Dienstag, 4. Januar 2022

Ganz alte Neuigkeiten

Manchmal nervt es, wenn Artikel aus völlig seriösen Zeitungen in den sozialen Medien aufpoppen, die User ganz entrüstet reagieren und dabei handelt es sich um eine Geschichte, die jeder, der ein bißchen Interesse mitbringt, schon längst singen kann.

Homöopathie wirkt gar nicht und wird trotzdem von der Kasse bezahlt?
Donnerschlach!

Christian Lindner ist privat finanziell unfähig, hat mehrere Unternehmen mit Millionenverlust an die Wand gefahren?

Sag bloß!

Von Caritas und Diakonie betriebene Kinderheime und Pflegeeinrichtungen werden gar nicht aus der Kirchensteuer bezahlt?
Ganz was Neues!

Man kann sich mit Corona anstecken, obwohl man geimpft ist? 

Wer hätte das gedacht!

Die stets klammen Bundestagsparteien bekommen noch mal knapp 600 Millionen Euro aus dem Steuersäckel über ihre „parteinahen Stiftungen“?
Ist ja ein Ding!

Heute schwappt wieder so eine Meldung durch den Blätterwald, die ich schon auswendig und rückwärts runterbeten kann: Papst Ratzinger machte sich auch persönlich die Hände schmutzig beim Beschützen von Kinderfic**rn in Soutane.

What else is new?

Das kann man seit 2007 immer wieder auf diesem Blog lesen.

Da Ratzinger allgemein als Kinderfi**erförderer bekannt war, betrübte es mich sehr, als er 2013 keinen Bock mehr hatte, den Bettel hinwarf und ein Nicht-Kurialer auf den Papst-Thron kletterte.

(…..) Seine ersten Worte als Papst waren völlig unprätentiös "Buona Sera", er trug weiterhin seine gemütlichen schwarzen Treter, statt edler Purpur-roter Prada-Slipper, verzichtete auch den Einzug in die päpstliche Palastwohnung und mischte sich gern unter das Volk. Schlagartig war Schluss mit Ratzis Prunksucht, mit Hermelin, güldenen Kleidern und edelsteinbestickten Pracht-Mozetten.

Als Atheist war ich natürlich besorgt. Ratzinger war ein wertvoller Agent der Konfessionsfreien im Herzen der Katholischen Kirche. Er war nicht nur persönlich abstoßend und unfreundlich, sondern holte Holocaustleugner in den Schoß der Kirche zurück, brach den ökumenischen Prozess zu den Protestanten ab, wetterte gegen Kondomgebrauch in der HIV-Krise, versorgte seine Spezis mit Posten, ließ wieder die mittelalterliche tridentinische Messe lesen und schob die Schuld an den Myriaden kinderfi**enden Priestern den liberalen Medien und den 68ern in die Schuhe.

Einfach großartig. So trieb er Millionen gläubige, zahlende Katholiken der westlichen Hemisphäre aus der RKK. Wie sollte da der Neue mithalten?   (….)
(Mein Papst, 25.09.2021)

Das Erzbistum München und Freising ist ein Augiasstall.

Mindestens die letzten drei leitenden Kardinäle, die Metropoliten Ratzinger, Wetter und Marx, haben schwerste Schuld auf sich geladen.

Ratzis Vorgänger Julius August Kardinal Döpfner, 1961-1976 Chef der Erzdiözese des Grauens, erscheint uns mutmaßlich nur deshalb in milderem Licht, weil er schon im Alter von 62 Jahren einen tödlichen Herzinfarkt erlitt und sein Tod annähernd ein halbes Jahrhundert zurückliegt.

Nun wird noch mal der „Fall Pater H.“ aufgewärmt, auch ein ganz alter Hut, über den schon 2005, zum Anfang des Ratzinger-Pontifikats ausführlich berichtet wurde.

[….] Ein Fall in dieser Untersuchung ist so wichtig, dass die Anwälte ihm besondere Aufmerksamkeit gewidmet haben dürften, der Fall Peter H.: Zwischen 1973 und 1996 soll er als junger Kaplan und Pfarrer im Ruhrgebiet mindestens 23 Jungen im Alter von 8 bis 16 Jahren missbraucht haben, später konnte er seine Macht- und Vertrauensposition als Seelsorger in Bayern ausnutzen. Seine Vorgesetzten taten nichts. Oder jedenfalls nichts, was ihn stoppte. Nun ergeben Recherchen der ZEIT, wie deutlich die Kirche selbst das Verhalten hoher Kleriker einschließlich das von Papst Benedikt moniert hat – und zwar ganz offiziell. Es handelt sich um ein sogenanntes Verwaltungsstrafverfahren der Kirche gegen H. Dessen Ergebnis, ein "Außergerichtliches Dekret" des Kirchlichen Gerichts der Erzdiözese München und Freising, liegt der ZEIT vollständig vor. Es wurde am 9. Mai 2016 ausgefertigt. Unterzeichnet haben es der Münchner Kirchengerichtschef Lorenz Wolf, zwei weitere Kirchenrichter und ein kirchlicher Notar. Die Echtheit des Dokuments bestätigt eine zweite Quelle. Über das Dekret berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung bereits 2018, die Süddeutsche Zeitung 2020.  Die Kirchenrichter beantworteten 2016 die Frage nach den Konsequenzen für Peter H.: Er musste drei Monatsgehälter an die Tabaluga-Kinderstiftung zahlen. Zudem wurde er in den Ruhestand versetzt, er durfte sein Priesteramt nicht mehr ausüben. Nur von der Höchststrafe, der Entlassung aus dem Klerikerstand, blieb er verschont.  [….]

