Da die AfD sich nie die Mühe machte ein seriöses Programm zu
erarbeiten, kann sie inhaltlich zu keiner wichtigen Debatte in Deutschland
beitragen.
Sie ist ein rein parasitärer Mitspieler, kann also weder dem
Land, noch den Bürgern das geringste bißchen weiterhelfen.
Das braucht sie aber auch nicht, da sie vom Wesen her
zutiefst destruktiv ist.
Es gibt keine konstruktive AfD-Politik. Sie richtet
ausschließlich Schaden an, vergiftet das Klima, schürt Hass, schadet Wirtschaft,
Umwelt und Gesundheit.
Sie gibt den potentiellen Rechtsterroristen den letzten
Schubs, um aktiv zu werden: Etwas anzünden, etwas niederreißen, etwas mit
Molotow-Cocktails zu bewerfen, Synagogen zu beschießen, Flüchtlingsunterkünfte
zu stürmen, Obdachlose zu verprügeln, Dunkelhäutige zu jagen, Schwule „zu
klatschen“, Medien zu bedrohen.
Mit der AfD auf den Ohren trauen die sich was.
[….] Die Polizei ermittelt gegen vier Männer, die versucht haben sollen,
vier Flüchtlinge in Schöningen mit Schüssen aus einer Schreckschusswaffe
anzugreifen. Verletzt wurde niemand, wie die Polizei am Montag mitteilte. Die
vier Verdächtigen im Alter von 52, 50, 34 und 29 Jahren befanden sich laut
Polizei auf einem Balkon, von dem aus sie mit Leuchtmunition auf die Gruppe
schossen. Unter den Opfern war auch ein fünfmonatiges Baby. [….]
Diese reine Destruktionsagenda könnte nicht funktionieren
ohne die Multiplikatoren der Medienbranche.
Es reicht nicht aus ein planloser Depp zu sein, der
Ausländer hasst und gewohnheitsmäßig bei allen Statements lügt,
um Sendezeit in den Talkshows zu bekommen, sowie die Printjournalisten in Gang
zu setzen.
Die Aufmerksamkeitsjunkies vom ganz rechten Rand haben
allerdings außerordentlich effektive Methoden entwickelt, um immer wieder im
Rampenlicht zu stehen.
Das läuft nach dem immer gleichen Muster:
Schritt 1:
Ein AfD-Horst poltert einen so
rassistischen oder NS-affinen Spruch heraus, daß er die erste kleine
Aufmerksamkeit erregt.
(Neben rechtsradikalen Sprüchen
sind für Schritt 1 auch nonverbale Aktionen möglich. Alice Weidel beherrscht
das besonders gut: Aus Talkshows rennen, den Bundestag verlassen, beleidigt
aufstampfen, etc)
Schritt 2:
Es wird bestritten gesagt zu
haben, was man gesagt hat, andere AfDler springen bei. Die offensichtlichen
Lügen generieren noch mehr Aufmerksamkeit.
Schritt 3:
Wenn der Anfangsaufreger nicht
mehr zu leugnen ist, weil immer mehr Medien berichten, schwenkt die AfD auf den
Mimimimi-Modus um, suhlt sich in der Opferrolle, nörgelt über die „Mainstreammedien“
und „Lügenpresse“, beklagt angebliche Tabus.
Schritt 4:
Die Redakteure der großen
Talkshows werden aufmerksam und es folgen Einladungen der AfD-Pöbler zu Lanz,
Plasberg, Will und Maischberger.
Seit vier Jahren lassen sich die ARD- und
ZDF-Talkmoderatoren willig als AfD-Werbeplattform benutzen, erzeugen bei der
Themensetzung ein geradezu groteskes AfD-Themen-Übergewicht.
[….] Untersuchung und Bewertung von über 200 politischen Talkshows der
öffentlich-rechtlichen Medien.
[….] Leider kam ich zu dem Ergebnis, dass meine Befürchtungen sogar noch
übertroffen worden sind. Teilweise musste ich meine Einschätzungen aber auch
differenzieren und revidieren. Eine Tatsache ist und bleibt für mich dabei
völlig inakzeptabel: Das krasse Missverhältnis bei den Themen.
