Mittwoch, 30. Mai 2018

Die Ekeligkeit einiger Sozifunktionäre.


Was tun wir als Linke oder als Sozialdemokraten; als international und nicht national denkende Menschen, die lieber die Solidarität der Benachteiligten fördern, statt die Schwächsten gegeneinander auszuspielen, wenn der Souverän das an der Wahlurne nicht goutiert?
Wenn die SPD immer weniger Stimmen bekommt und die richtig rechten Parteien AFDPCDUCSU immer breitere Mehrheiten im Plenum bekommen?

Dann haben wir theoretisch zwei Möglichkeiten.

1.)
Wir vergessen unsere Grundüberzeugungen und das Parteiprogramm.

Wir akzeptieren stillschweigend und schleichend den Zeitgeist, der offensichtlich rechts zu sein scheint. Haben nicht auch schon so viele ehemalige SPD-Wähler zur AfD rübergemacht? Außerdem blinken doch alle anderen ehemals linksliberalen Parteien nun auch rechts. Wenn sowieso jeder auf Flüchtlinge, Dunkelhäutige und Andersgläubige eindrischt, sollten wir diese Mode eben mitmachen, um mehrheitsfähig zu bleiben.

Das klingt in sozialdemokratischen FB-Gruppen durchaus schon so an.




SPD-Gruppe Facebook 30.05.2018

2.)
Wir besinnen uns auf „unsere Werte“.

Welche das sind, kann man im aktuellsten SPD-Parteiprogramm nachlesen; dem sogenannten „Hamburger Programm“ aus dem Oktober 2007.

[…..] Wir erstreben eine friedliche und gerechte Weltordnung. Wir setzen auf die Stärke des Rechts, um das Recht des Stärkeren zu überwinden. Das soziale Europa muss unsere Antwort auf die Globalisierung werden. Nur in gemeinsamer Sicherheit und Verantwortung, nur in Solidarität und
Partnerschaft werden die Völker, Staaten und Kulturen das Überleben
der Menschheit und des Planeten sichern können. […..] unsere besondere Solidarität gilt den Schwächsten in unserer Gesellschaft. (s.5) [….]
Menschen finden heute an fast allen Orten der Welt Angehörige ihrer Kultur, Produkte aus ihrer Heimat und Medien, die ihnen den Kontakt zu ihren Herkunftsländern lebendig halten. In ihren Heimatländern begegnen sie anderen Kulturen.
Das Fremde rückt näher, auch die Chance, es zu verstehen. Wo die Angst
vor dem Fremden überwiegt, wächst die Gefahr, dass aus Vorurteilen
Konflikte entstehen. Wo kulturelle Konflikte durch soziale Gegensätze
verschärft werden, entsteht Gewalt. Kulturelle Vielfalt aber ist heute ein
Merkmal erfolgreicher Gesellschaften.
Die Globalisierung mindert die Gestaltungsmöglichkeiten des demokra-
tischen Nationalstaates. Gleichzeitig wachsen der Politik neue Aufgaben
zu. Hierzu gehören der Klimaschutz, die soziale Integration von Millionen
Menschen und der demographische Wandel (s.10 f) [….]
(Die Zeit, in der wir leben)

[….] Viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
leisteten Widerstand und wurden Opfer des NS-Terrors. Der Wille zur
Freiheit machte den Bruch mit den Kommunisten unausweichlich. Die
Wiedergründung der Sozialdemokratie in der DDR war ein Signal für
die Freiheit.
Die Sozialdemokratie entstand als Teil der Arbeiterbewegung. Sie hat
Arbeiterrechte erstritten, den Sozialstaat ausgebaut und zusammen mit
den Gewerkschaften aus verachteten Proletarierinnen und Proletariern
gleichberechtigte und selbstbewusste Staatsbürgerinnen und Staatsbürger
gemacht.
Die Sozialdemokratie war – im Gegensatz zu anderen Parteien – immer
internationalistisch und europäisch orientiert. Deshalb arbeiten wir
weiter am Projekt des geeinten Europa, das 1925 im Heidelberger
Programm der SPD eine Vision war und nun vollendet werden kann.
Obwohl viele entschiedene Pazifisten die Sozialdemokratie als politische
Heimat betrachtet haben, war sie nie eine pazifistische Partei. Aber sie
war immun gegen Chauvinismus und Militarismus. Wo sie Regierungsverantwortung trug, diente sie dem Frieden. Wir sind stolz darauf, niemals Krieg, Unterdrückung oder Gewaltherrschaft über unser Volk gebracht
zu haben. Die Sozialdemokratie war von Anbeginn die Demokratiepartei. Sie hat
die politische Kultur unseres Landes entscheidend geprägt. In ihr arbeiten
Frauen und Männer unterschiedlicher Herkunft, verschiedener religiöser
und weltanschaulicher Überzeugungen zusammen. Sie verstehen sich seit
dem Godesberger Programm von 1959 als linke Volkspartei, die ihre Wurzeln in Judentum und Christentum, Humanismus und Aufklärung, marxistischer Gesellschaftsanalyse und den Erfahrungen der Arbeiterbewegung
hat. (s.13) [….] Wir widersetzen uns jeder Form der Diskriminierung. Die Würde des Menschen ist unabhängig von seiner Leistung und seiner wirtschaftlichen Nützlichkeit.
Darum ist die Gesellschaft bei Behinderung, im Alter, am Lebensanfang und am Lebensende zum Schutz der Menschenwürde besonders verpflichtet. [….] (s.15)
(Unsere Grundwerte und Grundüberzeugungen)

Das ist nicht so schlecht geschrieben und spiegelt auch heute noch durchaus meine Ansichten wider.

