Montag, 28. Oktober 2024

Bleibt alles gleich bei der CDU

Meine politischen Überzeugungen bilde ich mir täglich bei der Zeitungslektüre aus.

Die Basis wurde durch die Haltung etabliert, die mir in meinem Elternhaus vorgelebt wurde. Als junger Teenager fand ich starke Betätigung der bereits gesäten Ansichten, a) durch meinen Konfirmanden-Unterricht, in dem mich der Pfarrer endgültig zum Atheisten machten und b) durch die JU-Gang meines Gymnasiums.

Die Schule am Rande Hamburgs war eine konservative Enklave im roten Hamburg. Der Schulleiter ein aktives CDU-Mitglied und mein Physiklehrer saß sogar für die CDU im Landesparlament. Daß der Mann ein Säufer und Sadist war, erlebte man täglich bei seinen Aufgabenstellungen und soll hier nicht weiter ausgebreitet werden; zumal er längst verstorben ist. Bezeichnend war aber, welche Art Schüler er als JU-Fanboys in seiner Tutanden-Gruppe um sich scharrte. Natürlich nur Jungs, die nicht nur alle gleichermaßen arrogant blasiert und häßlich waren, sondern die kurioserweise auch alle die Einheitsfigur ihres Tutors teilten: Pyknisch, feist, bräsig, kleine ungepflegte Hände, verschlafene, tief hängende glasige Augen, enorm breiter Arsch.

Phänotypische Eigenschaften, die ich später auch bei RCDS und Verbindungsbrüdern beobachtete.

Schon vor über 40 Jahren formulierte ich solche Beobachtungen einerseits scherzhaft – was kann man schon für sein Aussehen; no Bodyshaming! – andererseits selbst erstaunt, weil es tatsächlich ein konservatives Alleinstellungsmerkmal zu sein scheint, grotesk und adipös zu sein. Wer aussieht, wie Kohl, Strauß, Boris Johnson, Geert Wilders oder Donald Trump, ist eben kein Linksliberaler.

Bei der JU veränderten sich diese äußerlichen Anforderungen an ihre Führung offenbar nie.

Tilman Kuban (JU-Vorsitzender 2019-2022), Hermann Gröhe (1989-1994), Paul Ziemiak (2014-2019) – dick und/oder schräg (Philipp Amthor) muss es wohl sein.

Ich verstehe gar nicht, wie sich der gegenwärtige Chef Johannes Winkel darein mogeln konnte; der sieht viel besser aus, als sein Vorgänger.

Aber, wie gesagt, das sind Äußerlichkeiten und somit irrelevant.

Was mich aber wirklich an diesen rechten Jugend-Organisationen abstößt, ist ihr frenetischer Jubel für fiese alte Männer, die Hassbotschaften absondern.

Gegen Schwule. Gegen Frauen. Gegen Ausländer. Gegen Arme. Gegen Flüchtlinge. Gegen Kranke. Gegen Süchtige. Gegen Sinti und Roma. Gegen Obdachlose. Gegen Schwarze. Gegen Asiaten. Gegen Trans-Menschen. Gegen Bürgergeldempfänger. Gegen Ukrainer.

So wie Markus Söder, sich als Teenager stolz Strauß-Poster über das Bett hängte, in dem er zu masturbieren pflegte, bejubelten die JU-Teenager aus meiner Schule Helmut Kohl.

So bejubeln sie heute den ewig gestrigen Fritz Merz.

[….] Bei anderen politischen Jugendorganisationen knirscht es – nicht so bei der Jungen Union. Sie stellt sich auf ihrem Deutschlandtag geschlossen hinter den CDU-Chef und Kanzlerkandidaten. Und das, obwohl er eine Kernforderung des Nachwuchses ablehnt.

Es ist ein Auftritt wie bei einem Rockstar. Nebelmaschine, wummernde Musik, gezückte Handys und nicht endender Applaus. Während Friedrich Merz im Scheinwerferlicht durch die Messehalle zur Bühne läuft, halten die Delegierten um ihn herum Schilder mit seinem Namen in die Höhe. Hier muss der Kanzlerkandidat der Union niemanden mehr überzeugen. Für die Junge Union (JU) ist der CDU-Chef quasi schon Bundeskanzler. Wie zum Beweis steht das Wort Kanzler auch gleich in riesigen Buchstaben auf dem Bildschirm hinter seinem Rednerpult.  [….]

(Ann-Marlen Hoolt, 27.10.2024)

JUler sind habituell servil und verhalten sich gegenüber mächtigen Männern devot. So etwas erlebt man bei Grünen, Linken, Sozis eben nicht.

Der so stürmisch gefeierte CDU-Geront mäandert unterdessen, völlig unverändert wie seit 40 Jahren, zwischen gruppenbezogenen Menschenhass-Attacken hin und her. Immer noch ist unklar, ob er am meisten Frauen, Schwule, Grüne, oder Ausländer verachtet.

Auf dem DLT traf es mit der einzigartigen Merz-Borniertheit wieder die Frauen, deren JU-Versionen sich die Patschehändchen für den rechten Pascha wundklatschten.

[…] In einer Fragerunde versicherte Merz, er werde sich nicht für eine Liberalisierung des Paragrafen 218 zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen. Ein Verbände-Bündnis hatte Mitte Oktober einen Entwurf zur Legalisierung von Abtreibungen vorgelegt. Dieser sieht vor, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 22 Wochen außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln und die Gesetzesparagrafen, auf denen die Strafbarkeit beruht, abzuschaffen.   [….]

(dpa, 26.10.2024)

Hier ist Merz ganz Trump und Vance. Die dummerhaften Weiber sollen nicht selbst über ihren Körper entscheiden dürfen. Das ist Sache der alten Männer. Mehr Abtreibungen und mehr blutiges Leid für vergewaltigte Frauen sollen es sein.

[…..] Zur Frage der Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sagt der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, dass man den Status Quo nicht ändern dürfe, weil "unser Land" dadurch mit einem "gesellschaftlichen Großkonflikt" konfrontiert würde. Diesen Konflikt könnten "wir überhaupt nicht gebrauchen". Der aktuellen "Kompromiss" (er meint §218 im Strafgesetzbuch zum Schwangerschaftsabbruch mit Ausnahmeregelung) - der "natürlich nicht jedermann (!) zufriedenstellt"- habe den "sozialen und gesellschaftlichen Frieden in Deutschland ermöglicht".

Nun ist die Haltung eines CDU-Politikers zum Thema Schwangerschaftsabbruch nicht überraschend und völlig legitim. Die Art und Weise, wie Friedrich Merz allerdings über Paragraph 218 und das Thema Schwangerschaftsabbruch spricht, lässt vermuten, dass er die Perspektive von Frauen und von behandelnden Ärzt:innen zu diesem Thema nicht kennt oder sich nicht eingehend damit beschäftigt hat.

Die Probleme, die dieser ach so friedvolle "Kompromiss" mit sich bringt - die Kriminalisierung von Frauen; die staatliche Kontrolle über die Körper von Frauen; die Erzählung, dass Frauen keine rationalen Entscheidungen treffen könnten; die rapide Abnahme von Ärzt:innen, die überhaupt noch Abbrüche vornehmen; die gesundheitlichen Risiken; die emotionalen Traumata, die Scham etc. - finden sich in seinem Lob über den "Kompromiss" nicht wieder. Dass er außerdem ausgerechnet "jedermann" sagt, ist nur eine Nebensache, es ist ihm möglicherweise herausgerutscht. Macht aber die Gesamtaussage nicht gerade besser. [….]

(Gilda Sahebi, 28.10.2024)