So wichtig einige Themen
sicher waren und sind, niemand kann rechtfertigen, dass in 1,5 Jahren jede
vierte Sendung speziell das Thema Flüchtlinge behandelt und sich fast jede
zweite Sendung generell mit dem Themenkomplex Flüchtlinge, Islam, Terror/IS,
Populismus/Extremismus befasst hat. In nur sechs von 204 Sendungen wurde über
Armut und Ungleichheit diskutiert. Wichtigen Themen wie NSU, Rassismus und
rechte Gewalt wurde zum Beispiel jeweils nur eine Sendung gewidmet. Klimawandel
kam sogar gar nicht vor. Das ist nicht nur bedenklich, sondern prägt die
öffentliche Debatte sehr einseitig. Die Themenauswahl spiegelt absolut nicht
die tatsächlichen Probleme in unserer Gesellschaft wider und stellt damit ein
Zerrbild der Wirklichkeit dar.
[….] Untersuchte Sendungen: 204 Sendungen von den fünf relevantesten
politischen Talkshows von ARD und ZDF: Maischberger, Anne Will, Hart aber fair,
Jauch, Maybrit Illner.
Untersuchungszeitraum: 1,5 Jahren. Oktober 2015 bis Anfang März 2017
Sendungen nach Themen:
Flüchtlinge: 52
IS-Terror/ Terror: 22
Merkel: 12
Trump: 16
Populismus: 8
Erdogan: 8
Brexit: 5
Syrien: 4
Altersarmut: 4
Martin Schulz: 3
Rente: 3
Kriminalität: 3
Islam: 3
Angst: 3
Alle anderen Themen kamen nur ein oder zwei Mal vor.
[….] Um Flüchtlinge ging es in jeder 4. Sendung. Betrachtet man den gesamten
Themenkomplex Flüchtlinge, Islam, Terror/IS, Populismus/Extremismus, dann wurde
fast jede zweite Talkshow (94 von 214) mit einem dieser Themen bestritten.
Armut und Ungleichheit wurden
insgesamt in 6 Sendungen behandelt.
Den Themen NSU, Rassismus und
rechte Gewalt wurden jeweils nur eine Sendung gewidmet.
Trotz der Klimakonferenz von Paris kam das Thema Klimaschutz nicht
einmal vor. [….]
Inzwischen ist es den Scheinjournalisten offenbar etwas
peinlich als „Werbeträger der AfD“ zu
gelten.
[….] „Öffentlich-rechtliche Talkshows sind Werbeträger für die AfD“
Talkshows seien ungeeignet dafür, komplexe politische Prozesse
abzubilden, sagte der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister im Dlf. Ihr fast
tägliches „Ritual der Politiksimulation“ sei ermüdend und ähnele Scripted
Reality. Durch ihre Inszenierung und Taktung spielten Talkshows außerdem der
AfD in die Hände. [….]
Daher laden sie nun weniger oft Höcke, Gauland, Weidel oder
von Storch selbst ein.
Aber das ist auch nicht notwendig, wenn die Themen erst mal
gesetzt sind. Es gibt genügend Rechtsaußen-Journalisten/Publizisten wie Broder,
Köppel oder Poschardt, Reichelt, die genauso zuverlässig die Trommel für
AfD-Positionen schlagen.
Diese erfolgreiche Methode Medienaufmerksamkeit zu erzielen,
obwohl es an Sympathie, Kompetenz und Relevanz mangelt, übernehmen auch andere
rechte Pundits nur zu gerne.
Die rechte CDU-Splittergruppe „Werte-Union“ um die
AfD-Lieblinge Otte und Maaßen beherrscht das Spiel ebenfalls.
Konsequent provozieren sie, damit stets genügend
Journalisten über das Stöckchen springen.
Maaßen ist jetzt Talkshow-Dauergast, ist eine feste Größe
des rechten Spektrums.
[….] Hans-Georg
Maaßen, ehemaliger Verfassungsschutzpräsident, ist allen mit seiner Behauptung
in Erinnerung geblieben, es habe keine Hetzjagden in Chemnitz gegeben.
Daraufhin wurde er von der Kanzlerin in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.
Jetzt ist er wieder da. Und permanent in den Medien.
