Freitag, 3. Dezember 2021

Der Christ des Tages – Teil XCV

Religion funktioniert natürlich nicht immer.

Wenn es den Menschen gut geht, wenn sie wenig Sorgen haben, brauchen sie keine Religion.

Wenn Menschen in Problemen stecken, aber gebildet sind, brauchen sie auch keine Religion.

Natürlich ist es objektiv eine Katastrophe, wenn man einen Tsunami oder ein schweres Erdbeben erlebt. Ist man aber gebildet genug, um etwas mit dem Begriff „Plattentektonik“ anfangen zu können, flüchtet man sich bei einem Erdbeben auch nicht in die Arme der Kirche.

Besonders schlecht für die Kirche ist es, wenn ein hoher Bildungsgrad der Bevölkerung mit großer sozialer Sicherheit in der Gesellschaft zusammenkommt. Das erleben wir in Nord- und West-Europa, in Nordamerika und Australien. Da nimmt der Einfluss der Religion rapide ab. In diesen Ländern müssen Religionen schon einiges unternehmen, um den Menschen wenigstens moralische Probleme, Schuldgefühle und Missgunst einzureden.

Ideale Hebel sind in dem Fall Hetze gegen Un- und Anders-Gläubige, sowie die Verdammung von Sexualität.

Da sexuelle Triebe nahezu omnipräsent sind, ist es zur Erzeugung von Schuldgefühlen außerordentlich effektiv, diese völlig natürlichen Triebe zur Sünde zu erklären. Die katholischen Beichtstühle wären ziemlich leer, wenn nicht all die masturbierenden Jungs ab dem Kommunionsalter zu Sündern gemacht würden. Uneheliche Liebespaare, gleichgeschlechtlich Verliebte, quasi alle Menschen mit sexuellen Phantasien, werden so in die Arme der Kirche gelockt. Klein Fritzchen findet seine Mitschülerin Klein-Annika attraktiv? Das verbindet die Kirche mit „Jesus starb für unsere Sünden“.

Großer Mist ist natürlich, wenn Klein Fritzchen seinen erste Ejakulation erlebt, ein Elternteil das herausfindet und ihn nicht sofort beschimpft, ihm Schuldgefühle einredet und zur Beichte schleppt, sondern achselzuckend sagt: „Ja, das ist völlig natürlich. Freu‘ Dich drüber und mach weiter so.“

Wenn es sich zu allem Übel auch noch um ein gebildetes Elternhaus handelt, in dem die Kinder all ihre Fragen beantwortet bekommen – wieso kann ein Vogel fliegen, warum geht nachts die Sonne unter, weshalb ist Uropa nicht mehr da, woher kommen die Kinder? – ist die Kirche raus aus dem Spiel.

Wie soll sie mit ihren altbackenen misogynen homophoben Moralvorstellungen (kein vorehelicher Sex, keine Kondome, das Weib schweige in der Gemeinde, macht euch die Erde untertan) Zugriff auf die modernen gebildeten Teenager bekommen?

Außergewöhnliche Schwierigkeiten, wie drohende Kriege oder eine Pandemie, kommen für die Religiösen wie gerufen. Denn nun werden die Bürger wieder auf breiter Front so verunsichert, daß sie anfälliger für die Leute mit den allgemeinen Antworten sind.

Die beiden großen organisierten Kirchen in Deutschland waren natürlich zu bräsig und dämlich, um das zu verstehen. Im Lockdown, als alle im Schockzustand waren, hätten sie die ideale Gelegenheit gehabt, sich als Erklärer und Versteher, respektive als stabiler Ankerpunkt zu inszenieren. Stattdessen schwiegen die Bischöfe erst mal und rutschten dann in die Rolle der kleinteiligen Nervensägen, die egoistisch und verbohrt, um ihre Partikularinteressen feilschten. Für die Gottesdienste verlangten sie eine Extrawurst; wollten nicht von Teilnehmerbeschränkungen tangiert werden. Deutsche Kirchen sind so berechenbar. Erst mal ich. Bloß kein höheres Schmerzensgeld an die sexuell missbrauchten Kinder zahlen, als unbedingt nötig, bloß keinen Cent aus Kirchenmitteln für die Flutopfer spenden, sich bloß nicht mit den Querdenkern anlegen und all den Verzweifelten, die ihre Angehörigen im Krankenhaus oder Pflegeheim nicht besuchen durften, hatten die Kirchen erst recht nichts zu sagen.