Umso bedauerlicher ist es, wenn ausgerechnet die Parteivorsitzende Andrea Nahles sich von diesen Grundwerten entfernt und damit liebäugelt Menschen zu diskriminieren und sie nach ihrer wirtschaftlichen Nützlichkeit zu sortieren. So handelte sie schon als Sozialministerin, als sie Menschen aufgrund ihrer Nationalität Leistungen kürzte und so möchte sie offenbar auch als Doppelvorsitzende handeln, indem sie neuerdings der AfD nachplappert und demonstrativ mit den rechten Zündlern der CDU/CSU kuschelt.

Anders als Nahles plädiere ich also dafür nicht den eigenen Tonfall den Rechten anzupassen, sondern sich nun auch noch an unsere Verfassung zu erinnern.

Darin heißt es:

Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.
(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art 21)

Das heißt offenbar, daß wir als Sozis daran arbeiten sollen für unsere Überzeugungen zu werben. Wir müssen argumentieren, Zögernde mitnehmen, Mitläufer motivieren und Skeptiker umstimmen, so daß sich möglichst unsere Grundüberzeugungen nach und nach auch im Willen des Volkes abbilden.

Im GG steht nämlich nicht:

Die Parteien plappern den politischen am lautesten in Facebookpostings und Twitter-Mitteilungen vorgebrachten Willen des Volkes nach.

Die Grünen-Vorsitzende Baerbock und SPIEGEL-Kolumnist Augstein verstanden.

[….]  Mehrere SPD-Politiker kritisieren eine Äußerung von Parteichefin Nahles zur Flüchtlingspolitik, wonach Deutschland "nicht alle aufnehmen" könne. Juso-Chef Kühnert sagt, mit solchen Sätzen spielten die Parteien das Spiel der AfD mit.
[….] SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci bezeichnete Nahles' Satz im Kurznachrichtendienst Twitter als "dumm, gefährlich und richtig": "Dumm, weil gar nicht alle kommen wollen oder können; gefährlich, weil mit diesem Satz gezündelt wird; richtig, weil es objektiv so ist und auch niemand etwas anderes behauptet." Der Süddeutschen Zeitung sagte er, die SPD müsse endlich zu einer klaren Haltung in dieser Frage finden. "So kann das nicht weiterlaufen." [….] Grünen-Chefin Annalena Baerbock hielt der SPD, ebenfalls auf Twitter, entgegen: "Wenn in den letzten 70 Jahren Politik in unserem Land in den entscheidenden Momenten nach gefühlter (!) Akzeptanz gemacht worden wäre, gäbe es weder das Grundgesetz, die EU noch die Gleichstellung von Mann und Frau. Politik braucht Haltung." [….]

[….]  Deutschland ist auf einem Abweg. Seit Jahren orientiert sich die Politik an einer Minderheit: den AfD-Anhängern. Die schweigende Mehrheit guckt in die Röhre. [….]  Aus Angst vor der AfD. Es ist zum Kotzen.
Besonders ärgerlich ist es aber, wenn die Parteien, die eigentlich ein Bollwerk gegen politische Dumpfheit sein sollten, um erste Plätze im rechten Rattenrennen kämpfen. Andrea Nahles liegt da gerade ziemlich weit vorne.
In einem Interview hat sie gesagt: "Menschen, die weder geduldet noch als Asylbewerber anerkannt werden, müssen schneller Klarheit haben, dass sie nicht bleiben können und zurückgebracht werden. Das gehört unweigerlich zur Willkommenskultur dazu. Sie funktioniert nur zusammen mit einem durchsetzungsstarken Rechtsstaat. Wer Schutz braucht, ist willkommen. Aber wir können nicht alle bei uns aufnehmen."
Wenn die SPD-Vorsitzende geplant hatte, auf möglichst kleinem Raum eine möglichst große Fülle von Unwahrheiten und miesen Assoziationen unterzubringen, dann ist ihr das gelungen.
Wollen "alle" zu uns kommen? Wer hat gesagt, dass wir "alle" aufnehmen wollen? Und: Wer sind überhaupt diese "alle", von denen Nahles da spricht? Die Antwort auf diese Fragen der Reihe nach: Nein. Niemand. Keine Ahnung.
Nahles reagiert auf eine Forderung, die niemand im Ernst stellt. Sie spielt damit das Spiel jener kleinen Minderheit von fanatischen Rechtspopulisten, die unsere Öffentlichkeit so erfolgreich am Gängelband führen.
Und warum tut Nahles eigentlich so, als gebe es ein Spannungsverhältnis von "Willkommenskultur" und "Rechtsstaat"? Das ist wieder eine rechte Fiktion, der die SPD-Chefin unnötig nachgibt. Und die Idee, Willkommenskultur müsse "funktionieren", ist ganz abwegig. [….]

Leider haben Nahles und ihre Parteifans auf Facebook diese Erkenntnis noch nicht gewonnen.
Und schwenken rhetorisch auf Gauland und Storch ein.

SPD-Administrator FB 30.05.2018

Aber wie schon Wilfried Schmickler sagte, sollen wir diese braune Hasenfüßigkeit nicht adaptieren, sondern ihr entgegentreten.

Aber wir müssen die Ängste und Sorgen der Bürger doch ernstnehmen.
So ein Blödsinn!
Wir müssen den Bürgern die Ängste nehmen und ihre Sorgen zerstreuen.“
(Wilfried Schmickler 12.11.2015)