Dienstag, 16. September 2014

Islamophobe Umtriebe


Grundsätzlich lehne ich alle Religionen ab.
Vermutlich sind aber die monotheistischen Formen noch verabscheuungswürdiger, da ihnen Intoleranz immanent ist.
Wer es zum Hauptprinzip erhebt, daß nur ein Gott existiert, gerät zwangsläufig mit all seinen Nachbarn, die an einen anderen Gott glauben in Konflikt.
Von den monotheistischen Formen sind für mich wiederrum die Abrahamiten die Unangenehmsten und von diesen stehen Islam und Christentum an der Spitze der Widerlichkeit.
Das Judentum empfinde ich als deutlich friedlicher, weil Juden nicht missionieren.
Sie sind a priori eine Minderheit und trachten nicht rund um die Uhr danach andere Menschen zu Juden zu machen.
Damit gehört zum Judentum auch automatisch eine Form der Toleranz, die Christen und Moslems nicht aufbringen.
Wie man an den tausenden Artikeln dieses Blogs unschwer erkennt, habe ich viele Gründe Religionen abzulehnen.
Der Stärkste ist aber die Mission.
Die bahnbrechende Selbstüberschätzung andere Kulturen konvertieren zu wollen, weil diese grundsätzlich als weniger wertvoll gelten, ist die Apotheose des innerreligiösen Gewaltpotentials.

Daß ich mich weit mehr mit dem Christentum als mit dem Islam beschäftige, liegt einfach an dem Zufall in eine christliche Kultur hineingeboren worden zu sein.
Das Christentum ist die dominierende Kultur in Deutschland und Amerika.
Ich kehre vor meiner Haustür.
Wäre Deutschland zufällig islamisch, würde ich (hoffentlich) mit ebensolcher Verve den Islam kritisieren.
Es wäre allerdings unehrlich nicht zuzugeben, daß Islamkritik in islamischen Ländern oft gefährlicher ist als Christenkritik in christlichen Ländern.
Den Islam kritisiere ich aber auch aus einem zweiten Grund weniger als das Christentum: Islamophobie ist nämlich hierzulande oft sehr stark mit Xenophobie verknüpft. Wer „Islam“ sagt, meint oft die „Türken“ oder Araber.
Ich habe zwar gleichermaßen etwas gegen Islam und Christentum, aber ich habe überhaupt nichts gegen Türken oder Iraner.
Da möchte ich gar nicht erst einen falschen Anschein erwecken.
Während deutsche Christenkritiker oft linke, liberale, tolerante und hochsympathische Menschen sind (Michael Schmidt-Salomon, Ingrid Matthäus-Maier, Philipp Möller,..), tummeln sich die bekannten Islambasher allesamt im Konnotationsbereich zwischen eitriger Abszess und verstopfter Toilette. (PI, Sarrazin, Broder…)

Durch politische Großlagen wie Arabellion, Flüchtlingskatastrophen und IS drängt sich das Thema Antiislamismus immer mehr in die deutsche Innenpolitik.
Indem man sich gegen die angebliche schleichende Islamisierung Deutschlands zur Wehr setzt, kann ein AfDer genauso leicht seine toxischen Netze auswerfen wie ein NPDler mit Xenophobie.

Da möchte ich mich nicht einreihen, obwohl ich den Islam genauso missbillige wie das Christentum.

Gelegentlich fühle ich mich allerdings verpflichtet ob des allgemeinen Islambashing Muslime zu verteidigen.
Sie sind schließlich nicht allein wegen ihrer Religion schlechtere Menschen als Christen.

Ich bin auch nicht davon überzeugt, daß der Koran grundsätzlich intoleranter als die Bibel ist.
Zugegeben; Ich habe den Koran gar nicht gelesen. Aber ich kenne die Bibel gut und die ist schon sehr intolerant! Kann man das überhaupt noch toppen?

Es ist formal richtig, daß der Koran, anders als die Bibel direkt von Gott geschrieben wurde. Daher gibt es aus streng muslimischer Sicht auch nichts daran zu kritisieren. Es ist also schlimmer den Koran zu „schänden“, als eine Bibel zu verbrennen.

In der Praxis ist es aber meines Erachtens so, daß fanatische Christen ihre Bibel genauso als „Gottes Wort“ ansehen und genauso hysterisch reagieren, wenn man anfängt im historischen Kontext zu analysieren.

Das kann man auch bei „moderaten  Christen“ erleben, wenn beispielsweise die gbs von „den Regeln einer primitiven Hirtenkultur“ spricht.
Das ist zwar historisch garantiert richtig, aber kein Pfaff will seine Bibel so bezeichnet sehen.

Es ist also die Frage wie streng man in der Praxis die Regeln der jeweiligen Religion auslebt.
Und dafür gibt es eine Vielzahl Beispiele in der Geschichte.
In den Kalifaten mit Sitz in Bagdad und Konstantinopel, denen Abu Bakr al-Baghdadi nun nacheifert wurde erheblich liberaler geherrscht, als es der IS jetzt tut. Und natürlich auch erheblich liberaler, als es Christliche Herrscher der Zeit taten.
Es gab bei Hofe berühmte schwule Dichter, jüdische Minister und Christliche Gelehrte. Deswegen haben wir ja jetzt in Syrien, Irak und Ägypten Millionen Christen!

