Donnerstag, 13. März 2014

Haltet Euch da raus – Teil II



Mein moralischer Bewertungskatalog ist recht simpel:
Du darfst das tun, was keinem anderen schadet.
(„keinem anderen“ ist dabei möglichst breit auszulegen: Man soll auch nicht einem Tier oder der Umwelt schaden)

Ob die Kirche aber ihren Mitglieder verbietet Sex zu haben, Kondome zu benutzen, denjenigen zu heiraten, den sie lieben oder auch nackt zu duschen, ist mir zunächst einmal egal.
Wenn das nur die Kirchenmitglieder betrifft und diese FREIWILLIG in der Kirche sind, sollen sie sich gerne danach richten.
Mir missfällt es nur, daß die Religioten dieses Landes in ihrem Wahn alleinseligmachend zu sein auch die Regeln für die Konfessionslosen bestimmen wollen.


Dabei wäre die Lösung für all die Probleme so einfach.


Jedes Mitglied der Kirche darf dann keine Schwangerschaftsunterbrechungen durchführen, darf nicht masturbieren, darf nicht in homosexuellen Partnerschaften leben, darf keine Patientenverfügungen aufsetzen, darf keinesfalls die PID nutzen und muß auch auf durch Gentechnik gewonnene Medikamente gegen Parkinson, Krebs und MS verzichten. Und jedes Kirchenmitglied soll natürlich mit allen Mitteln unter Aufbietung aller erdenklichen Qualen so lange wie nur irgend möglich am Leben gehalten werden. Jedem Mitglied der Kirche ist es streng verboten jedwede Form des Suizids in Betracht zu ziehen.


Gesetze würden natürlich weiterhin für ALLE Deutschen gelten - lediglich die angesprochenen gesetzlichen Einschränkungen der Freiheit, die ausschließlich religiös begründet sind, würden in ihrem Geltungsbereich auf die Kirchenmitglieder beschränkt.

Immerhin gibt es heute schon solche Zonen eingeschränkten Rechts, wenn es um die Arbeitnehmerrechte der kirchlichen Angestellten geht.
Ein Chirurg in einem katholischen Krankenhaus kann gefeuert werden, wenn er sich scheiden läßt und mit einer anderen Frau zusammen lebt.
Als Kirchenmitglied hat er also eingeschränkte Rechte.
Diese Einschränkung sollte konsequent ausgeweitet werden auf Verhütung, Homoehe, PID und Co.

Christen und Atheisten kämen sich nicht mehr in die Quere und vor allem wäre endlich der Gesetzgeber aus der Schusslinie!

Wenn ein Atheist gegen passive Sterbehilfe oder Stammzellenforschung ist, könnte er in eine Kirche eintreten.
Umgekehrt könnte eine christliche Schwangere, die sich das Recht zur Abtreibung nehmen will, aus der Kirche austreten.

Die Rechte wären individualisiert, Kirchen und Parteien und Politik müßten keine Stellvertreterkriege mehr führen.

Die augenblickliche Situation ist hingegen höchst unbefriedigend.

 Die Hauptkampflinien des Jahres 2013 sind immer noch die rechtlich gleichgestellte Homo-Ehe, die steuerliche Gleichstellung, die sogenannte Homo-Adoption und die Lust am straffreien Verstümmeln von Kinderpenissen.
Aber auch an anderen Stellschrauben versuchen die organisierten Christen immer noch den Ungläubigen Vorschriften zu machen.
Eine der widerlichsten kirchlich-staatlichen Bevormundungen betrifft das Intimste, das es überhaupt gibt – nämlich das eigene Leben!
Selbstbestimmt über das Ende desselben zu entscheiden, verhindern die von Religionen beeinflussten Parlamentarier. Man ist in den meisten Fällen zur Todesfolter unter grausamen Schmerzen und entwürdigenden Bedingungen gezwungen. Die Kirchen wollen es so. Über 90% der Menschen sterben in Krankenhäusern, ohne daß man dem Leiden selbst ein Ende setzen darf.
Aber selbst nach dem Tod greift noch die Kirche ein – sie verteidigt das Bestattermonopol und den Friedhofszwang. Man darf noch nicht mal mit seinem toten Körper machen was man will. Für die Kirchen ist das eine Frage des Geldes. Ihnen gehören die meisten Freudhöfe und dort können sie reichlich Gebühren abkassieren. Die eine Million Euro „Kirchensteuern“, die die Kirchen PRO STUNDE kassieren, reichen ihnen nicht.