(Die Zeit, 04.01.2022)

Ich habe noch die SPIEGEL-TV-Sendung von vor ca 20 Jahren vor Auge, als Reporter die Gemeindemitglieder von Peter H. informierten und von wütenden frommen Omen und Open weggejagt wurden. „Wer denn nicht?“ schrien sie den fliehenden SPIEGEL-Journalisten hinterher, denn schon damals war allgemein bekannt, daß katholische Pfaffen Kinder sexuell missbrauchten. Es störte aber niemanden in der Gemeinde. Nur wenn eins der Opfer wagte, darüber zu sprechen. Dann wurde es ausgegrenzt. Man hielt zum Täter.

[….] Gutachter werfen Ex-Papst und Kardinal Marx Versäumnisse in Missbrauchsskandal vor.  Ratzinger soll 1980 Missbrauchsvorwürfen gegen einen Priester nicht nachgegangen sein. Auch die Amtszeit von Kardinal Marx wurde untersucht.  [….] Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche sind neue Details über das Handeln des früheren Papstes Benedikt XVI. und des Münchner Kardinals Reinhard Marx ans Licht gekommen. Nach Recherchen der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ wird insbesondere Joseph Ratzinger durch das dem Blatt vorliegende Dekret eines Münchner Kirchengerichts von 2016 belastet. Im Zentrum der Vorwürfe steht der Umgang mit einem Essener Diözesanpriester, der nach sexuellen Vergehen an Minderjährigen 1980 nach München geschickt wurde. Ratzinger, damals Münchner Erzbischof, habe von der Sachlage gewusst und der Aufnahme von Peter H. zugestimmt. Mehrere Bischöfe, darunter auch Ratzinger, hätten „bewusst auf eine Sanktionierung der Straftat verzichtet“. [….] Die beiden Kirchenrechtsprofessoren Norbert Lüdecke (Bonn) und Bernhard Anuth (Tübingen) werfen in einem „Zeit“-Interview auch Kardinal Marx Pflichtverletzungen im Umgang mit dem Missbrauchstäter vor. [….] 

(Tagesspiegel, 04.01.2022) 

Ich muss schon sehr gähnen, diese Meldungen über Ratzinger zu lesen.

Der 94-Jährige wird natürlich nie mehr dafür zur Rechenschaft gezogen, was er Myriaden Kindern weltweit antat. Seit Jahrzehnten wissen die Staatsanwaltschaften und die Gläubigen Bescheid und haben ihn trotzdem wie ein Mann mit Standig Ovations im Bundestag bejubelt. 

Die spätere SPD-Chefin Andrea Nahles applaudierte 2010 dem Kinderfic**rfreund Benedikt so enthusiastisch, daß sie vor Glück einen Eisprung bekam. Dem Grünen Genitalverstümmlungsfan Volker Beck ging es genauso. Nur Christian Ströbele verließ leicht angewidert den Plenarsaal. Offensichtlich gibt es immer noch so sehr hinter dem Mond lebende Menschen, daß sie von diesen uralten „neuen Enthüllungen“ überrascht und empört sind. 

Daher ist es auch richtig und gut, die katholische Missbrauchs-Sau erneut durchs Dorf zu treiben. Gerechtigkeit wird es nie geben. Aber immerhin können wir auf ein paar zusätzliche Kirchenaustritte hoffen. Also freue ich mich, wenn immer mehr Medien den Fall aufgreifen und berichten, daß Marx und Ratzinger persönlich dafür sorgten, daß Priester H. immer mehr Kinder grausam misshandeln konnte.

[….] Peter H. kam 1980 aus dem Bistum Essen, um in Bayern eine Therapie zu machen, nachdem er bereits als Kaplan übergriffig geworden war. Doch kurze Zeit nach seinem Wechsel an die Isar wurde er erneut in der Seelsorge eingesetzt – und erneut übergriffig. Insgesamt 29 Betroffene sind in München und Essen mittlerweile aktenkundig. Es könnten durchaus noch mehr sein, heißt es. Selbst als H. 1986 vom Amtsgericht Ebersberg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, hielt das die Verantwortlichen nicht davon ab, ihn wieder in einer Pfarrgemeinde einzusetzen. [….]

(RWM, 04.01.2022)