Montag, 30. April 2012

Personal-Primat, nein danke?




Das war mal eine gute Idee, als der Spiegel vor Jahrzehnten damit begann seine Artikel namentlich zu kennzeichnen.

Ich schätze den Meinungsjournalismus sehr und lese am liebsten die politischen Kommentare und Kolumnen in den Zeitungen und Wochenblättern.
Da wird man mit der Zeit so richtig warm mit der Redaktion, wenn man die einzelnen Schreiberlinge einschätzen, schätzen und geringschätzen kann.

Wenn einer meiner Lieblinge einen Meinungsartikel unterschrieben hat, freue ich mich gleich schon mal.
Und außerdem spart die Namenskennzeichnung Zeit, weil man aussortieren kann.
 Ich meine zwar, daß man unbedingt auch Artikel lesen muß, die der eigenen Auffassung widersprechen, aber einige Schreiberlinge sind einfach zu doof, zu einseitig und zu vorhersehbar, um sich das anzutun.
Jan Fleischauer von Spiegel-online zum Beispiel. 
Seine linken Widerparts Jakob Augstein und Wolfgang Münchau sind hingegen fast immer interessant.
Die beiden mittleren Augsteins sind überhaupt klasse. 

Allerdings ist Franziska, 47, die Kolumnistin bei der Süddeutschen („das politische Buch“), meiner Ansicht nach noch deutlich intelligenter und gebildeter als ihr Halbbruder.
Was sie schreibt, hat immer Hand und Fuß.

Jakob, 44, der löblicherweise Besitzer und Herausgeber der links-alternativen Wochenzeitung „der Freitag“ ist, leistet sich schon eher Meinungen, die ich nicht teilen kann. 
Zum Beispiel stand er im Gegensatz zu Franziska fest an der Seite Stephan Austs und konnte überhaupt nicht verstehen, wieso seine Schwester das Niveau des SPIEGELs für „verflacht“ hielt.

Heute schreibt Jakob Augstein über die Piraten, die er für populistisch im positiven Sinne hält.
 In den Nachbarländern sammelten rechte Populisten wie Frau Le Pen oder Herr Wilders die populistischen Stimmungen ein, während hierzulande ZUM GLÜCK die Piraten das Protestpotential abschöpften und es in ein interessantes Politexperiment metamorphorisierten.

Daß sie damit am Ende Frau Merkel die Macht sicherten, dürfe man aber den Politneulingen nicht vorwerfen.

Es heißt, sie zementierten Merkels Macht und ebneten einer Großen Koalition den Weg. Warum? Weil es in einem Sechs-Parteien-Parlament für Rot-Grün keine Mehrheit gebe. Das ist Polit-Zynismus. Wähler, die die Wahl haben wollen, dürfen nicht ignoriert werden. Wer mit solchen Argumenten gegen die Piraten vorgeht, folgt dem Kalkül genau jener wählerverachtenden Polit-Arithmetik, gegen die früher die Grünen kämpften und gegen die sich jetzt die Piratenpartei wendet.

Augsteins Darstellung stimmt hinten und vorn nicht.

 Wähler haben immer eine Wahl; die fünf „Altparteien“ sind schließlich kein monolithischer Block, von dem sich nur die Piraten unterschieden.
 Außerdem sichern nicht „die Piraten“ Merkel die Macht, sondern die (potentiellen oppositionellen) Wähler, die von Rot und Grün abwandern. 
Das ist auch nicht etwa Zynismus, sondern eine ganz schlichte Tatsache. 
Ursache und Wirkung.
 Jeder, der nicht rot oder grün wählt, macht es Schwarz um eine Stimme leichter an die Kanzlermehrheit zu kommen. 
Das ist zunächst einmal kein Vorwurf, sondern eine schlichte Frage der Mathematik.

Völlig unverständlich ist aber insbesondere der Vorwurf, daß „Polit-Arithmetik“ den Wähler verachtete. 
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wer die Polit-Arithmetik ignoriert, indem er beispielsweise mit roten Stimmen einen schwarzen Kanzler wählt (2005!) oder mit klaren Helmut-Schmidt-Zweitstimmen (von 1980) schließlich Kohl ins Kanzleramt hebt, verhält sich wählerverachtend.

Und wann haben bitte schön, die Grünen gegen Polit-Arithmetik gekämpft?

Heute kann ich Jakob Augstein in seiner piratophilen Altwählerschelte überhaupt nicht folgen: 
Er unterstellt hier immerhin, daß Grüne und Linke den Wählerwillen verachteten und dem Urnenpöbel die Alternativen rauben wollten.
Also, ich habe seit Jahren die newsletter aller Oppositionsparteien abonniert - mir ist noch nie aufgefallen, daß die LINKE-Bundestagsfraktion sich darum bemühte CDU und FDP alternativlos erscheinen zu lassen.
Und selbstverständlich kommen auch von Grünen und der SPD diametral entgegen gesetzte Konzepte zur Regierungspolitik.

In Augsteins Kosmos ist aber offenbar nur Konzeptlosigkeit eine Alternative zu jeder Konzeption.
Schließlich idealisiert der junge Augsteinspross auch noch die augenblickliche Personalnot der Piraten.
Als ob nicht gerade bei FDP, Linken (und gewisser Weise auch bei Grünen und SPD) das Spitzenpersonal derzeit auf Schleudersitzen säße!

Aber bei den Piraten gibt es keine Spur von Führerkult. Im Gegenteil: Politische Geschäftsführerin Marina Weisband, Star der Partei, hat sich auf dem Parteitag in Neumünster zurückgezogen, um ihr Psychologie-Studium in Münster fertig zu machen, und die Amtszeit des Parteichefs bleibt auf ein Jahr begrenzt.

Klaus Ernst und Fipsi Rösler überhaupt mit dem Begriff „Führerkult“ in einen Satz zu bringen, fällt schon schwer. 
Die beiden werden in weiten Teilen ihrer eigenen Partei als Schießbudenfiguren angesehen, die man lieber heute als morgen los wäre. 
 Fest im Sattel sitzt eigentlich nur Frau Merkel. 
Auch die Parteichefs von Grünen und SPD können mitnichten als Führer Personalien bestimmen. 
Beide eiern mit der Idee einer Spitzenkandidaten-Urwahl umher und Frau Nahles hat in der SPD ungefähr die Autorität wie eine Opel-Putzfrau beim CEO von General Motors.

Ob Frau Weisband (eine der Piraten, die ich sogar sehr sympathisch finde) nur wegen ihres Psychologiestudiums den Geschäftsführerposten abgibt, wage ich auch sehr zu bezweifeln. Da gibt es seit vielen Wochen auch ganz andere Gerüchte.

