Man hört
heute etwas unterschiedliche Angaben zu der Anzahl der Flüchtlinge in MeckPomm.
Im Jahr 2016 wurden scheinbar bisher 6.000 Menschen aufgenommen.
Das
genau herauszufinden, ist erstaunlich einfach.
Die Landeszentrale für politische Bildung
unterhält eine Website, auf der alle Kenndaten leicht zugänglich sind.
[…..]
Im vergangenen Jahr wurden 23.080
Menschen in Mecklenburg-Vorpommern registriert. 2016 sind es bislang 3.180
(Stand Ende Februar). Das Land muss exakt 2,03 Prozent aller Flüchtlinge in
Deutschland aufnehmen. Das sieht der „Königsteiner Schlüssel“ vor, eine Quote,
die sich nach Bevölkerungszahl und Steueraufkommen richtet. Zum Vergleich: In
Berlin kamen 2015 insgesamt 79.034 Flüchtlinge an, 54.325 konnten bleiben, die
anderen wurden auf die Bundesländer verteilt. […..]
Die meisten ziehen
weiter. In andere Länder, in die großen Städte. 2015 ist nur jeder dritte
Flüchtling in Mecklenburg-Vorpommern geblieben. In ihre Heimat jedoch werden
viele Menschen vorerst nicht zurückkehren können. Dort herrscht Krieg. Sie
müssen ein neues Leben beginnen. Für MV ist das eine Chance. Seit 1990 hat das
Land etwa 300.000 Einwohner verloren. Und schon einmal wurden hier Flüchtlinge
aufgenommen – fast eine Million nach dem Zweiten Weltkrieg. […..]
Matthias
Höhn, der Bundesgeschäftsführer DIE LINKE merkte zum heutigen Wahlergebnis in MeckPomm zutreffend an, „wir“
führten eine „angstgesteuerte Diskussion, obwohl die
Menschen in den meisten Landkreisen noch nie einen Migranten gesehen haben“.
So wie
Antisemitismus in Abwesenheit von Juden gedeiht, koten sich auch die Vorpommerer xenophob ein,
obwohl es bei ihnen kaum Flüchtlinge gibt.
Wie das
passieren konnte?
Dazu muß man sich nur die Aussagen der Scharfmacher in der CSU anhören und dann das Gegenteil dessen formulieren.
Dazu muß man sich nur die Aussagen der Scharfmacher in der CSU anhören und dann das Gegenteil dessen formulieren.
Seehofer,
Scheuer, Dobrindt, Söder und die CDU-Innenminister besorgen das Geschäft der
AfD, indem sie seit Monaten ein mediales
„Flüchtlingsproblem“ inszenieren, auch wenn es wie in großen Teilen
Mecklenburg-Vorpommern gar kein reales
Flüchtlingsproblem gibt.
Da wurde
die abstruse Burka-Debatte angezettelt, als ob man nicht mehr anziehen dürfe
was man wolle und als ob irgendwo in MeckPomm schon mal eine Burka auf der
Straße gesehen wurde. Türken wurde von der Kanzlerin persönlich eine mangelnde
Staatsloyalität unterstellt und bei der Gelegenheit gleich noch angedacht die bestehenden
Doppelstaatsbürgerschaften abzuerkennen.
Es wurde
das Rucksackverbot auf öffentlichen Veranstaltungen diskutiert, unmittelbar vor
der Wahl noch mal richtig im Angstkübel gerührt, indem de Maizière sein Volk aufforderte
Wasser, Nudeln und Reis zu hamstern, als
ob die Zombi-Apokalypse unmittelbar vor der Tür stünde. Die CDU-Länderinnenminister übertrafen sich
immer wieder mit neuen, noch abstruseren Idee für mehr Sicherheit. Immer radikaler will de Maizière Flüchtlinge
abschieben; zum Beispiel nach Griechenland und der Grüne Rechtsaußen Boris
Palmer will Menschen sogar nach Syrien ausfliegen lassen. Software auf
Flughäfen und Bahnhöfen soll Terrorgesichter erkennen.
Da
knallten bei der AfD jeden Tag die Sektkorken ob der kostenlosen Werbung,
welche die CDU für die Rechtsaußen lieferte.
