Das
waren noch Zeiten, als es im Frühjahr 2017 so aussah, als ob Sigmar Gabriel
Opfer seines eigenen Erfolgs werden würde.
Sein
Überraschungs-Coup Martin Schulz Kanzlerschaft und SPD-Vorsitz zu überlassen
nötigte den Menschen Respekt für so viel Selbstlosigkeit ab.
Ohne
sich ständig im Namen der SPD äußern zu müssen, konnte er sich voll und ganz
auf das Außenamt konzentrieren und wurde in Rekordgeschwindigkeit vom notorisch
mauscheligen Wirtschaftsminister zum Star-Außenminister; bald sogar zum beliebtesten Politiler überhaupt.
Außerdem
wirkte sein Schulz-Manöver zunächst so genial, daß die SPD in Umfragen auf 33%
sogar vor der CDU/CSU landete.
Wenn es
nur noch ein bißchen so weiterginge, wäre die Merkel-Kanzlerschaft beendet und
Martin Schulz der nächste Regierungschef.
Erfolg
also auf ganzer Linie; ein Erfolg, der Gabriel den Job gekostet hätte.
Mit
Schulz als Bundeskanzler wäre der Job als Außenminister mutmaßlich an den
Juniorpartner gegangen und somit der SPD und Gabriel abhandengekommen.
Wäre das blöd. In jeder Hinsicht gewonnen und am Ende hätte derjenige, der es anstieß, Gabriel, persönlich dabei alles verloren.
Wäre das blöd. In jeder Hinsicht gewonnen und am Ende hätte derjenige, der es anstieß, Gabriel, persönlich dabei alles verloren.
Zur
heimlichen Freude des ehemaligen Parteichefs reihte Schulz dann Fehler an
Fehler, debakulierte sich hilflos durch den Wahlkampf bis ihm nur noch Mitleid
entgegenschlug.
Je mehr
die SPD absackte, desto wahrscheinlicher wurde eine neue Juniorpartnerschaft
und damit die Aussicht des verjüngten und verschlankten Gabriels seine liebgewonnenes
Außenamt zu behalten.
Die CDU
müßte nur ein paar Prozentpunkte an die AfD abgeben und die SPD durch Schulz
ein bißchen hinzugewinne.
CDU 35%, SPD 29%. Sowas zum Beispiel. In einer neuen Groko hätten die Sozis dann mehr Gewicht, einen Minister mehr und da Schulz stets kategorisch verneinte unter Kanzlerin Merkel ins Kabinett zu gehen, könnte Gabriel weiter Vizekanzler und Außenminister bleiben.
CDU 35%, SPD 29%. Sowas zum Beispiel. In einer neuen Groko hätten die Sozis dann mehr Gewicht, einen Minister mehr und da Schulz stets kategorisch verneinte unter Kanzlerin Merkel ins Kabinett zu gehen, könnte Gabriel weiter Vizekanzler und Außenminister bleiben.
Unglücklicherweise
stellte sich der in Bedrängnis geratene SPD-Kandidat aber derartig tumb an, daß
er seine Sozis auf 20,5% hinab riss.
Was für
ein Pech erneut für Gabriel. Erst ist Schulz zu gut, dann zu schlecht für seine
Außenministerambitionen.
Am
24.09.2017 mußte dem ehemaligen Lehrer aus Goslar klar sein, daß er sich bald
einen anderen Job suchen sollte, da Lindner ihn beerben würde.
Ihm blieb nur noch auf schwierige Jamaika-Verhandlungen zu hoffen, um seinen jetzigen Job möglichst lange auszukosten. Und das tat er, reiste wie besessen um die ganze Welt, meldete sich überall zu Wort, mischte international mit.
Ihm blieb nur noch auf schwierige Jamaika-Verhandlungen zu hoffen, um seinen jetzigen Job möglichst lange auszukosten. Und das tat er, reiste wie besessen um die ganze Welt, meldete sich überall zu Wort, mischte international mit.
Nebenbei
empfahl er in Grundsatzessays auch noch die Postmoderne zu verlassen und als AfD-light auf Heimat und Abschottung zu setzen.
Weiten
Teilen der SPD bogen sich vor Grauen die Fußnägel hoch.
Zum
Glück war Gabriel ohne Parteiamt und seine Tage als Außenminister würden
gezählt sein.