Die Moralkeule holen Religioten überall in der Welt am liebsten bei schwulem Sex und Schwangerschaftsunterbrechung heraus.
Da sie offenbar selbst ahnen, daß ihre Argumentation ethisch sehr wackelig ist, interpretieren sie diese beiden Akte zu einer Tat zu Lasten Dritter um.
Sie behaupten sich für Föten und verführte Jugendliche einzusetzen.
Das Wohl einer Frau und ihr körperliches Selbstbestimmungsrecht gegen einen Zellhaufen abzuwägen ist dabei fast genauso idiotisch wie die Verquickung von Homo- und Pädosexualität.
In beiden Fällen mischen muffige und falsche Vorurteile mit: Frauen würden aus reiner Bosheit gerne Kinder töten und könnten nur durch Verbote davon abgehalten werden. Und wer schwul ist, fasst auch kleine Kinder an, um diese auch schwul zu machen.
Nun ja, so ganz langsam, gegen den Widerstand der konservativen Parteien und der Kirchen, kommt die Gesellschaft aber zu dem Konsens, daß man schwul sein darf und daß nicht der Pfaff über den Uterus bestimmt.

Bei anderen „moralischen Fragen“ hapert es allerdings noch gewaltig. Da befinde ich mich mit meiner liberaleren Einstellung noch in absoluter Minderheit.
Zum Beispiel bin ich ausdrücklich dafür ERWACHSENEN Drogen zu erlauben.
Aus vielen Gründen ist diese Entkriminalisierung anzustreben. Insbesondere weil man Kranke nicht kriminalisieren darf.
Süchtigen muß geholfen werden, sie dürfen nicht in den Knast geschoben werden.
Aber es entsteht auch ein enormer wirtschaftlicher Schaden durch Beschaffungskriminalität. Das sollte man doch tunlichst den Süchtigen ersparen.
Die Prohibition hat gezeigt, wie nur durch so ein Gesetz die Mafia groß wurde. In ähnlicher Weise hat das Verbot von Koks und Co die Drogenbosse zu massenmordenden milliardenschweren Kartellen aufgewertet.

In diesem Posting geht es mir aber ausdrücklich um die moralische Dimension:
Nehmen wir an eine bestimmte Droge sei höchst ungesund.
 (Was bei vielen heute verbotenen Drogen fraglich ist). Nehmen wir an, die Substanz sei so gefährlich, daß sie binnen kurzer Zeit zu totaler Abhängigkeit und unentrinnbarem Organversagen führen würde.
Ich neige dazu auch solche Substanzen erlauben zu wollen.

Wenn ein erwachsener Mensch im Vollbegriff seiner geistigen Kräfte gerne ein Pfund Arsen essen möchte – warum nicht?

Wer ist der Staat ihm das zu verbieten?

Andere Ansatzpunkte für die moralische Keule sind Inzest und Vielweiberei, bzw Vielmännerei.
Wenn Bruder und Schwester ein Kind zeugen, ist das womöglich genetisch ungünstig für den Nachwuchs.
Ich sehe das Problem.
Aber es gibt auch andere Konstellationen, in denen Kinder größere Risiken haben behindert zu sein – zum Beispiel Schwangerschaften über 40-Jähriger.
Wo kämen wir dahin, wenn wir das alles verbieten würden?
Darf dann auch keiner mehr ein Kind bekommen, in dessen Familie überdurchschnittlich viel Brustkrebs oder viele Herzinfarkte vorkommen?

