Was tun
wir als Linke oder als Sozialdemokraten; als international und nicht national
denkende Menschen, die lieber die Solidarität der Benachteiligten fördern,
statt die Schwächsten gegeneinander auszuspielen, wenn der Souverän das an der
Wahlurne nicht goutiert?
Wenn die
SPD immer weniger Stimmen bekommt und die richtig rechten Parteien AFDPCDUCSU
immer breitere Mehrheiten im Plenum bekommen?
Dann haben wir theoretisch zwei Möglichkeiten.
Dann haben wir theoretisch zwei Möglichkeiten.
1.)
Wir vergessen unsere Grundüberzeugungen
und das Parteiprogramm.
Wir
akzeptieren stillschweigend und schleichend den Zeitgeist, der offensichtlich
rechts zu sein scheint. Haben nicht auch schon so viele ehemalige SPD-Wähler
zur AfD rübergemacht? Außerdem blinken doch alle anderen ehemals linksliberalen
Parteien nun auch rechts. Wenn sowieso jeder auf Flüchtlinge, Dunkelhäutige und
Andersgläubige eindrischt, sollten wir diese Mode eben mitmachen, um
mehrheitsfähig zu bleiben.
Das
klingt in sozialdemokratischen FB-Gruppen durchaus schon so an.
SPD-Gruppe Facebook 30.05.2018 |
2.)
Wir besinnen uns auf „unsere Werte“.
Welche
das sind, kann man im aktuellsten SPD-Parteiprogramm
nachlesen; dem sogenannten „Hamburger Programm“ aus dem Oktober 2007.
[…..]
Wir erstreben eine friedliche und gerechte Weltordnung. Wir setzen auf die
Stärke des Rechts, um das Recht des Stärkeren zu überwinden. Das soziale Europa
muss unsere Antwort auf die Globalisierung werden. Nur in gemeinsamer
Sicherheit und Verantwortung, nur in Solidarität und
Partnerschaft werden die Völker, Staaten und Kulturen
das Überleben
der Menschheit und des Planeten sichern können. […..] unsere
besondere Solidarität gilt den Schwächsten in unserer Gesellschaft. (s.5) [….]
Menschen finden heute an fast allen Orten der Welt
Angehörige ihrer Kultur, Produkte aus ihrer Heimat und Medien, die ihnen den Kontakt
zu ihren Herkunftsländern lebendig halten. In ihren Heimatländern begegnen sie
anderen Kulturen.
Das Fremde rückt näher, auch die Chance, es zu
verstehen. Wo die Angst
vor dem Fremden überwiegt, wächst die Gefahr, dass aus
Vorurteilen
Konflikte entstehen. Wo kulturelle Konflikte durch
soziale Gegensätze
verschärft werden, entsteht Gewalt. Kulturelle
Vielfalt aber ist heute ein
Merkmal erfolgreicher Gesellschaften.
Die Globalisierung mindert die
Gestaltungsmöglichkeiten des demokra-
tischen Nationalstaates. Gleichzeitig wachsen der
Politik neue Aufgaben
zu. Hierzu gehören der Klimaschutz, die soziale
Integration von Millionen
Menschen und der demographische Wandel (s.10 f) [….]
(Die Zeit, in der wir leben)
[….] Viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
leisteten Widerstand und wurden Opfer des NS-Terrors.
Der Wille zur
Freiheit machte den Bruch mit den Kommunisten
unausweichlich. Die
Wiedergründung der Sozialdemokratie in der DDR war ein
Signal für
die Freiheit.
Die Sozialdemokratie entstand als Teil der
Arbeiterbewegung. Sie hat
Arbeiterrechte erstritten, den Sozialstaat ausgebaut
und zusammen mit
den Gewerkschaften aus verachteten Proletarierinnen
und Proletariern
gleichberechtigte und selbstbewusste Staatsbürgerinnen
und Staatsbürger
gemacht.
Die Sozialdemokratie war – im Gegensatz zu anderen
Parteien – immer
internationalistisch und europäisch orientiert.
Deshalb arbeiten wir
weiter am Projekt des geeinten Europa, das 1925 im
Heidelberger
Programm der SPD eine Vision war und nun vollendet
werden kann.
Obwohl viele entschiedene Pazifisten die
Sozialdemokratie als politische
Heimat betrachtet haben, war sie nie eine pazifistische
Partei. Aber sie
war immun gegen Chauvinismus und Militarismus. Wo sie
Regierungsverantwortung trug, diente sie dem Frieden. Wir sind stolz darauf,
niemals Krieg, Unterdrückung oder Gewaltherrschaft über unser Volk gebracht
zu haben. Die Sozialdemokratie war von Anbeginn die
Demokratiepartei. Sie hat
die politische Kultur unseres Landes entscheidend
geprägt. In ihr arbeiten
Frauen und Männer unterschiedlicher Herkunft,
verschiedener religiöser
und weltanschaulicher Überzeugungen zusammen. Sie
verstehen sich seit
dem Godesberger Programm von 1959 als linke
Volkspartei, die ihre Wurzeln in Judentum und Christentum, Humanismus und
Aufklärung, marxistischer Gesellschaftsanalyse und den Erfahrungen der
Arbeiterbewegung
hat. (s.13) [….] Wir widersetzen uns jeder Form der
Diskriminierung. Die Würde des Menschen ist unabhängig von seiner Leistung und seiner
wirtschaftlichen Nützlichkeit.
Darum ist die Gesellschaft bei Behinderung, im Alter,
am Lebensanfang und am Lebensende zum Schutz der Menschenwürde besonders
verpflichtet. [….] (s.15)
(Unsere Grundwerte und Grundüberzeugungen)
Das ist nicht so schlecht geschrieben und spiegelt
auch heute noch durchaus meine Ansichten wider.