Verstärkt
wurde der Unmut über Gabriel zuletzt, als er den türkischen Außenminister
Mevlüt Cavusoglu privat in Goslar zum Tee empfing
und auch noch Panzerlieferungen an den außer Kontrolle geratenen Recep Tayyip Erdoğan mit Panzern bejahen
wollte.
Verrückterweise
sieht es nun zwar wieder nach Groko aus, nach einer erneuten
Regierungsbeteiligung also, nach einem erneuten Zugriffsrecht der Sozis auf das
Außenamt, aber nun hat sich Gabriel selbst so geschadet, daß er auf Gnade der neuen
Führung hoffen muss.
Die hat
ein gewaltiges Problem. Was soll eigentlich aus Schulz werden, wenn es wieder
eine Merkel-Groko gibt?
Immerhin
hatte Schulz nicht nur die Groko an sich kategorisch ausgeschlossen, sondern
auch noch versichert niemals unter Merkel Minister zu werden.
Nun will
er das aber nicht mehr ausschließen und verweist floskelhaft darauf, daß
Personalien immer am Ende stünden.
Ein
weiteres mal umfallen? Würden ihm das die Genossen verzeihen?
Andererseits
wäre sein Posten als Parteichef außerhalb des Kabinetts erst recht in Gefahr.
Dann könnte er wieder nicht auf Augenhöhe mit Merkel reden und müßte zusehen,
wie sich anderen Sozen profilieren.
Aber als
was sollte Schulz ins Kabinett? Er kann ja eigentlich nichts außer EU, also
Außenpolitik, und da sitzt für die SPD ausgerechnet der derzeit beliebteste
Politiker Deutschlands. Den so sehr gemochten Gabriel rauswerfen, damit der
Parteichef den Posten durch sich selbst ersetzt, also einen, dem demoskopisch
gar nichts mehr zugetraut wird?
Schwierig.
Schwierig.
Aber Schulz
ist bekannt für extrem unglückliche Personalentscheidungen; so versagte er
schon auf ganzer Linie bei der Besetzung der Posten in der Fraktionsspitze.
(…..) Während nun die SPD-Granden wie Ralf Stegner
im Frühstücksfernsehen erklären, es ginge bei der Erneuerung der SPD um Inhalte
und nicht um Personal, versagen Nahles und Schulz auf offener Bühne dabei.
Das
Personalkarussell dreht sich munter. Mehrere verdiente Leute werfen frustriert
hin und gegenwärtig sind alle beschädigt und zusätzlich geschwächt, weil die
Parteiführung weder in der Lage ist ein geordnetes Verfahren durchzuführen,
noch verhindern kann, daß interne Debatten dauernd an die Presse durchgestochen
werden.
Der
Zwischenstand:
1.
Der konservative Seeheimer und Niedersachse Lars Klingbeil soll neuer SPD-Generalsekretär werden.
Der konservative Seeheimer und Niedersachse Lars Klingbeil soll neuer SPD-Generalsekretär werden.
2.
Der bisherige Fraktionschef Thomas Oppermann, 63, musste ja irgendwie versorgt werden, also hievte man ihn auf den Posten des Bundestagsvizepräsidenten. Natürlich auch ohne vorher zu diskutieren, ob Oppermann geeignet ist und ohne abzuklären, ob es andere Kandidaten gibt. Die gab es mit Christine Lambrecht und Ulla Schmidt. Beide Frauen zogen aber zurück, um Schulz und Nahles nicht total zu blamieren.
Der bisherige Fraktionschef Thomas Oppermann, 63, musste ja irgendwie versorgt werden, also hievte man ihn auf den Posten des Bundestagsvizepräsidenten. Natürlich auch ohne vorher zu diskutieren, ob Oppermann geeignet ist und ohne abzuklären, ob es andere Kandidaten gibt. Die gab es mit Christine Lambrecht und Ulla Schmidt. Beide Frauen zogen aber zurück, um Schulz und Nahles nicht total zu blamieren.
Am
Ende erhielt Oppermann als einziger Kandidat ein grottenschlechtes Ergebnis mit
90 von 146 gültigen Stimmen; 56 der eigenen Leute konnten sich nicht
durchringen ihn zu unterstützen.
3.
Die genervte Partei-Geschäftsführerin warf hin.
Die genervte Partei-Geschäftsführerin warf hin.
[….]