Daß eine so junge Partei wie die Piraten noch keine Persönlichkeiten wie Kohl oder Brandt, die über Dekaden die Parteiführung dominierten, herangezüchtet hat ist auch kein konzeptioneller Ausstieg aus dem Prinzip „Führerkult“, sondern ganz normal für Neulinge. 
Bei Linken und Grünen gab (und gibt) es das in der Anfangsphase genauso.

Selbst in der FDP kann man kaum von Führerkult sprechen; dazu haben sich Bangemann, Lambsdorff, Kinkel und Gerhard viel zu schnell an der Bundesspitze abgelöst.

Noch beeindruckender ist die Länge der Sozi-Vorsitzenden-Liste allein seit der deutschen Vereinigung:

 Hans-Jochen Vogel, Björn Engholm, Johannes Rau kommissarischer Vorsitzender, Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder, Franz Müntefering, Matthias Platzeck, Kurt Beck, Frank-Walter Steinmeier kommissarischer Vorsitzender, Franz Müntefering, Sigmar Gabriel.
Führerkult?

Im Gegensatz zu Augsteins Idealbild von den selbstlosen Kurzzeit-Vorsitzenden, die es nur bei Piraten gäbe, ist die Führungsfigur einer großen Organisation mit Nichten egal. 
Auf sie wird alles projiziert. 

Einen Deppen an der Spitze vertragen weder Daimler-Benz, noch der Vatikan noch die FDP, ohne ziemlich schnell zu schrumpfen.

Ich prophezeie hiermit, daß der neue Oberpirat Bernd Schlömer auch keine irrelevante Projektionsfläche sein wird, sondern eine Person, die als Symbol der jüngsten Partei eine Menge Leute ernüchtern wird.

Ich gebe zu; bis vor ein paar Tagen kannte ich den Namen Schlömer auch noch nicht. 
Aber nun wird man auf ihn achten.

Und wäre ich Piraten-Fan, würde mir nach den ersten Beschreibungen des Neuen in der Runde der Parteivorsitzenden ganz schön mulmig.

We’ll see. 
Vielleicht überrascht mich Schlömer ja auch positiv.

Aber zunächst einmal senke ich meine Daumen:

Schlömer, 41, Katholik, ist Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium. Der in Berlin lebende gebürtige Meppener hat Frau und zwei Kinder und ist kerniger Ex-Panzergrenadier.
Auslandseinsätze der Bundeswehr unterstützt er leidenschaftlich und tritt auch für deutsche Waffenexporte ein. (Wahlausschlußkriterium!)

 Die totale Offenheit der Piraten, möchte die von Augstein hochgelobte einzige Politalternative gleich mal einschränken.

Darüber hinaus ist Schlömer kein Vertreter der totalen Transparenz – und damit anschlussfähig an die Maßgaben anderer Parteien. Ein vertrauliches Gespräch müsse etwa in Koalitionsverhandlungen möglich sein, sagte er im Vorfeld des Parteitags dem Tagesspiegel. Spannend wird zu beobachten sein, wie Schlömer sich in dem parteiintern schwelenden Streit um die Bedeutung der Abstimmungssoftware Liquid Feedback verhalten wird: dazu, ob sie weiterhin nur zum Einholen von Meinungsbildern oder als vollgültiges Entscheidungssystem genutzt werden soll.
[…] Nerven könnte er darüber hinaus in der öffentlichen Debatte mit der Sprache des Sozialwissenschaftlers, die bei ihm oft wie ein Versuch wirkt, derartige Zahnlosigkeit zu kaschieren. Denn zwar steht Schlömers kumpeliges Auftreten in angenehmem Kontrast zu dem seines extrem konzilianten Vorgängers Sebastian Nerz. Wer aber Rechtsextremismus in der Partei mit „gesprächsbasiertem Monitoring“ bekämpfen will, darüber hinaus einen „Masterplan“ für den Weg der Partei zur Bundestagswahl 2013 auflegen möchte und zugleich darauf verweist, dass die Programmfindung natürlich ein „Bottom-up-Prozess“ sei, wird früher oder später den Spott der Medien auf sich ziehen. Was Schlömer dann helfen wird: der große Rückhalt in der eigenen Partei.


Dr. Friedrich W. Pohl meinte am  28.04.2012 um 16:52 Folgendes:
Wie kann man so bekloppt sein, und eine Pfeife mit Pseudostudium aus dem Öffentlichen Dienst zum Vorsitzenden wählen?
Da ist doch sofort alle Glaubwürdigkeit dahin! Es geht doch genau darum, diese Staats-Schmarotzer abzuwürgen, oder habe ich da etwas mißverstanden?
Piraten haben fertig. Bereits im Ansatz.

Frank meinte am 28.04.2012 um 21:11 Folgendes:
Das Problem ist nicht sein öffentlicher Dienst – er betreibt und lebt Kriegspropaganda für den Kriegsminister.
Das ist weder sozial noch in irgendeiner Art und Weise neu.
Solange die Piraten so stinkbürgerlich und ideenfrei bleiben – werden sie auch ganz schnell verschwinden – oder zur Ersatz-FDP mutieren…
Gewollt..??
 

Tenkamp meinte am  29.04.2012 um 06:25 Folgendes:
Ja ich finde die Wahl von Herrn Schlömer auch sehr bedenklich, schon hat man wieder Beamte an der Spitze. Und gerade das Beamtentum in Deutschland kostet uns Milliarden und gehört abgeschafft, das wird mit einem Beamten an der Spitze wohl nicht möglich sein überhaupt in diese Richtung zu denken. Es verwundert mich zutiefst das hier soviel Blauäugigkeit im Spiel ist..

hanz meinte am  28.04.2012 um 17:05 Folgendes:
Die Herrschenden haben die Piratenpartei nun endgültig als auch nur halbwegs oppositionelle Kraft liquidiert und sich einverleibt. Neuer Vorsitzender ist ein Militärbürokrat (Mitarbeiter im BMVg). Das ist schon ziemlich widerlich. Widerlich ist auch, dass seine Arbeitsstelle hier verschwiegen wird.

gerhard baumann meinte am  28.04.2012 um 20:10 Folgendes:
Musste es unbedingt einer aus dem Kriegsapparat sein? Und komme mir bitte niemand mit “Der betreut ja nur die Bundeswehrhochschulen”. Damit ist er genau so ein Rad in der Mordmaschienerie.
 
Libertarian meinte am 28.04.2012 um 22:01 Folgendes:
Gibt’s eigentlich schon eine interne Gruppierung “Piraten für Krieg und Imperialismus”. Obwohl, jetzt, da ein Kriegs- und Militarismusprofiteuer mit großer Mehrheit gewählt wurde, ist wohl die gesamte Partei ohnehin auf Linie gebracht.
 