Außerdem gibt es bekanntlich Verhütungsmethoden.
Bruder und Schwester können auch einfach so zum Vergnügen Sex miteinander haben!
Ich finde es absurd, daß dies verboten ist. Zumal Sex zwischen zwei Brüdern oder Sex zwischen zwei Schwestern erlaubt ist.

Die Ehe zu dritt, also die Lieblingsdrohkulisse der Religioten im Kampf gegen die Homoehe („Wo kämen wir da hin….“), ist das Paradebeispiel falscher Moral. Dabei wird niemand geschädigt und niemand wird dazu gezwungen.
Wenn aber zwei Männer und eine Frau sich heiraten möchten – warum zum Teufel nicht?
Das ist moralisch nicht vom Staat zu bewerten, sondern deren Angelegenheit.
Ich halte das für wesentlich unproblematischer als beispielsweise meinen Nachbarn, der gerne abends seine volle stinkende Mülltüte vor der Wohnungstür stehen läßt, weil er keinen Bock mehr hat runter zur Mülltonne zu gehen.
DAS belästigt mich! Das stinkt, das steht im Weg, das ist eine Beleidigung für die Augen aller, die durch das Treppenhaus gehen müssen, das wertet die ganze Immobilie ab (Broken Windows Theorie!).
Das sollte verboten sein, weil es andere tangiert.
Sollte mein Nachbar hingegen den dringenden Wunsch verspüren seine drei Brüder und eine Cousine zu heiraten – bitte; ich habe nichts dagegen. Das geht nur ihn was an.

Das Persönlichste, das es überhaupt gibt, ist natürlich das eigene Leben.
Die Geburt kann man schon nicht bestimmen. Aber den Tod.

Eine absolute Frechheit, daß christliche Politiker sich in diese Intimitäten einmischen wollen.

Kampf für einen selbstbestimmten Tod
Religionskritische Verbände wehren sich gegen Unionspläne, die Beihilfe zum Suizid zu verbieten.
Sie berufen sich auf den Willen der Mehrheit der Bevölkerung und lehnen ein Verbot von Sterbehilfe ab: Mehrere humanistische Verbände haben sich zu einem Bündnis zusammengetan, um gegen die geplante gesetzliche Regelung der Beihilfe zum Suizid zu protestieren. Suizidbeihilfe dürfe nicht kriminalisiert werden, sagte die ehemalige SPD-Politikerin Ingrid Matthäus-Maier als Koordinatorin des Bündnisses am Mittwoch. „Wir wollen Politik, Ärzte und Öffentlichkeit davon überzeugen, dass neue Verbote der falsche Weg sind“, sagte sie.
Die religionskritischen Organisationen reagieren damit auf Bestrebungen vor allem der Unionsfraktion, noch in diesem Jahr ein Sterbehilfegesetz zu verabschieden. Nach derzeit geltendem Recht ist die Beihilfe zum Suizid nicht strafbar, weil der Suizid selbst auch nicht bestraft wird. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und weite Teile der Union sind deshalb seit längerem dafür, jede Form der organisierten Sterbehilfe zu verbieten. Die Haltung des Koalitionspartners SPD ist zwar deutlich liberaler, ein einheitliches Meinungsbild hat sich in der SPD-Fraktion aber noch nicht gebildet.
 [….] Gita Neumann vom Humanistischen Verband warnte, ein neuer Strafbarkeitsparagraf führe nur zu neuer Tabuisierung und Sprachlosigkeit. „Suizidgefährdete oder sterbewillige Patienten werden sich noch weniger trauen, sich mit existenziellen Nöten an einen Arzt ihres Vertrauens zu wenden.“ Sie verwies darauf, dass Palliativ-Medizin und Hospize nicht für alle sterbenskranken Menschen eine Alternative seien. Die stationäre Versorgung in Hospizen sei auf die letzten Lebenstage und Wochen beschränkt. Das treffe zu 90 Prozent nur auf Krebskranke im Endstadium zu, so Neumann. Pflegeheimbewohner seien zudem von vornherein ausgeschlossen. Matthäus-Maier ergänzte: „Es können nicht alle in die Hospize. Es wollen auch nicht alle, deshalb brauchen wir beides.“