Mittwoch, 3. April 2024

Katholische Kirche 2024

Auf den letzte Metern seines elenden Lebens als Nazi-freundlicher Hassprediger, der Jahrzehnte dafür sorgte, daß weltweit Männer in Kleidern kleine Jungs straflos vergewaltigen konnten, schien Ratzinger doch noch zu stolpern. Ein knappes Jahr bevor er am 31. Dezember 2022 in der Vatikanstadt final den Arsch zukniff, mischte er sich in die Geschehnisse um den berüchtigten Pfarrer H. ein, den er als Münchner Erzbischof auf Kinder losließ.

Selbstverständlich brachte Ratzinger keine Empathie für die Opfer auf, selbstverständlich log Ratzinger Anfang 2022 über seine frühere Rolle in Bayern.

[…..] Im März 2010 lässt die New York Times eine Bombe platzen, die das Pontifikat Ratzingers bis heute belastet. Sie macht den Fall Peter H. erstmals öffentlich und wirft die Frage auf, welche Rolle der deutsche Papst im Umgang mit einem Täter im Priesteramt spielte. Denn H. beging nicht erst in den 1980er Jahren Straftaten – schon zuvor und auch danach wurde er immer wieder wegen Vorfällen von Gemeinde zu Gemeinde versetzt und missbrauchte immer wieder Jungen. Bislang sind 23 Opfer dokumentiert. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. […..] Die Verantwortung des klerikalen Missbrauchs war bis zum deutschen Papst vorgedrungen. […..] Dieser Brief entzog der Verteidigungsstrategie den Boden. Denn er zeigte: Der spätere Papst war nicht nur von den Sexualstraftaten eines Priesters in seinem ehemaligen Bistum informiert; er war auch für den Wiedereinsatz des wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Straftäters mitverantwortlich – in die Gemeinde, in der Perr später missbraucht wurde. Und das, obwohl Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation die Möglichkeit gehabt hätte, eine Voruntersuchung gegen den Priester einzuleiten und ihn aus dem Dienst entfernen zu lassen.  [….]

(Correctiv, 29.03.2024)

Als er der Lüge überführt wurde, gab es selbstverständlich keine Konsequenzen für ihn. Schließlich tolerieren Justiz, Politik und Gläubige offenbar wohlwollend, wenn Sadisten in Soutanen Kinder quälen.

Auch 40 Jahre später sperrt sich Ratzingers früheres Erzbistum dagegen, Gerechtigkeit walten zu lassen. Mit ungeheuerlicher Perfidie schieben sie immer noch den Opfern die Schuld in die Schuhe.

[…..] In dem holzgetäfelten Gerichtssaal des Landgerichts Traunstein erinnert sich Andreas Perr an ein Gespräch von vor 14 Jahren zurück. Ein Gespräch, das sein Trauma vermutlich noch verstärkte. 

Perr verklagt das Erzbistum München und Freising auf 300.000 Euro Schmerzensgeld, da der Missbrauch durch den Priester Peter H. ihn aus der Lebensbahn geworfen habe und für seine Drogensucht verantwortlich sei. Seine Stimme ist klar, er wirkt überzeugend. Dies sehen auch andere Prozessteilnehmer so. Eine Gutachterin bestätigt seine Glaubwürdigkeit, sie hat Perr vor vielen Jahren untersucht. Im Gerichtssaal in Oberbayern spricht der Kläger auch über den 23. März 2010.

Damals sitzt Andreas Perr, von den Drogen gezeichnet, dem Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums Münchens und Freising, Siegfried Kneißl, gegenüber. Das Gespräch findet im Pfarramt von Garching an der Alz statt. Perr berichtet dem Kirchenmann, wie der Priester H. ihn in dem Pfarrhaus missbrauchte, als er elf oder zwölf Jahre alt war, Mitte der 1990er Jahre. Und Perr hat einen Zeugen. An jenem Sommertag im Pfarrhaus zeigte der Pfarrer zwei Jungen gleichzeitig einen Pornofilm und nötigte sie zur Masturbation. Die Tat selbst wird im Verfahren nicht bestritten. 

In diesem Prozess geht es um Schadensersatz. Aber dahinter steht auch ein Streit um Glaubwürdigkeit; die des Betroffenen Andreas Perr und die der Kirche selbst. Die Kirche ist jedoch bereits seit 2010 im Zwiespalt: einerseits Aufklärung zu versprechen, aber andererseits den Papst zu schützen.  [….]