Die SPD-Bundesgeschäftsführerin Juliane
Seifert gibt ihren Posten auf. Sie kündigte bei Beratungen der SPD-Spitze ihren
Rückzug an. "Nach den Vorkommnissen der vergangenen Woche sind für mich
die Voraussetzungen nicht mehr gegeben, die ich brauche, um für die großen vor
uns liegenden Aufgaben einen guten Beitrag leisten zu können", sagte
Seifert. [….]
4.
Als Trostpflaster für die Linken und die Frauen, wollte Schulz so großzügig sein Noch-Juso-Chefin Johanna Uekermann zur neuen Bundesgeschäftsführerin zu machen, vergaß aber sie vorher zu fragen.
Als Trostpflaster für die Linken und die Frauen, wollte Schulz so großzügig sein Noch-Juso-Chefin Johanna Uekermann zur neuen Bundesgeschäftsführerin zu machen, vergaß aber sie vorher zu fragen.
Die
Personalie sickerte durch und Uekermann gab Schulz einen Korb.
Die
ohnehin genervte Linke hat nun lauter rechte Männer vor die Nase gesetzt
bekommen:
Der neue Fraktionsgeschäftsführer Schneider, der neue Generalsekretär Klingbeil. Parteichef Schulz und der neue Bundestagsvizepräsident Oppermann sind alles Seeheimer.
Der neue Fraktionsgeschäftsführer Schneider, der neue Generalsekretär Klingbeil. Parteichef Schulz und der neue Bundestagsvizepräsident Oppermann sind alles Seeheimer.
Mit
Klingbeil und Oppermann stiegen zudem erneut zwei der ohnehin
überrepräsentierten Niedersachsen auf.
Frauen
wurden gar nicht berücksichtigt.
Schulz
steht vor einem Scherbenhaufen.
Um
Inhalte geht es natürlich nicht. (….)
Um den
Wahnsinn komplett zu machen, wird erneut der Multi-Versager Heil als
Ministerkandidat genannt.
[…..]
Wer sonst noch auf der Kabinett-Shortlist
der Sozialdemokraten steht? Andrea Nahles hat verzichtet, Katharina Barley und
Heiko Maas gelten als gesetzt. Weitere Frauen werden gesucht, gute Chancen hat
die Innenexpertin Eva Högl. Für das Bildungsministerium wäre Hubertus Heil ein
Kandidat. […..]
Heil? Kann man sich nicht ausdenken.
(….)
Nach der Niedersachsenwahl demonstrierte Heil in der Berliner Runde erneut, was er nicht kann.
(….) Es bleibt ein
Würselener Geheimnis, weshalb Schulz auf den Gedanken verfiel, genau diesen
Mann, der seine völlige Unfähigkeit als Wahlkampfleiter bereits bewiesen hatte,
zum Chef seiner 2017ner Kampagne zu berufen.
(….) Hier verließ die Genossen leider das
Händchen. Ausgerechnet während ihr „Schulzzug“ auf das Abstellgleis rattert,
holt sich Herr Schulz dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl den denkbar
ödesten Kandidaten, der zudem auch noch bewiesenermaßen Wahlkampf nicht kann.
Hubertus
Heil, der niedersächsische Phlegmat, der schon für die trüben Bärtigen (Beck
und Platzeck) Wahlen verlor, wird jetzt die neue Barely.
[….]
Als Generalsekretär kehrt Heil zurück ins
Willy-Brandt-Haus. In die Parteizentrale hatte ihn 2005 der SPD-Chef Matthias
Platzeck schon einmal geholt. [….] Die Aufregung war bis zum Parteitag nicht
verflogen: Heil hielt eine denkwürdig schlechte Rede und fuhr mit 61,7 Prozent
ein ebenso denkwürdig mieses Ergebnis ein.
[….]
Nach Gabriels Wechsel ins Auswärtige Amt
wäre Heil ein möglicher Nachfolger im Wirtschaftsministerium gewesen - und wurde
wieder nichts.
[….]
Immerhin ist jetzt überhaupt mal jemand
an führender Stelle in der SPD, der Erfahrung mit einem Bundestagswahlkampf
hat. Auch wenn es bei Heil der von 2009 war. An dessen Ende landete die SPD bei
23 Prozent. […]
23%
also. Offensichtlich ist das die Zielmarke, die #Chulz anstrebt.