US-Amerikaner sind da einfach mutiger.

Der Gründer des christlichen US-Senders „Daystar Television Network“, Marcus Lamb, ist der heutige Christ des Tages Nr. 95.

Lamb, (* 07.10.1957 † 30.11.2021), betrieb mit seinem Daystar das zweitgrößte christliche Mediennetzwerk der Welt und wußte wie man mit den Covid19-Nöten der US-Amerikaner umgeht.

Nachdem schon über eine halbe Millionen seiner Landsleute an der Seuche gestorben waren und der neue Präsident Biden Pläne für eine partielle Impfpflicht erwog, witterte der fromme Lamb seine Stunde. Impfen wäre Sünde. Er klagte und machte seine Sendergruppe zum Treffpunkt für Pandumbics und Covidioten aller Art.

[….]  Throughout the pandemic, Daystar has hosted prominent anti-vaccine voices, including Robert F. Kennedy Jr., who was barred from Instagram for spreading misinformation about the COVID-19 vaccine. On the network's website, Daystar called vaccines the "most dangerous thing" children face, and Daystar filed a petition to block President Joe Biden's vaccine rule from going into place.  In a court filing Daystar filed alongside the American Family Association, the two nonprofits called implementing a vaccine mandate a "sin against God's Holy Word." A rule from the Occupational Safety and Health Administration (OSHA) requires employees at companies with at least 100 employees to be vaccinated against COVID-19 or submit to weekly testing and wear a face mask when around other employees.  Daystar argued in the court filing that they have a "religious objection" to forcing employees to "test their conscience" about getting vaccinated. If the company was required to implement the policy, they claimed they would "wound the consciences" of employees and "potentially cause them to sin." [….]

(Newsweek, 30.11.2021)

Der Pfingstchrist verdiente mit dieser Methode prächtig, wurde zum Multimillionär mit einem Privatjet.

Glücklicherweise mendeln sich diese Religioten aber gelegentlich selbst aus der Evolution aus.

[….]  In den USA ist der Fernsehpriester und Impfgegner Marcus Lamb an den Folgen von Covid-19 gestorben. Zusammen mit seiner Frau hatte er sein Millionenpublikum vor der "tödlichen Gefahr durch eine Impfung" gewarnt. 

Erneut ist in den USA ein impfkritischer TV-Prediger an Corona gestorben: Marcus Lamb, 64 Jahre alt, Gründer des christlichen Fernsehsenders "Daystar". "Schweren Herzens geben wir bekannt, dass Marcus Lamb, Präsident und Gründer von Daystar Television Network, nach Hause gegangen ist, um beim Herrn zu sein", schrieb der Sender auf Twitter. Laut der "New York Times" hatte der Fernsehpriester regelmäßig die Wirksamkeit von Corona-Impfungen bezweifelt. Zudem hätten er und seine Frau Joni, ebenfalls Moderatorin, Verschwörungstheorien verbreitet. Im Frühjahr behaupteten sie, das Vakzin sei tödlich. Stattdessen riet das Paar seinen Zuschauern "zu beten" Kurz vor Lambs Tod hatte Joni Lamb dem Sender NBC zufolge gesagt: "Beten Sie dafür, dass seine Lunge von Covid befreit wird, und beten Sie, dass sein Sauerstoffspiegel ansteigt, damit wir ihn nach Hause bringen können."  [….]

(STERN, 03.12.2021)

Die Evolution schlug leider erst zu, als er schon enormen Schaden angerichtet hatte, 64 Jahre alt war und bedauerlicherweise schon drei Kinder hatte, die seine Gene weitergeben können.

 Außerdem gibt es noch unzählige weitere, das Land verblödende US-amerikanische TV-Prediger. Noch viel zu tun für Omikron.