Uwe meinte am 29.04.2012 um 11:55 Folgendes:
Schöne neue EU-Welt..:-)
Während die paramilitärisch gesonnene Machtelite Spaniens das Kommunikationsmedium Internet in Demonstrationsfragen zu “organisierter Kriminalität” erklärt und EU-Aktivisten-abwährend das schengener Grenz-Abkommen ausser Kraft setzt, wählt die e-learning deutsche Polit-Sektion des “europäischen Frühlings” in vorauseilendem EU-Gehorsam dann doch lieber einen DIPLOM-KRIMINOLOGEN im Range eines Regierungsdirektors des bundesdeutschen VERTEIDIGUNGSMINISTERIUMS an ihre Spitze…:-))
P.S:
„Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte!“

Sonntag, 29. April 2012

Kamerageilheit.



Ein guter Politiker muß Eigenschaften haben, die ihn automatisch unsympathisch machen.
Das ist das Problem.
Ein bescheidener, rücksichtsvoller und hilfsbereiter Mensch hat eben nicht die „hoppla, jetzt komm ich“-Attitüde, um sich selbst immer in den Vordergrund zu schieben. 
Also wird er im Ortsverband hocken bleiben, nicht die Ellbogen ausfahren und sich auf der berüchtigten Partei-Ochsentour nicht nach oben kämpfen.
Und selbst die, die es bis ganz nach oben geschafft haben und beispielsweise einen Ministerjob ergattert haben, können den letzten Schritt an die Spitze nur durch massive Kamerageilheit erklimmen.
Geht man die Beliebtheitslisten der Top-Politiker durch, sind an der Spitze stets nur diejenigen, die eher unseriös arbeiten, durch die Talkshows tingeln, bei Wetten, daß auftreten, homestories für die BUNTE machen und die BILD mit privaten Sinnlosigkeiten füttern.
 Darauf stehen die Wähler und man kann nun mal nicht ohne das Wohlwollen der Wähler im Job bleiben.
Es gab schon sehr effektive Minister, die zweifellos Fachkompetenz hatten und fleißig arbeiteten, die aber stets ihr Privatleben aus den Medien raushielten und nicht jeden Schnickschnack in Unterhaltungsshows mitmachten. 
Sozialminister Scholz, Umweltminister Trittin oder der Hamburger Superminister Mirow waren solche Typen. Sie waren gute Minister - und deswegen fast automatisch auch nicht in den TopTen der Beliebtheitslisten zu finden.
 Sie hatten gar keine Zeit sich um ihre Beliebtheit zu kümmern, weil sie sattdessen ihren Job machten.
Gegenbeispiele sind die adeligen von und zu Guttenberg oder von der Leyen oder auch Christian Wulff, die sobald konkrete Politik gefragt ist, sofort in Deckung gehen, aber dafür zu gerne in Quizshows und bei Thomas Gottschalck Plattitüden absondern.
 Das mag das Volk. Die reinen Showminister, die nur Fassade sind und über keinerlei intellektuelle Tiefe verfügen.

Nicht anders ist es in der Kirche.
 Auch hier werden die Top-Jobs nicht an diejenigen vergeben, die sich uneitel und bescheiden in den Dienst der Sache oder gar für die „Nächstenliebe“ einsetzen. 
Ausnahmen, wie Bischof Franz Kamphaus bestätigen die Regel. 
Und die evangelische Kirche ist keinen Deut besser - auch hier schafften es mit Herrn Huber und Frau Käßmann die wohl selbstverliebtesten mediengeilsten und menschlich leichtgewichtigsten Typen an die EKD-Spitze.
Plappermäulchen Käßmann konnte es noch nicht mal unterdrücken die intimsten medizinischen Dinge, wie ihre einsetzende Menopause oder ihre Brustkrebserkrankungen sofort in der BILD auszuplaudern.

Ihre Mitteilungswut konterkariert notwendigerweise ihre geistige Schlichtheit.
 Ihr fortwährend erscheinenden Bücher (80 Stück bisher!) sind derart platt und inhaltsleer, daß professionelle Buchkritiker wie Denis Scheck vor echte Herausforderungen gestellt werden, wenn sie die neuesten Käßmannschen Plattitüden-Ansammlungen beschreiben müssen.

Aus groupiehafter Sehnsucht nach der medialen Wiederaufstehung einer wegen Trunkenheit am Steuer zurückgetretenen Landesbischöfin und Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland ein grauenhaftes Mischmasch aus Sermon, Erbauungsliteratur und moralisierenden Textautomatenbausteinen über Monate an die Spitze der deutschen Bestsellerlisten zu jubeln – für solch merkwürdige Heiligenverehrung kennt man meines Wissens im Norddeutschen das schöne Wort "katholisch!"


Margot Kässmann "In der Mitte des Lebens"
Changierend zwischen Predigtentwürfen und autobiographischen Notizen, geschrieben in jenem anbiedernden theologischen Kauderwelsch, das zum Niedergang der protestantischen Predigt beigetragen hat, ist dieses in seiner Konzeption nicht nachvollziehbare, in seinen Gedankengängen sprunghafte Büchlein eher eine Art Promigucken als wirklich etwas zum Lesen.


Margot Kässmann: "Sehnsucht nach Leben "
In zwölf besinnungsaufsatzähnlichen Texten denkt die Ex-Vorsitzende der EKD über Leben und Liebe, Kraft, Heimat, Stille und ja, auch über Gott nach. Dabei schreibt sie Sätze wie: "Ein Nein ohne jedes Ja – das wurde auf lila Tüchern beim Kirchentag 1983 in Hannover gegen den Willen von Kirchentagsleitung und Evangelischer Kirche in Deutschland zum Symbol." "Ein Nein ohne jedes Ja", auf diesen wirren Nenner könnte man auch meine Meinung zu diesem Mischmasch von einem Buch bringen.

Lustig ist es natürlich, wenn das Hannoveraner Hohlgeschoss auf andere überzeugte Meinungsführer trifft, die keine Ahnung haben - davon aber sehr viel. 

Fetzen sich Käßmann und Matussek, kann man sich entspannt zurück lehnen und abwarten wie sich zwei intellektuelle Blasen gegenseitig die Luft rauslassen.

Ein anderes Beispiel war Käßmanns inzwischen legendärer Populismus-Kniefall beim Thema Afghanistan, als sie in Günter-Grass’scher „man wird doch wohl mal kritisieren dürfen…“-Attitüde großspurig verkündete, nichts sei gut in Afghanistan.