So
ist das als SPD-Mitglied. Kaum macht die Partei mal etwas halbwegs
Vernünftiges, haut irgendein Spitzengenosse was richtig Kontraproduktives raus.
(…..)
Als er berufen wurde, erklärte Heil,
er habe aus seinen 2009er Fehlern gelernt und werde es besser machen.
Seitdem habe ich nie wieder was vom
ihm gehört. Offensichtlich suchte er sich im Willy-Brandt-Haus ein gemütliches
Plätzchen und schlummerte in einen tiefen vorgezogenen Winterschlaf – wohlwissend,
daß er als Sündenbock nach der Wahl ohnehin gefeuert wird. Aber das macht
nichts, denn über einen sicheren Listenplatz wird er weiterhin
Bundestagsabgeordneter sein und mutmaßlich SPD-Wahlkampfmanager 2021 oder 2025
werden.
Heil sollte aber neuer Fraktionsgeschäftsführer von
Schulz‘ Gnaden werden.
Johannes Kahrs‘ Seeheimer grätschten dazwischen,
kickten Heil aus dem Rennen und installierten ihren Carsten Schneider als
Nahles-Aufpasser. (….)
Neben
Maas und Lauterbach sehe ich nur Scholz als echten Fachmann, der sich für einen
Kabinettsposten anbietet.
Nämlich
als Finanzminister und Vizekanzler.
[…..]
Als erster Kandidat der SPD für diesen
Job gilt der Mann, der seit Jahren die großen Finanzthemen für die SPD-Länder
mit Angela Merkel verhandelt: Olaf Scholz. Als Zugabe könnte er noch den Titel
Vize-Kanzler bekommen - das wäre ausreichend Grund, Hamburg den Rücken zu
kehren. [….]
Fragt
sich nur, ob Scholz Hamburg verlässt. Bisher hat er alle diese Angebote
ausgeschlagen.
Käme Scholz
und womöglich auch noch Schulz, wäre kein Platz mehr für Gabriel im Kabinett.
Noch mehr alte Männer im Kabinett kann sich die SPD keinesfalls erlauben, wenn
sie glaubwürdig weiterhin von „Erneuerung“ sprechen will.
Schulz
mal wieder in einer NoWin-Situation:
Gabriel
fallenlassen geht nicht, weil er der beliebteste Politiker Deutschlands ist und
ihn behalten geht auch nicht, weil er hin und wieder rechts abdriftet und den
Anspruch der SPD-Erneuerung durch seine bloße Anwesenheit widerlegt.
[….] Bei
einer Klausur im Willy-Brandt-Haus soll der Kurs für die Gespräche festgelegt
werden: [….] Neben der engeren
Parteiführung nehmen auch die geschäftsführenden Minister und die
Ministerpräsidenten der SPD an der Klausur teil, sie sollen auch zum
Verhandlungsteam gehören. Also auch Sigmar Gabriel. Er soll federführend über
die Themen Außen, Entwicklung, Verteidigung und Menschenrechte verhandeln. [….]
Doch Begeisterung löst Gabriels
Anwesenheit nicht aus. Im Gegenteil: "In der Partei gibt es keine große
Sehnsucht mehr nach Sigmar Gabriel", sagt einer, der die Stimmung in den
Landesverbänden sehr gut kennt. [….]
Aus der Fraktion aber
verlautet, man rechne nicht damit, dass Gabriel Teil einer neuen Regierung sein
werde.
Wie kann das sein?
Hinter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist der Außenminister derzeit
der beliebteste Politiker Deutschlands. 64 Prozent der Befragten wünschen sich
laut einer SPIEGEL-Umfrage, dass Gabriel auch künftig "eine wichtige
Rolle" spielt.
[….]
Schulz macht seinen Vorgänger für viele
seiner aktuellen Probleme verantwortlich. So habe er ihm durch die späte
Entscheidung Anfang 2017 wenig Zeit gelassen, seinen Wahlkampf zu planen. Noch
wichtiger: Statt Schulz zu unterstützen, schoss Gabriel immer wieder quer. Er
könne sich einfach nicht unterordnen, klagen führende Genossen. Als Beleg
werden seine Beiträge in Fraktionssitzungen angeführt - die prompt nach außen
dringen. So hatte Gabriel nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierer kritisiert, an
der SPD-Spitze werde zu wenig geführt und "zu viel gesammelt". [….]