Als
Sproß einer binationalen Ehe mit ethnisch schmutzigen Vorfahren, kenne ich „Geschichten
aus dem Krieg“ von Großeltern/Tanten, die auf verschiedenen Seiten standen.
Sie
zogen aber die gleichen Schlüsse: Krieg ist scheiße!
Der
zweite Weltkrieg dauerte sechs Jahre an und am Ende herrschte eine
überwältigende Kriegsmüdigkeit, die Menschen waren in jeder Hinsicht
ausgelaugt. Millionen Soldaten gaben bereitwillig die Waffen ab. Das größte
Problem war im Mai 1945 daher auch die Hitlerjugend. Kinder können
offensichtlich besser die Auswirkungen der Grausamkeiten verdrängen und sind
leichter bereit irgendwelchen völlig irrsinnigen Durchhalteparolen zu glauben.
Ich
kenne viele Geschichten aus den letzten Kriegstagen in Hamburg 1945, als die
Briten einmarschierten aus erster Hand. Ein Häuserkampf wie in Berlin wurde
glücklicherweise verhindert, die Hamburger waren eigentlich froh die Briten zu
sehen. Man fühlte sich ohnehin mit ihnen verbunden und kaum ein herumirrender
Wehrmachtsoldat wollte noch Widerstand leisten.
Sehr
wohl kam es aber noch zu unnötigen Toten, wenn 15-Jährige mit Gewehren, die ihr
Leben lang Propaganda-gefüttert wurden, sich den Engländern entgegenwarfen.
Erwachsene
hingegen war vollkommen desillusioniert. Vier Jahre lang war Hamburg
bombardiert worden. Mehr als 50% der Gebäude waren zerstört, Myriaden Menschen
verbrannt. Es reichte wirklich.
Der
Krieg in Afghanistan befindet sich nun im sechzehnten Jahr!
2001
ließ George W. Bush Kabul das erste Mal bombardieren.
Was sagt
es eigentlich über die Kriegskünste der tausendfach überlegenen Streitkräfte
der USA und vieler anderer NATO-Staaten aus, wenn es im Jahr 2017 so weit
kommt, daß der US-Präsident seine MOAB (Massive Ordnance Air Blast / Mother Of
All Bombs) abwirft?
Die tonnenschwere
Bombe vom Typ GBU-43 mit der Sprengkraft von 11.000 Kilo TNT ist die zweitgrößte
nichtnukleare Bombe der Welt.
(Das muß
Trump schmerzen; Putin hat einen Größeren! Mit 44 t TNT sogar deutlich
Größeren.)
Moab ist
fast zehn Meter lang, wiegt etwa zehn Tonnen und kostet 15 Millionen Dollar pro
Stück.
[….]
Beim Abwurf der größten nicht-atomaren
Bombe des amerikanischen Militärs in Afghanistan sind nach Angaben von
US-Behörden mindestens 36 Kämpfer der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS)
getötet worden. Wie das afghanische Verteidigungsministerium am Freitag
mitteilte, wurden bei dem Angriff im Osten des Landes Verstecke der Islamisten
sowie ein Tunnelkomplex zerstört. Über die Auswirkung der Bombe war zunächst
nichts bekannt gewesen.
Die USA haben nach
Angaben ihres Verteidigungsministeriums am Donnerstag erstmals eine Bombe des
Typs GBU-43 im Krieg abgeworfen.
[….]
Was sagt
es eigentlich über die Nationbuilding-Kompetenzen von zwei
Regierungs-Administrationen aus, wenn in acht Jahren Bush und acht Jahren Obama
niemand ein Plan eingefallen ist, wie man das Land stabilisieren kann, so daß
der Krieg mal aufhört?
Was sagt
es eigentlich über die Planlosigkeit der USA, wenn der dritte damit
beschäftigte Präsident offensichtlich so ahnungslos ist, daß mit der größten
möglichen Zerstörungskraft einfach draufgeschlagen wird?
Natürlich
haben Taliban und IS keine Moab-adäquaten Waffen. Mit solchen Methoden gewinnt
die USA für den Moment immer.
Es nützt
nur nichts. Einen Tag später ist Afghanistan immer noch da und die Afghanen
sind nicht gerade in Feierlaune.
US-Militärstrategen
nehmen es inzwischen schulterzuckend hin. So sei es eben in einem „asymmetrischen
Konflikt“, wir gewinnen und die „bad guys“ kommen anschließend immer zurück.
Trump kann
am Hindukusch mit seinem Riesending gar nichts gewinnen.
Aber es
ist anzunehmen, daß es ihm auch kaum darum geht.
Moab
bringt ihm an zwei anderen Fronten einen Sieg.
Erstens
sendet er ein warnendes Signal an Xi, Putin und vor allem Kim Jong Un: Don’t mess
with me.
Zweitens
ist Bombardieren nach wie vor extrem populär in den USA selbst.
Das
zeigte schon sein Tomahawk-Beschuss Syriens ein paar Tage zuvor.
Auch das
war militärisch völlig sinnlos, bringt den Frieden kein Stück näher, sorgt aber
für extrem gute Presse in Amerika.
[….]
Ein paar "Tomahawks" - und
schon wird Trump von seinen schärfsten Kritikern gelobt. Wer Bomben wirft, der
wird geliebt. So irre ist unsere Welt. [….] Jetzt genießt er plötzlich die Anerkennung des sogenannten liberalen
Establishments. Warum? Weil er Bomben geworfen hat. Wenn Trump klug ist, lernt
er daraus - und wirft noch mehr Bomben. [….]
Der SPIEGEL lobt:
"Donald Trump hat es richtig gemacht." Die "Süddeutsche
Zeitung" stellt plötzlich fest: Man müsse "Trump zumindest
zugestehen, dass sein Instinkt stimmt". Und die "New York Times"
feiert Trump für seinen Angriff auf Syrien: "Trumps Herz kam zuerst",
schrieb die Zeitung in einer später dann doch noch abgeänderten Überschrift.
Sie rief "eine Wende in seiner Präsidentschaft" aus. Zur Erinnerung:
Das ist Trumps "Fake News 'NYT', very sad!"-"New York
Times".
Man kann sich den
Donald geradezu vorstellen, wie er durch sein Oval Office tänzelt und den alten
Dinah-Washington-Song variiert: "What a difference a war makes...". [….] Dabei waren die Bomben auf Syrien militärisch sinnlos. Und rechtlich
waren sie schlicht ein Verbrechen. [….] Aber
das kümmert inzwischen nicht einmal mehr die deutsche Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen, die Trumps Angriff im Fernsehen "richtig"
nannte.
[….]
Trump, der Stimmungspolitiker, hat das
erkannt. Das ist sein Instinkt.
Er wusste, auch wir
wollen endlich mal zum Schuss kommen, unsere Raketen abfeuern, unsere
Explosionen genießen. 59 "Tomahawks", das waren 59 Orgasmen des guten
Gewissens. [….]
Die Menschen stehen auf Bomben und wer die Macht hat dieses Multimillionen-teure
Spielzeug einzusetzen wird von der Presse bejubelt.
GBU-43
und Tomahawk sind so etwas wie small-penis-cars für Präsidenten.
Auch
wenn man sonst nichts zu bieten hat, ist einem so Aufmerksamkeit und
Bewunderung sicher.
Wen
schert es da, daß Trump keine Ahnung hat und die Krisen der Welt nur
verschlimmert?