Als ob es irgendeinen Menschen auf der Erde gäbe, der das Gegenteil behauptet hätte!
 Aber Käßmann stellt sich ins Fernsehen, verkündet, daß zwei und zwei vier sei und läßt sich dafür als neue Margot Ries feiern. 
Das geht so lange gut, bis ein Grundschüler vorbei kommt und sich mit der IQ-Nebelgranate über das kleine Einmaleins unterhalten will. 
Da schrumpft die Frau von der Kanzel dann in Windeseile auf das Niveau einer geistigen Zwergin.
 Von Afghanistan hat sie natürlich keine Ahnung. Es stört sie aber auch gar nicht und so hörte man sie schon in Talkshows auf die Frage was sie denn am Hindukusch besser machen wolle, daß die „mit den Taliban“ beten wolle.
Guter Plan. Ich schlage vor Frau Käßmann über der Afghanisch-Pakistanischen Grenze mit einem Fallschirm abzuwerfen. Dort soll sie sich auf die Suche nach Mullah Omar machen, ein paar Gebete mit ihm sprechen und schon wird sie Afghanistan in ein blühendes Land ohne Ungerechtigkeit und Gewalt transformieren.

Die Dümmlichkeiten der beliebtesten deutschen Geistlichen haben sogar den nicht eben als Kriegsfanatiker bekannten ehemaligen Bremer Grünen-Chef und heutigen Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung Ralf Fücks die Füße über dem Kopf zusammen schlagen lassen. 
Er formulierte im Januar 2010 einen Offenen Brief „wider die Käßmannschen Afghanistan-Banalitäten“

„So rasch wie möglich“ sollen die deutschen Truppen abziehen (wer sollte da widersprechen?), aber „nicht völlig überhastet“, nein, vielmehr sollte über einen „ruhigen und geordneten Rückzug nachgedacht werden“. Irgendjemand soll freilich den „Waffen- und Drogenschmuggel“ unterbinden, alldieweil „religiös motivierte Vermittler“ zwischen den Fronten pendeln und eine friedliche Lösung stiften. So malt sich die Ratsvorsitzende der EKD den Weg zum Frieden aus.
[…] Dass „Afghanistan nicht allein mit Waffen zu befrieden ist“, ist eine Binsenweisheit. Aber wie soll der Rückfall in eine menschenverachtende Gewaltherrschaft verhindert werden, ohne jenen auch mit Waffengewalt entgegenzutreten, die ihre Ziele mit Bomben und Gewehren verfolgen?
[….]  Sie haben „große Mühe zu akzeptieren, dass deutsche Soldaten außerhalb des Landes, der Nato eingesetzt werden“, und stören sich daran, „dass Deutschland nach den USA und Großbritannien die drittstärkste Militärmacht im Rahmen der Eingreiftruppe Isaf ist“. Sehen wir davon ab, dass es sich bei der „International Security Assistance Force“ nicht um eine „Eingreiftruppe“ handelt, sondern um den Auftrag, ein sicheres Umfeld für den zivilen Aufbau zu schaffen: Sollen andere Nationen das Leben ihrer Soldaten riskieren, während die Deutschen aus ihrer Geschichte das Privileg ableiten, sich von Auslandseinsätzen im Rahmen der Vereinten Nationen fernzuhalten? Wie halten Sie es mit der „Responsibility to Protect“, der Verpflichtung zu internationalem Handeln, wenn Menschenrechtsverletzungen und Völkermord drohen?

Käßmann kann aber nicht ohne Amt und ohne Kamera und so drängelt sie sich immer noch vor jedes Rotlicht, um ihre Kindergarten-Niveau-Binsen von sich zu geben.

Ihr neustes Amt ist das der „Lutherbotschafterin“, genau gesagt: "Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017". 
Ein schöner Titel. Ein Titel, der aber kaum interessiert und so stand die heilige Margot bei ihrer Amtseinführung in der Berliner Gedächtniskirche vor vielen leeren Reihen.

Bei deren Anblick sah die zurückgetretene Landesbischöfin und ehemalige EKD-Ratsvorsitzende, die sonst jeden Saal füllt und mit vielen ihrer gut 80 Bücher auf die Beststellerlisten kommt, einmal die christliche Normalität.
[…]  Zudem haben die leeren Stühle auch insofern etwas Gutes, als sie das Ende des Rummels um die Pastorin signalisieren könnten, die spätestens nach ihrem Rücktritt wegen der Trunkenheitsfahrt 2010 zum evangelischen Popstar wurde.
[…]  Käßmann zeigte, dass der jüdisch-christliche Gott ein redender, durchs Wort wirkender Gott ist: "Gott spricht, tut sich kund", sagte Käßmann und hob ihn damit klar ab von anderen Vorstellungen, nach denen Gott ein "unergründlicher Weltenherrscher" oder eine "diffuse Seinskraft" sei.
 Danach entfaltete sie, wie sehr die Reformatoren im Bezug aufs Wort das "Denken, Reflektieren, Nachdenken, Verstehen und Fragen-Dürfen" betont hätten. […Sie mokierte] sich über jene, "die der Intellektualität des Protestantismus nachtrauern". Sie feierte das Körper-Erleben beim Joggen und lobte die "Spiritualität" des Musizierens, als sei dieses nur eine Sache des Gefühls und nicht des Verstandes.   Ja, Käßmann verfiel sogar darauf, die derzeit in Berlin ausgestellten Bilder des Malers Gerhard Richter dem "Sinnlichen" in Abgrenzung vom "Kopflastigen" zuzuordnen. Als seien Worte nicht sinnlich und als seien Richters Bilder nicht auch intellektuell.

Wieder so ein Fall à la Käßmann versus Matussek, bei dem zwei Religioten aufeinander eindreschen.
 Matthias Kamann, Springers Mann für „Grüne, Bioethik und Evangelische Kirchepromovierte über das griffige ThemaEpigonalität als ästhetisches Vermögen2 und fällt stets mit besonders absurden Ansichten zur Religion auf.

Interessanter wäre es meiner Ansicht nach aber zu hinterfragen, ob sich Käßmann eigentlich gar nicht daran stört als Botschafterin für das sexistische Schwein, für den antisemitischen Großhetzer und Liebling Adolf Hitlers als Botschafterin zu wirken.

"Wenn ich einen Juden taufe, will ich ihn an die Elbbrücke führen, einen Stein an den Hals hängen und ihn hinabstoßen und sagen: Ich taufe dich im Namen Abrahams!"
(Martin Luther, Tischreden)

Daß sich Deutschlands beliebteste Bischöfin so für Luther (1483-1546), einen der übelsten Antisemiten der Weltgeschichte, dessen eleminatorischer Juden-Ausrottungswahn Hitler inspirierte, begeistert, sollte eigentlich verwundern, verwundert aber nicht.