Boris
Palmer und der CDU-phile Winfried Kretschmann gaben derweil ihr Mögliches, um
die Grünen in MeckPomm aus dem Landtag zu kegeln.
Erfolgreich.
Die 5%-Hürde verfehlten die Nordost-Ökos.
Einen
ähnlichen Effekt dürften Sahra Wagenknechts AfD-freundlichen Töne gehabt haben:
Die Linke sackte in MeckPomm dramatisch auf gerade mal noch 13% ab und fuhr damit
das schlechteste Ergebnis aller Zeiten ein. Bei der Bundestagswahl 2009 hatte
die Linke in Meckpomm noch fast 30% geholt.
Ja Frau
Wagenknecht und Herr Palmer, ja CDU, die Menschen wählen das Original, wenn
andere Parteien beginnen braun zu reden.
Michael
Kellner, Bundesgeschäftsführer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte es dem
Ex-Doktor Scheuer so: „Ihr Ranwanzen an die AfD hat nur der AfD geholfen.“
Recht hat
er, der Kellner. So wie die Debatten auf bundespolitischer Ebene in den letzten
Monaten geführt wurden, hilft man der AfD.
Das gilt
sogar insbesondere für die CSU, die bei jeder Gelegenheit quasi im Petry-O-Ton
Grüne, Linke und SPD dafür angreift im Bundesrat schärfere Abschiebungs- und
Desintegrationsgesetzte zu blockieren.
Auch
irgendwie ekelig, aber bei weitem nicht so verantwortungslos und hetzerisch wie
die CSU versucht es Sigmar Gabriel, der neuerdings immer wieder die
Abstiegsängste und Verunsicherungen der AfDphilen aufgreift und kritisiert, der
Eindruck entstünde, daß immer nur Geld für Banken und Flüchtlinge da wäre, aber
in der Provinz Grundschulen verrotten und Menschen mit Minirenten abgespeist
würden, weil es immer hieße, dafür sei kein Geld da.
Das
stinkt ein bißchen, weil damit auch Gabriel einen Zusammenhang zwischen
Flüchtlingen und sozialen Härten für Deutschlands Ärmste herstellt. Das freut
die AfD.
Dabei
generieren Flüchtlinge sogar mehr Wirtschaftswachstum, helfen also der
Ökonomie. Sie sind auch schon gar kein Grund dafür, daß in der Steuer- und
Abschreibungspolitik die Superreichen so extrem bevorzugt werden.
Es ist
nicht die Schuld der Flüchtlinge, daß Deutschland ein dreistelliger
Milliardenbetrag verloren geht, weil die Bundesregierung sich weigert Steuerflüchtlinge
zu verfolgen und keine Steuerfahnder einstellen will.
Man muß
stattdessen ein positives Narrativ über die Flüchtlinge anfangen.
Man muß
erklären, daß der Westen wesentlich zu dem Bürgerkrieg in Syrien beiträgt, daß Deutschland sich eine goldene Nase daran verdient,
weil wir Waffen an beide Kriegsparteien in Syrien liefern.
Gabriel
mäandert, mischt alles zusammen. Er könnte auch ganz klar aufzeigen wie Herr
Schäuble im Geld schwimmt und wofür die SPD diese gewaltigen Summen gern ausgeben
würde, wenn Frau Merkel das nicht blockierte.
Frau
Merkel sitzt beim G20 -Treffen in Hangzhou und bekommt nun symbolträchtig am
Jahrestag ihres „Wir schaffen das“-Satzes ausgerechnet in ihrem
Heimatlandesverband die Superdemütigung hinter die AfD auf Platz drei
zurückzufallen und sich damit noch mehr Häme aus München anhören zu müssen.
Muß sie
einem nun leidtun? Da wollte sie vor einem Jahr mal nett sein, muß sich dafür
gerade in Hangzhou erneut das Innere des Mastdarmes von Freund Erdogan ansehen
und wird dafür vom Wähler so betraft?
Nein,
auch Merkel spielt mit dem braunen Feuer.
[….]
Trotzdem hat sie in dieser Woche jenen
rätselhaften Satz gesagt, dass „wir“, wer immer das sei, „von den Türkischstämmigen,
die schon lange in Deutschland leben, erwarten, dass sie ein hohes Maß an
Loyalität zu unserem Land entwickeln“.