(Correctiv, 29.03.2024)

Man weiß es, man kann wirklich nicht überrascht sein und ist dennoch geschockt: Auch im Jahr 2024 will die offizielle römisch-katholische Kirche lieber die kriminellen, perversen, bösartigen Missbrauchstäter schützen, als ihren Opfern zu helfen. Dabei ist gerade der genannte „Fall Pfarrer H.“ seit Jahrzehnten bekannt und die Schuld der Kirche steht außer Frage. Nicht religiöse Menschen wie ich, machen aber immer noch einen schweren Denkfehler: Wir glauben, es wäre falsch Kinder zu vergewaltigen, halten das für ein Verbrechen und nehmen dementsprechend an, es gelte solche Taten zu verhindern und sich ganz fürchterlich zu schämen, wenn jemand in irgendeiner Form dafür mitverantwortlich ist.

Aber genau wie bei Trumps Republikanern, gilt sexuelle Gewalt gegen Unschuldige, Schwache und Kinder, bei Katholiken offenkundig keineswegs als Tabu, sondern wird mindestens achselzuckend akzeptiert, oft sogar aktiv unterstützt.

(…..) Seit 15, 20 Jahren erwachsen leise Zweifel in mir, ob pädosexuell übergriffige Männer wirklich allgemein so gehasst werden.

Seit im Jahr 2002 noch unter Papst Johannes-Paul II die erste große Pädosex-Enthüllungswelle aus den USA über die Katholische Kirche rollte, konnte man klar beobachten welche Toleranz die Gläubigen gegenüber ihren kinderfi*kenden Priestern aufbringen.

Das zeigt schon die Tatsache, daß es überhaupt bis ins 3. Jahrtausend dauerte, daß diese Fälle Medienaufmerksamkeit bekamen.

Wir wissen inzwischen aus breiten Untersuchungen in vielen Ländern, daß von katholischen Geistlichen vergewaltigte Kinder natürlich auch schon in den Jahrzehnten zuvor versuchten sich zu beschweren, aber oft sogar von ihren eigenen Eltern verstoßen wurden, die lieber zum Priester als zu den Opfern hielten. Für die 4.000 Bischöfe weltweit galt das ohnehin: Das Ansehen der Kirche und der sadistischen Vergewaltiger in Soutane war stets höher zu bewerten als das Leid der missbrauchten Kinder.

Ganz offensichtlich galten pädosexuelle Attacken als vergleichsweise tolerabel und damit viel weniger schlimm als zum Beispiel Fremdgehen oder gar homosexuelle Liebe.

In extremer Weise bekam ich diesen Zusammenhang im Fall Pfarrer Peter H. aus Bad Tölz vorgeführt.

Vor nun genau zehn Jahren im Zuge der Canisius-Enthüllungen machte der Fall des aus Essen stammenden verurteilen Kindersex-Straftäters Schlagzeilen, weil er ins Erzbistum München-Freising geschickt wurde und der damalige Chef, ein gewisser Joseph Ratzinger, nachdem er vom Essener Bistum informiert wurde, Pfarrer H. gleich wieder als Pfarrer auf Kinder los lies.

Inzwischen wissen wir natürlich auch, wie gut alles zusammenpasste mit dem späteren Ratzinger, der als Römischer Kardinal sogar weltweit unter Androhung schwerster Kirchenstrafen allen Bischöfen verbot kinderfickende Priester an die Staatsanwaltschaften zu melden.

Es war jener Präfekt Ratzinger, dessen eigenen Bruder ebenfalls seit Jahrzehnten als besonders grausamer und jähzorniger Sadisten-Priester auf Vorschulkinder in Regensburg einschlug. Georg Ratzinger geriet beim Verprügeln acht- oder neunjähriger Jungs so sehr in Ekstase und Rage, daß ihm dabei schon mal das Gebiss aus dem Maul quer durch den Klassenraum flog. Loving Christians, also.

Ein Spiegel-TV-Bericht aus dem Jahr 2010 zeichnete den Weg des pädophilen Peter H. in seinen bayerischen Pfarreien nach und dort sah ich zu meiner (damaligen!) Verblüffung, wie sich wütende Gläubige gegen das Kamerateam und vor ihren Pfarrer stellten.

 Peter H. flößte im Jahr 1979 einem Elfjährigen und mindestens drei weiteren Kindern Alkohol ein und zwang sie dann ihn oral zu befriedigen. Die Kinder berichteten ihren Eltern, die sich beim Gemeindepfarrer beschwerten. Die Angelegenheit landete beim Generalvikar, der die Eltern so lange unter Druck setzte, bis sie von einer Anzeige absahen. H. sollte nicht bestraft werden, sondern einfach ins nächste Bistum geschickt werden – allerdings, so viel brüderliche Solidarität herrscht unter Bischöfen – nicht ohne daß Essen den Münchnern ausführlich erklärt hätte was sie da für einen Typen bekommen.