Allein in der vergangenen Woche gab es fast täglich eine Schlagzeile:
"Maaßen warnt vor Rückkehr zu DDR-Verhältnissen", schreibt die
Mitteldeutsche Zeitung, "Maaßen will Dialog mit AfD in Thüringen",
heißt es in der Welt. Und die Augsburger Allgemeine hat beobachtet:
"Maaßen wird in Augsburg bejubelt und spaltet die CSU".
Maaßen ist die Galionsfigur der WerteUnion. Eine Splittergruppe der
Union, die nach eigenen Angaben 3.600 Mitglieder zählt. Zum Vergleich: Die CDU
hat rund 415.000 Mitglieder. Ein kleiner Verein also, der aber Großes will:
"Eine Wende für Deutschland". So steht es auf seiner Internetseite.
Dafür soll als erstes die Union anders werden: Merkel soll weg, mit ihr die
aktuelle Flüchtlingspolitik und das Verbot, mit der AfD zu reden. Bei der
WerteUnion handelt es sich also um Rebellen innerhalb der Union - und das macht
sie für viele Journalisten hochspannend.
Sehr zum Verdruss von Ruprecht Polenz, Angela Merkels
Ex-Generalsekretär, der nun gegenüber ZAPP aus dem Ruhestand in Münster seinem
Ärger über die Medien Luft macht. Das sei doch nur der Streit mit den eigenen
Leuten, der hier interessiere. "Wenn die Opposition fordert, Merkel muss
weg, dann ist das in einer Demokratie normal. Wenn aus der eigenen Partei ein
solcher Ruf erschallt, dann ist das natürlich für die Medien etwas
Besonderes."
Polenz' Kritik: Die Medien machten die WerteUnion relevanter als sie
tatsächlich sei. Bestes Beispiel sei der Chef der WerteUnion, Alexander Mitsch:
"Ein Mann", wie Polenz sagt, "der nicht mal in seinem Kreisverband
in den Vorstand gewählt worden ist". Aber der könne nun regelmäßig im
Deutschlandfunk seine Meinung zum Besten geben. "Der Kreisvorsitzende
irgendeines CDU-Kreisverbandes kann das wahrscheinlich nicht ohne
Weiteres." […….]
Wenn man die Arbeit der investigativen NDR-Journalisten (ZAPP,
PANORAMA,..) verfolgt, ist man auch wieder versöhnt nach dem Ärger auf Plasberg
und Will.
Letztere sind allerdings bloß eitle Talkshowtypen.
Das ist die Kategorie Lanz. Die rennen sabbernd und servil
hinter den Mächtigen her.
[…..] Das Schöne an Endphasen ist manchmal die wachsende Unabhängigkeit.
Man muss nicht mehr jeden Mist mitmachen, kann sich Freiheiten nehmen. Angela
Merkel ist jetzt in diesem Modus.
Am Donnerstagabend zum Beispiel, als sie eine Rede zur Nachhaltigkeit
im Berliner Zukunftsmuseum Futurium gehalten hatte, gab sie dem Moderator
Markus Lanz vor, nur eine Frage stellen zu dürfen. Lanz zerfloss auf der Bühne fast vor Bewunderung für die Bundeskanzlerin,
verlor sich dabei in langen, liebedienerischen Ausführungen, womit
er sich von Merkel den knappen Hinweis einfing, sie warte auf die Frage.
Als die Bundeskanzlerin geantwortet hatte, schüttelte
sie Lanz, der gern weiterbewundern
wollte, rasch ab, verließ die Bühne und setzte sich zufrieden auf ihren
Platz an einen der Tische. Abendessen.
Früher hätte sie vielleicht an Wählerstimmen gedacht,
Lanz hat ein Millionenpublikum mit seiner Fernsehshow, aber Merkel wird
sich keiner Wahl mehr stellen. [….]
(DER SPIEGEL, 16.11.2019)
Wer sich Schwachsinn wie Lanz ansieht, hat selbst schuld,
wenn er daran verblödet.
Anja Reschke (Panorama) und Constantin Schreiber (Zapp) sind
hingegen großartige Journalisten, für die ich sehr gern Rundfunkgebühren zahle,
da der freie Journalismus bis auf wenige Ausnahmen (SZ, Spiegel) immer mehr auf
investigative Recherche verzichtet.
Es lohnt sich also außer dem ZAPP-Bericht zur
Medienstrategie der Werteunion die gesamte
Aufarbeitung des Themas anzusehen.