Wer den Satz zweimal
liest, dreimal, erkennt das Gift, das in ihm steckt: Die Kanzlerin spaltet. Da
ist ein Wir, und da sind die anderen, letztlich fremden „Türkischstämmigen“.
Und von denen dürfen wir, also die irgendwie einheimischeren, echteren Bürger, irgendwas
erwarten.
Merkels Spruch gehört
zu den Versuchsballons, die die Union in diesen Wochen in den Sommerhimmel steigen
lässt, um zu testen, wie sie in aktuellen und künftigen Wahlkämpfen mit Ausländer-
und Islamthemen punkten kann. Auf den Ballons standen bislang Burkaverbot und
Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, dazu gab es ein paar Schutzbunkertipps
vom Bundesinnenminister; seit Anfang der Woche ist der Ballon mit dem wolkigen
Wort von der Loyalität am Start.
[….]
(Ulrich
Fichtner, Spiegel-Leitartikel, 27.08.2016)
Nein, Mitleid ist hier fehl am Platze.
Die
jetzigen Probleme sind direktes Resultat ihrer Arbeitsverweigerung.
Natürlich
hätte sie in den letzten zehn Jahren auf europäischer Ebene einen
funktionierenden Asylmechanismus schaffen müssen, natürlich hätte sie Schäuble
längst feuern müssen, um für eine nachhaltigere Finanzpolitik zu sorgen. Die
Kommunen in den ärmeren Landstrichen hätten längst mit Investitionsprogrammen in
Infrastruktur, Bildung und Soziales bedacht werden müssen, statt daß der Zerstörer
der EU-Solidarität seinem Fetisch von der „schwarzen Null“ frönt.
Man kann
nicht sagen „wir schaffen das“ und damit aber nur „ihr“ meinen. Sollen doch
Kommunalpolitiker zusehen, wie sie das hinbekommen, während Berlin
hineingrätscht, Familiennachzug blockiert, das Bamf arbeitsunfähig macht, kein
Einwanderungsgesetz gestaltet, Integration blockiert, indem keine Sprachkurse
gestellt werden und Personen ohne gesicherten Status (auf den sie aber
möglicherweise Jahre warten) gar nicht erst für Integrations- und Sprachkurse
zugelassen werden.
Hätte
Merkel ihr „wir schaffen das“ ernst genommen, könnte sie nicht den Mann im Amt
belassen, der immer und immer wieder durch infame Lügen und radikale Unfähigkeit auffällt.
Sich
fein überall raushalten, de Maizière gewähren lassen und selbst
Sprüche klopfen, die Flüchtlinge als Gefahr und Menschen deutscher Staatsbürgerschaft
aufgrund falscher Abstammung als illoyal anzuprangern, geht nicht, Frau
Bundeskanzlerin.
So
bekommt man im Heim-Landesverband eben 19% reingedrückt
und landet auf Platz Drei.
Am
Schluß noch meine völlig subjektiven Ansichten:
·
Gut,
daß der von den Medien immer wieder gehypte Christian Lindner eins auf den
Decke bekam und weit unter der 5%-Hürde landete.
·
Gut,
daß die NPD aus dem Landtag flog.
·
Gut,
daß die SPD wenigstens die 30%-Hürde knackte und somit immerhin deutlich vor
der AfD liegt.
·
Boh,
ist Frauke Petry abstoßend. Was für eine fürchterliche Frau!
·
Erwin
Sellering ist einer der sympathischeren SPDler. Ich mag den Mann.
·
Für
die nächsten vier Jahre wünsche ich mir in Schwerin natürlich eine rot-rote
Koalition. Die ist rechnerisch möglich und es ist für die SPD überlebenswichtig
sich auch einmal nicht als der ganz große Loser aus einer GroKo zu
verabschieden.
·
Erfreulich
wäre es, wenn in Berlin in zwei Wochen die Desaster-CDU der Hauptstadt
ebenfalls aus der Regierung flöge und eine Koalition links von ihr zustande
käme. So könnte wenigstens ein klein bißchen Hoffnung für die Bundestagswahl
2017 generiert werden.