So wenig wie sich Fleisch und Blut, Mark und Bein ändern können, so wenig können die Jüden sich ändern. Sie müssen bleiben und verderben.
(Martin Luther)

Im offiziellen Lebenslauf des Reformators, herausgegeben von der EKD, findet sich nicht ein einziger Hinweis auf sein Verhältnis zu den Juden, die er in zahlreichen Schriften zu vernichten trachtete.

Der Stammvater aller Protestanten, den die Käßmanns und Göring-Eckhardts dauernd loben und preisen, war einer der fanatischsten Antisemiten der Weltgeschichte.

Luthers 7-Punkte-Plan zur Judenverfolgung: Originaltext
1.
"Erstlich, das man jre Synagoga oder Schule mit feur anstecke und, was nicht verbrennen will, mit erden überheufe und beschütte, das kein Mensch ein stein oder schlacke davon sehe ewiglich Und solches sol man thun, unserm Herrn und der Christenheit zu ehren damit Gott sehe, das wir Christen seien"
2.
“Zum anderen, das man auch jre Heuser des gleichen zerbreche und zerstöre, Denn sie treiben eben dasselbige drinnen, das sie in jren Schülen treiben Dafur mag man sie etwa unter ein Dach oder Stall thun, wie die Zigeuner, auff das sie wissen, sie seien nicht Herren in unserem Lande“
3.
“Zum dritten, das man jnen nehme all jre Betbüchlein und Thalmudisten, darin solche Abgötterey, lügen, fluch und lesterung geleret wird“
4.
“Zum vierten, das man jren Rabinen bey leib und leben verbiete, hinfurt zu leren“
5.
“Zum fünften, das man die Jüden das Geleid und Straße gantz und gar auffhebe“
6.
“Zum sechsten, das man jnen den Wucher verbiete und neme jnen alle barschafft und kleinot an Silber und Gold, und lege es beiseit zu verwaren“
7.
“Zum siebenden, das man den jungen, starcken Jüden und Jüdin in die Hand gebe flegel, axt, karst, spaten, rocken, spindel und lasse sie jr brot verdienen im schweis der nasen“
(Martin Luther, Von den Juden und ihren Lügen)

Es ist und bleibt eine Schande ersten Ranges, daß sich die protestantischen Kirchen nicht entschieden von diesem Apologten des Hasses distanzieren und immer noch stolz an jeder dritten Kirche „Lutherkirche“ prangen haben.

Darum wisse Du lieber Christ und zweifle nicht daran, daß Du nähest dem Teufel keinen giftigeren, bittereren, heftigeren Feind hast, denn einen rechten Juden.
(Martin Luther)
"Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. Vom deutschen Volk wird ... die Macht der Juden auf wirtschaftlichem Gebiet im neuen Deutschland endgültig gebrochen und damit der gottgesegnete Kampf des Führers zu völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt. In dieser Stunde muss die Stimme des Mannes gehört werden, der als der Deutschen Prophet im 16. Jahrhundert einst als Freund der Juden begann, der getrieben von seinem Gewissen, getrieben von den Erfahrungen und der Wirklichkeit, der größte Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden."
(Der evangelisch-lutherische Landesbischof Martin Sasse aus Eisenach im Vorwort zu seiner Schrift "Martin Luther und die Juden - Weg mit ihnen!", Freiburg 1938)

Als „Stürmer“-Herausgeber Julius Streicher sich kurz vor seiner Hinrichtung in Nürnberg 1946 rechtfertigte, bezog er sich ganz selbstverständlich auf Luther.
STREICHER: Antisemitische Presseerzeugnisse gab es in Deutschland durch Jahrhunderte. Es wurde bei mir zum Beispiel ein Buch beschlagnahmt von Dr. Martin Luther. Dr. Martin Luther säße heute sicher an meiner Stelle auf der Anklagebank, wenn dieses Buch von der Anklagevertretung in Betracht gezogen würde. In dem Buch »Die Juden und ihre Lügen« schreibt Dr. Martin Luther, die Juden seien ein Schlangengezücht, man solle ihre Synagogen niederbrennen, man soll sie vernichten...
(29.04.1946)

"So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn."
(Der Katholik Adolf Hitler)

Es ist strenge Gewissenspflicht eines jeden Christen, das entartete Judentum zu bekämpfen.
(Bischof Gföllner von Linz)

Ich tue nur, was die Kirche seit fünfzehnhundert Jahren tut, allerdings gründlicher.
(Der Katholik Adolf Hitler)

Die heutige EKD kann an dem judenhassenden Mönch, der so gern vom fressen, furzen und ficken dozierte, nur Gutes finden.
"Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, daß die Männer durch sie geboren werden."
(Martin Luther, dt. Theologe)

"Will die Frau nicht, so komm' die Magd!"
(Martin Luther, Frauenfreund)

"Darum hat das Maidlein ihr Punzlein, daß es dem Manne ein Heilmittel bringe."
(Martin Luther)

"...wer mag alle leichtfertigen und abergläubischen Dinge erzählen, welche die Weiber treiben...es ist ihnen von der Mutter Eva angeboren, daß sie sich äffen und trügen lassen."
(Martin Luther)

Ehe ist Arznei für Hurerei.
(Martin Luther)

"Ob sie sich aber auch müde und zuletzt todt tragen, das schadet nichts, laß' sie nur todt tragen, sie sind darumb da."
(Martin Luther, Schwangerschaftsberater)

Luther hatte aber nicht nur Fans unter Evangelischen:

"Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen."
(Der Katholik Adolf Hitler)

Frau Käßmann scheint das alles nicht zu stören.

Die Offenen Briefe schreiben wieder einmal andere. 
Zum Beispiel Reinhold Schlotz.