Pfarrer H. kam im Jahr 1980 zu Erzbischof Ratzinger, der den Fall intern regelte, ohne Polizei, ohne Staatsanwaltschaft, ohne Prozess. An die vergewaltigten Kinder verschwendete Ratzinger keinen Gedanken.

Der Ordinariatsrat unter Vorsitz von Erzbischof Ratzinger beschloss Peter H., "für einige Zeit um Wohnung und Unterkunft" in einer Münchner Pfarrgemeinde zu geben und "Kaplan H. wird sich einer psychisch-therapeutischen Behandlung unterziehen".

Gerade einmal zwei Wochen nach seiner Ankunft in München wurde Kinderficker Peter H. in der Gemeinde St. Johannes Evangelist bei Grafingen als Pfarrer eingesetzt.

Dort missbrauchte H. sofort wieder mehrere Schüler, die er auch beim Sex fotographierte und die Bilder an andere Pädophile verschickte.

Das Amtsgericht Ebersberg verurteilte ihn 1986 zu einer geringen Geldstrafe und anderthalb Jahren Bewährungsstrafe.

Für Ratzingers Bistum immer noch kein Grund sich von dem Pfarrer zu trennen. Es verschob ihn von Grafing nach Garching an der Alz.

Auch dort hagelte es sofort Beschwerden, weil Pfarrer H gar nicht daran dachte aufzuhören Kinder sexuell zu belästigen. Warum sollte er auch? Er hatte ja gelernt, daß seine allmächtige Kirche ihn immer beschützt.

Im Jahr 2008 schließlich wandte sich eins von Hs ersten Opfern von 1979 aus Essen an seine aktuelle Gemeinde und wieder verschob in das Erzbistum einfach weiter; diesmal nach Bad Tölz.

Ratzinger, seit 1981 Chef der Glaubenkongregation verfügte weltweit alle Kinderfickerfälle zu vertuschen. Er weigerte sich, sich damit zu beschäftigen. Schließlich hatte er in dem Vierteljahrhundert bis zu seinem Aufstieg zum Papst wichtigeres zu tun: Theologen wie Ranke-Heinemann, Küng, Galliot und Drewermann mussten abgesetzt werden, weil sie es wagten selbst zu denken und insbesondere kämpfte Ratzinger leidenschaftlich gegen die südamerikanischen „Befreiungstheologen“, die es wagten sich gegen die faschistischen Killerregime auf die Seite der Armen zu stellen. Ratzinger merzte sie alle aus und brachte die südamerikanische Kirche auf stramm faschistenfreundlichen Kurs.

Die Schäfchen in Bad Tölz gingen mit Ratzinger d’Accord.  Auf die Frage, ob sie denn nicht wüßten, daß es sich um einen verurteilten Kindersex-Straftäter handelte, ätzten sie empört zurück „Na und? Wer denn nicht?“

[…..] Reichenwallner, 60, graue Haare, Brille, ist ein gebürtiger Bayer mit sonorer Stimme. Seit 18 Jahren ist er Bürgermeister von Garching an der Alz im oberbayerischen Landkreis Altötting. Mehr als 16 Jahre davon war Peter H. der Pfarrer der Gemeinde mit 8500 Einwohnern. Im Spätsommer 2008 musste er die Pfarrei verlassen. Der offizielle Grund, erinnert sich Reichenwallner: das Rotationsprinzip. […..] Andererseits sagen auch viele, was für ein "guter Pfarrer" Peter H. doch war. […..]  Pfarrer Peter H. ist ein dickleibiger, jovialer Mann, der seine Pfarrei in Garching 21 Jahre lang straff führte. […..] "Er war ein glänzender Prediger, ein glänzender Rhetoriker, der die Leute anzog", sagt Bürgermeister Reichenwallner. […..] Den "beliebten Pfarrer" gehen lassen zu müssen, war ein Schock für die kleine Gemeinde zwischen Chiemsee und Waginger See. "Das kam für uns aus heiterem Himmel. […..] In einer Mitteilung des Pfarrverbands Garching-Engelsberg wurde Peter H. als "Pfarrer zum Anfassen" gelobt. Der Abschied im September 2008 war in der Gemeinde von Wehmut geprägt - Bürgermeister Reichenwallner erinnert sich an eine "melancholische Veranstaltung". Eine Garchingerin sagt, sie habe weinen müssen damals. Sie war nicht die einzige.

