verstehen, wie so eine Person Karriere macht, die so offensichtlich ihre
Unfähigkeit bewiesen hat, indem sie als Wahlkampfmanagerin trotz der 10.000
Steilvorlagen der Losertruppe Merkel/Rösler die SPD auf 25% führte.
Die Frau, die schon durch unglaubliche Fehlleistungen aufgefallen ist (wirre Stammel-Sätze im Fernsehen,
Rauskicken des Parteichefs Münteferings während der Koalitionsverhandlungen
2005), stets nur die miesesten Wahlergebnisse holt und die städtische
Bevölkerung durch penetrantes Frömmeln und Papst-Bewundern abstößt!?
Dann klaut sie den hochbekloppten Spruch "Das Wir entscheidet"
ausgerechnet von einer Zeitarbeitsfirma, die Dumpinglöhne zahlt als
Wahlkampfslogan und schafft es nicht bei den permanenten Vorlagen von
Schwarzgelb mal EIN Thema zu setzen.
Der Parteivorsitzende geht unterdessen in Vaterschaftsurlaub und verbreitet
in der Presse, daß er ja so froh ist nicht mehr so viel in Berlin sein zu
müssen und sich lieber um seine Tochter kümmert.
Der Fraktionsvorsitzende, der seinen Job als Belohnung für das
Kuschelwahlkämpfchen von 2009 und das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten
bekommen hat, taucht inzwischen auch ab und läßt mitteilen, daß er ohnehin
keinen Bock auf eine erneute Kanzlerkandidatur hätte, so daß Peer schon mangels
Alternative genommen werden mußte.
Natürlich ohne Nahles Bescheid zu sagen, die ebenso überrascht war und den
Kandidaten in lauter offene Messer (Vortragshonorare, etc) laufen ließ.
Spätestens da hätte man sie als Wahlkampfmanagerin wegen erwiesener totaler
Unfähigkeit feuern müssen.
Von Nahles kamen dann aber so inhaltlich fundierte Vorschläge wie "Stricken für den Wechsel", als sie
empfahl rote Mützchen zu stricken, um mit der Aktion auf mysteriöse Weise der
SPD demoskopisch zu helfen...
Mit so einer Deppentruppe ist es natürlich nicht einfach eine Merkel zu
schlagen, die einfach nur jovial sagen muß "sie kennen mich ja" und
von den Medien mit Hofberichterstattung beglückt wird.
Daß eine mutmaßlich nächste Bundesregierung vermutlich mal wieder nichts
zustande bringt, geht angesichts des Blabla-Vertrages auch immer mehr
Journalisten auf.
Es gab zwar schon sehr harte Urteile gegen das Unternehmen SchwarzRot,
aber nun, nachdem es zu spät ist und der SPD-Mitgliederentscheid beendet ist,
wird noch mal richtig losgepoltert.
Auf der Kommentarseite der größten seriösen Tageszeitung Deutschlands
klingt das heute so:
Selten gab es
größeren Wahlbetrug: Entgegen allen Versprechen belastet der Koalitionsvertrag
vor allem Familien und einfache Bürger, Spitzenverdiener bleiben verschont.
Dieses verquere Verständnis von Gerechtigkeit ist skandalös.
[….] Man
reibt sich schon die Augen, mit wie wenig sich die einstige Reformpolitikerin
Angela Merkel heutzutage zufriedengibt. Dennoch könnte einen die als
Kontinuität getarnte Ambitionslosigkeit der CDU-Vorsitzenden kaltlassen - hätte
sie nicht Folgen: Der Verzicht auf jede Steuer- und Abgabenreform führt nämlich
dazu, dass in den kommenden vier Jahren viele Millionen Bürger viele Milliarden
Euro mehr an Steuern und Sozialbeiträgen werden zahlen müssen, als es nötig und
angemessen wäre.
Ja, schlimmer
noch, am stärksten betroffen ist ausgerechnet diejenige Bevölkerungsgruppe, die
in den Sonntagsreden der Politiker stets am meisten umschmeichelt wird -
Familien mit geringen und durchschnittlichen Einkommen. Mehr Wahlbetrug war
selten.
[….] Die SPD
kündigte Steuererhöhungen für Spitzenverdiener an, um Mehreinnahmen für
Sozialprogramme und Investitionen zu generieren.