Liebe Frau Käßmann,
heute treten Sie ihr Amt als „Lutherbotschafterin“ für das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 an, […]  Sie setzen sich aber auch ein für einen Mann, der die „Freyheith eines Christenmenschen“ eben nur als Freiheit eines Christenmenschen verstand und in den Anhängern des jüdischen Glaubens ein von Gott „verdammtes Volk“ erblickte. Es war Martin Luther, der in seinem Buch „Von den Jüden und iren Lügen“ (1543) seinen treuen Rat gab, wie mit den Juden umzugehen sei: er ruft u.a. auf zum Niederbrennen ihrer Synagogen, sie unter ein Dach oder Stall zu tun, ihnen ihre Religion zu verbieten, ihren Besitz abzunehmen und die jungen Juden und Jüdinnen zur Arbeit zu zwingen. Der heidelberger Philosoph Karl Jaspers schreibt 1962 hierzu (1): „Luthers … Ratschläge gegen die Juden (die Hitler genau ausgeführt hat)“ und weist darauf hin, dass Luthers „treuer Rat“ in der Zeit des Nationalsozialismus in seinem Sinne Punkt für Punkt umgesetzt wurde.
[…]  Es ist sicherlich schwer für Sie, ihren eigenen Kirchenvater als Judenhasser und geistigen Brandstifter zu erkennen und als solchen öffentlich zu benennen. Dennoch soll dies ein Appell an Sie sein, den ganzen, und nicht nur den zensierten Luther in der Öffentlichkeit darzustellen und ihre Einschätzung, Feierlichkeiten zu Ehren Martin Luthers seien eine „Erinnerung für die Zukunft“, zu überdenken. Sie sagen: „Martin Luther ist Vorbild für uns heute, aus dem Glauben heraus, Standpunkte zu finden“. Wenn Sie aus Luthers Lebenswerk eine Gesamtbilanz ziehen, dann gehört neben der Reformation und der Bibelübersetzung eben auch sein Verrat an den Bauern, seine Befürwortung der Hexenverfolgungen, seine menschenverachtende Einstellung zu Behinderten und, nicht zuletzt, sein abgrundtiefer und folgenschwerer Hass gegen die Juden mit hinein. Auch der Dreißigjährige Krieg als Folge der Reformation darf hier nicht vergessen werden. Martin Luther als ein Vorbild für uns heute darzustellen, wäre in der Tat ein fatales Signal für die Zukunft. In Luthers eigener Sprache kann das Gesamturteil über ihn nur lauten: Summa, wir haben einen rechten Teufel an ihm!
(Reinhold Schlotz 27.04.12)

Samstag, 28. April 2012

Überflüssige Studien - Teil VI




Der Glaube ist der Feind des Denkens. 
Die Erkenntnis ist uralt und führte schon vor 1000 Jahren dazu, daß Kleriker ihr Bibelstudium als Herrschaftswissen ansahen. Die gläubigen Schafe hatten IHNEN zuzuhören und sollten bitte nicht selbst anfangen Gott zu interpretieren. 
Daher wurde der Analphabetismus geschätzt und immerhin 1500 Jahre erfolgreich verhindert, daß die Bibel in Sprachen übersetzt wurde, die das gemeine Volk verstehen konnte.

Heute wissen wir auch aus der Hirnforschung, daß religiöse Menschen einen signifikant niedrigeren IQ als Atheisten haben.

Je höher die Bildung, desto größer die Neigung kritisch zu hinterfragen, selbst zu denken und nicht einfach blind den Vorgaben eines Predigers zu folgen.


Die Aufklärung versetzte den Kirchen den größten Schlag. 
Je schlauer das Volk, desto weniger Religion.

Insbesondere in Amerika ist diese Erkenntnis schon weit fortgeschritten. 
Die Gläubigen wehren sich, indem sie mit allen Mitteln versuchen ihre Kinder von Informationen fernzuhalten. Fakten sind nämlich brandgefährlich und könnten dazu führen, daß die lieben Kleinen Widersprüche in der christlichen Lehre hinterfragen. 
Daher home-schooling. Bloß kein Kontakt zu Inhalten, die an öffentlichen Schulen präsentiert werden.

Wissen führt auch zu religiösem Ungehorsam.
Ultraorthodoxe Juden haben genau das gleiche Problem und schotten ihre Brut massiv ab. 
Das Internet ist eine echte Bedrohung für sie, da Kinder im Netz ihre eigenen Recherchen anstellen könnten.

Nichts anderes steckt auch dahinter, daß Taliban ihren Töchtern Schulen verbieten. Aufgeklärte Mädchen lassen sich nicht so einfach in Burkas stecken und herumkommandieren.


Gerade sah ich auf „arte“ die wunderbare Reportage „Kinder der Glücklichen“ über die Bachtiari-Nomaden im Iran (ist noch online zu sehen!), die „zweimal im Jahr im Südwesten des Irans durch das bis zu 4.000 Meter hohe Zagrosgebirge [klettern], um die Winter- beziehungsweise Sommerweiden zu erreichen.
Die Wege über steinige und vereiste Pässe sind so gefährlich, daß ich noch nicht mal hinsehen konnte.
Jedes Jahr stürzen sich Menschen und Tiere dabei zu Tode. Hat es nur ein paar Esel, Ziegen und Hunde erwischt, kann man schon froh sein.
Die Bachtiari-Frauen müssen ihre Babies und Kleinkinder dabei auf dem Rücken und vor den Bauch gebunden mitschleppen. Sie tun was ihnen ihr Ehemann befiehlt.
 Inzwischen gefährdet aber ausgerechnet die Iranische Mullah-Regierung ihre Jahrtausende-alte Lebensweise, indem sie mobile Schulen für die Nomadenkinder einrichtete.
 Ein Alptraum für die patriarchisch-religiöse Bachtiari-Gesellschaft!
 Denn Frauen, die lesen und schreiben können und etwas über die Welt „da draußen“ erfahren, können sich auf einmal vorstellen ihre Männer allein auf den Bergen rumkraxeln zu lassen und wollen stattdessen lieber Lehrerinnen oder Ärztinnen werden.

Bildung, Wissen, Denken ist aber nicht nur der Todfeind der Religiösen, sondern auch der konservativen Politiker.

Wer Süddeutsche Zeitung, Spiegel und ZEIT liest, findet die CDU weniger toll, als derjenige, der die BILD liest.

Überspitzt formuliert:


Wer klug genug ist selbstständig zu promovieren, kann ja nicht gleichzeitig so doof sein und die CDU mögen.

Der Kreis „konservativ-religiös-doof“ schließt sich auch in den USA.

Je religiöser, desto Romney: Das ist das klare Ergebnis einer großen Gallup-Umfrage aus der letzten Woche.

Romney […] erhielt bei den „sehr religiösen“ Befragten 54 Prozent Zustimmung, Obama 37 Prozent. Hingegen votieren die gemäßigt religiösen mehrheitlich für Obama (54 Prozent), während Romney 40 Prozent erreicht. Noch deutlicher ist der Abstand bei den Nicht-Religiösen: 61 Prozent für Obama, 30 Prozent für Romney. […]   Bei den nicht konfessionell gebundenen Wählern hat Obama eine gute Zweidrittelmehrheit (67 Prozent); hinter Romney steht in dieser Gruppe nicht einmal jeder Vierte (23 Prozent). Jedoch führt der Mormone bei den „sehr religiösen“ Protestanten mit 54 Prozent vor Obama (35). […] Fast drei Viertel der weißen Evangelikalen (73 Prozent) votieren laut einer Umfrage des Pew-Forschungsinstituts (Washington) vom 17. April für Romney und jeder fünfte (20 Prozent) für Obama. Den rund 60 Millionen theologisch konservativen Protestanten wird etwa jeder vierte Wähler zugerechnet.