Umso bedauerlicher ist es, wenn ausgerechnet die
Parteivorsitzende Andrea Nahles sich von diesen Grundwerten entfernt und damit liebäugelt Menschen zu diskriminieren und sie nach ihrer
wirtschaftlichen Nützlichkeit zu sortieren. So handelte sie schon als
Sozialministerin, als sie Menschen aufgrund ihrer Nationalität Leistungen kürzte
und so möchte sie offenbar auch als Doppelvorsitzende handeln, indem sie neuerdings der AfD nachplappert
und demonstrativ mit den rechten Zündlern der CDU/CSU kuschelt.
Anders als Nahles plädiere ich also dafür nicht den
eigenen Tonfall den Rechten anzupassen, sondern sich nun auch noch an unsere
Verfassung zu erinnern.
Darin heißt es:
Die Parteien wirken
bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.
(Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland, Art 21)
Das
heißt offenbar, daß wir als Sozis daran arbeiten sollen für unsere
Überzeugungen zu werben. Wir müssen argumentieren, Zögernde mitnehmen,
Mitläufer motivieren und Skeptiker umstimmen, so daß sich möglichst unsere
Grundüberzeugungen nach und nach auch im Willen des Volkes abbilden.
Im GG
steht nämlich nicht:
Die Parteien plappern
den politischen am lautesten in Facebookpostings und Twitter-Mitteilungen
vorgebrachten Willen des Volkes nach.
Die Grünen-Vorsitzende Baerbock und SPIEGEL-Kolumnist
Augstein verstanden.
[….] Mehrere
SPD-Politiker kritisieren eine Äußerung von Parteichefin Nahles zur
Flüchtlingspolitik, wonach Deutschland "nicht alle aufnehmen" könne.
Juso-Chef Kühnert sagt, mit solchen Sätzen spielten die Parteien das Spiel der
AfD mit.
[….]
SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci
bezeichnete Nahles' Satz im Kurznachrichtendienst Twitter als "dumm,
gefährlich und richtig": "Dumm, weil gar nicht alle kommen wollen
oder können; gefährlich, weil mit diesem Satz gezündelt wird; richtig, weil es
objektiv so ist und auch niemand etwas anderes behauptet." Der Süddeutschen
Zeitung sagte er, die SPD müsse endlich zu einer klaren Haltung in dieser Frage
finden. "So kann das nicht weiterlaufen." [….] Grünen-Chefin Annalena Baerbock hielt der
SPD, ebenfalls auf Twitter, entgegen: "Wenn
in den letzten 70 Jahren Politik in unserem Land in den entscheidenden Momenten
nach gefühlter (!) Akzeptanz gemacht worden wäre, gäbe es weder das
Grundgesetz, die EU noch die Gleichstellung von Mann und Frau. Politik braucht
Haltung." [….]
[….] Deutschland
ist auf einem Abweg. Seit Jahren orientiert sich die Politik an einer
Minderheit: den AfD-Anhängern. Die schweigende Mehrheit guckt in die Röhre.
[….] Aus
Angst vor der AfD. Es ist zum Kotzen.
Besonders ärgerlich
ist es aber, wenn die Parteien, die eigentlich ein Bollwerk gegen politische
Dumpfheit sein sollten, um erste Plätze im rechten Rattenrennen kämpfen. Andrea
Nahles liegt da gerade ziemlich weit vorne.
In einem Interview hat
sie gesagt: "Menschen, die weder geduldet noch als Asylbewerber anerkannt
werden, müssen schneller Klarheit haben, dass sie nicht bleiben können und
zurückgebracht werden. Das gehört unweigerlich zur Willkommenskultur dazu. Sie
funktioniert nur zusammen mit einem durchsetzungsstarken Rechtsstaat. Wer
Schutz braucht, ist willkommen. Aber wir können nicht alle bei uns
aufnehmen."
Wenn die
SPD-Vorsitzende geplant hatte, auf möglichst kleinem Raum eine möglichst große
Fülle von Unwahrheiten und miesen Assoziationen unterzubringen, dann ist ihr
das gelungen.
Wollen
"alle" zu uns kommen? Wer hat gesagt, dass wir "alle"
aufnehmen wollen? Und: Wer sind überhaupt diese "alle", von denen
Nahles da spricht? Die Antwort auf diese Fragen der Reihe nach: Nein. Niemand.
Keine Ahnung.
Nahles reagiert auf
eine Forderung, die niemand im Ernst stellt. Sie spielt damit das Spiel jener
kleinen Minderheit von fanatischen Rechtspopulisten, die unsere Öffentlichkeit
so erfolgreich am Gängelband führen.
Und warum tut Nahles
eigentlich so, als gebe es ein Spannungsverhältnis von
"Willkommenskultur" und "Rechtsstaat"? Das ist wieder eine
rechte Fiktion, der die SPD-Chefin unnötig nachgibt. Und die Idee,
Willkommenskultur müsse "funktionieren", ist ganz abwegig. [….]
Leider
haben Nahles und ihre Parteifans auf Facebook diese Erkenntnis noch nicht gewonnen.
Und
schwenken rhetorisch auf Gauland und Storch ein.
SPD-Administrator FB 30.05.2018 |
Aber wie schon Wilfried Schmickler sagte, sollen wir diese braune Hasenfüßigkeit nicht adaptieren, sondern ihr entgegentreten.
„Aber wir müssen die Ängste und Sorgen der Bürger doch ernstnehmen.
So ein Blödsinn!Wir müssen den Bürgern die Ängste nehmen und ihre Sorgen zerstreuen.“
(Wilfried Schmickler 12.11.2015)