"In Bayern sind die Kirche und die Gemeinde noch eng miteinander verwoben", sagt Reichenwallner. Auch daher rührt das enge freundschaftliche Verhältnis zwischen Bürgermeister und Pfarrer. […..] Reichenwallner nimmt ihn in Schutz: "Jeden Tag tauchen neue Verfehlungen auf, warum wird jetzt ausgerechnet dieser Fall so groß gespielt?", fragt der Bürgermeister. "Er ist rechtskräftig verurteilt und hat sich seither soweit bekannt und von der Diözese bestätigt nichts mehr zu Schulden kommen lassen - und eine gute Arbeit in unserem Pfarrverband geleistet." […..]

(Julia Jüttner, DER SPIEGEL, 15.03.2010)

Missbrauchte Messdiener? Dafür konnte der Vatikan kein Mitleid aufbringen. Für Papst Ratzinger schon.

"Den Papst und die gesamte Kirche in die Missbrauchsskandale hineinziehen zu wollen ist ein Zeichen von Gewalt und Barbarei"

(Erzbischof Rino Fisichella, Chef der päpstlichen Akademie für das Leben, 2010)  

In den folgenden zehn Jahren gab es in Rom nicht nur keinen Lernprozess, sondern Papstnachfolger Bergoglio ist sogar noch Kinderfic*erfreundlicher als Ratzinger. Er reduzierte das Strafmaß mehrerer Pädo-Geistlicher, beförderte verurteilte Kinderficker wie Kardinal Pell demonstrativ und sprach gar den größten Kinderf*ckerförderer Johannes Paul-II heilig. (….)

(Pädo-Toleranz, 19.02.2020)

Über ein Jahr nachdem auch die Zweite der Ratzingerischen Abscheulichkeiten in den Himmel hinauffuhr, halten ihm seine Münchner Komplizen weiterhin die Stange und dreschen auf die Opfer ein.

 […..] Die Erinnerungen von Perr an das Gespräch lassen den damaligen Missbrauchsgutachter nicht gut aussehen. Kneißl habe ihm damals die Schuld für den Missbrauch nahegelegt, sagt Perr vor Gericht. So steht es im Gerichtsprotokoll, das CORRECTIV, der BR und die ZEIT einsehen konnten: „Als ich ihm meinem Fall schilderte, meinte er, ich wäre selber schuld gewesen. Wenn ich schon Pornofilme beim Pfarrer schaue, hätte ich mit sowas rechnen müssen.“ […..] Perrs Rechtsanwalt Andreas Schulz  […..]  ist sich sicher, dass Kneißl Druck auf seinen Mandanten ausübte, um den Fall zu vertuschen:

„Herr Kneißl hat damals natürlich aktiv dazu beigetragen durch Einschüchterungen von Kläger Perr, dass dieser Fall aus dem Spektrum der Öffentlichkeit verschwand. Jetzt über seine Anwälte vortragen zu lassen, das hätte er nicht gemacht, ist eine der üblichen Verschleierungs- und Vertuschungsstrategien, die die katholische Kirche generell macht”, erklärt Schulz gegenüber CORRECTIV. […..]

Das Erzbistum erkennt den Missbrauch seines damaligen Priesters Peter H. an, bestreitet aber den von Perr angegebenen Schaden mit „Nichtwissen“. Laut des Rechtsanwaltes von Perr, Andreas Schulz, ist dies eine Verteidigungsstrategie der Kirche in einem Zivilprozess, die den Kläger Perr zwingt, zu beweisen, dass der damalige Missbrauch durch den Priester die Hauptursache für seine jahrzehntelange Drogensucht sei. „Damit zieht sie den Kläger in einen langen prozessualen Weg, um ihn zu zermürben und hoffnungslos zu machen — mit allen Sekundärtraumatisierungen und negativen Belastungen, die ein solcher Weg für den Kläger mit sich bringt“, befindet Schulz.

Die Tatsache, dass das Erzbistum angibt, nicht zu wissen, welche verheerenden Folgen der klerikale Missbrauch an Jungen für ihr ganzes Leben hat, wirft Fragen auf. Denn angeblich bemüht sich die Kirche seit über einem Jahrzehnt um die Aufklärung dieses massenhaften Verbrechens an Kindern durch ihre Priester – ihre Schränke sind gefüllt mit Hunderten von Berichten, was die Opfer der Priester erleiden mussten und welche Folgen sie davon trugen. […..]

(Correctiv, 29.03.2024)