Um dem GOPer den Vorzug vor Obama zu geben, muß eben Dummheit im Spiel sein. Oder zumindest extremes Desinteresse und Faktenferne.

Genau damit können aber die Religiösen punkten.

Analytisches Denken hemmt religiöse Überzeugungen, sagen kanadische Wissenschaftler. Und wer sich intensiv auf die Lösung eines Problems konzentriert, wird empfänglicher für Zweifel und Skeptizismus.
Analytisches Denken hemmt den Glauben religiöser Menschen. Mehr noch: Wer sich konzentriert damit beschäftigt, die Lösung für ein Problem zu finden, erweckt in sich sogar Neigungen zu Zweifel und Skeptizismus - und Menschen mit schwachen religiösen Überzeugungen werden nochmals kritischer.
Das berichten die Psychologen Will Gervais und Ara Norenzayan von der Universität von British Columbia in Vancouver.
[…] Die aktuelle Studie lege nahe, dass die Aktivierung des analytischen kognitiven Systems im Gehirn die intuitive Unterstützung für religiösen Glauben zumindest vorübergehend hemme, argumentieren die Psychologen.

Quot erat expectandum.

Freitag, 27. April 2012

Auf der falschen Seite



Hach ja, das mit den Menschenrechten ist so eine Sache.

Wirklich eingehalten werden sie ja nicht so konsequent. In Deutschland übrigens auch nicht. Hier sperrt man völlig unschuldige Menschen in Abschiebehaft und traktiert sie so, daß immer wieder Menschen aus lauter Verzweiflung Selbstmord begehen.

Andere kümmern sich grundsätzlich nicht um Menschenrechte, unterschreiben entsprechende UN-Konventionen erst gar nicht und können sich das aber ungestört leisten, weil sie reich und/oder mächtig sind. 
Der Vatikan (Frauenrechte, Schwulendiskriminierung) und die USA (Todesstrafe, Guantanamo,..) sind solche Beispiele.
Oder Russland.
Moskaus Vize-Außenminister Sergej Rjabkow verweigert die Zustimmung zu einer Protokollerklärung der G8-Staaten zu den Menschenrechten sexueller Minderheiten.     Bei einem Arbeitstreffen der Außenminister der G8-Staaten in Washington am vergangenen Donnerstag wurde Symbolpolitik für die Menschenrechte zelebriert, die von allen fast mitgetragen wurde. Nur der russische Außenminister klammerte per Fußnote sexuelle Minderheiten aus einer Protokollerklärung aus und setzte damit ebenfalls ein deutliches Signal.
Menschenrechte werden immer nur dann offensiv von einem Land eingefordert, wenn es sich um ein kleines, strategisch nicht sehr wichtiges Land ohne mächtige Freunde handelt.

Russland und China sind aber ökonomisch zu stark, bzw wegen der Rohstoffe zu wichtig, um es sich mit ihnen zu verscherzen.

Deswegen können auch Winzländer wie Bahrain oder das fundamentalistische Steinzeit-Königreich Saudi-Arabien Schwule aufknüpfen, Frauen verbrennen oder auf Oppositionelle schießen lassen: Geld und Öl sind ihr Persilschein.

Da will niemand mit Sanktionen kommen, weil die eher ins eigene Fleisch schneiden würden.

Man könnte in solchen Fällen wenigstens im sportlichen oder kulturellen Bereich sein Unbehagen ausdrücken und Fußballweltmeisterschaften, Song-Contests, Olympiaden oder Formel1-Rennen nicht ausgerechnet dorthin vergeben, wo sich die miesesten Unterdrücker dann im Glanz der Weltöffentlichkeit sonnen.
Aber das ginge natürlich nur, wenn die beteiligten Sportler, bzw Musiker ansatzweise über ein Rückgrat verfügten und nicht nur geldgierig wären.
Solche Athleten oder Sängerknaben haben wir aber leider nicht.
Sebastian Vettel freute sich nach seinem Sieg von Bahrain, als sei ihm gar nicht bewusst gewesen, welche Farce da gerade abgelaufen war. Man muss schon ein Höchstmaß an Ignoranz aufbringen, um in diesen Zeiten überhaupt noch Formel-1-Rennen zu fahren. Erderwärmung, Energieverknappung und dann diese sinnlose Benzinverschwendung - es passt einfach nicht mehr zusammen. Mit dem Spektakel von Bahrain aber hat sich der Wanderzirkus der Ignoranten selbst übertroffen.
Seit Ausbruch des arabischen Frühlings herrscht auch in diesem Inselstaat mit seinen 800. 000 Bewohnern Aufruhr. […] Oppositionelle werden blutig unterdrückt, brutal verfolgt, verhaftet, gefoltert. Regimekritische Journalisten werden mundtot gemacht. In den vergangenen zwei Jahren gab es mindestens 50 Tote.
Mit dem Formel-1-Spektakel wollten Bahrains Herrscher sich vor der Welt aufwerten. […]   Formel-1-Legende Michael Schumacher freute sich, es werde in Bahrain alles dafür getan, "dass wir keine Probleme haben werden. Ich will den Sport nicht mit der Politik mischen."
[…]   Besonders dämlich hatte Weltmeister Sebastian Vettel in Bahrain daherfabuliert. "Unser Job ist der Sport, sonst nichts." Die Berichte über die Lage in Bahrein seien ein "großer Hype". Abwandlung einer altdeutschen Spruchweisheit: Was man nicht im Kopf hat, hat man im Gasfuß.
So finden auch die unfreundlichsten Regime immer willige Idioten, um sich gute PR zu verschaffen.
Und wenn doch mal außenpolitische Shitstorms losgehen sollten, können sich Horrorregime wie das Assadsche in Syrien immer noch auf die Christen im eigenen Land verlassen. 

Christen arrangieren sich traditionell gerne mit Diktatoren; je blutiger, desto besser.

Selbstverständlich stehen auch die US-Christen eher rechts und sind die eifrigsten Verfechter von Waffenwahn und Kriegseinsätzen. 

