Samstag, 30. März 2019

Die anderen aber auch.

Es gibt positiven und negativen Whataboutism.
In der schlechten Form dient Whataboutism dazu, eigentlich nicht zu rechtfertigende Taten durch Heranziehung abstruser Beispiele zu relativieren.
Zur Meisterschaft in dieser Disziplin bringen es die vielen Trump-Supporter in den amerikanischen News-Sendern.
Zu jeder noch so großen Schweinerei ihres Idols ziehen sie die „Benghazi“ oder „her emails“-Karte, als ob das irgendetwas entschuldigte.
Aber sie werfen damit sehr effektiv Nebelkerzen.
Auch Papst Franz benutzt die Methode. Bei seiner Abschlussrede zur Vatikanische Missbrauchskonferenz, verwendetet er das gesamte erste Drittel nur darauf aufzuzählen wo es auch noch Kindesmissbrauch gäbe, als würde dadurch seine Vergewaltigerpriester besser.
Whataboutism dient in diesem Fall auch dazu die eigene Untätigkeit zu erklären.
Diese Form der Scheinrechtfertigung erlebte man in jüngster Zeit sehr viel in Hamburg als es um die Dieselfahrverbote ging.
Wozu die paar Autos nicht durch den Stickoxidmief in Altona fahren lassen, wenn einen Kilometer südlich Kreuzfahrtriesen anlegen, die 100.000 mal so viel NOx und Feinstaub ausblasen wie ein VW-Stinkgolf?
Das wird auch gern auf die nächsthöhere Ebene promoviert:
Wozu sollte Deutschland auf nationaler Ebene Klimaschutzpolitik betreiben, wenn doch China und die USA so viel mehr CO2 emittieren, ganz ohne Klimaschutz anzustreben?
Das Argument ist natürlich Unfug.
Wenn eine Bank ausgebraubt wird, ein Wachmann erschossen und eine Million erbeutet wird, darf ich deswegen nicht zu meinem Nachbarn gehen, ihn KO schlagen und 5.000,- von ihm stehlen, nur weil das ein vergleichsweise kleineres Verbrechen ist.
Alle müssen Klimaschutz betreiben.
Klimaschutzbemühungen bleiben zudem nicht unbeobachtet. Das Energiehungrige China mit seinen Smog-verseuchten Megametropolen hat längst umgeschaltet, investiert gewaltige Summen in Green Energy.
Sogar die USA haben trotz Trump den Trend längst erkannt, sind bei der Herstellung von Elektro-Fahrzeugen an Deutschland vorbeigezogen und betreiben auf Ebene der Bundesstaaten effektive grüne Energiepolitik.

Brunei, der Zwergstaat mit dem märchenhaft reichen absolutistischen Herrscher Sultan Hassanal Bolkiah könnte möglicherweise zu einem positiven Whataboutism führen.
Seit 1984 unabhängig von London, erfreuen sich die rund 450.000 Einwohner der Muslimischen Monarchie im Norden Borneos ihres Wohlstandes.
Mit 5.765 km² beträgt die Fläche Bruneis zwar nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Herrschaftsgebietes der Sultane – das ist zweimal das Saarland, oder ein bißchen mehr als Mallorca oder die gute Hälfte Zyperns – aber man sitzt auf den Ölquellen.
Mit dem fünfthöchsten BIP/Einwohner der Welt regiert Bolkiah unangefochten und kann auskömmlichen in seinem Istana Nurul Iman hausen – dem größten Palast der Erde:

[….] Das Eigenheim des Sultans umfasst auf einer Wohnfläche von 200.000 m² neben den 1788 Räumen 18 Fahrstühle, 44 Treppenhäuser und 250 Badezimmer. Im Thronsaal des Sultans finden 2000 und im Bankettsaal gut 5000 Menschen Platz. Fenster- und Türbögen sind aus purem Gold, 64.000 Quadratmeter Wandfläche mit 38 verschiedenen Sorten Marmor verkleidet. Der Prachtbau soll eine Mischung aus arabischen Zelten und malaiischen Langhäusern darstellen. Der Gebäudekomplex besteht aus einem 120 Hektar großen Gelände. Zur Palastanlage gehört eine unterirdische Garage von 10.000 Quadratmetern, die 110 Fahrzeuge der Fahrzeugsammlung des Sultans beherbergen kann. Zudem befinden sich auf dem Palastgelände klimatisierte Ställe für 200 Pferde. [….]

Man gönnt sich ja sonst nichts.
Ach so, doch. Die Scharia will der Sultan nun noch radikaler durchdrücken, Schwule sollen gesteinigt werden.

Zurecht empört sich die westliche LGBTI-freundliche Welt und droht nicht nur mit Reiseboykott, sondern insbesondere in Person von George Clooney damit nicht mehr in den Luxushotels abzusteigen, die Herrn Bolkiah gehören.