 […] Mehr als 750 Jahre ist es her, dass zuletzt ein Kalif am Tigris regierte. […] Das Leben am Hofe der Kalifen von Bagdad hatte nur wenig gemein mit dem, was die Dschihadisten unter einer islamischen Ordnung verstehen. Die Hauptstadt des Reichs war jahrhundertelang nicht nur das Zentrum der Wissenschaften und Künste, sondern auch ein Sündenbabel.
Viele Kalifen, in deren Fußstapfen nun die ISIS-Terroristen treten wollen, liebten den Wein und junge Männer. Und sie beschäftigten Hofpoeten, die das ausschweifende Leben am Tigris-Ufer in Verse packten. Der bekannteste Dichter jener Zeit war Abu Nuwas, der Ende des achten, Anfang des neunten Jahrhunderts zu Zeiten des legendären Kalifen Harun al-Raschid lebte und ein enger Vertrauter des Herrschers war. Er verfasste viele Wein- und Liebesgedichte, zumeist in homoerotischer Form. […] Der Sohn von Harun al-Raschid und Nachfolger auf dem Kalifenthron, al-Amin, trieb es noch bunter. Laut den Überlieferungen der Hofschreiber unterhielt er einen ganzen Harem mit jungen Männern und ließ allabendlich Eunuchen für sich tanzen und singen. […] Alkohol und Glücksspiel waren keineswegs nur das Privileg der reichen Oberschicht. Auch das gemeine Volk zog es in Trinkhäuser und Cafés, in denen es Wein tranken und Backgammon spielte.
Jenseits dieser Ausschweifungen war Bagdad im achten und neunten Jahrhundert unter den Kalifen die Welthauptstadt für Astrologen und Mediziner, Philosophen und Mathematiker. Christliche und Jüdische Wissenschaftler hatten daran entscheidenden Anteil. Und die Stadt war nicht zuletzt Austragungsort erhitzter innerislamischer Debatten über den Koran. […]

„Der Islam“ war tolerant und duldete nicht nur Andersgläubige, sondern fühlte sich verpflichtet sie aus Gastfreundschaft zu schützen.
Das berühmteste Beispiel dafür ist sicherlich die Maurische Hochkultur in Spanien, als unter Islamischer Kontrolle Wissenschaft und Kunst aufblühten, weil Christen und Juden akzeptiert waren. Dadurch konnten sich im schönsten Multikulti die Wissenschaften gegenseitig befruchten. Daher waren Astronomie, Mathematik und Medizin in Islamischen Herrschaftsbereich Jahrhunderte vor dem Christentum in Nordeuropa.

Die iberische Halbinsel erlebte in den sieben Jahrhunderten maurischer Herrschaft eine beispiellose kulturelle Blüte, bevor mit Isabella der Katholischen alles zerschlagen wurde, Inquisition und Judenverfolgung das Bild bestimmten.
Blüte ist durchaus wörtlich zu verstehen - die islamischen Einwanderer hatten nämlich auch den Blumentopf erfunden und brachten bunte Pflanzen nach Spanien. Sie legten Gärten an.
Ebenfalls aus Arabien importiert wurde die Gitarre - man stelle sich den Flamenco ohne Gitarren und bunte Stoffe vor - so sähe er wohl heute aus, wenn Spanien nur unter Christlichen Einfluss gestanden hätte.

Weitere heute nicht mehr wegzudenkende islamische Errungenschaften sind:
Mehrstöckige Architektur, Burgenbau, Liedgut, Farbige Stoffe, Zuckerrohranbau, Schulwesen, Übernahme der Papierproduktion aus China, Brieftaubenkommunikation, Schach, Kristallglas, golddurchwirkte Stoffe, Muster.


Die Christen sind beleidigt, ob ihrer eigenen Doofheit.

Die Araber brachten eine derartige Hochkultur hervor, daß die wissenschaftsfeindlichen Christen im Vatikan dies als eine Bedrohung ansahen, auf die sie mit Gewalt reagierten.

Die Kirche fängt an, Forschung mit arabischen Grundlagen zu verbieten und lässt Forscher deswegen in den Kerker werfen oder sogar mit dem Tod bestrafen.
Die Kirche beginnt ihre Weltzensur gegen die überlegene islamische Lebensweise und technische Entwicklung.

500 Jahre Krise nannte Sebastian Schoepp seine feuilletonistische Analyse dieses destruktiven Christlichen Debakels in Spanien.

Es ist also unerfreulicher heute im IS zu leben als in einem christlichen Land, aber das liegt NICHT daran, daß „der Islam“ oder „der Koran“ grundsätzlich rückwärtsgewandter oder intoleranter als Christentum und Bibel sind.

Bei den Christen hingegen wurden Anders- und Ungläubige NICHT toleriert. Das konnte man wiederum perfekt nach der Vertreibung der Mauren aus Spanien erleben. Unter Isabella, der Katholischen kamen nämlich alle Ungläubigen, inkl „getaufter Juden“ gleich auch den Scheiterhaufen.

In der modernen Zeit ist die säkulare Türkei ein Beispiel für ein funktionierendes islamisches Gemeinwesen. So ein ökonomisches Wachstum wie in Istanbul kann keine andere Stadt in Europa vorweisen.

Islam muß also NICHT islamistisch und rückwärtsgewandt sein.

Daß solche Strömungen – Salafismus und Wahabismus insbesondere – offensichtlich starken Zulauf haben, lieg auch an sozialen Verwerfungen.
In den entsprechenden Ländern wurde man Jahrzehnte brutal von westlichen Usurpatoren unterdrückt und ökonomisch ausgebeutet.
Dann wurden absolutistische Regime installiert, die wiederum wie beispielsweise das saudische Königshaus massiv vom Westen unterstützt wurden.

Da kommt viel sozialer Sprengstoff zusammen, wenn man sich abgehängt fühlt und keine Perspektiven hat.
Dann kann „der Islam“ auch ganz schön ungemütlich werden – wie JEDE Religion.