Der „lupenreine Demokrat“ Putin entdeckt in seiner dritten Präsidentschaft immer mehr die Freuden des Diktatorendaseins. 
Von Menschenrechten und Pressefreiheit, die man zu Beginn seiner ersten Amtszeit 1999/2000 noch im Aufwind sah, will er immer weniger wissen.
Hassgesetz jetzt auch in der russischen Duma.
Das öffentliche Sprechen über Homosexualität soll in Russland nun auch landesweit unter Strafe gestellt werden. Abgeordnete aus Nowosibirsk brachten einen entsprechenden Gesetzentwurf in das Parlament ein, berichtet die russische Presseagentur Interfax.
Ähnliche Gesetze, die "Propaganda für Homosexualität" verbieten, waren zuvor trotz internationaler Proteste in St. Petersburg und anderen Regionen Russlands verabschiedet worden  Wer in der Öffentlichkeit über Homosexualität spricht, muss beispielsweise in St. Petersburg bis zu 500.000 Rubel (ca. 12.800 Euro) Strafe zahlen - mehr als ein durchschnittliches Jahresgehalt.
Erst in der vergangenen Woche verteidigte der russische Außenminister Sergej Lawrow die regionalen Verbote mit der Begründung, dass Russland unabhängig von europäischen Werten das Recht haben müsse, die Gesellschaft vor "Homosexuellen-Propaganda" zu schützen. Auch die einflussreiche russisch-orthodoxe Kirche sowie prominente Vertreter der von Präsident Wladimir Putin geführten Regierungspartei "Einiges Russland" hatten sich zuvor in den Medien für eine landesweite Ausweitung des Gesetzes ausgesprochen.

Das Regionalparlament von Nowosibirsk hat heute nachgezogen und kann sich dabei auf einen besonders eifrigen Unterstützer der Homo-Hetze verlassen: Die russisch-Orthodoxe Kirche, welche umso mehr an Putin ranrobbt, desto diktatorischer er sich geriert.

Daß es überhaupt Protest gegen diskriminatorische Maßnahmen gibt, führt zum direkten Schulterschluß der kirchlichen Menschenhassern mit dem herrschenden Regime. 

Wenn Aktivisten und Freiheitskämpfer einen Kulturkampf gegen Unterdrückung und Unfreiheit anzetteln, wendet sich die Kirche scharf gegen diese Tendenzen.
Russischer Staat und orthodoxe Kirche stehen dabei fest zusammen gegen angebliche Angriffe eines 'aggressiven Liberalismus'. Auslöser war ein Ereignis, bei dem wieder Punk und Kirche aufeinandergetroffen sind - diesmal unter ganz anderen Vorzeichen: Auf dem Höhepunkt des Präsidentschaftswahlkampfs, als im ganzen Land Hunderttausende für faire Wahlen demonstrierten, drang am 21. Februar eine Gruppe junger Frauen in die Christ-Erlöser-Kathedrale im Zentrum Moskaus ein. Vermummt mit gehäkelten Skimasken in grellen Farben veranstalteten sie vor dem Altar eine 'Punk-Andacht'; der Refrain, gesungen im Stil eines orthodoxen Chores: 'Jungfrau und Gottesmutter, vertreibe Putin!*
[….]      Wenige Tage nach dem Auftritt wurden drei Frauen verhaftet, die Wachleute als Mitglieder der Gruppe identifiziert haben wollen. Sie müssen sich nun vor Gericht wegen 'Rowdytums' verantworten, das Gesetz sieht dafür eine Höchststrafe von sieben Jahren vor. Eben erst hat der Richter die Untersuchungshaft bis Juni verlängert, obwohl die Beschuldigten mit einem festen Wohnsitz in Moskau gemeldet sind, zwei von ihnen haben kleine Kinder. Bei der ersten Anhörung wurden die Beschuldigten im Käfig vorgeführt. Der Oberste Rat der Russisch Orthodoxen Kirche schrieb in einer Erklärung Anfang des Monats: 'Die kirchenfeindlichen Kräfte fürchten ein Erstarken der Orthodoxie im Land. Diesen Kräften schließen sich jene an, die die verlogenen Werte eines aggressiven Liberalismus vertreten.' Das seien nicht viele, aber einige von ihnen verfügten über Einfluss und seien bereit, ihre finanziellen Mittel und den Zugang zu Medien zu nutzen, um den Klerus zu diskreditieren und die Menschen von der Kirche abzuspalten. Dass die Attacken gegen die Kirche im Umfeld der Wahlen aufgetreten seien, belege ihren politischen Hintergrund, unter anderem seien sie antirussisch. […]     Die Spitzen des Staates zeigen sich regelmäßig zu den Feiertagen beim Gottesdienst, der Klerus wurde in politische Gremien eingebunden, Patriarch Kyrill macht vor Wahlen stets klar, wen die Kirche für den richtigen Kandidaten hält, und preist die Putin-Ära als 'ein Wunder Gottes'.  […] Besonders die Jungen und die Angehörigen der Intelligenzija, […] stoßen sich heute daran, dass Würdenträger in Staat und Kirche sich in ihrem zynischen Verhältnis zur Macht immer ähnlicher werden. Selbstverständlich werden die Straßen gesperrt, wenn der Patriarch in seinem Maybach mit Begleitkolonne durch Moskau fährt, genauso wie das für den russischen Präsidenten oder Premier geschieht. […]  
Der Hang hochgestellter Kirchenmänner zu Prunk und Luxusgütern weckt bisweilen den Eindruck, als würde der Klerus jetzt nachholen, was die Oligarchen in den wilden Zeiten des Banditenkapitalismus vorgelebt haben. Der Ärger darüber entlud sich jüngst im Skandal um die magische Uhr des Patriarchen. Journalisten hatten berichtet, er trage ein goldenes Modell der Schweizer Luxusmarke Breguet im Wert von 23000 Euro. Kyrill ließ das dementieren, aber einem aufmerksamen Blogger fiel ein Foto auf der offiziellen Website des Patriarchats auf. Es zeigte Kyrill im Gespräch mit dem Justizminister - ohne Uhr am Arm. Doch im polierten Holz des Konferenztisches spiegelte sich deutlich ein goldenes Ziffernblatt, das jemand bei der Retusche offenbar übersehen hatte.
 (Sueddeutsche Zeitung 27.04.12)
Der Prass- und Prunk-begeisterte Metropolit Kyrill rafft aber nicht nur Luxusgüter an sich und spannt den Staat für seine Geldgier ein, sondern er unterstützt auch euphorisch die diskriminierende Hetze gegen sexuelle Minderheiten in Russland. 
"Moral ist entweder absolut, oder es gibt sie nicht. Wenn Sie Homosexualität rechtfertigen, warum dann nicht gleich Pädophilie?", erklärte Kyrill vor einem Jahr im Interview mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel“.
 Der neue Chef der 135 Millionen Russisch-Orthodoxen Christen begründete seinen Vergleich mit der Heiligen Schrift: "Die Bibel nennt das Sünde", so Kyrill zur Homosexualität. Der CSD Moskau sei daher lediglich "eine aufdringliche Zurschaustellung von Unzucht".
(Queer.de 02.02.2009)
Kein Wunder, daß sich Rylli und Ratzi so gut verstehen.

 Diese Performance hätte er nicht gemocht:



Er steht mehr auf die Regensburger Drecksspatzen.