Keine Hollywoodstars mehr im „Hotel Bel-Air“, „Beverly Hills Hotel“ (beide Los Angeles), „The Dorchester“ und „45 Park Lane“ (beide in London), „Coworth Park“ (Ascot), „Le Meurice“ und dem „Hotel Plaza Athénée“ (beide Paris), dem „Hotel Eden“ (Rom) sowie dem „Hotel Principe di Savoia“ (Mailand) dürften nicht unmittelbar dazu führen, daß der Mann hungern muss.
Aber der 72-Jährige ist zu 90% vom Ölexport abhängig und versucht wie seine superreichen Königs-Kollegen am Golf händeringend nach alternativen Einkommensquellen für die Zukunft.
Und da schadet es, wenn das Image im Westen ruiniert ist.


 Der Sultan steckt ein bißchen in der Patsche. Seine Selbstinszenierung als besonders sittenstrenger Muslim, der peinlich genau die Scharia auslegt, dürfte ebenfalls zu seinem Plan gehören sie Macht seiner Familie abzusichern, wenn eines Tages die Ölmilliarden nicht mehr fließen. Dafür kann man schon mal ein paar Arme und Beine abhacken, sowie Schwule umbringen.

[….] The change is part of the Sharia Penal Code in the conservative Islamic monarchy. The revised statutes also include other inhumane punishments, such as amputation for robbery, and will take effect starting next week. The punishments had been delayed after they were first proposed in 2013, following an international outcry, but with the spotlight off of them, officials are now moving ahead with their plans. […..]

Ob Bolkiah persönlich Abscheu gegenüber Schwulen empfindet, weiß ich nicht. Ich nehme aber an, das spielt keine Rolle.
Er benutzt genau wie Putin in Moskau, Bolsonaro in Brasilia und Salman in Riad die radikal homophobe Religion, um seine Macht abzusichern.
Indem sich diese Herrscher sukzessive an die Kleriker heranwanzen, bekommen sie mächtige Unterstützung der Massen. Nur mit Hilfe der Evangelikalen, die Pences Kampf gegen die Schwulen lieben, wurde Trump Präsident.


[….] Nachdem die Briten aus Brunei abgezogen waren, machte sich der Sultan daran, Gesellschaft und Justiz seines Landes Zug um Zug zu islamisieren. Anfang der Neunzigerjahre verbot der Herrscher den Verkauf von Schweinefleisch und Alkohol. Schon 1996 kündigte er die Einführung der Scharia im Strafrecht an. 2014 folgten die ersten konkreten Schritte: Unter anderem können seither Muslime, die älter als 15 sind und das Freitagsgebet versäumen oder den Fastenmonat Ramadan ignorieren, bestraft werden. Ihnen drohen Haft- oder Geldstrafen, das Einfrieren von Bankkonten - aber auch die Auspeitschung. [….]

Es ist ja lieb von Herrn Clooney sich zu engagieren.

[…..] Now Clooney is asking people to boycott several hotels that are owned by Bolkiah.
 “But let’s be clear, every single time we stay at or take meetings at or dine at any of these nine hotels we are putting money directly into the pockets of men who choose to stone and whip to death their own citizens for being gay or accused of adultery.”
“But are we really going to help pay for these human rights violations?” Clooney added. “Are we really going to help fund the murder of innocent citizens? I’ve learned over years of dealing with murderous regimes that you can’t shame them. But you can shame the banks, the financiers and the institutions that do business with them and choose to look the other way.” [….]

Aber WHAT ABOUT die viel größeren und mächtigeren Staaten, die noch restriktiver gegen Schwule vorgehen?
Bei Bolkiah gibt es nur eine Planung und die Scharia wird eher sanft angedroht. Bisher wurde noch nicht ausgepeitscht.
Ganz anders sieht es im Iran und vor allem in Saudi Arabien aus – da werden tatsächlich jedes Jahr Schwule, Lesben und viele Frauen, die angeblich untreu waren öffentlich unter Gejohle und Begeisterung der Bevölkerung abgeschlachtet.

Whatabout Saudi Arabien? What about Pakistan, Afghanistan? Whatabout Iran, Irak, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Sudan, Mauretanien, Jemen, Somalia, Nigeria, Syrien?

Es ist richtig dem kleinen Brunei mit Konsequenzen zu drohen, den Sultan schlechte PR und Kaufboykott spüren zu lassen.

Ein positiver Whataboutism sollte aber dazu führen auch die anderen Homo-Killerstaaten so zu behandeln.
Gegenwärtig kämpfen allerdings die Christlichen Parteichefs Kramp-Karrenbauer und Söder verbissen dafür Saudi-Arabien auch noch mit Waffenexporten zu unterstützen, um mit deutscher Technik noch effektiver killen zu können.

Ich fordere daher einen Wahlboykott für CDU und CSU.

Beim Konsumboykott sollte es nicht nur um ein paar Luxushotels gehen, sondern beispielswiese auch um die Firmen, deren Mitbesitze der Homokillerstaat Katar ist:

    Deutsche Bank: 8 %
    Hapag-Lloyd: 14,5 %
    Siemens: 3,27 %
    Tiffany & Co.: 12,7 %
    Volkswagen AG: 17,0 % Stammaktien

Das noch grausamere und noch reichere Saudi Arabien ist Mitbesitzer von:

Twitter, Uber, Apple, Mövenpick, Motorola, Ebay, Time Warner, Twenty-First Century Fox, Euro Disney,..