Verqueres
Verständnis von Gerechtigkeit
Nichts von all
dem findet sich im Koalitionsvertrag, im Gegenteil: Der Beitrag zur
Pflegeversicherung steigt, jener zur Rentenversicherung wird - obwohl
gesetzlich eigentlich vorgeschrieben - nicht gesenkt. Gerade Veränderungen bei
den Sozialabgaben belasten jedoch keine Gruppe so sehr wie die der Gering- und
Durchschnittsverdiener, während sie Bezieher hoher Einkommen kaltlassen können.
Addiert man zu den Belastungen noch die entgangenen Entlastungen hinzu, die
sich durch den Bruch der Unions -Steuerversprechen ergeben, kommt man schon bei
Geringverdienern auf "Kosten" von vielen Hundert Euro im Jahr. Bei
Beziehern durchschnittlicher Gehälter sind es 1000 Euro und mehr.
[….] Aus dem
Blickwinkel der Lastenverteilung [….] ist er ein Manifest des Schwindels und der
Ungerechtigkeit.
Im Wirtschaftsteil erklärt uns die SZ unterdessen, was für tolle „Entlastungen“
wir zu erwarten haben.
Fast alle Bürger müssen nun bezahlen -
mehrere Hundert Euro jährlich. Besonders Eltern, die für Kanzlerin Merkel
gestimmt haben, könnten sich nun hintergangen fühlen.
[….] Der Steuerrechtler
Frank Hechtner von der Freien Universität Berlin hat für die Süddeutsche
Zeitung errechnet, was die Entscheidung für Beitragserhöhungen und gegen
Steuersenkungen in Euro und Cent bedeuten.
[….] Wer als Single
beispielsweise 4000 Euro brutto im Monat verdient, muss pro Jahr genau 333 Euro
mehr zahlen, als es CDU und CSU vor der Wahl versprochen hatten. Allein die
vereinbarten Änderungen bei den Sozialabgaben fallen dabei mit 216 Euro ins
Gewicht. [….] Zu den 216 Euro kommen noch 117 hinzu,
die der Single mehr ans Finanzamt zahlen muss als zunächst versprochen. Einmal
mehr nämlich lässt die Union die sogenannte kalte Progression unangetastet. [….] Verdient der Single statt 4000 nur 2000
Euro, muss er durch die Entscheidungen der angehenden Koalitionäre immer noch
108 Euro im Jahr zusätzlich für Rente und Pflege hinlegen. Die ungebremst
wirkende kalte Progression kostet ihn weitere 28 Euro. Bei einem Monatsbrutto
von 10.000 Euro entgehen dem Single künftig 511 Euro, davon 287 Euro für
Beiträge. Aus dem Vergleich wird auch die soziale Schieflage der Entscheidung
deutlich. Die höhere Beitragslast alleine betrachtet macht beim Geringverdiener
5,4 Prozent des Monatseinkommens aus, während sie beim Spitzenverdiener bei
lediglich 2,9 Prozent liegt.
[….] Betrachtet man etwa eine Familie mit zwei Kindern, in
der einer der Ehepartner 4000 Euro brutto im Monat verdient und der andere
nichts, zeigt sich nach Hechtners Berechnungen, dass diese Familie allein durch
die steigenden Sozialbeiträge mit 216 Euro im Jahr belastet wird. Würde die
Union ihre Wahlversprechen erfüllen, könnte die Familie zusätzlich 898 Euro an
Steuern sparen. Insgesamt "kostet" sie die große Koalition also im
Jahr satte 1114 Euro. Zumindest Eltern, die am 22. September CDU und CSU
gewählt haben, könnten sich angesichts solcher Zahlen durchaus hintergangen
vorkommen.
[….] Haben beide Ehepartner Einkommen, werden die Kosten
noch höher, weil auch beide die höheren Sozialabgaben zahlen müssen. Verdienen
die Eltern jeweils 2000 Euro brutto im Monat, steigen für die Familie die
Beiträge für Pflege und Rente um 216 Euro im Jahr. Hätte die Union ihre
Wahlversprechen eingehalten, wäre die Familie bei Steuern und Kindergeld zudem
um insgesamt 894 Euro entlastet worden. Macht insgesamt 1110 Euro. [….]